XIV. Der einzige Ausweg
»You know you're just one bad day away from being me.«
_
Metall traf auf Aspahlt.
Sobald sie das Geräusch hörte, schlug sie ihre Augen auf. Ihre Sicht war verschwommen. Sie rang nach Luft. Ihre Lunge zog sich schmerzend zusammen, als sie sich langsam auf ihre Ellbogen aufrichtete. Hustend stand sie auf, stützte sich an einem der Autos ab und betrachtete das Trümmerfeld.
Der Geruch von Benzin lag in der Luft, die letzten Menschen humpelten aus der Gefahrenzone, Blut auf den Gesichtern, zerkratzt und zerschrammt. In der Ferne hörte sie Sirenen aufheulen. Ihre Knochen schmerzten, doch mit dem guten Wissen, dass es in weniger als ein paar Stunden wieder vollkommen intakt sein würde, ging sie stockend ein paar Schritte.
Knack. Knack. Knack.
Ihr Kopf schoss in die Höhe, als sie sich gegen die Karosserie eines Wagens presste. Schritte; ruhig, schwer und sicher. Sie sah sich um, suchte ihre Umgebung nach Möglichkeiten für eine schnelle Flucht ab - doch anstatt dass sie irgendwie klar denken konnte, blitzte ein einziger Gedanke in ihrem Kopf auf.
Steve.
Sie musste Rogers finden. Sie schlich geduckt weiter, ihre schnellen Schritte verursachten kein Geräusch, da sie stets an die Stellen trat, die nicht von einem Teppich aus Scherben bedeckt waren.
Knack. Knack.
Da war es wieder. Sofort horchte sie auf, versuchte die Geräuschquelle zu orten. Doch mit diesen Kopfschmerzen und der immer noch etwas verschwommenen Sicht, sowie den dröhnenden Hintergrundgeräuschen, war das alles andere als ein Kinderspiel.
Sie huschte weiter, auf das Taxi zu, welches kopfüber auf der Straße lag, der tote Körper des Taxifahrers hing seltsam verdreht im Sitz.
Knack. Knack. Knack. Knack.
Ohne lang darüber nachzudenken, lief sie auf den Wagen zu und sah durch eine der zerkratzten Scheiben. Ein erleichtertes Seufzen entwich ihr, als sie Steve bewusstlos auf der anderen Seite des Wagens erkannte. Er lag ein paar wenige Meter davon entfernt auf dem Asphalt, die Tür war geöffnet und Alisya wusste sofort dass er noch leben musste, da er sich gerade noch so aus dem Wrack hatte ziehen können.
Kaum war sie an seiner Seite, drehte sie ihn auf den Rücken. Platzwunden, Prellungen, Schnitte - sie schickte ein stummes Gebet in den Himmel, dass keiner ihn jetzt so sah; den goldenen Captain America, so schwach, so verletzt, so... menschlich. Er war -ließ man das Supersoldier Serum und den patriotischen Anzug beiseite- auch nur ein Mensch wie jeder Andere, nur schienen Alisya und er selbst da die Einzigen, die diesen Fakt nicht vergessen hatten.
Menschlichkeit. Wie ironisch dass gerade sie dieses Wort in Betracht zog.
Sie lächelte kurz, als sie seinen Puls fühlte. Etwas geschwächt aber stabil. Sie legte eine Hand auf seine Schulter, die andere an seine Wange, als sie sich neben ihn kniete. »Steve«, zischte sie leise. »Komm schon Großer, ich kann dich nicht bis nach hause tragen.«
Knack.
Sie drückte seine Schulter. Der Attentäter war stehen geblieben. Er hatte sie gehört.
Doch da schlug Steve blinzelnd seine blauen Augen auf. Seine Lippen formten Worte, doch er konnte sie nicht aussprechen, zu groß war der Schmerz, stattdessen verzog er sofort sein Gesicht. Alisya zog ihn auf die Füße, stützte ihn und suchte nach einem Ausweg aus diesem Labyrinth.
Der Attentäter war genau zweiundzwanzig Schritte in süd-westlicher Richtungvon ihnen entfernt, das machte etwa sieben Sekunden die ihnen blieben, sollte er sie entdecken. Mit Steve war sie langsamer, das verkürzte das ganze auf etwa vier Sekunden. Und das war ernüchternd schlecht.
Also tat sie das, was ihr als erstes in den Sinn kam: sie hob eine Scherbe auf und warf sie nach links, weg von Rogers und ihr.
Knack. Knack. Knack.
