13 - 열세
Der Tod hatte Yoongi noch nie Angst gemacht. Er hatte sich nie davor gefürchtet, dass ihm das Licht angeknipst werden würde, vielleicht auch, weil er schon seit seinen Teenagerjahren genau wusste, was das Leben nach dem Tod für ihn bereit hielt.
Während andere möglichst viel hatten schaffen wollen, bevor ihr letztes Stündlein geschlagen hatte, hatte der Dämon sich einfach zurückgelehnt und gewartet. Gewartet, dass er bereit dazu war, ein Geschöpf der Hölle zu werden. Genauso wie seine Schwester.
Er war noch ein Mensch gewesen, als man ihm erzählt hatte, dass es nach dem Tod mehr gab, als für immerwährende Ruhe und Schwärze. Er war noch jung gewesen, als man sein gesamtes Weltbild in einen Würfelbecher geschmissen, einmal gut durchgeschüttelt und ein Kniffel geworfen hatte.
Yoongi selbst konnte sich noch genau an jenen Abend erinnern, als seine Schwester von einem vermeintlich 1-wöchigen Tattoo Workshop nach Hause gekommen war. Sie hatte so ganz anders gewirkt, viel lebendiger, als die letzten 18 Jahre, was unglaublich paradox war, da sie zu dem Zeitpunkt schon seelenlos gewesen war. Er selbst hatte die Woche allein zu Hause verbracht und war seinem Alltagsleben nachgegangen, dessen festen Konstanten nur seine Freunde und die Schule gewesen waren.
Yoongi hatte zu dem Zeitpunkt nur zu gut gewusst, dass sich ein Großteil der Leute hinter seinem Rücken das Maul über ihn zerrissen. Er war genau im Bilde darüber gewesen, was sie gesagt hatten und was sie über ihn gedacht hatten. Der damals 14-jährige hatte gewusst, dass sie wussten, dass er ohne Eltern aufgewachsen war und seitdem er denken konnte von seiner Schwester betreut und versorgt wurde. Jessica hatte seine Eltern ersetzt, während sie noch nicht mal einen Mutterersatz gehabt hatte. Aber sie hatte es geschafft, dass die Geschwister nicht getrennt wurden und das war das wichtigste, so fand Yoongi.
Die jetzt 24-jährige hatte so früh wie möglich die Schule abgeschlossen und war durch ein paar Freunde zum Tätowieren gekommen, da diese ihr zeichnerisches Talent entdeckt hatten und wenn man es genau nahm, dann hatten sie ihr glimpfliches Schicksal vor allem einer Person zu verdanken, nämlich Roy.
Roy. Sie hatte Jessi geholfen, indem sie seiner damals erst 16-jährigen Schwester einen Job in ihrem Tattoostudio gegeben hatte, mit der Begründung, dass es sowieso schon illegal sei, einen solchen zu betreiben, warum also nicht einer Minderjährigen unter die Arme greifen. Seitdem hatten sie immer etwas zu essen gehabt und Yoongi hatte das Leben eines Teenagers leben können, mit ein paar finanzielle Einschränkungen.
Und drei Jahre später hatte Jessi Yuji, ebenfalls eine Kreatur des Jenseits, auf einer Party eines engen Freundes kennengelernt und die beiden waren in eine kleine Wohnung gezogen, in der sie seit jeher lebten und in der sie nun Yoongi einen Unterschlupf für seinen Auftrag gewährten.
Als sie also an diesem regnerischen Sonntagabend nach Hause gekommen war, hatte der 14-jährige Yoongi gerade im Wohnzimmer gesessen und hatte seine Lieblingsserie geschaut, die er allerdings kurz unterbrochen hatte, als er bemerkte hatte, dass seine Schwester wieder da war.
Er hatte sie stürmisch umarmt und ihr gesagt, wie sehr er sie vermisst hatte, ehe er wieder zurück zum Fernseher gelaufen war.
Kurz danach hatte sich seine Schwester neben ihn gesetzt und ein paar Minuten mit geschaut, ehe sie begonnen hatte, ihn langsam an das Geschehene heranzuführen.
