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38. Cross-Examination

Niall


Der Tag der Verhandlung; wie lange hatte ich darauf gewartet und nun rückte er in greifbare Nähe. Als Alistair mich in Irland abholte, nahm ich zum allerletzten Mal Abschied von der grünen Insel, die ich vermutlich niemals wiedersehen würde.

Es war bereits dunkel, als wir am späten Abend in London eintrafen. Wie schon zuvor, nächtigten wir beide in der Wohnung, in welcher ich mich nach meinem Unfall ein wenig erholen durfte. Nach wie vor fühlte ich mich hier sicher, was natürlich auch mit Alistairs Anwesenheit in Zusammenhang stand.

Wir gingen früh zu Bett und obwohl mein Körper den Schlaf für eine gewisse Zeit verweigerte, dämmerte ich trotzdem irgendwann in das Reich der Träume hinüber. Die innere Unruhe, von welcher ich befallen wurde, gestattete es jedoch nicht, dass ich länger schlief.

Bereits um sechs Uhr morgens schwang ich mich aus dem Bett, öffnete die Balkontür und trat nach draußen, um eine Zigarette zu rauchen. Hypernervös und mit zerzausten Haaren stand ich dort, meinen Blick auf die Straße gerichtet. Was würde mich heute erwarten?

Gierig an dem Glimmstängel ziehend, bemerkte ich zunächst nicht, dass Alistair nun ebenfalls den Balkon betrat. Seine Stimme ließ mich augenblicklich zusammenfahren.

„Guten Morgen, mein Junge."

„Oh Gott, hast du mich erschreckt! Tu das nie wieder!", brachte ich mit klopfendem Herzen hervor.

„Keine Sorge. Heute stehen wir zum letzten Mal auf diesem Balkon, um eine zu rauchen", erwiderte er lässig und zündete sich im Anschluss eine Zigarette an.

Nachdem er einen tiefen Zug genommen hatte, glitten seine Augen prüfend über mein Gesicht.

„Wie geht es dir? Ich nehme an, du bist nervös."

„Und ob ich das bin", platzte ich heraus. „Ich habe nicht die geringste Ahnung, was mich dort erwartet und ob ich nicht vielleicht im Gerichtssaal erschossen werde. Immerhin gab es solche Vorfälle schon."

„Du schaust dir eindeutig die falschen Filme an", lautete die Antwort meines Ziehvaters.

„Aber solche Dinge sind in der Realität bereits passiert", warf ich hektisch ein.

„Ja, mein Junge. Doch du solltest nicht vergessen, dass der Prozess unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfindet. Das wurde von uns so beantragt. Außer den Geschworenen, dem Protokollführer, dem Richter, dem Angeklagten, seinem Verteidiger, sowie deiner und meiner Wenigkeit, darf niemand den Gerichtssaal betreten. Du bist dort sicher."

Ich schluckte kurz, bevor ich noch etwas dazu sagte.

„Und wenn sie mich davor abknallen?"

Das war der Moment, in welchem Alistair vollkommen sarkastisch reagierte.

„Dann hast du eben Pech gehabt."

Deutlich hörte ich seine Ironie heraus und während ich über eine Antwort nachgrübelte, schlug er mir kurz auf die Schulter.

„Du schaffst das, mein Junge. Lass dich nicht verrückt machen. Du wirst unter den größten Sicherheitsvorkehrungen zum Prozess gebracht und auch wieder dort abgeholt."

Seufzend drückte ich den Rest der Zigarette im Aschenbecher aus. Trotz Alistairs Beteuerungen nistete sich ein mulmiges Gefühl in meinem Magen ein.

Während ich unter der Dusche stand, bereitete der laufende Meterfünfzig seine leckeren Rühreier zu, welche ich trotz meiner großen, inneren Anspannung buchstäblich verschlang. Man konnte nie wissen, ob dies vielleicht meine Henkersmahlzeit sein würde.