Männlich, etwa anfang bis mitte dreißig. Er war schwer bewaffnet und mehr als nur simpel darauf aus zu töten. Er war hinter ihr her und -zugegeben- äußerst kurz davor sie zu kriegen.
Sie lief so schnell es ihr möglich war weiter, Steve, der inzwischen wieder bewusstlos war, zerrte an ihren Kräften.
Wieso musste der Mann auch ein Berg von Muskeln und guten Manieren sein?! Hätte die medium-Variante nicht auch gereicht?
Sie sah den Ausweg in eine andere Straße schon vor sich. Ihre Schultern schmerzten von Steves Gewicht, aber sie gab nicht auf.
Bis sie einen Fehler machte:
Knack.
Sie blieb wie angewurzelt stehen. Langsam sah sie nach unten, ihr Fuß stand direkt in einem Scherbennest.
Knack. Knack. Knack. Knack.
Er hatte geduldig gewartet bis sie sich verriet, um zuzuschlagen wie eine Schlange.
Sie zog Steve dichter gegen sich, bevor sie ihn vorsichtig auf den Boden legte und unter ein Auto schob, welches lediglich eine lange Schramme abbekommen hatte, bevor sie selbst hinterher schlüpfte. Keinen Moment zu früh.
Kaum hatte sie ihren Arm ebenfalls an sich gezogen, sah sie schwere Stiefel in ihre Richtung laufen und den Lauf eines Scharfschützengewehrs mit Schalldämpfer.
Knack. Knack.
Er blieb genau neben ihr stehen. Sie starrte nach oben. Bewegte sich keinen Millimeter. Sie hörte wie er stehen blieb.
Langsam, ganz langsam griff sie in ihre Hosentasche und zog den Stift aus der Granate, bevor sie sie sanft über den Boden auf die Stiefel zu rollte.
Knack.
Der Rauch war dicht und schwarz. Sobald die Detonation einsetzte, kroch Alisya aus ihren Versteck und zog Rogers mit sich. Ihn stützend hastete sie auf die nächste Avenue zu, doch die Kugel, welche plötzlich in ihrem Arm einschlug, ließ sie aufschreien.
Sie sank auf die Knie, lehnte Steve gegen eine Wand und stand wieder auf. Sie drehte sich um.
Ihr Blick war eiskalt. Sie erkannte ihn. Sie kannte ihn.
»Sergeij.« der Name verließ ihre Lippen so voller Hass. Nicht gegen ihn - gegen die, die ihn gegen sie aufgehetzt hatten.
Er lud sein Gewehr nach, blickte sie gefühlskalt an. »Amalia.«
Sie lief auf ihn zu, er hob sein Gewehr nicht, nein, stattdessen glitt seine Hand zu der Maschinenpistole an seinem Gürtel. Sie war nur noch weniger Schritte von ihm entfernt, als er die Handfeuerwaffe auf sie richtete. »Halt.«
Sie gehorchte. Blickte ihn an und hob mit einem nervösen Lachen die Hände, bevor sie weiter auf ihn zuging. Sein Finger lag fest auf dem Abzug, seine Augen fixierten sie und dann presste er den Abzug fest.
Im letzten Moment war sie ausgewichen, war mit einem Satz direkt an seiner Seite und packte seinen Arm. Mit eiserner Mine verdrehte sie sein Handgelenk, sodass er seinen Griff um die Waffe lockerte und in einer flüssigen Bewegung brach sie ihm den Arm. Er schrie auf, schlug mit der Rückseite seines Gewehrs nach ihr, doch sie duckte sich darunter hinweg griff nach dem Messer an seiner Hüfte und drehte sich mit einem ausgestreckten Arm von ihm weg.
Er keuchte auf. Sackte hinter ihr auf die Knie. Ein Schnitt mit chirurgischer Präzision prangte an seiner Seite. Sie blieb hinter ihm stehen und zog seinen Kopf so weit nach hinten, dass er ihr in die Augen sehen musste.
»Ich dachte du wärst besser, Sergeij.«
Ein unausstehliches Knacken; sie hatte ihm das Genick gebrochen.
Sie warf das Messer weg und rannte zu Steve. Sie mussten hier weg. Sofort. Denn die örtlichen Autoritäten, die nun schon hinter ihnen am Ort des Unfalls eintrafen, waren ihr kleinstes Problem; ihre Hände zitterten und sie spürte das Adrenalin durch ihre Adern rauschen. Es war genau das passiert, was niemals hätte passieren dürfen.
Sie war in einem altbekannten Blutrausch.
---
Today was a really hard day. Want to hate someone but can't hate him though.
What's wrong with me?
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro