31. Hope
Sienna
Niall hielt mich lange nachdem wir unser Gespräch beendet hatten, noch immer fest umschlungen. Es tat gut, sich bei ihm anlehnen zu können und obwohl ich wusste, dass wir uns morgen bereits wieder trennen würden, lebte ich den Moment in unserer Blase zu zweit voll und ganz aus. Nichts konnte dieses unglaublich schöne Gefühl verändern, welches ich jede Sekunde auskostete.
Nach wie vor schien es mir wie ein Wunder, dass ich ihn gefunden hatte. Ebenso seine tolle Reaktion auf meine Schwangerschaft. Ich wusste, dass er mich und das Baby liebte, aber ich konnte seine Zweifel sehr gut nachvollziehen. Doch meine Entscheidung stand felsenfest, selbst nach diesem Gespräch.
Sicher war es nicht angenehm und durchaus gefährlich, die Mafia im Nacken zu haben, jedoch änderte dies nichts an meinen Gefühlen. Ich wollte auf jeden Fall mit Niall zusammenleben, egal wohin es uns verschlagen würde.
„Baby", vernahm ich sein Wispern, das sich in meine Gedanken drängte. „Jetzt weißt du alles. Wie es in mir aussieht und womit ich zu kämpfen habe."
Langsam hob ich meinen Kopf, schaute in seine blauen Augen und sagte: „Ja, das ist mir alles bewusst, aber du sollst wissen, dass sich dadurch nichts an meiner Einstellung ändern wird. Ich würde dir bis an das Ende der Welt folgen, wenn es nötig sein sollte. Es ist jedoch deine Entscheidung, ob du es zulässt."
Der Ausdruck seiner Augen wirkte traurig und gleichzeitig liebevoll, als er mich anschaute. Mit Sicherheit dachte er, seit ich hier angekommen war, über nichts anderes mehr nach.
„Du bist..., die unglaublichste Frau, die mir je begegnet ist."
Lächelnd beugte Niall sich nach vorne und küsste mich vorsichtig auf die Lippen. Ohne zu zögern erwiderte ich seinen Kuss, ließ meine Hände in seinen Nacken wandern und streichelte seinen Haaransatz, bis ich ihm ein kleines Stöhnen entlockte.
„Sienna, du machst mich total heiß", flüsterte er. „Aber wir sollten jetzt nach unserem Essen schauen, bevor es anbrennt."
Ein leises Glucksen entwich meiner Kehle. „Schön, dass ich dich heiß machen kann, aber du hast Recht. Wir sollten wirklich nach dem Essen schauen."
Wie zu erwarten, schmeckte der Nudelauflauf köstlich. Ich konnte gar nicht genug davon bekommen, was Niall mit einem: „Man merkt, dass du jetzt für zwei essen musst", sowie einem Augenzwinkern kommentierte.
„Sorry, aber es schmeckt so gut." Genießerisch verdrehte ich die Augen, bevor ich meine Gabel erneut in die Nudeln tauchte.
Es war schön, einfach mit Niall am Tisch zu sitzen, zu essen und zwischendurch zu plaudern. Wir befanden uns beide in einer ausgeglichenen Stimmung, so als ob wir alle Zeit der Welt hätten. Und heute traf dies wirklich zu.
Nach dem fantastischen Spaziergang zu den Ruinen konnten wir den restlichen Tag bis zum Abend tun und lassen, was uns beliebte. Da ich mein Handy in den lautlosen Modus verbannt hatte, wurden wir von keiner Menschenseele gestört. Alles drehte sich nur um uns beide und um meinen Baby Bauch, den Niall liebevoll streichelte, nachdem wir das Essen beendet und die Küche aufgeräumt hatten.
Erneut kuschelten wir auf dem Sofa vor dem Kamin, wobei nun das Feuer darin flackerte. Die angenehme Wärme sorgte für die richtige Stimmung zwischen uns. Ich hatte rein gar nichts dagegen, dass er mein Shirt nach oben schob und somit meinen Oberkörper halb entblößte, zumindest so, dass der Bauch frei lag.