Nach dem Frühstück überprüfte ich zum letzten Mal den Inhalt meines Koffers. Dort drinnen befand sich alles, was ich in mein neues Leben mitnehmen durfte. Automatisch wanderten meine Gedanken zu Sienna. Was sie wohl gerade machte? Ob sie ebenso aufgeregt war wie ich? Mit Sicherheit, denn ihr stand im Prinzip das Gleiche bevor, wenn man von der Verhandlung absah, zu welcher man mich nun bringen würde.

„Auf zum Schafott", murmelte ich vor mich hin, als Alistair mir zu verstehen gab, dass es nun an der Zeit war, aufzubrechen.

Schnell schnappte ich meinen Koffer und folgte ihm zu seinem Wagen. Mir blieb nichts anderes übrig, als alles auf mich zukommen zu lassen und so beobachtete ich nur, in welche Richtung er das Auto lenkte. Wir fuhren nicht zum Gericht, soweit ich das beurteilen konnte.

„Keine Sorge, mein Junge, wir holen jetzt den anderen Wagen", ließ er mich wissen.

Besagtes Gefährt parkte in einer Seitenstraße, in die Alistair nun einbog. Als unser SUV zum Stehen kam, wandte er sich kurz an mich.

„Wir steigen jetzt um. Du brauchst keine Angst zu haben, denn das Auto ist rundum schusssicher. Das Einzige, was kaputtgehen kann, sind die Reifen."

Mit einem kleinen Seufzen auf den Lippen verließ ich den Wagen, um Alistair zu folgen, der sogar die Tür des gepanzerten Bentleys für mich aufhielt. Hier sollte ich sicher sein, daran gab es keinen Zweifel.

Kaum waren wir eingestiegen, reihte sich der Fahrer in den fließenden Verkehr ein. Es musste sich bei ihm um einen Beamten der Justiz handeln, denn der Polizeifunk, welchem Alistair aufmerksam lauschte, war eindeutig zu hören.

Es ging auf direktem Weg zum Central Criminal Court, besser bekannt unter dem Namen Old Bailey. Hier wurden sämtliche, wichtige Kriminalfälle verhandelt. Und wenn ein Mitglied der Mafia erschossen wurde, war dies mehr als nur bedeutend.

Als das historische Gebäude vor meinen Augen auftauchte, begann mein Herz schneller zu schlagen. Gleich musste ich aussteigen und das sichere Transportmittel verlassen. Bevor ich das tat, warf Alistair mir einen beruhigenden Blick zu.

„Keine Sorge, mein Junge, wir nehmen den hinteren Eingang."

Ich hatte keine Ahnung, weshalb sich der Gedanke, dass ich vielleicht erschossen werden könnte, in meinem Kopf festgesetzt hatte. Wahrscheinlich sah ich mir die falschen Filme an und sollte in der Zukunft eher auf Disney Charaktere setzen.

Schließlich gab ich mir einen Ruck und stieg aus, jedoch nicht, ohne meine Umgebung genauer zu betrachten. Da ich auf den ersten Blick nichts Verdächtiges entdecken konnte, ließ ich mich von Alistair und zwei weiteren Polizeibeamten, die bereits vor dem Wagen warteten, zum Eingang des Gebäudes führen.

Dort angekommen, mussten wir uns einer strengen Kontrolle unterziehen, selbst Alistair blieb davon nicht verschont. Man wollte eben zu hundert Prozent sichergehen, dass niemand eine Waffe in den Gerichtssaal schmuggelte. Die Mafia konnte praktisch jeden schmieren, auch die Polizei, was ein großes Unbehagen in mir hervorrief. Aber ich vertraute Alistair, wie noch nie jemandem zuvor.

Nach dem Abschluss der Kontrolle geleitete uns ein weiterer Beamter bis zum Gerichtssaal, in welchem der Prozess stattfand.

„Bitte warten Sie hier einen kurzen Augenblick", richtete er seine Worte an uns, bevor er im Raum verschwand.

Einige Minuten vergingen, dann wurde ich gebeten, in den Saal einzutreten. Wie angekündigt gab es kein Publikum, sondern mich erwarteten der Richter, der Staatsanwalt, sowie die zwölf Geschworenen, die sogenannte Jury.

„Ihr Name ist Niall James Horan, wohnhaft in London, im Stadtteil Harrow, Butler Avenue 21", vernahm ich die Stimme des Vorsitzenden. „Ist das korrekt?"

„Ja, das stimmt."

Es fühlte sich merkwürdig an, meine alte Adresse, sowie meinen richtigen Namen vorgelesen zu bekommen.

„Sie sind Theologiestudent?"

„Ja, das bin ich."

Innerlich betete ich, dass Gott mir meine Lügen verzeihen sollte, aber in diesem Fall hatte ich keine andere Wahl. Erneut tönte die Stimme des Richters in meinen Ohren.

„Gut, dann möchte ich Sie noch auf einige Dinge hinweisen."

Nach einer kurzen Belehrung, in welcher er die Bedeutung des Eides, sowie die Aussagepflicht erläuterte, musste ich den Saal wieder verlassen.

Alistair, der direkt vor der Tür stand, begleitete mich in eine Art Warteraum. Dort nahmen wir auf zwei Stühlen Platz.

„Jetzt wird der Angeklagte hereingerufen", erklärte er, als er meinen nachdenklichen Gesichtsausdruck bemerkte. „Der Richter und die Geschworenen wollen sich zunächst ein Bild von ihm machen, bevor die eigentliche Verhandlung startet."

Unruhig rutschte ich auf dem Stuhl hin und her.

„Und wie lange dauert das?", fragte ich nervös.

„In der Regel geht das schnell, man will ja pünktlich beginnen", bekam ich zur Antwort.

„Was werden sie mich alles fragen?"

„Du bist als Zeuge für den Mord geladen, mein Junge. Demnach werden sie sich in dieser Hinsicht löchern bis zum Umfallen. Aber du wirst das Kreuzverhör durchstehen, denn du hast als Zeuge nichts zu befürchten. Der Angeklagte sollte sich eher Sorgen machen, denn nach deiner Aussage wird auch sein Anwalt ihm nicht mehr helfen können."

Seufzend lehnte ich mich im Stuhl zurück, schloss meine Augen und versuchte meine innere Ruhe zu gewinnen.

Es vergingen etwa zehn Minuten, bis erneut einer der Gerichtsdiener erschien, um mich aufzufordern, nun der Verhandlung beizuwohnen. Als ich den Saal in Alistairs Begleitung betrat, spürte ich den Blick des Narbengesichts auf mir. Jener Mann, der den Mord begangen hatte. So, als ob er sich mein Antlitz genau einprägen wollte. Zum Glück fand der Prozess unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt, sodass den Reportern und Fotografen der Zutritt zum Gerichtssaal verwehrt blieb.

Nachdem wir unsere Plätze eingenommen hatten, die der Gerichtsdiener uns zuwies, startete das Spektakel. Zunächst wurde die Anklageschrift verlesen und der Angeklagte gehört. Seinen Namen kannte ich haargenau, denn das Opfer hatte mir diesen verraten: Juan Carlos Restrepo Gonzalez.

Dunkel hatte ich in Erinnerung, dass sich die kolumbianischen Namen ebenso wie die spanischen aus jeweils zwei Vor- und zwei Nachnamen zusammensetzten, was das Gebilde, bestehend aus vier Worten, erklärte. Natürlich stritt er den Mord ab und behauptete, nicht am Tatort gewesen zu sein. Doch damit würde er nicht durchkommen. Nicht, nachdem ich meine Aussage gemacht hatte.

Gesetzesübertretungen waren mir seit jeher zuwider und ein Mord zählte zur schlimmsten Kategorie. Deswegen hatte ich mich auch dazu entschlossen, dagegen anzugehen. Wenn ich geschwiegen hätte, würde die Mafia erneut ungeschoren davonkommen. Man musste diesen Gaunern das Handwerk legen, bevor sie noch mehrere unschuldige Menschen auf dem Gewissen hatten, weil sie ihre Drogen munter in der Welt verteilten.