Ob er an ein Leben nach dem Tod glaubte, hatte sie gefragt und Yoongi hatte augenblicklich den Kopf geschüttelt. Für ihn war damals nach dem Tod alles vorbei gewesen ohne irgendwelche Kompromisse. Jessi hatte gelächelt und ihm erklärt, dass sie schon daran glaubte und er hatte sie damals ganz perplex angeschaut und gefragt warum.
Dann hatte sie begonnen zu erklären. Sie hatte erzählt, wie sie vor zwei Jahren erstmals mitbekommen hatte, dass es so etwas wie ein Leben nach dem Tod geben sollte, wenn man denn die richtige Abstammung besaß. Anfangs war sie total misstrauisch gewesen, aber schließlich, nachdem sie sich selbst überzeugt hatte, hatte sie begriffen, dass es mehr geben musste, als nur die Menschen und die Tiere – denn wo sonst sollten all diese Sagen von übernatürlichen Wesen, Hexen und Zauberern ihren Ursprung haben?
Also hatte sie sich näher mit dem Thema beschäftigt und herausgefunden, dass die Mutter der beiden Geschwister ebenfalls eine Dämonin gewesen war, weshalb sie die Wahl dazwischen hätten, zu einer solchen Kreatur in ihren 18. Lebensjahr zu mutieren oder für immer ihre übernatürlichen Gene fallen zu lassen und einfach das Leben eines normalen Menschen weiterzuführen – für sie war sofort klar gewesen, für welche der beiden Optionen sie sich entscheiden würde.
Der Abend war ein langer Abend für den jungen Yoongi geworden, denn sie hatte ihm alles erzählt, ja hatte ihm sogar genau geschildert wie es in der Hölle aussah und ihm mithilfe ihres neuen Tattoos erklärt, was ein halb-Dämon, ein jung-Dämon und ein vollwertiger Dämon war.
Der Junge hatte danach noch die ganze Nacht wach gelegen, darüber gegrübelt und sein gesamtes Weltbild aus seinem Kopf verbannt, nur um Platz für ein neues zu machen. Ihm war es damals so unglaublich surreal vorgekommen, dass ausgerechnet er von einem Dämon abstammen sollte und jetzt lebte er schon 50 Jahre in der Gestalt einer solchen Kreatur, galt aber in der Menschenwelt immer noch als 18.
Schließlich hatte er Hoseok kennengelernt, gerade nachdem er die Macht im Jenseits übernommen hatte und dieser hatte offenbar etwas in ihm gesehen, was er sonst noch in keinem anderen gesehen hatte. Und so waren sich die beiden immer näher gekommen, bis sie schließlich einen Eid eingegangen waren, den man in der Menschenwelt noch am ehesten mit einer Heirat vergleichen konnte.
Und jetzt lag er hier, auf seinem Bett, starrte an die Decke und dachte darüber nach, wie er am besten als Nächstes weitermachen sollte, wenn er Jimin näherkommen wollte. Eigentlich müssten die beiden damit mal beginnen, sich privat zu treffen, jetzt, wo man noch Zeit hatte und die Schule nicht alles dominierte. Aber im Großen und Ganzen war er mit sich selbst sehr zufrieden, was die bisherige Ausführung seines Auftrags anging und er war sich sicher, dass Hoseok auch mit ihm zufrieden sein würde.
Das alles brauchte einfach nur noch ein bisschen Zeit, vor allem Jimin schien diese zu brauchen, wenn er sich das Verhalten des 17-jährigen ansah. Aber er würde ihm diese Zeit geben und Yoongi war sicher, dass es das wert war, denn so wie der pink haarige ihn jedes Mal anschaute, wenn er auch nur in der Nähe war, war der Dämon sich sicher, dass er ihm schon längst verfallen war, Jimin wusste es einfach noch nicht so genau und war noch unsicher. Aber das war okay, Yoongi wäre auch unsicher gewesen, vor allem, wenn er sich in so jemanden wie sich verguckt hätte.
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