Als er begann, kleine, zärtliche Küsse auf der Region unterhalb meines Nabels zu platzieren, beschleunigte mein Herzschlag immens. Langsam schloss ich meine Augen, um jede einzelne seiner Berührungen so intensiv wie nur möglich zu genießen. Längst befanden sich meine Finger in seinem dichten Haar, als plötzlich ein Gedanke durch meinen Kopf zog.
„Niall", flüsterte ich. „Möchtest du das Bild von unserem Baby sehen?"
Sofort hob er seinen Kopf, schaute in meine Augen und sagte erfreut: „Hast du denn schon eines?"
„Ja, von der ersten Ultraschall Untersuchung."
Er strahlte über das ganze Gesicht, als er sagte: „Natürlich will ich es sehen!"
„Ok, dann musst du mich aufstehen lassen oder du bringst mir meine Handtasche."
Niall entschied sich für die zweite Variante und holte meine Tasche, die ich auf einem der Stühle abgestellt hatte, nachdem wir von unserem Spaziergang nach Hause gekommen waren. Meinen Blick auf ihn gerichtet, sah ich das Funkeln in seinen Augen, als er sich wieder dem Sofa näherte.
Mit einem Schmunzeln im Gesicht übereichte er mir die Handtasche, aus der ich schließlich den Mutterpass hervorzog, welchen ich ihm in die Hand drückte. Er nahm seinen Platz neben mir ein, bevor er begann, das Dokument zu öffnen. Als er das Ultraschall Bild in seinen Fingern hielt, bemerkte ich, wie sehr diese zitterten.
„Oh Gott, das ist so schön", entfuhr es ihm, obwohl man noch nicht allzu viel erkennen konnte.
Der Glanz in seinen hübschen blauen Augen war in diesem Moment einfach das Größte für mich. Sie schienen zu strahlen wie nie zuvor. In dieser Sekunde fasste ich einen Entschluss, der aus tiefsten Herzen kam.
„Du kannst es behalten".
Kaum sprach ich diese Worte aus, sah er mich erstaunt an.
„Wirklich? Aber ich meine, es ist das erste Bild von unserem Nachwuchs. Bist du dir sicher, dass du es nicht selbst haben möchtest, Sienna?"
Leicht schüttelte ich den Kopf. „Nein, ich bekomme schon sehr bald ein Neues und ich möchte..."
Ich geriet ein wenig ins Stocken, bevor die nächsten Worte über meine Lippen kamen.
„Ich möchte, dass du ein Andenken hast, falls du dich gegen uns entscheiden solltest."
Ohne dass ich ihn anschaute, wusste ich, dass Tränen in seine Augen schimmerten. Diese unsichtbare Verbindung, die ich hin und wieder im Black Room hatte spüren können, trat nun stärker hervor.
„Baby", wisperte er leise. „Ich danke dir."
Anschließend platzierte er einen sanften Kuss auf meine Stirn, welchen ich mit geschlossenen Augen in Empfang nahm.
„Nichts zu danken", hauchte ich leise und legte gleichzeitig meine Hände in seinen Nacken, was Niall dazu veranlasste den Mutterpass und das Bild auf dem kleinen Tisch neben der Couch zu platzieren. Anschließend zog er mich ganz nah zu sich und streichelte mit seinem Handrücken über meine Wange.
„Du bist eine tolle Frau, Sienna."
Und wieder schloss ich meine Augen, genoss die zarten Berührungen seiner Finger und Lippen. Letztere wanderten nun an meinem Hals entlang, eine Geste, die mich sofort schwach werden ließ. Die vorangegangene Nacht löste unendlich viele Emotionen in mir aus und zeigte mir, dass ich Niall bedingungslos vertrauen konnte. Sein behutsames Vorgehen bestärkte mich darin, es heute wieder zu wagen, zumal ich jede Minute mit ihm auskosten wollte.
Morgen Abend würde alles vorbei sein, vielleicht für immer. Schnell wischte ich den Gedanken wieder weg, konzentrierte mich nur noch auf ihn und auf die Dinge, die gerade mit meinem Körper passierten. Ich liebte es, dass wir uns gegenseitig langsam und genüsslich entkleideten, so als hätten wir alle Zeit der Welt.
„Baby", hörte ich ihn mit neckischer Stimme sagen, als seine Hände meine Brüste umfassten, „dein Busen ist größer geworden."
„Das bleibt nicht aus, ich bin schwanger", erklärte ich grinsend.
Binnen der nächsten Sekunde stöhnte ich jedoch unter der Berührung seiner Finger gequält auf. Seit der Schwangerschaft war mein Busen verdammt empfindlich geworden. Erschrocken zog Niall seine Hände zurück.
„Hab ich dir wehgetan, Baby?", fragte er besorgt.
„Jein, sie spannen nur wahnsinnig und jeder Kontakt verstärkt das."
„Es tut mir leid", wisperte er mir ins Ohr, um dann meinen Nacken zu küssen.
Ein wohliger Schauer rann durch meinen Körper und heizte die lodernde Glut in mir permanent an. Innerlich taumelnd lag ich auf dem Sofa, darauf wartend, dass Niall nun den nächsten Schritt tun würde. Doch plötzlich zerriss ein ohrenbetäubendes Scheppern unsere traute Zweisamkeit. Ruckartig fuhren wir auseinander und sagten beinahe gleichzeitig: „Was war das denn?"
„Es kam von draußen", stellte Niall fest, dessen Gesichtszüge sich sofort anspannten.
Binnen Sekunden beschleunigte mein Herzschlag und das Einzige, woran ich denken konnte, war, dass jemand ihn gefunden hatte. Seine nächste Äußerung trug nicht dazu bei, dass ich mich wohler fühlte.
„Ich geh mal nach draußen."
Während er diese Worte aussprach, begann er sich anzuziehen.
„Bitte sei vorsichtig", wisperte ich nervös.
„Keine Sorge, ich nehme einen Knüppel mit."
„Als ob ein derartiges Utensil gegen eine Waffe ankommt", entfuhr es mir besorgt.
Doch Niall ließ sich nicht beirren.
„Du rührst dich nicht vom Fleck, Sienna. Ich werde nach draußen gehen und nachschauen, was los ist", machte er mir mit ziemlich entschlossenem Gesichtsausdruck klar.
Mit zitternden Händen griff ich nach meinen Kleidungsstücken, um schnellstmöglich zur Flucht bereit sein zu können. Als ich hörte, wie Niall die Haustür öffnete, beeilte ich mich umso mehr. Aber ich konnte nicht einfach stillsitzen und nichts tun, deshalb schlich ich auf leisen Sohlen zur Tür, öffnete diese einen Spalt und streckte den Kopf heraus. Das nächste, was ich vernahm, waren Nialls erschrockene Worte: „Oh mein Gott, Harry, hast du dir wehgetan?"
Er kannte also jemanden mit dem Namen Harry, der um unser Haus schlich, obwohl er sich inkognito hier aufhielt. Wie merkwürdig war das denn bitte? Ungeachtet der Tatsache, dass Niall mich dazu angehalten hatte im Haus zu bleiben, wagte ich mich nun auf das Gelände, um die Lage zu peilen.
„Niall?", rief ich in die Richtung aus der seine Stimme gerade eben noch erklang.
„Sienna? Ich hab dir doch gesagt, dass du im Haus bleiben sollst!"
Seine Worte ignorierend setzte ich meinen Weg in seine Richtung fort, um überrascht festzustellen, dass ein junger Mann, etwa in Nialls Alter, auf dem Boden lag und sich mit schmerzverzerrtem Gesicht den rechten Fußknöchel hielt. Direkt neben ihm befanden sich ein umgekippter Schubkarren, sowie zahlreiche große Holzscheite, die verstreut auf dem Boden lagen.
„Es geht schon, mir ist so ein verfluchtes Holzstück auf den Fuß gefallen", brummte der Verletzte.
Als ich zusah, wie Niall dem jungen Mann sein Hand reichte, um ihm beim Aufstehen behilflich zu sein, bemerkte ich, dass Harry mich freundlich angrinste.
„Ich glaube, ich sollte mich kurz bei dir vorstellen, Sienna."
Er kannte meine Namen, was ich ziemlich gruselig fand.
„Ich bin Harry Styles und ich arbeite im Team von Alistair Kirkland."
Lächelnd streckte er mir seine große Hand entgegen, welche ich nun etwas verblüfft schüttelte. Bevor ich meine Sprache wiederfand, hörte ich Niall sagen: „Harry, kannst du mir bitte erklären, was du hier mitten in der Nacht suchst?"
„Zu deiner Info, es ist erst neun Uhr abends und nicht mitten in der Nacht. Aber ich will dich gerne aufklären", antwortete Harry. „Wie üblich stand ich auf meinem Beobachtungsposten, als ich glaubte, etwas zu sehen, einen Schatten oder sowas. Für mich erweckte es den Eindruck, als ob jemand um das Haus schleichen würde. Bei meinem Rundgang, der Gott sei Dank nicht das Geringste ergab, bin ich dann mit dem Schubkarren zusammengestoßen, der mitten im Weg stand."
Niall kratzte sich verlegen am Hinterkopf.
„Tut mir leid, das war mein Fehler. Das nächste Mal räume ich ihn weg, versprochen."
„Ich hoffe, dass es kein nächstes Mal geben wird", seufzte Harry. „Denn ich bin nicht besonders scharf darauf, einen Einbrecher oder sonstiges Gesindel stellen zu müssen. Eigentlich solltest du hier in Sicherheit sein, aber wie heißt es doch so schön: Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste."
„Möchtest du heute vielleicht mit ins Haus kommen? Wir sollten nach deinem Knöchel sehen", schlug Niall vor, worauf Harry kurz zögerte, um dann zu sagen: „Ok, aber nur kurz. Du weißt, dass ich es eigentlich nicht darf."
Ich fand ihn irgendwie sympathisch und hoffte darauf, ihm vielleicht sogar einige Fragen stellen zu können, die mich brennend interessierten. Zu dritt gingen wir nun ins Haus, wobei Harry eher humpelte, als zu laufen. Im Wohnraum angekommen, setzte er sich auf einen der Stühle am Esstisch und begann seinen Schuhe, sowie den Socken des lädierten Fußes auszuziehen.
„Das sieht nicht gut aus", kommentierte ich. „Niall, hast du sowas wie einen Verbandskasten hier?"
„Ja, im Bad habe ich einen gesehen. Warte, ich hole ihn sofort."
Der Knöchel war leicht geschwollen und etwas gerötet. Vermutlich war das Holzscheit mit voller Wucht darauf gefallen, sodass Harry sich eine Prellung zugezogen hatte. Niall, der soeben wieder auftauchte, kniete sich auf den Boden und sagte: „Ich mach das schon, Sienna."
Zuerst trug er eine Salbe auf und legte anschließend einen Verband um den Knöchel.
„Ich hoffe, du passt noch in deinen Schuh", lautete Nialls Aussage, als Harrys Fuß komplett verarztet war.
„Danke", seufzte der Lockenkopf. „Aber ich glaube, das geht schon. Und wenn nicht, ich hab ja noch ein anderes Paar dabei."
„Du solltest so lange sitzen bleiben, bis die Salbe wirkt", meinte Niall.
Als Harry nickte, bot ich ihm etwas zu trinken an, was er dankbar annahm.
