17. Train
♪ Locomotive breath – Jethro Tull
Sienna
Seit eineinhalb Stunden befanden wir uns in diesem Bus und ich war froh, als er endlich das Ziel erreichte: Minneapolis.
Sophia, die ein wenig geschlafen hatte, öffnete ihre Augen und seufzte erleichtert.
„Gott sei Dank, wir sind da."
Mit unserem kleinen Gepäck, bestehend aus einem Rucksack und zwei Umhängetaschen, verließen wir den Bus, um geradewegs zur U-Bahn zu laufen, welche uns zum Bahnhof brachte. Die Bushaltestelle befand sich nämlich am Rande des Flughafengeländes.
Da wir durchaus in der Lage waren, Fahrpläne zu lesen, fanden wir schnell heraus, welche Linie wir benutzen mussten.
Die Bahn war gerammelt voll, da Berufsverkehr herrschte aber ich versuchte es einfach zu ignorieren, dass ich hin und wieder einen Ellenbogen in die Seite gestoßen bekam. Es würde sich nichts ändern, wenn ich mich aufregte.
Müde lehnte ich meinen Kopf gegen einer der Haltestangen. Diese Reise kostete unendlich viel Kraft und dass ich von Niall getrennt war, ließ mich fast in ein seelisches Tief fallen. Wann würden wir uns endlich wieder sehen?
„Ich rufe Louis an, sobald wir am Bahnhof angekommen sind und die Fahrkarten gekauft haben", flüsterte Sophia mir zu, was ich mit einem Nicken quittierte.
Ich war viel zu müde, um darauf zu antworten. Eigentlich wollte ich nur noch schlafen, vielleicht würde ich später im Zug die Gelegenheit dazu haben. Es entzog sich meiner Kenntnis, wie lange die Fahrt nach Bismarck dauern würde aber ich ging davon aus, dass wir uns wahrscheinlich die Nacht im Zug um die Ohren schlagen durften.
Doch das störte mich nicht. Hauptsache wir hielten uns im Warmen und Trockenen auf. Alles war besser, als durch den Regen zu laufen oder in einer Scheune zu sitzen.
Obwohl ich müde war, zwang ich mich dazu, meine Umgebung mit wachem Verstand abzutasten. Ich musterte die Menschen, welche in der U-Bahn standen oder saßen. Sie wirkten alle unauffällig und so, als seien sie froh, endlich zuhause anzukommen.
Von Liam und Sophia hatten wir gelernt, wachsam doch ohne Angst durch das Leben zu gehen. Nach wie vor beherzigte ich die Tipps unserer Freunde, war stets auf der Hut, aber nicht übermäßig ängstlich.
Seit ich wusste, dass die Mafia sich an unsere Fersen geheftet hatte, änderte sich dies allerdings. Obwohl Sophias Nähe mir eine gewisse Sicherheit vermittelte, sah ich mir die Leute, die mir komisch vorkamen, lieber genauer an.
Nach zwanzig Minuten Fahrt erreichten wir endlich den großen Bahnhof und konnten die überfüllte U-Bahn verlassen. Auf dem Weg zu den Gleisen passierten wir einen Kiosk. Dort deckten wir uns nochmals mit Getränken und Naschereien ein.
„Im Zug gibt es sicher auch etwas zu kaufen, doch das wird doppelt so teuer sein", ließ Sophia verlauten, worauf ich nickte.
„Wir müssen das Geld ja nicht zum Fenster hinausschmeißen", stimmte ich ihr zu.
Anschließend suchten wir nach Schaltern oder Automaten, die für den Ticketkauf in Frage kamen.
„Da hinten sind zwei Schalter, komm!"
Schnell zog ich meine Freundin mit mir. Wir stellten uns in die kleine Schlange und warteten, bis wir endlich an der Reihe waren.
„Wir hätten gerne zwei Tickets nach Bismarck", sagte Sophia lächelnd. „Könnten Sie uns vielleicht auch sagen, von welchem Gleis und wann der nächste Zug dorthin fährt?"