Kochend vor Wut und mit zusammengepressten Lippen starrte ich Mr Restrepo Gonzales an, der sich unter den Fragen des Staatsanwaltes wie ein Bandwurm windete. Am liebsten wäre ich aufgestanden und hätte ihn eigenhändig verprügelt. Meine Kiefer drückten sich fest aufeinander, damit ich nicht Gefahr lief, ihn anzuschreien. Er hatte einen Menschen auf dem Gewissen; zwar keinen Unschuldigen aber das tat nichts zur Sache. Mord war Mord, vor Gott machte das keinen Unterschied und vor dem Gericht glücklicherweise auch nicht.

Anschließend wurde ich in den Zeugenstand gerufen. Obwohl ich nichts zu befürchten hatte, schlug mir das Herz bis zum Hals.

„Mr Horan, würden Sie dem Gericht bitte erklären, was Sie in am Abend des neunzehnten Februar in Hackney beobachtet haben", forderte mich der Verhandlungsvorsitzende auf.

„Ich sah, wie der Angeklagte eine Waffe auf das Opfer richtete und abdrückte."

„Wie kam es dazu, dass Sie dies beobachtet haben?"

„Weil ich fast direkt neben den beiden stand, uns trennte lediglich ein niedriger, kaputter Maschendrahtzaun, sowie einige auf dem Boden herumliegende Müllsäcke", erwiderte ich wahrheitsgetreu.

„Welchen Grund hatten Sie, sich in diesem Moment dort aufzuhalten?"

„Ich wollte nach meinem Wagen sehen, den ich in der Straße geparkt hatte."

Auf jede Antwort, die ich gab, erfolgt eine neue Frage.

„Warum war Ihr Auto dort geparkt?"

„Weil ich zu unserer Gewandprobe, sowie dem Probevortrag der ersten Predigt antreten musste."

„Wo fand diese Zusammenkunft statt?"

„In der Kathedrale Christ The King, in Waltham Forrest. Diese liegt unweit der Grenze zu Hackney."

„Das ist in der Tat so, das wurde überprüft", bestätigte der Staatsanwalt. „Nun, Mr Horan, warum konnten Sie zwischendurch die Kirche verlassen?"

„Weil unser Priester eine Pause angeordnet hatte. Ich nutzte diese, um zu rauchen und um anschließend nach meinem Bentley zu schauen. Als ich mich auf den Rückweg machen wollte, hörte ich zwei männliche Stimmen, die sich stritten."

„Und dann sind Sie näher herangetreten?"

„Ja."

„Konnten Sie verstehen, um was es bei diesem Streit ging?"

„Allerdings. Es ging um Drogen, die der eine Mann haben wollte, doch der andere wollte ihm nicht sagen, wo er diese versteckt hielt. Außerdem ging es um Geld, das dafür gezahlt werden sollte."

Die ganze Zeit vermied ich es, das Narbengesicht anzuschauen, der sicherlich vor Wut kochte. Ständig richtete ich meinen Blick auf den Geschworenen, der die Fragen stellte.

„Was ist dann passiert?"

„Der Streit eskalierte, der Angeklagte zog eine Waffe und feuerte zwei Schüsse ab, worauf das Opfer zu Boden ging. Auch ich ließ mich hinfallen, um nicht gesehen und womöglich noch getroffen zu werden. Aus meiner liegenden Position konnte ich jedoch deutlich erkennen, dass der Angeklagte flüchtete."

„Mit seiner Waffe in der Hand?"

„Ja, er hatte sie in seiner rechten Hand."

„Um welche Art Waffe handelte es sich dabei?"

„Um eine Pistole."

„Konnten Sie die Marke erkennen?"

Das sollte wohl ein Witz sein.

„Nein, und damit kenne ich mich auch gar nicht aus", erwiderte ich ehrlich.

„Sie haben versucht dem Opfer zu Hilfe zu kommen. Ist das richtig?"

„Ja. Ich riss mein Priestergewand zum Teil in Stücke und versuchte mit den Stofffetzen die Blutungen zu stillen. Und ich tätigte sofort einen Notruf mit meinem Handy. Aber es war zu spät. Der Mann verblutete in meinen Armen."

Der Gedanke daran ließ schon wieder diese Übelkeit in mir aufsteigen, die ich wochenlang verspürt hatte.

„Hat das Opfer noch etwas zu Ihnen gesagt?"

„Ja. Es nannte den Namen des Mannes, der ihn beschossen hatte, sowie diverse andere Namen und Zusammenhänge des Drogenschmuggels. Außerdem verriet er mir den Ort, an dem die Drogen versteckt waren."

„Gut. Würden Sie uns dann bitte den Namen preisgeben, welchen das Opfer als seinen Mörder benannte."

„Juan Carlos Restrepo Gonzalez."

Der Staatsanwalt machte eine kurze Pause, bevor er erneut eine Frage an mich richtete.

„Es kam zu einer Gegenüberstellung, in welcher Sie den Angeklagten eindeutig erkannt haben. Ist das richtig?"

„Ja, das stimmt."

„Bitte schauen Sie ihn sich noch einmal genau an."

Mein Herz raste und auf meiner Stirn bildete sich kalter Schweiß, als ich in die braunen, eiskalten Augen schaute. Die Narbe stach aus seinen markanten Gesichtszügen hervor. Es gab keinen Zweifel.

„Ich bin mir zu hundert Prozent sicher, dass es sich um diesen Mann handelt, der heute auf der Anklagebank sitzt", sagte ich mit fester Stimme.

Niemand sollte bemerken, wie aufgeregt ich war, doch ich wusste, dass Alistair es heraushören konnte. Als ich kurz den Augenkontakt zu ihm suchte, bedachte er mich mit seinem väterlichen Blick, der mir sagte, dass ich die Nerven behalten und Ruhe bewahren sollte. Vor allem bei dem, was mir nun bevorstand: Das Verhör durch den gegnerischen Anwalt.

Nachdem sich der Staatsanwalt mit den Worten: „Ich habe keine weiteren Fragen mehr", zurückgezogen hatte, riss Mr Gedari, der zwielichtig wirkende Vertreter des Angeklagten, das Kreuzverhör an sich.

Er begann mit einer äußerst profanen Aussage, die wohl jedem klar sein musste.

„Sie dienen also Gott, Mr Horan."

„Das tue ich."

„Schön, als guter Christ und vor allem als angehender Priester müssen Sie immer die Wahrheit sagen."

Als ob ich gelogen hätte. Instinktiv ballten sich meine Hände zu Fäusten.

„Kommen wir zu meiner ersten Frage. Sie erklärten dem Gericht, dass Sie sahen, wie der Angeklagte auf das Opfer schoss. Haben Sie wirklich gesehen, dass er den Abzug der Waffe betätigte?"

Mein Herz schlug schneller. Natürlich hatte ich nicht gesehen, dass er den Abzug betätigte. Im Bruchteil dieser Sekunde wurde mir klar, dass dieser Anwalt nur darauf aus war, mir die Worte im Mund herumzudrehen.

„Antworten Sie, Mr Horan."

Nach einem tiefen Durchatmen kamen die Worte über meine Lippen.

„Ich konnte nicht sehen, dass er den Abzug betätigt hat."

„Fein, wie können Sie dann behaupten, dass mein Mandant das Opfer erschossen hat?"

„Einspruch", vernahm ich eine Stimme .

„Einspruch stattgegeben", erklärte der Richter, worauf der Staatsanwalt zu reden begann.

„Mr Horan konnte zwar nicht sehen, dass der Angeklagte den Abzug der Waffe betätigte, doch er sah, wie dieser die Pistole auf das Opfer richtete, hörte zwei Schüsse und wurde Zeuge, wie das Opfer zu Boden ging."

Nun war Mr Gedari wieder am Zug.

„Es könnte doch aber sein, dass eine dritte Person, die in einiger Entfernung stand und deshalb nicht durch Mr Horan gesehen werden konnte, die Schüsse abgegeben hat."

„Das ist unmöglich, denn die Ballistik beweist, dass die beiden Schüsse aus nächster Nähe, also weniger als drei Fuß, abgefeuert wurden", warf der Vorsitzende ein, wofür ich ihm äußerst dankbar war.

„Vielleicht stand noch jemand in der Dunkelheit, der nicht gesehen wurde", kam es prompt von Mr Gedari.

„Nein, es war sonst kein anderer da!", empörte ich mich, was mir einen Rüffel durch den Richter einbrachte.

„Der Zeuge redet nur, wenn er gefragt wird, Mr Horan."

Fast wäre ich aufgesprungen, um allen ins Gesicht zu schmettern, dass ich keine Lust mehr auf diesen Zirkus hatte. Auf den Anwalt, der mir die Worte im Mund herumdrehte und auf die strengen Sitten bei Gericht. Mein Geduldsfaden war kurz davor zu reißen, doch Alistairs Blicke beschwichtigen mich. Ich durfte mir hier keinen Fehler erlauben, sonst würde man mich unter Umständen noch festhalten. Dabei brannte ich darauf, so schnell wie möglich zum Flughafen zu gelangen, um dort auf Sienna zu treffen, mit der ich mein neues Leben beginnen würde.

„Mr Horan, wie gut konnten Sie die Waffe sehen, mit der der Angeklagte auf das Opfer geschossen haben soll?", quälte mich Mr Gedari mit seiner nächsten Frage.

„Ich konnte diese sehr gut sehen, da das Opfer und der Täter vom Schein einer Straßenlaterne vollends erfasst wurden", lautete meine Antwort.

„Trotzdem haben Sie nicht erkannt, um welche Marke es sich handelte?"

Dieser Anwalt strapazierte meine Nerven wirklich aufs Äußerste.

„Wie ich bereits sagte, ich kenne mich damit nicht aus", erwiderte ich aalglatt. „Ich hatte noch nie eine Waffe in der Hand."

„Sind Sie jemals mit dem Gesetz in Konflikt geraten?"

An dieser Stelle kam ich mir vollends verarscht vor.

„Nein, bin ich nicht."

„Haben Sie vielleicht ein kleines Delikt begangen, bei dem Sie nicht erwischt wurden?"

Langsam drohte ich die Fassung zu verlieren. Auf was wollte er hinaus? Was sollten diese dämlichen Fragen?

„Nein, niemals."

„Sicher? Jedes Kind stiehlt einmal einen Kaugummi."

Ok, er wollte den abgebrühten Niall sehen, das konnte er haben.

„Ich mache mir nichts aus Kaugummis."

„Dann vielleicht aus Bonbons?"

„Die sind nicht gut für die Zähne."

„Schokolade?"

„Ja, aber die bekam ich immer von meiner Oma geschenkt." Meine Stimme wurde etwas lauter, was wohl jeder im Saal bemerkte.

„Fein, Sie sind also noch nie mit dem Gesetz in Konflikt geraten und leben streng nach den Anordnungen Gottes."

Konnte diese Witzfigur vielleicht irgendwann einmal den Mund halten?

„Antworten Sie, Mr Horan."

„Ja, das tue ich."

Gerade als ich hoffte, dass er nun sein Pulver verschossen hatte, haute er die nächste Frage heraus, die mich in meinen Grundfesten erschütterte.

„Und wie kommt es dann, dass Sie dreizehn Mal einen Swinger Club in London als Kunde besucht haben? Das dürfen Sie als angehender katholischer Priester nämlich nicht. Außerehelicher Geschlechtsverkehr ist verboten."

Ich fühlte mich, als hätte jemand mit einem Hammer auf meinen Kopf geschlagen. Woher bezog er diese Information? Schweißgebadet und mit klopfendem Herzen schaute ich zu Alistair, der jedoch vollkommen ruhig wirkte. So, als wäre dies keine große Sache.

„Einspruch", vernahm ich erneut die bereits bekannte Stimme. „Für das Gericht spielt es keine Rolle, wie der Zeuge seine Freizeit verbringt. Außerdem ist der Besuch eines Swinger Clubs keine Straftat."

„In seinem Fall schon, jedenfalls aus Sicht der katholischen Kirche", warf der Anwalt ein, wofür ich ihm am liebsten den Hals herumgedreht hätte.

Das war der Moment, in welchem der Richter eingriff.

„Mr Gedari, bei allen Ehren, aber wir befinden uns hier in einem Gerichtssaal und nicht in der katholischen Kirche. Hier gelten unsere Regeln, nach denen der Zeuge keine Straftat begangen hat, als er diesen Swinger Club aufsuchte."

„Ich wollte damit nur klarstellen, dass auch Mr Horan nicht unfehlbar ist", kam es von Mr Gedari.

Doch der Richter ließ sich nicht beirren.

„Haben Sie noch weitere Fragen an den Zeugen?"

„Nein."

„Gut, dann dürfen sich die Geschworenen nun zur Beratung zurückziehen. Ich erkläre die Verhandlung einstweilen für geschlossen."

Erleichtert atmete ich auf und wischte den Schweiß von meiner Stirn, als ich den Zeugenstand verließ, um auf Alistair zuzugehen.

„Was zum Teufel ist hier los?", zischte ich leise.

„Ruhig, mein Junge, ich erkläre es dir gleich."

Als wir den Gerichtssaal verließen, hörte ich wie der Angeklagte mir etwas zurief.

„Du bist ein toter Mann!"

Mein Körper versteifte sich kurz, doch Alistair packte mich am Arm und zog mich mit aller Gewalt nach draußen.

„Nur nicht die Nerven verlieren, mein Junge. Die Mafia provoziert gerne."

Umgehend ließen wir uns in dem kleinen Warteraum nieder, welchen wir zuvor bereits benutzt hatten.

„Also, mein Junge, zu deiner unausgesprochenen Frage würde ich gerne etwas sagen. Es gibt einen sehr einfachen Weg, wie die Mafia an deine Daten vom Swinger Club gekommen ist. Der gegnerische Anwalt beantragt die Akteneinsicht und erfährt so deinen Namen. Daraufhin wird alles von dir überprüft, zum Beispiel deine Kreditkartenabrechnung. Dort kann man sehen, dass du diesen Swinger Club besucht hast. Die Mafia schmiert einfach die Angestellten der Kreditkarten Gesellschaft und bekommt auf diese Art die Daten mitgeteilt. Das ist keine große Sache. Wir haben also kein Leck in unseren Reihen, falls du das vermutet haben solltest."

Gerade fiel mir ein Stein vom Herzen, jedoch nur für eine Sekunde.

„Und was ist mit Siennas Daten?", fragte ich mit klopfendem Herzen.

„Wir wollen hoffen, dass diese unberührt sind. Ich lasse das gerade von einem meiner Mitarbeiter überprüfen", erklärte der laufende Meterfünfzig.

„Oh Gott, jetzt habe ich Angst, dass ihr etwas zustoßen könnte", brachte ich hervor.

Meine Neven lagen blank.

„Wie lange müssen wir denn noch hier bleiben? Können wir nicht sofort losfahren?".

Die Fragen sprudelten wie ein Wasserfall aus meinem Mund hervor.

„Das kann ich dir noch nicht sagen, mein Junge. Aber man wird uns Bescheid geben, sobald du nicht mehr gebraucht wirst."

Verzweifelt bedeckte ich mein Gesicht mit den Händen. Ich hatte Angst um Sienna und um unser ungeborenes Kind. Wenn den beiden etwas passierte, würde ich mir das nie verzeihen. Während Alistair Kaffee für uns besorgte, grübelte ich die ganze Zeit.

„Hier, mein Junge, trink."

Dankbar nahm ich den Becher entgegen, doch kaum hatte ich den ersten Schluck genommen, tauchte der Gerichtsdiener auf, der bei unserem Prozess anwesend war.

„Mr Kirkland, ich soll Ihnen von Richter Sherman einen schönen Gruß bestellen. Es ist alles in bester Ordnung, Sie und der Zeuge können gehen."

Eine unglaubliche Erleichterung machte sich in mir breit. Sofort sprang ich auf und blickte zu Alistair, der noch genüsslich an seinem Kaffee nippte.

„Auf was warten wir noch?", blökte ich ziemlich ungehalten.

„Immer mit der Ruhe, mein Junge. Ich komme ja schon."

Fürsorglich nahm der laufende Meterfünfzig mich am Arm und führte mich zum hinteren Ausgang. Während wir durch die Gänge liefen, setzte er zu einer Erklärung an.

„Wir müssen uns jetzt trennen. Ich werde Sienna holen, während du bereits zum Flughafen unterwegs sein wirst. Preston wird dich hinbringen. Er weiß, wo er zu warten hat, bis ich auftauche, ok?"

„Ist Preston dein Fahrer?"

„Sowas in der Art, aber nicht nur. Du kannst dich bei ihm vollkommen sicher fühlen."

Als wir kurze Zeit später den Ausgang erreichten, sah ich bereits die große, graue Limousine davor stehen.

„Mach's gut, mein Junge, bis dann."

Nervös nahm ich auf der Rückbank des Wagens meinen Platz ein. Ich machte mir unendliche Sorgen, jedoch nicht um mich, sondern um Sienna. Hoffentlich würde alles gut gehen. Was, wenn die Mafia auch ihre Daten angezapft hatte und sie als Druckmittel benutzen würde? Oder gar einen Racheakt an ihr vollzog, weil ich eines ihrer Mitglieder durch meine Aussage ins Gefängnis beförderte?

Die Gedanken hämmerten in meinem Kopf. Sie bewirkten, dass ich so gut wie nichts von der Fahrt, geschweige denn vom Geschehen auf der Straße mit bekam. Erst als Preston den Wagen plötzlich beschleunigte, blickte ich verwundert auf.

„Festhalten" rief er nach hinten, da sah ich auch schon den Grund.

Wir wurden verfolgt. Von einem schwarzen, aufgemotzten Van, der sich schnell näherte. Zu rasch, für meinen Geschmack, zu flink, als dass wir den Verfolgern hätten entkommen können.

Als der erste Schuss fiel, wusste ich, dass es ernst wurde. Er knallte gegen die Tür, drang jedoch nicht durch, da diese mittels Panzerplatten gesichert waren. Auch an der Scheibe prallten die Kugeln ab. Trotzdem ging ich in Deckung und rutschte auf den Boden des Wagens.

Preston raste wie ein Irrer und ich war mir nicht sicher, ob ich nun durch einen Schuss der Mafia, oder eher durch einen Verkehrsunfall sterben würde. Verzweifelt versuchte ich mich irgendwo festzuhalten, als der Bentley sich plötzlich um hundertachtzig Grad drehte.

Alles, was ich jetzt noch tun konnte, war meine Augen zu schließen und ein Stoßgebet zum Himmel zu schicken. Im gleichen Moment hörte ich einen ohrenbetäubenden Knall, wie das Geräusch eines zerplatzten Reifens.

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Ganz gechillt präsentiere ich euch den nächsten Cliffhanger. Es hat mich einige Recherchen gekostet, um dieses Kapitel so schreiben zu können, da das angelsächsische Rechtssystem anders funktioniert, als z.B. das in Deutschland. Aber es war auch interessant, diese Informationen aufzusaugen. :)

Ich hoffe, ihr verzeiht mir den Cliffhanger und seid nun gespannt, wie es weitergeht.

Danke für die 50,3 Reads! Das ist wirklich spitze von euch! Aber vor allem bedanke ich mich für euren konstanten Support in Form von Kommentaren. Es macht immer wieder Spaß, diese zu lesen.

LG, Ambi xxx

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