„Ich hätte gerne ein Wasser."
„Möchtest du auch etwas, Schatz?", rief ich Niall über die Schulter zu, als ich in Richtung Kühlschrank lief.
Er starrte mich für eine Sekunde an, bevor sich sein Gesicht mit einem Grinsen, sowie einer dezenten Röte überzog.
„Ja, gerne, Baby."
Kurz darauf saßen wir gemeinsam am Esstisch und warteten, bis Harrys Fuß aufhörte zu schmerzen.
„Ich bin euch beiden so dankbar", sagte er.
„Ach was, wir müssen dir danken, dass du so gut auf uns aufpasst", erklärte Niall grinsend.
„Bitte sage es Alistair nicht, der killt mich sonst", kam es schuldbewusst von Harry.
Nun hatte ich mein Stichwort.
„Darf ich dich etwas fragen?" Ich schaute aufmerksam zu ihm und als er nickte, setzte ich meine Rede fort.
„Wie viele Leute arbeiten in Alistairs Team?"
„Sechs, plus Alistair selbst, macht also sieben", antwortete er wie aus der Pistole geschossen.
„Alles Männer?"
„Nein, drei Männer, drei Frauen und Alistair, unser Boss."
Die Tatsache, dass auch weibliche Wesen diesen Job ausübten, fand ich wahnsinnig interessant.
„Wie lange bist du schon in Alistairs Team?", richtete Niall nun seine Frage an Harry.
„Seit Januar, also ich bin ein sogenannter Newbie, ein Frischling. Ich muss die Drecksarbeit machen."
Er grinste spitzbübisch drein, als er das sagte, was Niall dazu veranlasste einen Kommentar anzugeben.
„Es ist also eine Drecksarbeit, für die Sicherheit eines Klienten zu sorgen, oder wie darf ich das verstehen?"
Anhand seiner Mimik konnte ich erkennen, dass dies als Scherz gemeint war, doch Harry nahm es in jenem Augenblick wohl ziemlich ernst.
„Nein, nein, so war das nicht gemeint!", wehrte er ab. „Ich dachte da eher an andere Dinge. Abgesehen davon bist du hier wirklich sicher, ansonsten würde man mir noch jemanden mit Erfahrung zur Seite stellen. Alistair möchte einfach, dass ich mich ans Observieren gewöhne, aber ich fürchte, ich bin eine ziemlich Null, was das angeht."
„Ach Unsinn. Dass du so gründlich bist, zeugt doch von deinen Qualitäten", ließ Niall verlauten.
„Ja, aber nicht, dass ich über einen Schubkarren stolpere", stieß Harry leicht geknickt hervor.
„Wir verraten es Alistair nicht, versprochen", mischte ich mich nun ein.
„Das beruhigt mich und ich rechne es euch hoch an", kam es erleichtert von Harry, der sich nun erhob.
„Meinem Fuß geht es besser, also werde ich mich verabschieden", sagte er lächelnd.
Niall geleitete ihn noch zur Haustür, während ich die Gläser in die Spüle stellte. Was für ein Abend! Er verlief zwar anders als geplant, aber dennoch interessant.
Als ich wenig später zwei Hände an meinen Hüften spürte, begann ich automatisch zu lächeln.
„Warum hast du mich vorhin so angeschaut, Niall?", fragte ich.
„Was meinst du?"
„Als ich Schatz zu dir gesagt habe."
„Gerade das war es. Du hast mich noch nie so genannt", wisperte er mir ins Ohr.
Ich lehnte meinen Kopf ein wenig zurück, sodass unsere Wangen sich berührten.
„Es kam aus meinem Bauch heraus, verstehst du? Ich habe noch nie zuvor einen Mann so genannt. Aber irgendwie hört es sich so richtig an, wenn ich es zu dir sage", erklärte ich leise.
„Das ist schön."
Niall hauchte einen Kuss auf meine Wange, bevor er einen Vorschlag machte.
„Wie sieht es aus, wollen wir uns ins Bett legen?"
„Einverstanden."
Auch heute wurde ich die Treppe nach oben getragen und wir waren endlich in der Lage, die Zeit zu zweit ausgiebig zu genießen. Wie in der Nacht zuvor schliefen wir miteinander, was ich auch dieses Mal sehr genoss. Wir konnten nicht genug voneinander bekommen, ließen uns unglaublich viel Zeit dabei und als ich später in seinem Arm lag, war ich in diesem Moment wunschlos glücklich.
Leider verging unsere gemeinsame Zeit viel zu schnell. Als die Morgensonne uns am Sonntag weckte, beschlossen wir, noch eine Weile liegen zu bleiben, um später im Bett zu frühstücken. Auch diese profane Unternehmung fühlte sich unsagbar toll an, wie alles, was ich mit Niall tat.
Und doch musste ich heute nach Hause. Alistair würde in wenigen Stunden hier auftauchen, um ich abzuholen.
Draußen stand Harry, auf seinem Beobachtungsposten, um uns zu bewachen. Es war eine völlig außergewöhnliche Situation, in der wir uns befanden, doch diese machte mir eines bewusst: Egal, wie widrig die Umstände sich gestalteten, ich wollte meine Zukunft mit Niall verbringen. Und sollten wir in einem Loch in Bora-Bora hausen müssen, würde das für mich auch kein Problem darstellen. Hauptsache, ich war bei ihm, konnte ihn fühlen, riechen, hören und sehen.
Den restlichen Sonntag verbrachten wir größtenteils mit Kuscheln auf dem Sofa, sowie dem Zubereiten unserer Mahlzeit, welche wir verdrückten, bevor Alistair eintraf.
Um Punkt sechs läutete es an der Haustür, worauf Niall sich seufzend vom Sofa erhob. Mit klopfendem Herzen schaute ich ihm nach und beobachtete, wie er die Tür öffnete, um dann zu sagen: „Bitte, gib uns noch ein paar Minuten, ok?"
Der Augenblick des Abschieds war gekommen, jener Moment vor dem ich mich die ganze Zeit gefürchtet hatte. Was würde er mir nun sagen? Hatte er seine Entscheidung getroffen, oder nicht? Und wenn ja, würde diese zu meinen Gunsten ausfallen?
Tränen strömten aus meinen Augen, als Niall mich in seine Arme schloss. Ich fühlte mich geborgen und gleichzeitig ängstlich.
„Sienna", vernahm ich sein raues Wispern. „Bitte schau mich an."
Langsam hob ich meinen Kopf, blickte in seine wunderschönen blauen Augen, in denen ich eintauchte, wie in einen Ozean.
„Du bist die mutigste, tapferste und wunderschönste Frau, die mir je begegnet ist. Ich kann es nicht in Worte fassen, was ich für dich fühle... und was ich für unser Baby empfinde."
Er blickte kurz auf meinen Bauch, streichelte behutsam darüber und gab mir das Gefühl, etwas Besonderes für ihn zu sein.
„Ich wünschte, alles wäre einfacher, verstehst du?"
Als ich unter Tränen nickte, hauchte er einen Kuss auf meine Lippen.
„Nicht weinen, Baby. Egal, was passiert, ich werde dich immer lieben."
War das nun ein Abschied für immer? Ich wusste es nicht und deshalb begann ich bitterlich zu schluchzen.
„Niall.."
Er hielt mich fest umschlungen, als würde er mich nie wieder loslassen wollen. Seine Lippen verbanden sich mit meinen zu einem unendlich gefühlvollen Kuss, der mich eigenartigerweise beruhigte, obwohl er mich eher hätte zerbrechen lassen sollen. Alles in mir schrie nach seiner Liebe, seinen Berührungen, seiner Stimme. Ich wollte nicht nach Hause fahren, ihn hier zurücklassen müssen und doch gab es keine Alternative.
„Ich liebe dich", flüsterte Niall, bevor er mich endgültig losließ.
Zitternd kamen die Worte über meine Lippen. „Ich liebe dich auch."
Mit tränenverschwommen Augen bemerkte ich, wie er meine Reisetasche hochhob, um diese zur Haustür zur tragen. Dort nahm Alistair das Gepäckstück in Empfang, ebenso mich, denn ich klammerte mich regelrecht an ihn, als wir zu seinem Wagen liefen, der auf der gegenüberliegenden Straßenseite parkte.
Als ich meinen Platz auf dem Beifahrersitz einnahm, bemerkte ich, dass Niall bereits ins Haus gegangen war. Meine Gedanken rasten, meine Hände zitterten und mein Herz weinte. Doch meine Augen blieben eigenartigerweise trocken. Zu groß war der Schmerz, um ihn herauslassen zu können.
Während der ersten halben Stunde unserer Fahrt in Richtung Cork sprach ich kein einziges Wort, starrte nur aus dem Fenster und betrachtete die Landschaft. So lange, bis meine Blase zu drücken begann und Alistair anhalten musste.
Als ich von der Toilette zurückkehrte, um in den Wagen zu steigen, schaute er mich durchdringend an.
„Wie geht es Ihnen, Sienna?"
„Nicht gut. Ich fürchte... ich...", stammelte ich, während die ersten Tränen aus meinen Augen hervorquollen.
„Na, na, nicht weinen."
Beruhigend legte Alistair eine Hand auf meinen Arm.
„Wie ist es gelaufen?", wollte er wissen.
Ich holte tief Luft, bevor ich unter Tränen zu sprechen begann.
„Er hat gesagt, dass er mich liebt, dass er mich immer lieben wird, dass er unser Baby liebt..."
Leise schluchzend kamen die Worte über meine Lippen.
„Aber er hat nicht gesagt, dass er mich mitnehmen möchte."
„Ok, dann hat er also gesagt, dass er sich gegen Sie entschieden hat?"
„Er hat gar nichts gesagt", schluchzte ich. „Gar nichts..., nur, dass er mich liebt..."
Alistair tätschelte väterlich meine Hand.
„Schauen Sie mich bitte an, Sienna."
Da ich mich seiner Aufforderung nicht entziehen konnte, blickte ich in seine braunen Augen, die mich aufmerksam musterten.
„Hören Sie mir jetzt gut zu, ok? Wenn Niall gar nichts gesagt hat, bedeutet das noch lange kein Nein."
„Was heißt es dann?", murmelte ich und wischte die Tränen von meinen Wagen.
„Hoffnung, und die sollten Sie keineswegs aufgeben. Ich weiß, dass dieser Junge sie wirklich liebt, sonst würde er das alles nicht auf sich nehmen. Außerdem..."
Alistair kramte in seiner Jackentasche, um sein Handy hervorzuholen. „Er hat mir gerade eine Nachricht zukommen lassen."
Als er das Handy in meine Richtung hielt, konnte ich lesen, was Niall geschrieben hatte: „Ich brauche noch einen Moment, werde mich morgen bei dir melden."
Es klang, als ob er nachdenken würde, aber es gab mir einen Funken Hoffnung. Und diese würde ich niemals aufgeben.
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Ich mache euch bestimmt wahnsinnig, denn ihr wartet so sehr auf Nialls Entscheidung. Die kommt im nächsten Kapitel, das kann ich euch jetzt schon sagen.
Wie fandet ihr die Einlage mit Harry? Ich konnte der Versuchung einfach nicht wiederstehen^^
Das nächste Update kommt vermutlich am Sonntag - ich werde alles versuchen, es bis dahin zu schreiben.
Und wie immer bedanke ich mich für die zahlreichen Kommentare und Votes zum letzten Kapitel! Das ist so lieb von euch!
GLG, Ambi xxx
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