10. Coated
Die Wand im Rücken und Nialls Körper an meinen gepresst, stand ich schwer atmend und mit pochendem Herzen da. Meine Knie zitterten leicht, was der Erregung zuzuschreiben war, die immer heftiger von mir Besitz ergriff. Genüsslich schloss ich meine Augen, als ich spürte, wie seine Hände zupackten, um mich ein Stück anzuheben. Automatisch schlang ich meine Beine um seine Hüften, denn ich wusste, was gleich passieren würde.
Es fühlte sich so animalisch an, in dieser Stellung Sex zu betreiben und doch gefiel es mir. Außer unserem lauten Keuchen war nichts im Raum zu hören. Verzweifelt versuchte ich den Kopf nach hinten zu beugen, doch die Wand hinderte mich erfolgreich daran. Obwohl sich jede Menge Platz im Black Room befand, hielt Niall uns auf engster Stelle. Es fühlte sich an, als seien wir dort gefangen. Aber genau dies wollte er wahrscheinlich damit bezwecken.
Seine Bewegungen wurden immer schneller und ich verlor die Fähigkeit weiterhin geradeaus zu denken, denn alles was ich fühlte, war diese riesige Welle, die von mir Besitz ergriff und schließlich sinnbildlich das Fass zum Überlaufen brachte. Niall presste seine schweißnasse Stirn gegen meine, er keuchte, doch er hielt mich noch immer fest.
„Baby", vernahm ich sein Flüstern, gepaart mit schweren Atemzügen. „Bist du ok?"
„Ja, bin ich."
Unsere Lippen suchten sich, fanden sich und öffneten sich gleichzeitig. Als unsere Zungen miteinander zu spielen begannen, löste dies ein Gefühl der Geborgenheit, sowie Vertrautheit in mir aus. Als Niall den Kuss nach einer Ewigkeit unterbrach, sagte er. Begleitet durch ein leises Lachen: „In einem Beichtstuhl ist es noch enger, also überlege es dir."
Langsam ließ ich meine Finger durch sein dichtes Haar gleiten.
„Danke für die Erfahrung, die ich mit dir teilen durfte", wisperte ich. „Und ich überlege es mir."
Kaum hatte ich den Satz ausgesprochen, ertönte auch schon das Summen.
Niall ließ mich vorsichtig hinab und als meine Füße den Boden berührten, sagte er: „Bis Sonntag, Sienna. Ich freue mich schon."
„Ich mich auch."
Es war furchtbar, wie schnell die Zeit im Swinger Club immer verging. Diese eine Stunde kam mir vor wie zwanzig Minuten, doch es gab nichts daran zu rütteln. Jedes Mal, wenn ich in der Schleuse stand, war genau eine Stunde um. Man betrog uns also in dieser Hinsicht nicht.
Gut gelaunt trat ich meinen Heimweg an und mit einem Lächeln legte ich mich ins Bett. Nichts war schöner als die Zeit an den Wochenenden, die ich im Black Room zusammen mit Niall verbrachte. Ich würde Gwenny ewig dankbar dafür sein, weil sie mich auf diese Idee gebracht hatte und schon alleine deswegen wollte ich sie nach Schottland begleiten. Aber natürlich auch, weil sie meine beste Freundin war und wir uns niemals im Stich ließen.
Dass sie nach Schottland ziehen würde, bedeutete keineswegs die Aufgabe unserer Freundschaft, sondern einfach nur, dass wir uns nicht mehr so häufig sehen würden. Vor allem unsere wöchentlichen Treffen zur Mittagspause würde mir sehr fehlen.
An diesem Abend wälzte ich mich noch eine ganze Weile im Bett hin und her, bevor ich einschlief. Da jedoch am nächsten Tag, die Notwendigkeit des frühen Aufstehens nicht gegeben war, brauchte mich das nicht zu interessieren. Ich schlief bis um zehn und begab mich direkt nach dem Aufstehen unter die Dusche. Und schon wanderten meine Gedanken wieder zu Niall.
Es wäre bestimmt toll, Sex unter der Dusche mit ihm zu praktizieren, schade, dass es diese Möglichkeit nicht im Black Room ausleben ließ. Vielleicht sollte ich dies als Verbesserungsvorschlag anbringen.
Mit einem Grinsen auf den Lippen verließ ich die Dusche und wickelte ein großes, flauschiges Badetuch um meinen Körper, bevor ich in diesem Aufzug die Küche aufsuchte, um das Frühstück zuzubereiten. Während der Kaffee durchlief, spazierte ich ins Schlafzimmer, um Unterwäsche, sowie einen bequemen Jogginganzug überzuziehen. Heute Nachmittag wollte ich das Fitness-Studio aufsuchen, aber der Vormittag eignete sich hervorragend dazu, um Wäsche zu waschen und zeitgleich einen Film anzuschauen.
Insgeheim ärgerte es mich, wie viel Zeit ich früher mit meinen Männer Freundschaften vergeudet hatte. Ich musste mit diesen Typen Essen, oder ins Kino gehen, bevor wir letztendlich zusammen im Bett landeten.
Mit Niall war alles so viel unkomplizierter. Wir trafen uns im Black Room, um eine schöne Zeit zu verleben. Komischerweise machte es mir nichts aus, wenn wir zwischendurch immer redeten, denn ich fand unsere Gespräche mehr als nur interessant. Hinzu kam, dass wir einen ähnlichen Humor besaßen, was die ganze Sache vollends abrundete. Es musste eine glückliche Fügung des Schicksals gewesen sein, die uns zusammenführte, und die mein momentanes Leben perfekt machte.
Am Sonntagabend bekam ich eine neue Seite von Niall zu sehen, oder besser gesagt, zu spüren; eine Mischung aus Dominanz und Zärtlichkeit, die mich total gefangen nahm. Ich konnte mich ihr nicht entziehen, selbst wenn ich es versuchte, klappte es nicht.
Wie schon bei unserem zweiten Treffen, warf er mich auf die Matratze und hielt mich an den Handgelenken fest, sodass ich keine Chance hatte, meine Arme zu bewegen. Doch während er dies tat, platzierte er sanfte, sehr zärtliche Küsse auf meinem Hals und dem Dekolleté, was mich schier wahnsinnig werden ließ. Mein Körper bäumte sich ihm entgegen, während ich lustvoll aufstöhnte. Verdammt! Er war auf dem besten Weg, zum Kern meiner Seele vorzudringen, denn diese Art der Gefühle war neu für mich.
Als er meine Handgelenke kurzzeitig losließ, empfand ich dies fast schon als störend. Ich brauchte seinen festen Griff, der mich in Sicherheit wiegte. Aber Niall musste es tun, um das Kondom überzuziehen, was ich sehr genau am Geräusch erkennen konnte, welches das Öffnen der Packung verursachte.
Mit einem Herzschlag, fast so schnell wie der Schall, lag ich erwartungsvoll da und genoss kurze Zeit später, wie er in mich eindrang. Er erlangte die Kontrolle über meinen Körper, und zwar so schnell, dass mir beinahe schwindlig wurde. Innerlich taumelnd spürte ich die heißen Wellen, welche meinen Unterleib permanent durchzogen, bis ich an den Punkt gelangte, der die Erlösung versprach.
„Baby", hörte ich Niall wispern. „Lass es raus."
Diese vier kleinen Worte genügten, um mich an den Rand der Klippe zu bringen, über welche wir dann beide gemeinsam sprangen.
Ich zitterte noch immer, nachdem er schon lange von mir abgelassen hatte und kuschelte mich wie selbstverständlich an ihn. Niall hatte mal wieder eine Decke über uns gelegt, unter welcher wir nun die komfortable Stille genossen. Nur das Pochen unserer Herzen war in der Dunkelheit zu vernehmen. Langsam trat die Entspannungsphase ein, was man dadurch ausmachen konnte, dass wir zu reden begannen.
„Das war krass", murmelte ich noch immer fasziniert.
„Findest du? Was war denn deiner Ansicht nach so krass?", kam es zurück.
Ich liebte den Klang in seiner Stimme, der andeutete, dass Niall noch total fertig war.
„Die Tatsache, dass du so zärtlich und besitzergreifend zugleich warst", ließ ihn wissen.
Niall zog mich fester in seine Arme, bevor er antwortete.
„Du gehörst mir, Sienna", flüsterte er, „zumindest hier, im Black Room, und das werde ich dir immer wieder zeigen."
„Ich will auch gar keinem anderen gehören." Ohne darüber nachzudenken kamen diese Worte einfach über meine Lippen.
„Nicht?" Ich hörte das Schmunzeln aus seiner Stimme heraus. „Aber irgendwann wirst du einem anderen gehören, nur hoffe ich, dass dir unsere Zeit im Black Room immer in guter Erinnerung bleiben wird."
Was zum Teufel war mit ihm los? Ich wollte nicht, dass er solche Dinge sagte, denn im Moment gab es keinen anderen Mann für mich. Vielleicht würde es sogar nie einen anderen geben, der das aus mir herauszuholen vermochte, was Niall tat.
„Kann ich dich etwas fragen, Sienna?" Seine linke Hand streichelte sachte über meine Wange.
„Ja, natürlich."
„Warum hast du dich für den Black Room entschieden? Ich meine, du bist eine total nette und wunderschöne junge Frau. Es gibt nichts, was du zu verbergen hättest. Ich kann weder irgendwelche Narben, noch sonstige Dinge ertasten, die dich oder deinen Körper entstellen würden. Also muss es einen anderen Grund geben."
Seine Aufmerksamkeit verblüffte mich immens und eigentlich gab es keinen Grund, ihm meine Ansichten dahingehend zu verschweigen.
„Weißt du", sagte ich, „ich hatte meine Freundschaften mit gewissen Vorzügen einfach satt. Es mag doof klingen, aber diese Männer haben sich irgendwann immer in mich verliebt und wollten mehr. Dazu war ich jedoch nicht bereit, denn ich möchte meine Unabhängigkeit bewahren."
„Ok, das verstehe ich, aber warum dann ausgerechnet der Black Room?" Niall ließ nicht locker.
„Nun ja, wenn man sich nicht sieht, kann man sich auch nicht ineinander verlieben, oder?", argumentierte ich.
„Denkst du das wirklich, Baby?" Er platzierte einen Kuss auf meine Stirn, bevor die Finger seiner rechten Hand sanft über mein Gesicht fuhren. Er zeichnete meine Augen, die Nase und den Mund nach, was mir ein Lächeln entlockte.
„Sienna, hast du schon einmal darüber nachgedacht, wie Blinde sich verlieben?"
Als er diese Frage stellte, wurde ich nachdenklich.
„Nein, das habe ich noch nie", erwiderte ich wahrheitsgetreu.
„Das dachte ich mir fast. Sie können sich nicht sehen und verlieben sich trotzdem, denn sie schauen mit dem Herzen und nicht mit den Augen, die meiner Meinung nach sowieso viel zu oft ein trügerisches Bild abgeben."
Nialls Ausführungen machten mich im ersten Moment ziemlich konfus, doch je länger ich darüber nachdachte, desto mehr musste ich ihm Recht geben. Auch blinde Menschen verliebten sich, nur taten sie dies aufgrund anderer Gegebenheiten als die sehenden.
Als seine Hand zärtlich meinen Busen streichelte, begann ich zu schmunzeln. Ich verstand haargenau, was er sagen wollte.
„Du bist wunderschön, Sienna und wenn es nach mir ginge, würde ich mich bis in alle Ewigkeiten mit dir im Black Room treffen", wisperte er mir ins Ohr.
„Es gibt nichts, was dagegen spricht", flüsterte ich zurück und küsste ihn anschließend sanft auf den Mund. Sein Grinsen war deutlich zu spüren.
„Und was passiert, wenn du dich außerhalb des Swinger Clubs verlieben solltest?", wollte er wissen.
„Das wird so schnell nicht geschehen, denn ich habe nicht vor, mich in den nächsten zwei bis drei Jahren fest zu binden. Du kannst also ganz beruhigt sein."
Besitzergreifend knabberte ich an seinem Ohrläppchen und ließ gleichzeitig meine Hand über seinen Brustkorb fahren.
„Du bist mein Priester, Niall. Ich gebe dich nicht mehr her", raunte ich ihm ins Ohr.
„Das klingt gut, Baby, denn wer hat schon seinen eigenen Priester?"
Die nächsten Tage rauschten einfach so an mir vorüber. Ich lebte nur noch für die Wochenenden, um genauer zu sein, für die Zeit mit Niall im Black Room. Doch dann nahte der Freitag, an welchem ich mit Gwenny nach Schottland reiste. Wir nahmen den Flug um kurz nach halb sieben, vom Flughafen London City aus startend. Da wir beide direkt nach Arbeitsende dorthin fuhren, teilten wir uns ein Taxi.
„Ich bin schon ganz aufgeregt", ließ meine beste Freundin verlauten.
„Warum denn das?"
„Weil ich gerne wissen möchte, wie dir die Kathedrale gefällt."
„Was? Die schauen wir uns auch an?"
„Natürlich."
Sofort spukte Niall in meinem Kopf umher. Der Ärmste musste an diesem Wochenende bei seinem Bischof antanzen und würde hoffentlich positive Nachrichten mitbringen – nicht so wie ich nach meiner missglückten Beförderung.
Als ich meinen Kopf an die Scheibe des Autofensters lehnte, bemerkte ich, dass es anfing zu regnen. Hoffentlich setzte sich das schlechte Wetter in Schottland nicht fort, obwohl dies ausgezeichnet zu meiner Stimmung passte, da ich die Zeit mit Niall jetzt schon vermisste.
Der Flug nach Glasgow dauerte nicht viel länger als eine Stunde, kaum hoben wir ab, wurden Getränke serviert, Knabbereien ausgeteilt und danach setzte das Flugzeug auch schon wieder zur Landung an. Zu meinem Leidwesen regnete es auch hier. Immerhin holte Tony uns mit seinem Wagen vom Flughafen ab. Er begrüßte mich freundlich, nachdem Gwenny endlich von ihm angelassen hatte. Sie schien ihm völlig verfallen zu sein, was mich wirklich verwunderte, denn so kannte ich meine beste Freundin überhaupt nicht.
Von Glasgow aus ging es raus aufs Land, direkt zum Gut von Tonys Eltern. Leider konnte ich in der Dunkelheit so gut wie gar nichts von der Landschaft erkennen, nur hin und wieder wurde die Straße innerhalb der Dörfer, welche wir passierten, durch die dortige Beleuchtung erhellt. Sobald wir uns aber außerhalb der Ortschaften befanden, wurde es erneut dunkel. Diese Dunkelheit erinnerte mich vage an den Black Room. Normalerweise würde ich jetzt mit Niall dort liegen und Spaß haben. Als ich ein lautes Seufzen von mir gab, drehte sich Gwenny zu mir um.
„Alles klar, Sienna?"
„Ja, alles bestens." Ich schenkte ihr ein zuversichtliches Lächeln, was sie wohl beruhigte.
„Wir sind gleich da, es dauert ungefähr noch zwanzig Minuten", ließ Tony mich wissen, der sich heute von seiner nicht ganz so schleimigen Seite zeigte, wie ich feststellen durfte.
Das Landgut befand sich unweit der Stadt Ayr, in der Grafschaft Ayrshire gelegen. Ich fragte mich ernsthaft, ob das Internet in diesem Winkel überhaupt funktionierte, doch zu meiner Überraschung zeigte mein Handy ein fast volles Signal an, als Tony die große Auffahrt zum Gebäude entlangfuhr. Majestätisch ragte dieses vor uns auf, als wir aus dem Wagen stiegen.
Sofort eilte ein Bediensteter herbei, der sich um unser wirklich nur kleines Gepäck kümmerte. Ich hatte genau wie Gwenny nur mein Handgepäck mitgenommen, denn schließlich wollten wir keine mondäne Party feiern.
Als ich hinter meiner besten Freundin den großen Eingangsbereich des Hauses betrat, sah ich mich neugierig um. Es wirkte gemütlich, gleichzeitig jedoch elegant. Ein großes Wildschweinfell zierte den Treppenaufgang und ein Hirschgeweih hing über einer Tür im unteren Bereich. Der Boden bestand aus teuren Steinfliesen, welche edel glänzten und man konnte erkennen, dass alles in diesem Haus liebevoll dekoriert, wenngleich auch kostspielig war.
Bevor ich mich weiter umsehen konnte, wurde mir der Mantel abgenommen und in einem großen Holzschrank verstaut, welcher im Eingangsbereich stand. Dann hörte ich die Stimme einer Frau, allem Anschein nach musste es sich um Tonys Mutter handeln, denn die beiden sahen sich sehr ähnlich.
„Hallo Gwenny, schön, dass du hier bist."
Die Frau umarmte meine Freundin herzlich, was mir ein Lächeln entlockte. Wenigstens einer in dieser Familie, der nicht schleimig zu sein schien.
„Das ist meine beste Freundin Sienna, von der ich dir schon so viel erzählt habe, Ruth", stellte Gwenny mich vor.
„Freut mich, dich kennenzulernen, Sienna. Ich bin Tonys Mutter, du kannst mich ruhig beim Vornamen nennen und fühle dich hier bitte wie zu Hause."
„Es freut mich auch, dich kennenzulernen", erwiderte ich und schüttelte ihre Hand.
„Ihr habt bestimmt Hunger, das Abendessen ist auf jeden Fall gerichtet", sagte sie und führte uns dann in einen großen Raum. Dort stand ein riesiger Esstisch, über welchem ein Kronleuchter hing, den ich sofort beäugte. Obwohl an diesem Tisch mühelos zwölf Personen Platz gefunden hätten, war lediglich für vier gedeckt.
„Mein Mann kommt heute sehr spät nach Hause", erklärte Ruth, als sie meinen fragenden Blick bemerkte. „Und der Rest hat schon gegessen, aber ich leiste euch gerne Gesellschaft."
Der Wildschweinbraten schmeckte hervorragend und mir wurde jetzt schon klar, dass ich nach diesem Wochenende eine Diät würde einlegen müssen. Die Leute auf dem Land aßen eben anders, als jene in der Stadt. Im Kamin flackerte ein Feuer, was dem Raum eine überaus gemütliche Atmosphäre verlieh. Nach zwei Gläsern Rotwein hatte ich auch die nötige Bettschwere, sodass ich Gwenny und Tony ohne weiteres nach oben folgte, als diese sich erhoben, um zu verkünden, dass sie nun schlafen gehen würden.
„Unser Schneider kommt morgen gegen zehn, also gibt es spätestens um neun Uhr Frühstück", erklärte Ruth, was ich mit einem Nicken zur Kenntnis nahm.
Im oberen Stockwerk angekommen, zeigte Gwenny mir das Gästezimmer, in welchem ich nächtigen durfte. Mein kleiner Koffer stand direkt vor dem Bett und die schweren, bodenlangen, dunkelroten Gardinen an den Fenstern waren bereits zugezogen.
„Das Gästebad befindet sich direkt nebenan", meinte Gwenny, bevor sie und Tony mir eine gute Nacht wünschten.
Minuten später stand ich in einem hübschen Badezimmer, dessen Fliesen ganz in Marmor gehalten waren. Tonys Eltern besaßen auf jeden Fall haufenweise Geld, dies stand außer Frage. In dieser Hinsicht hatte Gwenny es wohl gut getroffen, obwohl das nicht alles im Leben war. Ich würde meine Unabhängigkeit auf jeden Fall niemals gegen eine Million Pfund eintauschen. Nicht für alles in der Welt!
Als ich nach diesem langen Tag endlich im Bett lag, welches sich äußerst bequem anfühlte, stellte ich mir vor, wie es wohl wäre, Niall jetzt bei mir zu haben. Auch wenn ich es mir bisher nicht eingestand, ich vermisste seine Gesellschaft und nicht nur den Sex zwischen uns. Aber wir beide überschritten mehr als nur eine Grenze, wenn wir uns regelmäßig im Black Room vergnügten. Ich wollte ihm nicht noch ein schlimmeres Gewissen verschaffen, indem ich ihn bat, sich außerhalb des Swinger Clubs mit mir zu treffen.
Nur alleine der Gedanke daran mutete so reizvoll an, dass mein Herz schneller zu schlagen begann. Jetzt in seinen Armen zu liegen, war alles, was ich mir wünschte. Den Schlag seines Herzens zu spüren, sein Aftershave zu riechen und seine Hände, sowie seine Lippen zu spüren, die meinen Körper verwöhnten, so lange, bis er vollständig von mir Besitz ergriff.
Niall war wie eine Sucht für mich, eine süße Versuchung, der ich nicht widerstehen konnte. Mit einem Lächeln im Gesicht schlief ich endlich gegen Mitternacht ein und träumte etwas Verworrenes vom Black Room, in welchem sich plötzlich eine Dusche befand, unter der ich mit Niall stand, der seine Hände über meinen Körper wandern ließ und diesen liebevolle mit Duschgel einseifte. Als ich etwas Hartes an meinem Oberschenkel fühlte, was ich als seine Erektion deutete, erwachte ich prompt.
Mein Herz raste und ich wünschte mir nichts mehr, als ihn jetzt bei mir haben zu können. Frustriert drehte ich mich zur Seite, um gleich darauf zu registrieren, dass es wohl nicht mehr stockdunkel draußen war.
Da ich sowieso nicht mehr einschlafen konnte, erhob ich mich aus dem Bett und lief zum Fenster. Langsam zog ich die schweren Vorhänge zurück und wurde vom Anblick der aufgehenden Sonne total überwältigt. Mehrere Minuten fesselte mich dieses Schauspiel, so lange, bis das Gestirn komplett am Himmel zu sehen war. Bei Tageslicht betrachtet, wirkte die Gegend gar nicht so übel und ich konnte mir durchaus vorstellen, später einen Spaziergang durch die Landschaft zu unternehmen.
Gemächlich lief ich ins Badezimmer und stellte mich unter die Dusche. Prompt geisterte mein nächtlicher Traum mit Niall durch meine Gedanken. Was er wohl gerade machte?
Nachdem ich mich angezogen hatte, stieg ich die Treppe ins Erdgeschoss hinab. Meine Ohren nahmen das Geräusch klirrender Töpfe und Pfannen wahr, als ich in der Eingangshalle stand, was mich dazu veranlasste in jene Richtung zu gehen, aus welcher der Lärm ertönte. Wie zu erwarten landete ich in der Küche, in der Tonys Mutter gerade Anweisungen an die Köchin erteilte.
„Guten Morgen, Sienna, hast du gut geschlafen?", begrüßte sie mich freundlich lächelnd.
„Ja, danke, sehr gut und ich wünsche ebenfalls einen guten Morgen", erwiderte ich.
„Möchtest du gleich etwas frühstücken, oder lieber auf Gwenny und Tony warten?"
„Ich warte und schaue mich mal draußen ein wenig um", erwiderte ich, was Ruth mit einem Nicken zur Kenntnis nahm.
Bevor ich das Haus verließ, zog ich den Reißverschluss an meiner Fleecejacke hoch bis zum Hals. Schließlich wollte ich mich nicht erkälten. Draußen folgte ich einfach meinem Instinkt, der mich prompt zu den Stallungen führte. Gwenny und ich waren früher öfter geritten und ich konnte mir gut vorstellen, dass meine Freundin Gefallen an den Pferden fand, welche in diesem Stall standen. Ein Schimmel streckte neugierig seinen Kopf hervor, als er mich bemerkte, was mich dazu veranlasste, das Tier zu streicheln.
„Gehst du bei Männern auch immer so ran?", vernahm ich plötzlich eine Stimme hinter mir, die mich augenblicklich zusammenfahren ließ.
„Wenn sie mir gefallen, dann schon", konterte ich frech und drehte mich zu dem jungen Mann, der, und der Teufel sollte mich holen, wenn ich nicht Recht behielt, einer von Tonys Brüdern war.
Er lachte herzlich und sagte: „Deine Art gefällt mir. Ich bin übrigens Oliver, Tonys Bruder."
„Das dachte ich mir schon. Ich bin Sienna, Gwennys Freundin und zukünftige Brautjungfer."
Olivers braune Augen standen im Kontrast zu seinem blonden Haar, eine Mischung, die ich interessant fand.
„Kennst du dich mit Pferden aus?", wollte er wissen.
„Ein bisschen."
„Du kannst ihn gerne reiten, wenn du möchtest."
„Vielleicht mache ich das später sogar."
Gemeinsam liefen wir schließlich zum Haus zurück, um das Esszimmer aufzusuchen, in welchem der Rest der Familie inzwischen Platz genommen hatte. Außer Tonys Vater, lernte ich noch seinen älteren Bruder George und die jüngere Schwester Grace kennen. Tony hatte sehr viel von seinem Vater, einem schleimigen, ewig lächelnden Mann, durch dessen dunkles Haar sich graue Fäden zogen.
Froh das Frühstück überstanden zu haben, folgte ich Gwenny später in das Zimmer, in welchem sich der Schneider gleich die Ehre geben würde. Das Maßnehmen wurde richtig anstrengend und ich atmete erleichterte auf, als wir endlich entlassen wurden. Es hatte ewig lange gedauert und nun wurde es bereits wieder Zeit für das Mittagessen, welches wir alle gemeinsam im großen Esszimmer einnahmen. Es schmeckte vorzüglich, das musste ich zugeben.
Direkt nach dem Essen fuhren wir zu der Kathedrale, in welcher die Trauung stattfinden sollte, wobei Oliver uns begleitete. Das beeindruckende, uralte Gebäude interessierte mich eher weniger, dafür jedoch der Beichtstuhl, den ich genauestens betrachtete. Es war Ewigkeiten her, seit ich zum letzten Mal gebeichtete hatte und ich konnte mich kaum an die Enge des Möbelstücks erinnern.
Als ich einen verstohlenen Blick hineinwarf, stieß ich einen überraschten Laut aus. Gleichzeitig formte sich ein Lächeln auf meinen Lippen. Niall hatte wirklich nicht gelogen, es war furchtbar eng und ich würde definitiv eine Wand im Rücken haben.
„Na, überlegst du, was du alles beichten könntest?" Bereits zum zweiten Mal an diesem Tag tauchte Oliver hinter mir auf.
„Vielleicht", erwiderte ich vielsagend und grinste.
„Wie gefällt dir die Kirche?", wollte er wissen.
„Sie ist ganz nett."
Insgeheim fragte ich mich, was Niall von dieser Kirche halten würde, denn er sah diese bestimmt mit ganz anderen Augen als ich. Verdammt, er ging mir einfach nicht aus dem Kopf.
Auf dem Rückweg zum Gut kam das Gespräch auf London, sowie die allgemeinen Vorzüge, die es mit sich brachte, in einer Großstadt zu leben.
„Ich glaube, ich muss mal ein Wochenende in London verbringen. Wie sieht es aus, Sienna, würdest du mit mir durch die Clubs ziehen?", richtete Oliver seine Frage an mich.
„Das geht leider nicht, denn ich bin vergeben", entfuhr es mir.
Es kam überhaupt nicht in Frage, dass ich eines meiner Dates mit Niall sausen ließ. Für keinen Mann der Welt würde ich das tun. Aus den Augenwinkeln nahm ich Gwennys erstauntes Gesicht wahr und dann kam Tonys Satz, der mich gehörig in Schwitzen brachte.
„Ich wusste gar nicht, dass du einen Freund hast, Sienna. Gwenny hat dahingehend nichts erwähnt."
Hilfesuchend schaute ich zu meiner besten Freundin. „Den habe ich auch noch nicht lange, um genau zu sein, erst seit ein paar Tagen, stimmt's, Gwenny?"
„Ja, du hast mir erst am Donnerstag davon erzählt", kam es von Gwenny, die jedoch beinahe unmerklich den Kopf schüttelte.
„Was macht er denn beruflich?", erkundigte sich Tony.
Nun musste ich mir schleunigst etwas einfallen lassen, sonst würde es richtig peinlich werden.
An den Beichtstuhl denkend, hatte ich jedoch sofort eine Antwort parat.
„Er ist Schreiner."
„Schreiner? Das ist hochinteressant. Wir würden nämlich eine neues Holztäfelung im Wohnzimmer benötigen", kam es prompt von Oliver, den ich am liebsten für diese Äußerung erwürgen wollte.
„Ich kann ja mal mit ihm reden, aber ich glaube nicht, dass er deswegen nach Schottland reisen würde", entgegnete ich mit klopfendem Herzen.
Eine halbe Stunde stand ich mit Gwenny im Gästezimmer, die mich erstaunt fragte: „Sag mal, was hat das denn zu bedeuten? Du bist vergeben?"
„Das bin ich in gewisser Weise auch, denn meine Wochenenden gehören mir und ich möchte diese mit Niall im Black Room verbringen. Es ist schon schlimm genug, dass ich dieses Wochenende auf ihn verzichten muss, aber weil du meine beste Freundin bist, tue ich das gerne, jedoch auf keinen Fall für einen anderen Mann."
„Überlege mal, was du gerade sagst, Sienna. Du wirst ihn niemals haben können, denn er ist ein angehender katholischer Priester!"
„Ich werde ihn so lange haben können, wie ich es gerne möchte, denn er hat mir ziemlich unverblümt zu verstehen gegeben, dass er sich mit mir bis in alle Ewigkeit in diesem Black Room treffen möchte", ließ ich Gwenny wissen.
„Bis in alle Ewigkeit? Sienna, der Kerl hat dir total den Kopf verdreht, wenn du mich fragst!", ereiferte sich meine beste Freundin, worauf ich nur zur Antwort gab: „Das musst du gerade sagen, du tanzt nämlich nur noch nach Tonys Pfeife!"
Damit war unser Gespräch beendet und ich verbrachte den Abend mit Oliver, Grace und etlichen Gläsern Wein vor dem Kamin im Wohnzimmer, wobei mir die Holztäfelung immer wieder ins Auge fiel.
Auch in dieser Nacht vermisste ich Niall, aber er tauchte zum Glück nicht in meinen Träumen auf, denn dies hätte mich nur noch mehr verwirrt.
Am nächsten Tag ritt ich mit Gwenny, Tony und Oliver durch das Gelände. Meine beste Freundin hatte sich inzwischen wieder abgeregt und redete ganz normal mit mir. Außerdem lieh sie mir ihr zweites Paar Reitstiefel, sowie die entsprechende Kleidung. Glücklicherweise hatten wir die gleiche Größe und Schuhgröße.
Wie versprochen, durfte ich den Schimmel reiten, einen Hengst, der auf den Namen Wotan hörte. Das Tier wirkte ausgesprochen edel und ich hatte meinen Spaß. Obwohl das Wochenende besser als erwartet verlief, freute ich mich, als wir am Abend endlich wieder im Flugzeug saßen, welches uns nach London brachte. Das war einfach nicht meine Welt, ich gehörte in die Großstadt und in den Black Room, zusammen mit Niall.
Ungeduldig zählte ich die Tage bis zum Wochenende, als ich am Montag das Büro aufsuchte. Ellenlang zog sich die Woche dahin und ständig verweilten meine Gedanken bei Niall.
Als endlich der Freitag begann, konnte ich kaum den Feierabend erwarten und stand später pünktlich um viertel vor zwölf in der Nacht vor den Pforten des Swinger Clubs. Eiligst stürmte ich die Treppe nach oben, bis zum Eingang des Black Room. In der Schleuse angekommen, entledigte ich mich meinen Klamotten, bis auf die Unterwäsche und blickte dann auf die Anzeige über der Tür. Zu meiner großen Überraschung tauchte eine laufende Schrift mit folgenden Worten dort auf:
„Liebe Sienna, heute ist dein zehntes Treffen mit Niall im Black Room. Deshalb haben wir eine kleine Überraschung für euch vorbereitet, die ihr allerdings zunächst entdecken müsst, bevor ihr sie genießen könnt."
Nun war ich mehr als nur gespannt.
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Was mag das wohl für eine Überraschung sein? Habt ihr irgendwelche Ideen? Und wie fandet ihr Siennas Anwort auf die Frage, was Niall von Beruf ist?
Danke für euer Feedback zum letzten Kapitel, es freut mich immer, die Kommentare zu lesen. Ich wünsche euch noch ein schönes restliches Wochenende!
LG, Ambi xxx
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