Chào các bạn! Vì nhiều lý do từ nay Truyen2U chính thức đổi tên là Truyen247.Pro. Mong các bạn tiếp tục ủng hộ truy cập tên miền mới này nhé! Mãi yêu... ♥

16. Brooding

Parker an Anonym: „Wir haben die Freigabe, dass ihr euch an ihn dranhängen könnt."

Anonym an Parker: „Ok, beginnen sofort mit der Durchführung."

Parker an Anonym: „Ich lasse dich wissen, wann er endgültig dir gehört."

Anonym an Parker: „Thanks and over."


Fionn


Die Gedanken kreisten unaufhörlich in meinem Kopf. Sie wollten mich nicht loslassen, so sehr ich es auch versuchte. Seit diesem verhängnisvollen Freitag war nichts mehr wie früher. Vermutlich würde es auch nie wieder so sein. Sobald ich den Versuch startete, einschlafen zu wollen, tauchte das Gesicht jenes Mannes auf, der quasi in meinen Armen verblutet war. Zwei Wochen und vier Tage lag dies jetzt zurück und trotzdem war mir jedes Detail in Erinnerung geblieben.

Ich sah die Pistole im Schein der Laterne auf aufblitzen, zwei Schüsse ertönten und ich warf mich instinktiv auf den Boden. Das Narbengesicht rannte davon und ehe ich mich versah, fand ich mich neben dem Schwerverletzten wieder, der stöhnend auf dem Pflaster lag.

„Bitte... hilf... mir..."

Der Mann sprach Englisch, jedoch mit spanischem Akzent. Die Wunde an seinem Bauch, aus der Blut herausströmte, schien sehr schlimm zu sein. Reflexartig zog ich mein Handy hervor, um einen Notruf zu tätigen, bevor ich mich daran machte, Teile des Gewands in Fetzen zu reißen, um diese dann auf das hässliche, schwarze Loch zu pressen, aus welchem die rote Flüssigkeit unaufhaltsam sickerte. Vermutlich würde es keine Rettung mehr für diesen Mann geben, jedenfalls nicht aus medizinischer Sicht.

„Bitte nicht bewegen", murmelte ich leise.

Anschließend ergriff ich mit meiner freien Hand die rechte Hand des Schwerverletzten, dessen Augen sich nun vertrauensvoll auf mein Gesicht richteten. Obwohl er mit Sicherheit wusste, dass er sterben würde, lag ein Lächeln auf den Lippen des Mannes. Er hielt mich für einen Priester, der ihm die Absolution erteilen konnte. Als das Rettungsfahrzeug, gefolgt von zwei Polizeiwagen, fünf Minuten später am Tatort eintraf, war das Opfer bereits tot.

Niemals würde ich diese Minuten vergessen, und auch das, was danach geschah, nicht. Zuerst hatte man sich erkundigt, ob ich ebenfalls medizinische Betreuung benötige, und als ich dies verneinte, wurde ich gefragt, ob ich in der Lage sei, eine Aussage zu machen. Natürlich bejahte ich dies und so nahm man mich mit auf ein Polizeirevier. Dort verbrachte ich die halbe Nacht, umgeben von einigen Beamten, sowie einem Polizeipsychologen.

Inzwischen hatte man wohl den Priester über meinen Verbleib und die Vorkommnisse verständigt. In dieser Hinsicht musste ich mir also keine Sorgen machen, wie die Beamten mir versicherten. Auch dass mein neues Gewand für die Priesterweihe nicht mehr tauglich war, interessierte mich in diesem Moment eher weniger. Ein Mann war gerade in meinen Armen gestorben und hatte vorher eine Art Beichte abgelegt.

Da ich die Priesterweihe noch nicht empfangen hatte, war ich nicht befugt, ihm die Absolution zu erteilen, auf welche er wohl hoffte. Doch ich sprach ein Gebet, das Vater Unser, um ihn zu beruhigen, und als das Wort „Amen" über meine Lippen kam, schloss er seine Augen, während der Kopf sich kraftlos zur Seite neigte. Ich hatte alles getan, was in meiner Macht stand. Er war nicht mehr zu retten, weder sein Körper, noch seine Seele.

Es kostete mich einiges an Kraft, den Beamten zu erzählen, was ich gesehen hatte und wie es überhaupt dazu kam, dass ich mich in dieser Straße aufhielt. Natürlich überprüften sie alles. Das Kennzeichen und den Halter des Bentleys, sowie dessen Standort. Sie mussten ausschließen, dass ich mit diesem Verbrechen in Verbindung stand. Glücklicherweise gelang ihnen dies wohl sehr schnell, dazu trugen wohl vor allem mein Studium, sowie der angehende Beruf bei. Man sah in mir durchaus einen seriösen Zeugen, der die Wahrheit sprach.

Zwischendurch machten wir eine Pause, in welcher ich Kaffee und Kekse gereicht bekam. Die Uhr, welche über der Tür zum Büro hing, zeigte mittlerweile halb zwei in der Nacht an. Als ich einen Schluck Kaffee zu mir nahm, dachte ich zum ersten Mal an Sienna.

Ich hatte sie versetzt und sie wartete vergeblich auf mein Auftauchen im Black Room. Eine Sache, die mir unglaublich leidtat, aber die ich auch nicht zu ändern, geschweige denn rückgängig zu machen vermochte. Wenn es in meiner Macht stehen würde, hätte ich dies getan.

Ich wollte keinen Sterbenden in meinen Armen halten und ich wollte erst Recht nicht stundenlang auf einem Polizeirevier verhört werden, doch ich hatte keine andere Wahl. Diese Nacht war der Beginn eines Albtraums, der sich immer mehr in meinem Kopf ausbreitete. Denn als ich mit meiner Aussage fortfuhr, und den Beamten erzählte, was dieser Mann zu berichten hatte, wurden diese unglaublich hellhörig. Unser Gespräch wurde wie die Aussage zuvor, aufgezeichnet, damit keine wertvollen Informationen abhandenkamen. Vor allem die Namen, die der Tote vor seinem Ableben genannt hatte, schienen die Polizei brennend zu interessieren.

Plötzlich brach Hektik im Büro aus, einer der Beamten stürzte aus dem Raum und tauchte fünfzehn Minuten später wieder auf, nachdem ich meine dritte Tasse Kaffee konsumiert, und alle Kekse aufgegessen hatte.

„Es tut mir leid, Mr Ryan, Sie müssen diese Aussage in den nächsten Tagen nochmals wiederholen. Jedoch nicht hier, sondern beim obersten Polizeipräsidium. Wir werden uns diesbezüglich bei Ihnen melden, also dürfen Sie die Stadt nicht verlassen."

„Das hatte ich sowieso nicht vor."

„Gut, und wir müssen Sie bitten, mit niemandem und das meinem wir auch so, mit wirklich niemandem darüber zu reden. Haben Sie mich verstanden?"

Als ich nickte, setzte der Beamte sich zu mir.

„Leben Sie alleine?"

„Ja, das tue ich. Ich bin ein angehender katholischer Priester, ich darf nicht mit einer Frau zusammenleben, falls Sie das ansprechen wollten", entgegnete ich.

„Stimmt, daran dachte ich im Augenblick nicht", gab er zu.

„Ich wohne alleine und außer meiner Putzfrau, die einmal wöchentlich vorbeischaut, gibt es niemanden, dem ich in meinem Haus begegnen könnte", ließ ich den Beamten wissen.

„Gut. Wir werden Sie jetzt nach Hause bringen. Bitte geben Sie mir ihren Autoschlüssel, einer unserer Beamten wird Ihren Bentley holen und diesen vor Ihrem Heim abstellen."

Seufzend kramte ich die Schlüssel aus meiner Hosentasche hervor, um diese dann dem Beamten zu überreichen.

„Er sollte mit der Kupplung aufpassen, die funktioniert manchmal nicht so, wie sie soll. Also die Gänge gehen ein bisschen schwer rein", erklärte ich nun, in der Hoffnung, dass mein Bentley pfleglich behandelt wurde.

Es war mir gar nicht Recht, dass ein anderer dieses Auto fuhr, doch etwas dagegen unternehmen konnte ich nicht. Schließlich wollten die Beamten mir nur einen Dienst erweisen und um ehrlich zu sein, fühlte ich mich mittlerweile nicht mehr in der Lage, Auto zu fahren. Trotz des Kaffeekonsums wurde mein Körper durch eine unglaubliche Müdigkeit dahingerafft. Ich hätte ihm Sitzen einschlafen können, so anstrengend war das Verhör gewesen.

Eine halbe Stunde später befand ich mich alleine in meinem Haus und saß auf dem Sofa im Wohnzimmer. Jedes Mal, wenn die Scheinwerfer eines Wagens auftauchten, dachte ich, dass es sich um meinen Bentley handelte. Doch ich musste über eine Stunde warten, ehe das Auto vor meinem Haus abgestellt wurde, und das Läuten der Klingel ertönte, weil der Polizist die Schüssel abgeben wollte. Inzwischen war es vier Uhr morgens. So hatte ich mir diese Nacht nicht vorgestellt.

Das nächste, an was ich mich erinnerte, war, dass unser Priester, der für die Vorbereitungen der Weihe zuständig war, sich am nächsten Tag bei mir meldete, um sich nach meinem Befinden zu erkundigen.

Während des Gesprächs erzählte ich lediglich, dass ich eine Aussage gemacht hatte, und dass das Opfer noch auf der Straße verstorben war. Dies war kein Geheimnis, denn selbst die Presse berichtete inzwischen über diesen Mord. Allerdings wusste niemand, dass ich alles beobachtet hatte, ein Umstand, der für die Polizei nach wie vor von äußerster Wichtigkeit zu sein schien.

Das komplette Wochenende verbrachte ich alleine zuhause. Ich war nicht einmal in der Lage, den Swinger Club aufzusuchen, ständig dachte ich an diesen Mann, an all das Blut, dass ich gesehen hatte, an die Schüsse und den Streit. Nachts konnte ich fast nicht schlafen, dafür fielen mir tagsüber ständig die Augen zu. Es grenzte an ein Wunder, dass ich es schaffte, am Montag studieren zu gehen.

Drei Tage nach den Ereignissen des verhängnisvollen Freitags, meldete sich ein Beamter telefonisch bei mir und wies mich an, nach Hause zu gehen. Ich würde dort von einem Polizisten abgeholt und zum obersten Präsidium gebracht werden. Hektisch verließ ich das Priesterseminar, nachdem ich mich entschuldigt hatte und trat anschließend sofort den Heimweg an.

Zuhause angekommen, zog ich mich um, verspeiste schnell ein Sandwich und wartete auf das Eintreffen des Polizeibeamten. Dieser erschien nach relativ kurzer Zeit und brachte mich direkt zum Präsidium. Wir wechselten kaum ein Wort miteinander und um ehrlich zu sein, war ich auch nicht zum Reden aufgelegt, denn ich würde in absehbarer Zeit noch genug erzählen müssen.

Mir grauste es schon davor, alles nochmals zu wiederholen. Warum konnte die Beamten meine Aussage nicht einfach weiterleiten? Wo lag das Problem? Wieso musste ich nochmals an höherer Stelle antanzen und den gleichen Scheiß nochmal berichten?

Seit diesem Freitag führte ich sowieso kein normales Leben mehr. Mit meinen Mitstudenten redete ich nur das Nötigste, um mich ja nicht versehentlich zu verplappern. Natürlich stellten sie mir Fragen, was geschehen war, doch ich gab immer nur ausweichende Antworten, so, wie die Polizei es von mir verlangte. Immerhin handelte es sich um einen schwerwiegenden Delikt, den ich als Zeuge verfolgt hatte und nicht um eine Lappalie.

Mit klopfendem Herzen stieg ich aus dem Wagen, nachdem der Beamte diesen im Hinterhof des Gebäudes geparkt hatte. Der Mann geleitete mich nun in das Innere des Präsidiums. Mit dem Aufzug fuhren wir in den dritten Stock und als wir den langen Gang entlang gingen, fragte ich mich, wie lange ich wohl heute hier sitzen würde.

Vor einer Tür, welche am Ende des Flurs lag, stoppten wir plötzlich.

„Warten Sie bitte kurz hier, ich bin gleich wieder da", wies der Beamte mich an.

Schweigend nickte ich und fuhr mit einer Hand durch mein zerzaustes Haar. Seit Tagen schenkte ich meinem Styling keine Beachtung mehr, selbst meine Bartstoppeln wuchsen kräftig, was meinem Gesicht einen erwachseneren Ausdruck verlieh. Ich wusste nicht ob mir das gefiel, doch im Moment war mir so ziemlich alles egal.

Das Einzige was ich wollte, war, mein gewohntes Leben wieder führen zu können, aber dies schien im Moment unmöglich zu sein. Als ich plötzlich an Sienna dachte, schloss ich kurz meine Augen. Sie fehlte mir unendlich, dabei ging es nicht mal um den Sex, sondern eher um unser vertrautes Miteinander und unsere Gespräche.

Wie gerne hätte ich mich bei ihr ausgeheult, aber genau dies durfte ich nicht tun. Deshalb blieb ich auch dem Swinger Club fern, denn ich konnte für nichts garantieren, sobald ich mich in diesem Black Room aufhielt, der bewirkte, dass man sämtliche Hemmungen fallen ließ.

„Mr Ryan, kommen Sie bitte. Der Inspektor empfängt Sie jetzt."

Der Beamte tauchte vor meiner Nase auf und deutete mit dem ausgestreckten Arm zu der halbgeöffneten Bürotür, durch welche ich kurze Zeit später schritt. Es fühlte sich an, als würde ich zur Schlachtbank geleitet, jedenfalls empfand ich dies so, als ich in die eiskalten Augen des Inspektors schaute, der mich neugierig und aufmerksam betrachtete. So, als ob er versuchte, mich einzuschätzen.

„Nehmen Sie bitte Platz, Mr Ryan", forderte er mich auf.

Ohne Umschweife kam ich seinem Angebot nach, denn meine Beine zitterten komischerweise, obwohl noch gar nichts passiert war.

„Ich habe hier Ihre Aussage vorliegen, die noch nicht unterschrieben ist", begann er das Gespräch.

Nun platzte mir der Kragen. Wenn das alles war, was er wollte, wieso hatten die Beamten mich diese nicht gleich auf dem Revier unterschreiben lassen? Wozu der Umstand, dass ich nochmals an höherer Stelle begutachtet werden sollte?

„Ist das alles, was Sie von mir wollen? Eine Unterschrift?", entfuhr es mir, worauf der Inspektor zum ersten Mal ein Lächeln sehen ließ.

„Nein, das ist nicht alles. Ich möchte mich einfach mit Ihnen unterhalten."

Nach dieser profanen Aussage glaubte ich, dass hier alle den Verstand verloren hatten – alle, außer mir.

„Sie wollen sich also mit mir unterhalten?", fragte ich mit neutraler Stimme, um mein angepisstes Inneres so gut wie möglich zu verbergen.

„Ja, ein nettes kleines Gespräch unter Männern. Danach können Sie dann entscheiden, ob Sie die Aussage unterschreiben wollen oder nicht."

Hatte der Typ noch alle Tassen im Schrank? Unbemerkt schaute ich mich um, um sicher zu gehen, ob ich nicht vielleicht in der Irrenanstalt anstelle des Polizeipräsidiums gelandet war. Doch in dieser Hinsicht schien alles ok zu sein, denn gerade betrat eine junge Dame das Büro, welche Kaffee und Kekse servierte. Das kannte ich nun schon zur Genüge und es ließ mich kurz aufseufzen.

„Unser Gespräch wird wohl länger dauern", murmelte ich, worauf der Inspektor zur Antwort gab: „Das haben Sie gut erkannt und übrigens liebe ich intelligente Menschen."

~~~

Zwei Wochen und ein Tag lag das Gespräch zwischen dem Inspektor und meiner Wenigkeit nun zurück. Die Aussage hatte ich noch immer nicht unterschrieben, was für ihn im Moment jedoch kein Problem zu sein schien. Man konnte mich nicht zwingen, dies zu tun und wenn ich bis zum neunzehnten März, dem Tag der Priesterweihe wartete, hatte sich sowieso alles erledigt. Ab dann unterlag ich nämlich der strengen Geheimhaltungspflicht des Beichtgeheimnisses.

Aber würde dies wirklich die richtige Entscheidung sein?

Meine Gedanken sprangen plötzlich zu Sienna. Drei Wochen und zwei Tage hatte ich sie nicht mehr getroffen. Dreiundzwanzig beschissene Tage, in denen sie mir unendlich fehlte. Doch ich konnte es nicht riskieren mit ihr auf Tuchfühlung zu gehen, vor allem nicht nachdem, was ich nun wusste.

Es war ein verdammter Teufelskreis, in dem ich mich befand und dieser ließ mich wissen, dass Gott mich vermutlich erneut auf die Probe stellen wollte. Doch dieses Mal war er sein Plan noch ausgeklügelter, was mich fast rasend machte.

Egal wie ich mich entscheiden würde, eines war gewiss: Ich würde Sienna aufgeben müssen – entweder gleich oder später. Es mutete schon sarkastisch an so zu denken, denn sie würde mir sowieso nie gehören. Wenn, dann nur für eine gewisse Zeit im Black Room.

Die gemeinsamen Stunden, welche wir dort verbrachten, bedeuteten mir jedoch sehr viel. Es wäre vermessen zu behaupten, dass ich mich nicht nach der Nähe eines weiblichen Wesens sehnte und damit meinte ich nicht unbedingt den Sex.

Es tat gut, Sienna in meinen Armen liegen zu wissen, in dieser vollkommenen Dunkelheit, die zwar die Sicht verschluckte, die jedoch unsere Herzen öffnete. Zumindest meines, aber irgendwie hatte ich das Gefühl, dass sich auch in Sienna etwas regte, wenn wir zusammen unter der Decke kuschelten, Zärtlichkeiten austauchten und manchmal über unsere Probleme redeten.

Ich vermisste sie unendlich.

Meine Augen schweiften nun zur Uhr, welche an der Wand hing. Gerade war es viertel vor fünf am Morgen und wenn ich mich nicht beeilte, würde ich mein Vorhaben für heute vergessen können.

Also erhob ich mich, um eine kleine Reisetasche zu packen, sowie etwas Proviant vorzubereiten. Nachdem ich dies erledigt hatte, stieg ich in den Bentley, um mich auf den Weg in Richtung Holyhead zu begeben. Dort legte die Fähre nach Dublin ab, welche ich zu nutzen gedachte.

Die Überfahrt von Insel zu Insel dauerte drei Stunden und fünfzehn Minuten mit der normalen, und eine Stunde neunundvierzig Minuten mit der Schnellfähre. Da ich diesen Weg schon öfter hinter mich gebracht hatte, wusste ich ziemlich gut über die Länge der Reise Bescheid. Die Fahrt von meinem Haus bis nach Holyhead betrug ungefähr fünf Stunden, je nach Verkehrslage. Ich würde also einige Zeit unterwegs sein, ehe ich meine Heimat erreichte. Doch es war mir wichtig, dort vorbeizuschauen, vielleicht würde dies meine Entscheidung beeinflussen.

Ich raste nicht, sondern fuhr ganz gemächlich auf der Autobahn entlang, während ich einen Radiosender hörte. Als die acht Uhr Nachrichten verkündet wurden, entschied ich, dass es nun spät genug war, um Trudy anzurufen. Zu diesem Zweck nutzte ich die Freisprechanlage im Auto, denn ich war ein Feind von Leuten mit Handy am Ohr während der Autofahrt.

„Guten Morgen, Fionn. Was verschafft mir die Ehre?", erkundigte sich Trudy freundlich, nachdem sie bereits beim zweiten Klingeln das Gespräch entgegennahm.

„Guten Morgen, Trudy. Ich wollte dich nur wissen lassen, dass ich mich auf dem Weg nach Irland befinde. Ich bin am Donnerstag gegen Nachmittag wieder hier und möchte dich bitten, während dieser Zeit den Briefkasten zu leeren. Also nur, falls es dir nichts ausmacht."

„Das ist kein Problem, Fionn. Überquellende Briefkästen sind nämlich immer eine Einladung für Einbrecher. Also sollten wir ihnen diese möglichst nicht erteilen, oder?"

Trudys Stimme zu hören tat gut, sie munterte mich ein wenig auf.

„Ja, du hast Recht", bekräftigte ich ihre Aussage.

„Fein, dann werde ich mich der Post oder besser gesagt, des Briefkastens annehmen. Ich wünsche dir eine gute Reise und pass auf dich auf."

„Das mache ich, wir sehen uns dann am Donnerstag oder spätestens am Freitag", verabschiedete ich mich.

Noch eine Stunde, und ich würde in Holyhead am Fährhafen sein. Somit schaffte ich es ganz locker, die Schnellfähre um elf Uhr fünfzig zu erreichen und konnte vorher sogar noch meinen Magen füllen, denn die Preise auf der Fähre für Essen und Trinken waren gesalzen.

Tatsächlich klappte alles nach Plan und als ich mich endlich auf dem Fährschiff mit dem imposanten Namen Jonathan Swift befand, atmete ich erleichtert auf. Bald würde ich in meiner Heimat sein. Es war keineswegs so, dass ich Irland nicht vermisste, aber die Erinnerungen an Nelly lauerten dort überall und machten es schwer für mich, einfach unbeschwert durch die Gegend zu marschieren, geschweige denn, alles zu genießen.

Es lag vier Monate zurück, seit ich zum letzten Mal in Irland gewesen war und dies auch nur, weil meine Großmutter ihren Geburtstag feierte. Da niemand wissen konnte, wie lange sie noch lebte, zog ich es vor, dort aufzukreuzen, denn ich liebte meine Granny von Herzen. Sie war die einzige Person, die mir keine Vorwürfe machte, als ich Irland verließ, um nach England zu ziehen.

Während ich über die Reling auf das blaue, schäumende Wasser blickte, zog Sienna automatisch in meinen Gedanken vorüber. Ob sie sauer auf mich war? Mit Sicherheit, denn ich hatte mich nicht einmal beim Swinger Club gemeldet, um die Dates abzusagen. Selbst dazu hatte mir die Kraft gefehlt, abgesehen davon war ich zuerst auch gar nicht auf diese Idee gekommen, da ich ständig nur an die schrecklichen Geschehnisse dachte, in welche ich unglücklicherweise involviert wurde.

Nachdenklich rauchte ich eine Zigarette, während ich mich fragte, wieso es ausgerechnet mich getroffen hatte. Eine Antwort fand ich natürlich nicht. Der Wind blies heftig ins Gesicht und deswegen zog ich es vor, den inneren Bereich der Fähre aufzusuchen, bis diese ihr Ziel erreichte.

Mit nur einer Minute Verspätung legte das Fährschiff um dreizehn Uhr vierzig in Dublin an. Nun lag nur noch eine Stunde Autofahrt vor mir, bevor ich zuhause sein würde. Da niemand über mein Kommen informiert war, brauchte ich auch nicht zuerst bei meinen Eltern vorbeizuschauen, die ohnehin zu dieser Zeit noch arbeiteten.

Von daher gehörte es zu meiner ersten Tat, den Blumenladen aufzusuchen, um dort weiße Lilien zu kaufen, Nellys Lieblingsblumen. Anschließend fuhr ich ohne Umweg zum Friedhof und legte die Blumen vorsichtig auf ihrem Grab ab.

„Hey, Nelly, ich weiß, ich war lange nicht mehr hier, aber keine Angst, ich habe dich nicht vergessen. Du wirst immer ein Teil meines Herzens sein."