„Das macht einhundertzehn Dollar und zweiundvierzig Cent", brummte der junge Kerl
„Ok, und von wo fährt der Zug?"
„Gleis drei aber heute fährt da keiner mehr. Erst morgen früh um viertel vor sieben."
„Was?!"
Entsetzt starrten wir ihn an, doch er zuckte nur mit den Schultern und fragte: „Wollen Sie nun die Tickets kaufen oder nicht? Ansonsten ist nämlich der Nächste an der Reihe."
Mit einem entrüsteten Schnaufen wandte Sophia sich ab.
„Ich werde jetzt Louis anrufen und fragen, was wir machen sollen."
„Dieser Kerl am Schalter war so unfreundlich wie ich es schon lange nicht mehr erlebt habe", machte ich meinem Ärger Luft.
Kopfschüttelnd holte Sophia ihr Handy hervor, um ihren Kollegen anzurufen. Zum Glück schien dieser nur darauf gewartet zu haben.
„Louis, Gott sei Dank! Wir haben ein Problem! Unser Zug nach Bismarck fährt erst morgen früh. – Was? – Ja, ok. – Gut, dann müssen wir es so hinnehmen."
Mit einem abgrundtiefen Seufzen beendete sie das Gespräch.
„Und? Was hat er gesagt?"
„Wir müssen diesen Zug nehmen. Da führt kein Weg dran vorbei."
„Oh nein", stöhnte ich genervt. „das kann nicht wahr sein. Was machen wir denn nun? Vielleicht sollten wir uns in einem Hotel einquartieren", schlug ich vor.
Energisch schüttelte Sophia ihren Kopf. „Louis hat gesagt kein Hotel und ich kann ihn verstehen. Dort müssen wir unser Namen angeben und wer weiß, in welchen Hotels die Mafia ihre Finger mit drin hat. Unsere Unterkünfte wurden nie auf gut Glück gewählt, Alistair hat das vorher alles durchchecken lassen oder uns wie in Palm Springs, in das Hotel eines Freundes gebracht. Bis Louis und Briana jedoch alle Hotels in Minneapolis überprüft haben, ist die Nacht um."
Es klang durchaus einleuchtend, was Sophia von sich gab. Trotzdem hätte ich mir Besseres vorstellen können, als eine Nacht in einer Bahnhofshalle zu verbringen. Darauf lief es nämlich hinaus.
„Dann müssen wir uns nochmal am Schalter anstellen", seufzte ich.
„Nein, das machen wir morgen früh. Da ist es bestimmt nicht so voll und außerdem hat dann auch der Schichtwechsel stattgefunden. Ich möchte diesem unfreundlichen Kerl nicht noch einmal ins Gesicht sehen müssen", echauffierte sich die Brünette.
„Gut, dann lass uns nach einem einigermaßen angenehmen Schlafplatz Ausschau halten", schlug ich vor.
„Vergiss es, ich werde diese Nacht kein Auge zumachen, schließlich muss ich auf dich aufpassen", erwiderte sie ernst.
„Was?"
„Das ist mein Job, Sienna. Ich kann nicht schlafen, so lange wir uns in dieser Situation befinden. Es könnte jederzeit irgendwer auftauchen, der es auf dich abgesehen hat. Also bleibe ich wachsam."
„Dann schlafe ich auch nicht!", entgegnete ich prompt.
„Das kannst du halten wie du es gerne möchtest. Ich werde mich jetzt mit Energy Drinks eindecken, damit nichts schief geht."
Erneut suchten wir den Kiosk auf, um vier Dosen der koffeinhaltigen Flüssigkeit zu erwerben.
„Das dürfte reichen", meinte Sophia grinsend, als sie unseren Einkauf im Rucksack verstaute.
„Wie sieht es aus, wollen wir noch etwas essen gehen? Wir könnten uns zumindest eine Weile in einem Restaurant niederlassen, um die Zeit in einem halbwegs gemütlichen Ambiente zu verbringen", schlug meine Freundin vor.
„Von mir aus gerne."
Nachdem wir den Rucksack in einem Schließfach am Bahnhof deponiert hatten, machen wir uns auf den Weg zum Taxistand. Dort schnappten wir uns das nächstbeste Gefährt und ließen uns zu einem italienischen Restaurant kutschieren, welches der Fahrer uns empfahl, als wir uns nach einem ansprechenden, nicht zu teuren Lokal erkundigten. Insgesamt verbrachten wir drei Stunden bei Pizza und Cola, dann schloss das Restaurant seine Pforten.
„Vielleicht sollten wir noch in einer Bar etwas trinken", meinte ich, worauf Sophia nickte.
„Alles ist besser, als die Zeit in einer Bahnhofshalle herumzubringen", lautete ihr Satz.
Nach einigem Suchen landeten wir schließlich in einem gemütlichen Pub, in dem wir noch zwei weitere Stunden verbrachten. Es war kurz nach eins in der Nacht, als wir auf der Straße standen, um zu beratschlagen, was wir nun tun sollten.
„Ich glaube, ich habe eine Idee", sagte Sophia, als sie auf die gegenüberliegende Straßenseite blickte. „Siehst du das Hotel dort? Es hat bestimmt eine Bar und die ist garantiert bis fünf Uhr morgens geöffnet."
Mein Blick ging in Richtung des imposanten Gebäudes. Es sah wirklich einladend aus und da es gerade zu regnen begann, stimmte ich sofort zu.
„Lass es uns versuchen."
In der Tat hatten wir keinerlei Schwierigkeiten, in die Hotelbar zu gelangen. Dort bestellten wir zwei alkoholfreie Cocktails.
„Ich darf im Dienst nichts trinken", erklärte Sophia, als ich sie darauf ansprach.
„Und ich möchte jetzt keinen Alkohol", setzte ich obendrauf.
Außer uns befanden sich nur einige wenige Gäste in der Bar und als die Uhr kurz vor fünf anzeigte, saßen wir alleine dort.
„Es tut mir Leid, wir schließen jetzt." Der nette Kellner bedachte uns mit einem Lächeln, als er die Rechnung auf den Tisch legte.
Bevor Sophia reagieren konnte, legte ich das Geld auf den Tisch. Ich hatte das Gefühl, ihr etwas Gutes tun zu müssen und wer wusste schon, ob ich es in der Zukunft noch brauchen würde. Schon morgen konnte alles vorbei sein. Niedergestreckt von der Mafia, nützte mir das Bargeld auch nichts mehr.
Der nette Kellner bedankte sich für das großzügige Trinkgeld und kümmerte sich sogar um ein Taxi für uns, damit wir nicht zu lange auf der Straße warten mussten.
„Der hat dir aber schöne Augen gemacht", meinte Sophia lachend.
„Na und? Er war nicht mein Typ und außerdem bin ich glücklich verheiratet", entgegnete ich schulterzuckend, als das Taxi neben uns stoppte.
Schnell huschten wir auf die Rückbank, nachdem wir dem Fahrer das Ziel, den Bahnhof, genannt hatten. Da die Straßen noch ziemlich ausgestorben vor uns lagen, dauerte es kaum eine Viertelstunde, bis wir das Gebäude erreichten. Die ersten Fahrgäste betraten bereits den Bahnhof, doch dieser wirkte noch ein wenig verschlafen. Das änderte sich jedoch binnen der nächsten Viertelstunde.
Nachdem wir unser Gepäck wieder dem Schließfach entnommen hatten, wartete Sophia darauf, dass der Schalter für den Fahrkartenverkauf öffnete. Laut der Schrift, welche dort angebracht war, sollte das um sechs Uhr der Fall sein. Bis dahin hatten wir noch ein wenig Zeit. Einstweilen ließen wir uns auf einer Sitzbank nieder und verfolgten die Reisenden, welche aus den ankommenden Zügen stiegen, um durch den Bahnhof zu eilen. Niemand schien wirklich Zeit zu haben. Jeder war nur darauf bedacht, so schnell wie möglich zur Arbeit zu gelangen. Auch ich gehörte einst zu diesen Menschen. Aber mittlerweile betrachtete ich die Dinge aus einer vollkommen anderen Perspektive. Seit ich mit Niall zusammen war, lernte ich alles mit anderen Augen zu sehen. Ich vermisste ihn wahnsinnig. Hinzu kam die Angst, ihn vielleicht wirklich zu verlieren, für immer. Wer wusste schon, ob wir beide heil am Ziel ankommen würden?
Aber nicht nur Niall nahm meine Gedanken in Anspruch, auch Kieran tauchte in meinem Kopf auf. Für ihn war die derzeitige Situation am schlimmsten. Hoffentlich glaubte er nicht, dass wir ihn nicht mehr lieben würden und wendete sich von uns ab. Verzweifelt versuchte ich die Tränen hinunterzuschlucken, die sich in meinen Augen bildeten. Meinen Sohn jetzt in die Arme nehmen zu können, wäre das größte Geschenk für mich. Ihn und Niall, mehr wollte ich nicht.
„Sienna, ist alles ok?" Sophias sanfte Stimme holte mich zurück in die Realität.
Als ich nickte, legte sie ihre Arme um mich und drückte mich an sich.
„Wir schaffen das, Sienna", flüsterte sie leise, „du und ich, gemeinsam sind wir stark."
Um Punkt sechs hatten wir Stellung vor dem Fahrkartenschalter bezogen, der nun geöffnet wurde. Zum Glück saß heute ein anderer Mitarbeiter dort, der sich sogar recht freundlich gab. Zumindest bemühte er sich, unseren Wünschen gerecht zu werden.
„Hier bitte, zwei Fahrkarten nach Bismarck, davon ein Fensterplatz."
Lächelnd nahm ich die Tickets in Empfang, während Sophia ihre Kreditkarte verstaute, welche sie an diesem Morgen als Zahlungsmittel nutzte.
Schnell warf ich einen Blick auf die Uhr. Noch vierzig Minuten, dann fuhr der Zug ab.
Die Zeit bis dahin kam mir ellenlang vor, viel länger als vorangegangene Nacht, die wir in Restaurants und Bars verbringen mussten. Doch dies war nicht unbedingt das Schlechteste gewesen. Lange Gespräche mit einer guten Freundin – das war es, was ich vermisste. Mit Sophia konnte ich über alles reden und deswegen waren diese Stunden keine verlorene Zeit, sondern eher Balsam für meine Seele. Sie kannte meine Ängste und Sorgen, wusste, wie ich mich fühlte und konnte demnach einschätzen, wie es um meine psychische Verfassung stand.
Nicht viele Menschen wussten, dass ich mich ohne Niall nur halb so stark fühlte, doch Sophia gehörte eindeutig dazu.
„Wie müssen los, Sienna, der Zug ist gleich da", vernahm ich ihre Stimme, die meine Gedanken durchbrach.
Seufzend erhob ich mich von der Bank, um Sophia zu folgen, die den Rucksack trug. Der Zug fuhr superpünktlich in den Bahnhof ein und ehe wir uns versahen, belegten wir zwei nebeneinanderliegende Plätze. Wie schon im Bus überließ meine Freundin mir den Fensterplatz, weil sie wusste, dass ich diesen liebte.
Noch hielt die Dunkelheit den Tag umklammert, doch schon sehr bald würde die Sonne aufgehen. Darauf wartete ich nun, als ich aus dem Fenster starrte, während der Zug sich langsam in Bewegung setzte. Eine lange Fahrt lag vor uns, neun Stunden, um genau zu sein.
Zum Glück gab es ein Restaurant an Bord, denn ein starker Kaffee sollte schon drin sein. Als ich Sophia diesen Vorschlag machte, stimmte sie sofort zu. Während wir durch den Zug liefen, kontaktierte sie Louis über den Notruf, um mitzuteilen, dass alles ok sei.
„Er hat gesagt, wir bekommen weitere Anweisungen, sobald wir in Bismarck eingetroffen sind", erklärte sie mit einem zuversichtlichen Lächeln.
„Das klingt gut."
Inzwischen waren wir im Restaurant angekommen, wo jede sich einen Kaffee gönnte. Sophia nahm in schwarz, während ich die Variante mit Milch und Zucker bevorzugte. Langsam und in kleinen Schlucken genoss ich das heiße Getränk, welches meine Lebensgeister augenblicklich zurückkehren ließ. Mir fehlte eine Nacht Schlaf, doch als Mutter eines Kindes war ich Kummer gewöhnt. Als Kieran im letzten Jahr mit Fieber im Bett lag, wachte ich eine komplette Nacht an seinem Bett. Selbst als Niall mich damals ablösen wollte, lehnte ich dankend ab. Die Liebe einer Mutter kannte eben keine Grenzen. Was würde ich jetzt darum geben, die zwei bei mir haben zu können. Kieran, um ihn zu trösten und Niall, um Trost von ihm zu empfangen.
Um zehn nach sieben legte der Zug bereits den ersten Stopp in einem Ort namens Maple Grove ein. Inzwischen saßen wir wieder auf unseren Plätzen und beobachteten die Menschen, die ein- und ausstiegen. Der Zug war nicht voll besetzt, die meisten Leute fuhren wohl eher in Richtung Minneapolis, als umgekehrt. Seufzend lehnte ich mich im Sitz zurück, der sich überraschend bequem anfühlte, obwohl er gar nicht danach aussah.
„Noch achtmal halten, dann haben wir es geschafft", ließ Sophia verlauten, die gerade einen der Fahrpläne studierte, welche auf dem kleinen Tisch vor uns lagen.
„Wann kommt der nächst Stopp?"
„In einer Stunde, die Stadt heißt St. Cloud."
„Das klingt nett", stellte ich schmunzelnd fest.
„Oh, die nächste Stadt klingt noch viel netter. Sie heißt Alexandria."
„Ich dachte immer, das liegt in Ägypten", lachte ich.
Sophia streckte sich kurz aus, bevor sie darauf antwortete. „Scheinbar darf auch Nordamerika einen Ort mit diesem klangvollen Namen für sich beanspruchen."
Nachdenklich blickte ich nach draußen. „Es gibt so viele Orte, an denen ich noch nicht war, die ich noch sehen möchte. Ich wünschte, Niall und ich könnten eines Tages wieder nach Europa zurückkehren."
Der letzte Satz kam sehr leise über meine Lippen, denn ich wollte nicht, dass jemand außer Sophia dies hörte. Wir mussten ständig auf der Hut sein, obwohl wir in diesem Zug eigentlich sicher sein sollten. Seit unserer Aktion mit der Scheune und dem Mustang, welchen wir in einem Wald versteckt hatten, schienen wir die Mafia abgeschüttelt zu haben. Ich konnte nur hoffen, dass es so blieb.
Die nächsten Stopps rauschten nur so an mir vorüber. Alexandria, Fergus Falls, Moorhead, Fargo und Valley City. Zwischendurch schlief ich ein wenig, doch als der Zug in Valley City losfuhr, meldete sich mein Magen zu Wort. Sophia, der es ähnlich ging, schlug vor, nochmals das Restaurant aufzusuchen.
Kaum erhoben wir uns von den Plätzen, meldete sich jedoch ihr Handy.
„Das ist Louis", flüsterte sie, um anschließend das Gespräch entgegenzunehmen.
„Ja, was gibt es denn?"
Mit gemischten Gefühlen beobachtete ich, wie Sophias Augen sich vor Schreck weiteten. Sie begann zu keuchen und sagte: „Ok, habe verstanden. Wir verlassen den Zug in Jamestown."
Ihr Gesicht war kreidebleich, als sie das Handy in ihrer Tasche verschwinden ließ.
„Was ist denn los?", fragte ich leise.
Ohne einen Ton zu sagen, zog sie mich in eine Nische. Ihre nächsten Worte schnürten meine Kehle zu.
„Wir müssen vorher aussteigen. Die Mafia weiß, dass wir uns in diesem Zug befinden und nach Bismarck fahren."
Tränen bildeten sich in meinen Augen, als ich verzweifelt versuchte zu sprechen.
„Oh Gott, was machen wir denn nun?"
„Das, was Louis angeordnet hat. Wir verlassen den Zug eine Haltestelle eher und melden uns dann wieder bei ihm."
Sophias Stimme klang ruhig und gefasst, doch an ihren Augen konnte ich erkennen, dass diese Situation nicht spurlos an ihr vorüberging.
„Der Zug hält um vierzehn Uhr in Jamestown, wir sollten uns bereit machen", forderte sie mich auf. „Also wenn du nochmal zur Toilette musst, dann tue es jetzt. Ich weiß nämlich nicht, wo wir uns später noch verkriechen müssen."
Das klang alles andere als einladend. Somit kam ich ihrer Aufforderung schnellstens nach. Meine Hände zitterten, als ich diese unter dem kleinen Waschbecken wusch, doch etwas in mir war noch nicht bereit aufzugeben.
Kierans kleines Gesicht tauchte vor meinem inneren Auge auf und ich hörte Nialls Stimme, die zu mir sprach. „Baby, ich liebe dich und irgendwann sehen wir uns wieder."
Als ich aus dem Waschraum in den Gang trat, spannte ich meinen Körper kurz an und sagte zu Sophia: „Nun denn, lass es uns angehen. Ich werde nicht aufgeben."
Pünktlich um zwei Uhr nachmittags stoppte der Zug in Jamestown. Sophia und ich hielten uns an den Händen, als wir ausstiegen, um dann in Richtung der Toiletten zu laufen. Dort angekommen, setzte sie sich wie vereinbart, mit Louis in Verbindung. Glücklicherweise ging der Notruf sofort durch.
„Louis? Wir befinden uns jetzt in Jamestown in der Bahnhofstoilette. Bitte sag an, was zu tun ist."
Mit klopfendem Herzen stand ich daneben, meine linke Hand hielt noch immer Sophias rechte umklammert, welche sich genauso kalt anfühlte wie meine.
„Ist gut, habe verstanden. – Ja, das kriegen wir hin. – Gut, melde dich, wenn es soweit ist, bye."
Fast wagte ich es nicht sie anzuschauen, doch als ihre Stimme neben meinem Ohr erklang, tat ich es doch. Eigenartigerweise wirkte sie jetzt viel gefasster.
„Er hat gesagt, dass wir hier warten sollen, bis er sich wieder meldet."
„Na super! Und wie lange kann das dauern?" Meine Stimme klang genervt.
„Ich weiß es nicht genau, er meinte in etwa zwei Stunden, wenn alles gut geht."
„Wenn alles gut geht? Was hat das denn zu bedeuten?"
„Dass er jemanden schickt, der uns hilft."
„Bitte sag mir, dass es Liam und Niall sind", sprudelte es aus mir heraus.
Bevor Sophia darauf antworten konnte, vernahmen wir einen ohrenbetäubenden Knall und dann zwei laute Stimmen, die immer näher kamen.
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Bähm, das Kapitel ist zu Ende und ich habe ungefähr null Fragen geklärt. Ihr dürft ruhig spekulieren und mir mitteilen, was ihr denkt. Ich bin sehr gespannt darauf.
Danke für die unglaublichen Kommentare und die zahlreichen Votes und Reads. Das ist so lieb von euch und motiviert mich wirklich sehr!
Das nächste Update kommt am Wochenende.
LG, Ambi xxx
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