Kapitel 8: Seelenverschmelzung
Aus der Sicht von Eric Slingby:
An diesem Morgen wachte ich als Erster auf. Da ich wusste, dass ich nicht mehr einschlafen konnte, stand ich auf und bereitete das Frühstück vor. Heute fühlte ich mich schon viel besser als gestern, so wie es aussah, ist diese Krankheit nur eine vorübergehende kleine Erkältung. Alan schlief noch auf dem Sofa, aber von Sebastian war nichts zu sehen. Was er nachts wohl alles machte? Als ich die Küche betrat, stand das Fenster weit offen. Verwundert trat ich vor, um es zu schließen, da flatterte plötzlich ein großer, schwarzer Vogel herein. Erschrocken sprang ich zur Seite und starrte auf das riesige Viech. Wo kam das denn auf einmal her? Dann erst reagierte ich und schloss schnell die Küchentür, damit der Vogel nicht ins Wohnzimmer kam. Als ich mich wieder umdrehte, um das Tier rauszuscheuchen, stand auf einmal Sebastian vor mir. "Guten morgen, Eric! Entschuldige, ich wusste nicht, dass du schon wach bist. Warte kurz, ich mache dir Tee." Sebastian lächelte entschuldigend und nahm den Tee aus dem Regal. Ich war verwirrt. "Sebastian...? Was ist mit dem Vogel passiert?" Suchend sah ich mich um, aber da war nur Sebastian. "Vogel? Achso, du hast mich ja noch nicht in meiner Rabengestalt gesehen, oder?" Sebastian lachte über meinen verwirrten Gesichtsausdruck. "Also ich das deine Tiergestalt?" Fragte ich, doch es war eigentlich eine Feststellung. Sebastian nickte. Also flog er nachts immer draußen rum? Interessant. "Aha. Okay, da das nun geklärt ist, will ich jetzt endlich mal was wissen. Ich denke du weißt schon, was ich meine. So was bemerke sogar ich, weißt du, so dumm bin ich ja auch wieder nicht." Fing ich an, während ich Wasser kochte und Sebastian den Tee aus der Hand nahm. "Was denn?" Wollte Sebastian wissen. "Es geht um Alan. Irgendetwas stimmt doch nicht mit ihm, oder? Verheimlichst du mir etwas? Das schickt sich nicht für einen guten Butler!" Sebastian dachte kurz nach. "Es ist nichts, was du unbedingt wissen müsstest. Außerdem bin ich mir ganz sicher, dass du es sowieso noch herausfinden wirst." Unbekümmert nahm er eine Tasse aus dem Schrank. Er ging dem Gespräch absichtlich aus dem Weg. Ich wurde ungeduldig. "Sebastian! Erzähl mir, was los ist. Ich habe das Recht, es zu wissen, was auch immer du vor mir verheimlichen willst! Was stimmt nicht mit Alan?" Sebastian wollte gerade etwas erwiedern, da ging die Tür auf und Alan kam herein. "Guten morgen," sagte er. Seine Haare waren noch ganz verwuschelt. Er schlurfte zum Kühlschrank und holte eine Flasche Ketchup heraus, dabei konnte er gerade noch verhindern, dass er den ganzen restlichen Inhalt auf den Boden schmiss. Er schüttete die Hälfte der Flasche auf seine Cornflakes, dann hielt er mir den Rest hin. "Willst du Milch?" Fragte er. Ich starrte ihn an. "Öh, nein, danke." Antwortete ich. Alan stellte die Flasche auf den Tisch und rührte verschlafen sein Müsli um. "Eric, möchtest du heute mit mir einkaufen gehen, wenn es dir besser geht? Sebastian kann auch mitkommen, wenn er will." Schlug Alan vor. Unsicher sah ich zu Sebastian, der nickte. "Klar, warum nicht." Lächelte ich. "Yaaay!" Freute sich Alan. Er stolperte über den Teppich und fing sich am Stuhl ab. Ich wollte ihn stützen, doch da hatte er sich wieder im Griff. "Sorry, mir war nur etwas schwindelig." Murmelte er. Bevor er die Küche verließ, drehte er sich nochmal um. "Achja, bevor ich es vergesse. Wollt ihr zwei heute mit zum Einkaufen?" Fragte er mit erwartungsvoll leuchtenden Augen. Sprachlos glotzte ich ihn an. "Eric, wenn es dir ja wieder besser geht?" Fügte er bettelnd hinzu. Ich räusperte mich. "Natürlich, Alan." Wiederholte ich. "Supi! Danke, Eric. Das wird großartig." Rief er glücklich. Kaum hatte er die Tür hinter sich geschlossen, wandte ich mich an Sebastian. "Also, was stimmt nun nicht mit ihm?" Sebastian zuckte mit den Achseln. "Er sah doch ganz in Ordnung aus, oder?" "Nein, eben nicht!" Rief ich. Aufgebracht wandte ich mich ab und goss Tee auf. "Weißt du, Eric, das ist kompliziert zu erklären. Außerdem ist es nur eine Vermutung. Es hat etwas mit Seelenverschmelzung zu tun." Begann er. Ich setzte mich ihm gegenüber an den Tisch. "Und was heißt das?" Fragte ich. "Das heißt, dass sich zwei Seelen in einem Körper vermischen können, wenn beide Seelen stark genug sind. Deshalb kommt das nur höchst selten vor, meistens bei Shinigamis oder Teufeln." Im ersten Moment hielt ich es für einen Scherz, aber ich wusste sehr wohl, dass er die Wahrheit sagte. "Wie bitte? Willst du damit sagen, dass sich Alans Seele mit der von irgendeinem Shinigami oder Teufel vermischt hat? Dass sich zwei Personen Alans Körper teilen?!" Ich lachte hysterisch, ich wollte es nicht glauben. Sebastian blieb ernst. "Nicht nur irgendein Teufel." Sagte er leise. "Das ist Claude Faustus höchstpersönlich." Mir bleib das Lachen im Hals stecken. "Aber, Claude ist tot?" Stotterte ich. "Nein, so einfach können Teufel nicht sterben. Verstehst du, Eric? John und Claudius, das macht alles Sinn!" Ich schüttelte den Kopf. "Was für einen Sinn? Ich kapier gar nichts mehr." Meinte ich. "Als ich Claude 'getötet' habe und Alan seine Seele verschlungen hat, hat sich Claude gewehrt. Er ist mit seiner Seele verschmolzen. Er versucht, in Alan die Kontrolle zu übernehmen." Versuchte Sebastian zu erklären. "Soll das heißen, dass Claude Alans Verhalten manipulieren kann und Alan sich an nichts mehr erinnern kann, was Claude in seinem Körper getan hat? Aber dann kann Claude es vielleicht schaffen, seinen Körper vollständig zu übernehmen! Was kann ich nur dagegen tun?" Rief ich verzweifelt. "Nein," unterbrach mich Sebastian. "Das wird nichts passieren, dafür ist Claudes Seele zu klein. Claudes Seele ist nämlich in zwei Teile gespalten. Die eine Hälfte ist in Alan, die andere Hälfte würde höchstens noch genügen, um einen Hamster zu übernehmen. Das alles muss passiert sein, als Alan Claudes Seele in sich aufgenommen hat, da ist wohl irgendwas falsch gelaufen. Die Teufelsseele ist zu stark und fängt an, sich zu wehren. Alan hat das nicht unter Kontrolle." Claudius. Jetzt ist alles klar, auch, warum Johns Hamster uns so hasst. Wie kann ich Alan nur helfen? Als hätte Sebastian meine Gedanken gelesen, sagte er: "Es gibt einen einfachen Weg, um beide Seelen zu befreien. Der Körper muss vernichtet werden, was wahrscheinlich Claudes und Johns Absicht ist. So gesehen müsste Alan sterben. Wenn du Alan helfen willst, musst du den schwierigeren Weg wählen. Du musst beide Seelen in Alan spalten, sodass sie nicht mehr verschmolzen sind. Dann kann Claude aus Alan herauskommen, und alles wäre gut." Erklärte er. "Wie so etwas funktioniert, weiß ich selbst nicht. Aber uns fällt doch bestimmt noch etwas ein." Das könnte anstrengend werden. Ich beschloss, zusammen mit Sebastian, diese Vermutung bei der nächsten Gelegenheit zu überprüfen. Und diese Gelegenheit ließ nicht lange auf sich warten. Wir waren gerade beim Einkaufen, als Alan ganz plötzlich damit begann, sich mit einer aufgeblasenen Gummispinne zu unterhalten, die für irgendetwas Werbung machte. "Günter? Bist du das? Du bist ja ganz schön gewachsen, alter Kumpel! Kennst du mich noch? Ich bins, Claude...." lallte er, ein paar andere Kunden starrten ihn irritiert an. Verunsichert kam ich auf ihn zu, nachdem mir Sebastian vielsagend zugenickt hat. "Alan?" Sprach ich ihn an. Alan versank in einer tiefen Umarmung mit der Plastikspinne, ohne mich zu beachten. "Keine Sorge, Günter. Dieser grünäugige Penner saugt dich kein zweites mal mit dem Staubsauger ein, dafür sorge ich jetzt." Murmelte Alan. "Claude!" Ich berührte ihn an der Schulter. Alan fuhr herum. Seine Augen hatten eine rote Farbe bekommen. "Weg von Günter, Penner! Ich bring dich um, du...!" Brüllte er mich an. Die Schaulustigen um uns herum zuckten erschrocken zusammen. Alan verdrehte gequält die Augen, die wieder leicht grünlich waren. "Verschwinde aus meinem Kopf!" Keuchte er, dann kippte er um. Rasch fing ich ihn auf, Sebastian setzte ihn in den Einkaufswagen. "Ihm gehts gut!" Versicherte ich den Leuten. Wir liefen schnell zu meinem Auto und quetschten Alan einfach schnell in den Kofferraum, falls er als Claude wiedef aufwachte. "Vorsichtig. " sagte ich. Sebastian musste ein wenig drücken, damit die Beine reinpassten. Dann bedeckten wir ihn mit dem ganzen Zeug, das wir eingekauft hatten, damit man ihn von außen nicht sehen konnte (das Auto hat ein Fenster im Kofferraum). Ich schlug den Deckel zu und hoffte, dass ich ihn nicht irgendwie eingeklemmt hatte. Ganz außer Atem setzte ich mich neben Sebastian auf den Beifahrersitz. "Jetzt ist alles klar." Murmelte ich. Sebastian nickte.
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