Als ich diese Worte aussprach, sammelten sich Tränen in meinen Augen. Es tat lange nicht mehr so weh wie damals und meine Schuldgefühle drängten sich immer mehr in den Hintergrund, seit ich Theologie studierte und verstand, dass hinter allem ein Plan steckte. Nur hatte ich immer noch nicht herausgefunden, warum es ausgerechnet Nelly war, die sterben musste, damit ich mich dem Priestertum zuwandte.

Hätte das nicht auch anders funktionieren können? Die Antwort darauf, war ein klares Nein. Niemals hätte ich auch nur annährend in Erwägung gezogen, so etwas zu tun. Wir wollten heiraten und irgendwann Kinder haben, das war von vorherein klar gewesen.

Aber wenn Gott andere Pläne für mich hatte, warum durfte ich dann Sienna kennenlernen und mich erneut verlieben? Vielleicht sollte dies die Strafe für mein unkeusches Verhalten sein, für welches ich nun büßen musste. Er stellte mich wieder auf die Probe und eröffnete mir gleichzeitig eine Möglichkeit, aus allem zu entfliehen. Aber wollte ich das wirklich?

Seufzend faltete ich meine Hände, um ein Gebet zu sprechen. Anschließend bekreuzigte ich mich und sagte leise: „Mach's gut, Nelly. Ich weiß nicht, wann ich wiederkommen werde. Aber eines steht fest, egal, wohin ich gehe, ein Teil von dir wird immer bei mir sein."

Als ich den Friedhof verließ, hatte ich meine Entscheidung getroffen. Ich kannte mein Ziel, doch ich wusste nicht, wohin mein Weg mich führte. Es klang erbärmlich und es jagte mir Angst ein. Und plötzlich verglich ich es mit dem Black Room. Man war bereit, etwas zu tun und ein Risiko einzugehen, doch man wusste nicht, was letztendlich dabei herauskam. Und ob sich die Entscheidung als richtig erwies, stellte man erst im Nachhinein fest.

Nach dem Besuch auf dem Friedhof schaute ich bei meiner Großmutter vorbei, die sich riesig freute, mich zu sehen.

„Fionn, mein Junge, du siehst gut aus", begrüßte sie mich freudestrahlend und bot mir sogleich von ihrem selbstgebackenen Apfelkuchen an, den ich nicht ablehnte.

Insgesamt verbrachte ich eine Stunde bei meiner Großmutter und als ich mich verabschiedete, hatte ich einen dicken Kloß in meinem Hals.

„Komm bald wieder, Fionn", lauteten ihre Worte, auf die ich nicht antwortete.

Ich wollte sie nicht anlügen, genauso wenig wie meine Eltern, die ich anschließend aufsuchte. Sie wohnten nur fünf Häuser weiter, sodass ich es mir sparte, den Wagen umzuparken. Die wenigen Schritte konnte ich durchaus laufen.

Auch von ihnen wurde ich freundlich empfangen, obgleich sie sich natürlich ebenfalls wunderten, warum ich unangemeldet ganz plötzlich in Irland auftauchte. Wir aßen gemeinsam zu Abend und sprachen über meine bevorstehende Weihe zum Priester. Es fühle sich so surreal an, hier zu sein und noch viel komischer, die letzten Stunden in Irland in meinem ehemaligen Zimmer zu verbringen, bevor ich am Morgen in aller Frühe aufbrach, um die erste Fähre nach England zu nehmen.

Als diese ablegte, drehte ich mich nochmals um und schaute auf die grüne Insel, von der ich nun Abschied nahm. Eine Träne lief über meine Wange, denn ich würde vermutlich nie wieder hierher zurückkehren.

_______________

Hallo meine Lieben, eine neues Kapitel und ich wette, es hinterlässt jede Menge Fragen bei euch.

Fionn ist also nach Irland gefahren und musste bei der Polizei eine Aussage machen. Somit ist natürlich geklärt, dass ihn die Schüsse nicht erwischt haben.

Habt ihr eine Idee, wie es nun weitergehen könnte?

Danke an alle, die hier lesen, voten und kommentieren. Das bedeutet mir ungaublich viel.

LG, Ambi xxx

Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro