Kopponen
Dem Späher ein Ende zu setzen, war leichter, als er vermutet hatte. Beide Schwerter in der Hand rannte er mit einem regelrechten Kampfschrei, der seine gesamte angestaute Wut nach draußen beförderte, auf das Wesen zu, das nichts weiter tat, als starr auf seinem Platz zu stehen. Kurz bevor er das Geschöpf erreichte, hob er seine Arme in die Höhe und kreuzte seine beiden Schwerter. Die Spitzen blitzten an seinen Ellbogen hervor wie eine messerscharfe Schere, die jeden Augenblick ihr Ziel erreichte. Im Lauf ließ Torben mit voller Kraft die beiden Schwerter zuschnappen, und trennte den Kopf seines Gegners mit einem Hieb ab.
Das Summen, das ihn die gesamte Zeit über gestört und auch hierhergeführt hatte, verstummte.
"Das heißt nichts Gutes", erklang seine raue tiefe Stimme in der trostlosen Leere der Straße.
Als würde sich dieses Etwas eine neue Hülle suchen, stieg grüner Nebel aus dem toten Körper der Gestalt, hinauf in die Lüfte und schließlich genau in die Richtung der jungen Dame.
"Was hast du vor?"
Torben war nicht sehr überrascht von der Tatsache, dass er den Späher wirklich dorthin zurück katapultieren konnte, wo er hingehörte.
Die Späher der Unterwelt waren raffinierte Wesen und leider nicht allzu leicht unschädlich zu machen. Die Körper, in denen sie sich versteckten, stellten kein Problem dar, nur das Innere war schwer zu bewältigen. Gerade das entfachte in Torben einen noch größeren Zorn. Er wusste, dass dieses Geschöpf zu keiner anderen Person wollte als zu der charmanten jungen Frau.
Obwohl er durchaus eine schnellere Geschwindigkeit zustande bringen konnte, rannte er so schnell ihn seine Füße trugen. Er wollte nicht, dass ihn die Frau als das sah, was er wirklich war. Womöglich würde sie vor Schreck in Ohnmacht fallen.
Das grüne Nebelgewand schwebte nur einige Meter voran, daher hielt er sich überwiegend bedeckt. Es führte ihn in eine gemütliche Wohngegend, wobei ihm ein Haus besonders ins Auge fiel. Dieser ungewöhnlich blumige Duft, der ihn an der Nasenspitze kitzelte, gehörte definitiv ihr. Die grüne Wolke zog jedoch weiter am Haus vorbei. Immer noch sehr darauf bedacht, die Substanz nicht aus den Augen zu verlieren, näherte sich Torben dem Fenster.
Die rothaarige Schönheit saß gerade mit einer alten Dame im Wohnbereich. Kaum hatte er einen Blick hineingeworfen, richtete sich die hagere Frau so abrupt von ihrem Sessel auf, dass Torbens Alarmglocken schellten.
Sie weiß, dass ich hier bin.
Wie ein entlarvter Einbrecher presste er sich an die Hauswand, damit sie ihn nicht entdeckte, obwohl es eigentlich sinnlos war, da ihn sowieso keiner sehen konnte, außer natürlich der jungen Dame, mit der er vor wenigen Stunden im Park Bekanntschaft gemacht hatte. Verwundert beobachtete er die dunkelgrüne Substanz wie sie 200 Meter vom Haus entfernt zum Boden eines verlassenen Weges hinabschwirrte. Torben musste sich regelrecht dazu zwingen, das Anwesen der älteren Dame zu verlassen. Doch dort hinten spielte sich etwas ab, was weitaus gefährlicher auf ihn wirkte, als es hier im Gebäude den Anschein erweckte.
Vorsichtig näherte sich Torben dem Geschehen, das er eben beobachtet hatte. Als wäre er ihnen regelrecht in die Falle getappt, landeten wie aus dem Nichts fünf Kopponen die ihn umkreisten wie eine widerliche Kakerlake, die beseitigt werden musste. Jedes Mal, wenn er diesen Viechern begegnete, sahen sie etwas anders aus. Mit den entstellten Gesichtern, die aus irgendwelchen wahllos angeordneten Hautfetzen bestanden, schauten ihm mehrere Augenpaare entgegen. Nase und Ohren fehlten völlig, und der ausdruckslose Schlitz, der den Mund darstellen sollte, war nur eine Überlagerung von zu vielem Speichel, der sich seinen Weg nach draußen suchte. Die wenigen dunklen Haarsträhnen, die ihnen vom kahlen Kopf herunterhingen, sahen beinah so aus, als wären sie angeklebt worden. Mit jedem weiteren Schritt kamen sie Torben ein Stückchen näher.
Für ihn war die Angst nur ein Begriff. Die Wut, der Zorn und das Abenteuer waren es, die ihn vorantrieben. Im Augenblick jedoch, genoss er den Anblick der Kreaturen und freute sich wieder einmal auf einen kurzen Kampf, obwohl er bereits ahnen konnte, dass nichts Gutes bevorstand, wenn dieses Gesocks den Fuß auf die Erde setzte.
Dennoch genoss er den Moment der Herausforderung, das lag ihm als ehemaliger sterblicher Gladiator im Blut.
Erneut zückte Torben seine beiden Schwerter und präsentierte den Gestalten seine Begeisterung durch ein breites Lächeln.
"Na kommt her und traut euch in die Höhle des Löwen! Ich kann euch aber nicht versprechen, ob noch etwas von euch übrigbleiben wird!"
Sie schienen keine Reaktion zu zeigen, sondern schlurften mit ihren Metallstelzen weiter auf Torben zu, dem die Sache eindeutig zu lange dauerte.
"Na gut. Dann werde ich wohl etwas nachhelfen müssen."
Zu seinen Glanzzeiten hatte er es damals mit acht seinesgleichen aufgenommen, da musste dieser Sperrmüll ein Klacks für ihn sein.
Alle fünf Kopponen kamen in gleichen Abständen auf ihn zu. Er prüfte sein Umfeld, und wie er es zu seinem Vorteil nutzen konnte. Sein Blick fiel auf einen großen Felsbrocken zu seiner Rechten. Eines der Ungetüme musste wohl oder übel das Gestein umrunden, um zu ihm zu gelangen, und genau diesen Augenblick wartete er ab. Ein Scheusal bewegte sich näher zum anderen und ihm bot sich somit die Chance, beide gleichzeitig zu erledigen. Torben nutzte die Gelegenheit vollends aus, bis sie sich exakt in der richtigen Position befanden.
Er reagierte schnell und zielte mit den Schwertern auf die nebeneinanderstehenden Kreaturen. Die Klinge bohrte sich tief in das graue Fleisch unterhalb des Brustkorbes. Er wusste, dass weit mehr als ein paar Kratzer notwendig waren, um diese entstellten Fratzen zu beseitigen, daher vollzog er seinen Schachzug bis zum bitteren Ende. Er rutschte zwischen den beiden Kopponen hindurch, während er gleichzeitig seine Schwerter aus dem stinkenden Fleisch zog und ihnen die untere Bauchdecke aufschlitzte. Der schwere Fall von Gedärmen drang durch seine Ohren. Kurze Zeit später nahm er hinter sich eine Erschütterung wahr und er wusste, er hatte die Kreaturen zu Fall gebracht. Als er sich zu ihnen drehte, versank in diesem Moment der grüne Rauch in den Untergrund.
"Und ich dachte schon, du verschwindest nie."
Dann waren seine Augen wieder auf die übriggebliebenen Viecher gerichtet. Ein gewaltiger Regenschauer machte sich bemerkbar, gefolgt von einem ohrenbetäubenden Donner und hellen Blitzen.
In weiter Ferne sah er die junge Frau aus dem Haus stürmen. Er musste sich beeilen. Wenn er diese drei nun umbrachte, dann würden ihnen mit Sicherheit die doppelte Menge an Kopponen aufgehetzt werden. Also entschied er sich dafür, die Wesen zu verletzen, um es ihnen nicht allzu leicht zu machen.
Mit einem gekonnten Salto sprang er über die drei hinüber und ritzte ihnen einige Male tief in die Kniekehlen. Die Waden bestanden leider aus Metall, sodass er hier mit seinen Schwertern nicht viel anrichten konnte.
Er schnappte sich seine Kutte, schmiss sie sich über und rannte zu der Dame, die er auf unerklärliche Weise unbedingt beschützen musste. Doch die Kutte hatte sich durch den starken Niederfall mit Wasser und Dreck vollgesogen, dass sie seinen Lauf nur noch behinderte. Notgedrungen trennte er sich von seinem alten Stück Stoff, und wäre beinah von einigen Tentakelarmen auf den Boden gerissen worden. Gut, dass seine Reflexe noch einwandfrei funktionierten. Er wich den Metallgestängen einige Male aus und spürte dabei, wie sauer er die Kopponen damit gemacht hatte. Torben beschleunigte sein Tempo, und hatte sie fürs Erste einmal hinter sich gelassen.
Der verstörte Gesichtsausdruck der jungen Frau entging ihm nicht, doch hatte Torben im Augenblick größere Sorgen, um die er sich kümmern musste.
"Wir müssen hier weg, und zwar sofort."
Sie brauchte einen Moment, um sich zu sammeln. Mit weit aufgerissenen Augen starrte sie auf die Gestalten, die sich mit Mühe in ihre Richtung bewegten.
"Noch mehr solcher Monster?"
"Was heißt hier noch mehr? Bist du ihnen schon einmal begegnet?"
Sie nickte, mehr abwesend, als dass sie im Hier und Jetzt war.
"Ja, dort drüben in dem Gemäuer. Es hat die Dame des Hauses angefallen und verspeist, aber mich hat es seltsamerweise am Leben gelassen."
Eine unangenehme Vorahnung überkam ihn, und er drehte ihren Kopf zur Seite. Seine Vermutung bestätigte sich, als er den blutroten Striemen auf ihrer Wange entdeckte.
"Das ist nichts Schlimmes, nur ein Kratzer", versuchte sie ihn zu beruhigen.
Sie haben ihr Blut!
"Wenn du wüsstest", knurrte er und erneut begann sich die Wut in ihm zu sammeln.
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Was vermutet ihr, was dahinter steckt? Wieso wollten sie unbedingt Sherins Blut haben???
Hier auch nochmal Danke an dich LillyLilium für deine tolle Beurteilung von "The black feather". Ich hoffe, ich kann das Level weiter beibehalten. Falls nicht, bitte sofort bescheid geben ;- )
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