Sandra
Es liegen vier Jahre zwischen ihrem letzten Treffen und Sandra erkennt den Jungen, den sie abgrundtief geliebt hat, kaum wieder. Sein Gang ist aufrecht, wodurch er größer wirkt und sein Blick mag vielleicht freundlich sein, aber voller Geheimnisse. Er ist still geworden und spricht nicht unüberlegt, ganz anders als damals, wo ihn die Stille nervös gemacht hat. Selbst durch den dicken Mantel erkennt Sandra die Konturen eines harten Trainings. Jae ist wie verbotene Schokolade. Das Wasser läuft ihr im Mund zusammen, aber sie weiß, dass es ihr auch nur ein Bissen nicht guttun wird. Und Himmel! In seinem Parfüm befindet sich auch eine süßliche Note feinster Kakao. Aber Hendrik hat Recht, die Wochen Liebeskummer haben sie fast gebrochen. Es war, als habe Jae sein Leben lang eine Maske getragen und nur auf freundlich getan. Vielleicht widerte ihn der Gedanke an eine Beziehung mit ihr an, warum er all die schöne Zeit hinschmiss und aus ihrem Leben verschwand.
„Du bist still geworden." Jaes Stimme ist ganz sanft, als wolle er ein scheues Tier nicht verängstigen. In seinem Blick glaubt sie, etwas zu finden, dass an Sorge erinnert. „Ist alles gut?"
Lügen kommt für sie nicht in Frage, daher entscheidet sie sich, offen zu reden.
„Bist du dir sicher mit diesem Urlaub? Ich hatte nach unserer Auseinandersetzung nicht das Gefühl, dass du mich jemals wiedersehen willst."
Er seufzt und wuschelt sich durch die Mähne. Haar so dunkel wie die Nacht. Gebändigt und gestriegelt. Ganz anders als damals, wo es immer aussah, als sei er einem Sturm entkommen.
„Ist es so schwer zu verstehen, dass ihr mir gefehlt habt."
„Ja, ist es."
Ihr Blick ist vorwurfsvoll, da ist sie sicher, aber ihre Gefühle kann sie nicht leugnen.
„Ein einfaches „Entschuldige" macht es nicht gut, Sandra. Daher will ich dir zeigen, wie ernst ich es meine."
Sie nickt und gesteht: „Ich wünsche mir die Zeit zurück, wo du Hendrik bester Freund warst. Ihr wart unzertrennlich und wie wir über belanglose Dinge sprechen konnten. Wo wir uns einfach unter dem Sternenhimmel gesetzt haben und ehrlich zueinander waren."
Er lächelt. Aufrichtig. Und das erwärmt ihr Herz.
„Das klingt schön."
Auch diese Worte scheinen nicht dahergeredet zu sein. Zumindest wünscht es sich Sandra.
Bevor die Wangen Feuer fangen, beschließt Sandra, ihm entgegenzukommen.
„Tee? Ich wollte mir eine heiße Zitrone machen. Möchtest du auch?"
„Sehr gern."
Aufmerksam hält er ihr die Eingangstür auf und sie treten in ihre Unterkunft. Immer wieder aufs Neue staunt Sandra über ihre Behausung, als sei dies ein viel zu schöner Traum, aus dem sie nicht erwachen darf.
„Es gefällt dir. Wie schön."
Ertappt dreht sie sich zu Jae, dem die gute Laune ins Gesicht geschrieben ist.
„Hier vorne haben wir das WC und Sauna... und oben die Schlafräume."
Sandra stammelt ganz aufgeregt und verschluckt sich fast an den eigenen Wörtern. Die Blamage ist kaum zu ertragen, zumal er sie amüsiert betrachtet.
„Du bist immer noch so süß wie damals. Es ist schön zu sehen, dass du dich nicht verändert hast." Er tritt an die Treppe. „Also der Schlafbereich ist oben? Dann bringe ich mein Gepäck hoch."
Sie nickt heftig und trottet zur Küche. Sie braucht Ablenkung! Ganz schnell! Daher schnappt sie sich den Wasserkocher für den Tee. Anders als bei Hendrik hört sie Jae nicht mal die Treppen hinaufsteigen. Seine Schritte sind wie die einer Katze. Still und leise.
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro