➺ 𝗔𝗹𝘀 𝗭𝗲𝗶𝗰𝗵𝗲𝗻 𝗱𝗲𝗶𝗻𝗲𝗿 𝗚𝗲𝗴𝗲𝗻𝘄𝗮𝗿𝘁
Chapter 16
Als Zeichen deiner Gegenwart
HAYMITCH
Vogelgezwitscher rasselt in meinen Gehörgängen und bringt mich unweigerlich dazu meine geschlossenen Augenlider quälend langsam zu öffnen. Ein angenehmer Druck lastet auf meinem Körper, etwas kitzelt an meiner Nasenspitze.
Nachdem ich meinen Blick nach unten sinken lasse, sehe ich Effies schlafende Gestalt in meinen Armen, ihren Körper dicht an meinen gepresst, während ihr Kopf gegen meiner Brust ruht und ihre blonde Lockenmähne sowohl mein Kinn streift als auch den Weg in mein Gesicht findet.
Sie wirkt so friedlich in ihrem Schlaf, dass ich es nicht über mein Herz bringen kann sie jetzt zu wecken. Auch, wenn ich aufgrund der Position in manchen Körperregionen bereits ein taubes Gefühl habe.
Es erinnert mich ein wenig an damals, den Überlebenskampf mit Maysilee.
Ich denke noch oft an dieses junge Mädchen, stelle mir vor, wie sie heute aussehen würde und was ihre heutigen Tätigkeiten wären, wenn sie noch leben würde.
Immer wieder wollten die Leute es mir ausreden, mir sagen, dass ich selbst noch ein Junge war und es nie meine Schuld gewesen ist. Ein Teil von mir mag dieser Behauptung vielleicht zustimmen, doch in mir drin ist ein dunkler Schatten, der mich immer wieder an die Verluste in meinem Leben erinnert und mich einfach nicht verlassen will.
Ich denke nun über die Frau in meinen Armen nach, über die Worte, die wir in der gestrigen Nacht ausgetauscht haben.
Noch immer zweifele ich daran, dass Effie sich wirklich an das, was sie sagte halten wird.
Möglicherweise ist sie sich auch einfach nicht bewusst, wie anstrengend das Leben in Zwölf und vor allem mit mir sein wird.
Auf der anderen Seite haben wir in der Vergangenheit viele Jahre zusammen gearbeitet und Effie wusste mit der Zeit immer besser, wie sie mich unter Kontrolle bekommen konnte.
Könnte es also wirklich stimmen?
Brauchte ich dieses quirlige Licht in meinem Leben, um vor der Dunkelheit entkommen zu können?
„So früh am Morgen und du philosophierst schon herum..."
„Was bitte meinst du, Effs?"
Der Kopf unter mir bewegt sich aufrecht und langsam spüre ich wie sich ihr Körper von meinem entfernt und sich stattdessen neben mich sinken lässt.
„Die Mimik in deinem Gesicht, die unausgesprochenen Worte in deinen Augen. Dein Körper teilt mir das mit, was du mir nicht sagen kannst."
Ja, sie kennt mich wirklich gut.
„Wir sollten weitergehen, Effie. Die Stille hier gefällt mir nicht", meine Augen fixieren sich auf unsere Umgebung, während ich spreche und innerlich zähle ich nur die Sekunden, bis uns ein nächster Kampf mit Xaphius bevorsteht oder ein neuer mutierter Gegner. Ich weiß gar nicht wirklich, was schlimmer wiegen würde.
„Wir sollten möglicherweise eine neue Gilde bilden. Ich meine, die Tage werden nicht länger und je näher wir dem Finale kommen, desto aggressiver wird gekämpft werden. Alle wollen hier heile raus, Haymitch."
Eine Allianz würde wieder gegen unseren Pakt sprechen, denn wir würden nur eine mit den Menschen bilden, denen wir hier vertrauen können. Sollten wir als Gruppe dann übrig bleiben, heißt es gegenseitige Vernichtung.
Es wären aber Menschen, denen wir nicht nur vertrauen, sondern in einem anderen Leben möglicherweise als Freunde betrachten könnten. Eine unmögliche Sache also gegen sie in den Krieg zu ziehen.
„Zion würde ich ja noch verstehen, aber Effs... könntest du es wirklich fertigbringen eine Allianz mit Su oder Syl zu bilden, nur damit wir sie am Ende selbst töten müssen?"
Effie versteht meinen Gedankengang, allerdings könnte sie ihn nie komplett nachvollziehen. Sie war schließlich nie zuvor in dieser Arena. Ich hingegen wusste seit Anbeginn, dass jeder Tag zunehmend schlimmer sein würde.
Sollte dein Tod besiegelt worden sein, waren es entweder deine Gegner, die dich niedermetzelten oder aber dein eigener Kopf.
Der Tod durch die eigenen Gedanken war allerdings komplexer, denn dadurch endete nie deine Existenz.
Stattdessen musstest du weiterleben, in einer Welt, die du nun als bedauerlich und scheiße betrachtest. Dein Leben wird nie wieder dasselbe sein. Es gab nur wenige Tribute, die es schafften beide Wege des Todes zu überwinden.
„Seit wir die anderen verlassen haben, gab es einige Kanonenschüsse. Möglicherweise ist sie schon lange tot, Haymitch", ihre Stimme klingt bestimmend, aber einen traurigen Unterton kann ich dennoch heraus hören.
„Na schön. Lass uns weiter gehen. Wir müssen sowieso einen Bach finden, unsere Wasserreserven sind aufgebraucht."
Ich stehe als erstes auf und schiebe die Decken beiseite, welche wir für die Nacht über uns gelegt hatten. Nachdem meine Beine festen Stand haben, nehme ich die Hand von Effie in meine, welche sie mir zuvor auffordernd hinhielt und ziehe sie zu mir herauf.
„Wir werden weiterlaufen und schauen, ob wir eine passende Allianz finden. Erst Wasser, dann Teambuilding, einverstanden?"
Effie nickte und so liefen wir endlich weiter.
•oOo•
Es vergehen einige Stunden bis wir endlich mal fündig geworden sind, aber dann erhebt sich vor unseren Augen ein großer Wasserfall, in naher Ferne ragt er stolz in die Höhe und lässt sein sprudelndes Wasser durch die Sonne zum Funkeln bringen.
„Du bist doch auch der Meinung, dass wir dortin gehen sollten, oder?", Effies zierlicher Finger gibt die Richtung zu der sprudelnden Quelle an, bevor ich dem Plan jedoch zustimmen kann, prüfe ich meinen Rucksack nach Waffen.
Wir werden dort garantiert nicht alleine sein.
In dem Beutel befinden sich drei Wurfmesser und ein Dolch. Ich weiß, dass Effie ebenfalls noch zwei davon besitzt. Sollte uns ein Angriff mit Xaphius' Trupp bevorstehen, den wir nur durch ein Wunder gewinnen würden, dann könnte ich mir immerhin die Machete zu eigen machen.
Eine Allianz würde uns jetzt wirklich weiterbringen, Su und Syl sollten uns bei einem Kampf von großem Nutzen sein. Ein Fünfter Verbündeter wäre dann wohl Zion, der Nachteil bei ihm liegt einzig darin, dass ich ihm nicht über den Weg traue.
Eine Geste genügt, damit Effie versteht und in die vorgeschlagene Richtung läuft. In sicherer Distanz befinde ich mich an ihrer Seite und beobachte die Umgebung hinter uns, jede noch so kleine Bewegung könnte tödlich sein.
Meine Augen wandern am mir hinab, inspizieren meine Klamotten und das zerfranste Verband, welches noch immer um meine Schulter gewickelt ist.
Der Gedanke schnellstmöglich zum Wasserfall zu gelangen, um zu duschen, wird von Schritt zu Schritt immer attraktiver.
Der Wind rauscht sanft durch die Baumkronen, es ist noch immer viel zu still und mein innerer Alarm sagt mir, dass wir schon sehr bald in die nächste große Falle treten werden, die sich überall verstreut in der Arena befinden.
Irgendwelche Baumriesen oder mutierte Tiere. Zombies? All das hatten wir schon.
Welche perversen Mordfantasien könnte man hier drin denn noch so entwickeln?
„Haymitch, wenn du weniger in den Tag hineinträumen würdest, dann wären wir schon lange unter einem kühlenden Wasserstrahl", Effie kann ihre Ungeduld kaum noch zurückhalten und zieht mich einfach hinter sich her.
Wie ich sie trotz ihrer absoluten Unvernunft noch immer am Leben erhalten konnte, ist mir mehr und mehr ein Rätsel. Vermutlich sind meine Skills doch gar nicht so schlecht.
„Effie, pass doch ein wenig auf! Irgendetwas stimmt hier jedenfalls ganz und gar nicht."
Wir entscheiden uns klugerweise beide dazu unsere nächsten Schritte wieder ruhiger anzugehen.
Der Wasserfall erscheint nun immer näher in unserem Blickfeld und es scheint, als könne man das Sprudeln des Wassers schon von Weitem hören. Es liegt wahrscheinlich an dem großen Drang, den inneren Durst mit dem frischen Wasser zu bekämpfen.
Nach weiteren zehn Minuten, die wir zu Fuß zurückgelegt haben, tausche ich einen fragenden Blick mit Effie aus.
„Sag mal... spürst du auch diese Hitze an den Füßen? Es kommt mir vor als würde der Boden unter uns regelrecht glühen."
Unter uns befindet sich noch immer saftig grünes Gras und die unzählig vielen Bäume unterstreichen die Überzeugung, dass wir uns nach wie vor im Wald befinden müssen.
„Keine Ahnung. Vielleicht erleidest du gerade eine Form der Dehydratation. Wann hast du zuletzt etwas getrunken?", Effie schnaubt verächtlich, nachdem ich ihr meine Frage stelle.
Mal wieder verlangt sie stattdessen, dass ich ihrer Skepsis Vertrauen schenken sollte.
„Na schön. Spielen wir jetzt 'ne Runde, der Boden ist Lava? Oder worauf möchtest du hinaus?"
„Du warst doch derjenige, der vorsichtig sein wollte, weil er immer gleich tausend Gefahren sieht!"
Mein genervter Blick gibt ihr eigentlich genau die Antwort, welche sie braucht, dennoch erkläre ich ihr meinen Gedankengang.
„Ja, aber was haben Gefahren mit deiner Wahnvorstellung zu tun? Effie, wir haben schon viele Tage überstanden. Bitte dreh' mir jetzt nicht durch."
Der Schlag gegen meine Schulter lässt natürlich nicht lange auf sich warten, allerdings muss ich gerade wieder an diese tanzenden Bäume im Wald zurückdenken.
Möglicherweise liegt Effie mit ihrem Gedanken gar nicht mal so falsch.
„Okay, fein. Ich nehme meine Worte zurück, lass uns einfach umdrehen, Effs."
„Umdrehen? Wir brauchen Wasser, Haymitch!"
Meine Augen verdrehen sich noch in demselben Moment, als ich sie am Arm packe und sie in die Richtung zurückschleife, aus der wir gekommen sind.
Doch weit kommen wir nicht, denn während wir Schritte nach Vorne setzen, prallen unsere Körper praktisch an der Luft ab und wir sinken zu Boden.
Effie fasst sich an den Kopf, Verwirrung schleicht sich in ihre Augen.
„Was, bitte, war das?"
Nachdem ich sofort wieder aufspringe, prüfe ich erneut unsere Umgebung, strecke meine Arme vor mir aus und finde schnell einen Lösungsvorschlag.
„Ein Kraftfeld blockiert unseren Weg", meine Worte schmecken bitter auf der Zunge und es überrascht mich, dass ausgerechnet Effie sofort zu spüren scheint, was ich fühle.
Ihre zierliche Hand legt sich auf meine Schulter und drückt zu, bevor sie von mir lässt, damit ich diesen einen Moment für mich habe.
Mein tiefer Atem zieht sich durch meinen gesamten Körper, als ich die schwingende Axt sehen kann, die sich seither in meinen Verstand eingebrannt hat.
Im nächsten Augenblick scheint mir das Licht der Sonne entgegen und das Rascheln der Blätter knistert in meinen Gehörgängen.
Effie steht regungslos hinter mir und wartet auf irgendein Wort, das meine Lippen verlassen soll, doch ich weiß einfach nicht, wie ich diesen Gefühlssturm in mir beschreiben soll.
„Das verheißt nichts gutes, Effie", passend zu meiner Vermutung spüre auch ich jetzt eine brennende Hitze unter meinen Schuhsohlen, aber sehe nichts als frisches Gras und den sprudelnden Wasserfall in der Ferne.
„Wir werden wieder in die Irre geführt, Haymitch! das hier, der Wasserfall und dieser Wald-... nichts davon entspricht der Realität!"
Der Gedanke kam mir zwar schon, bevor Effie es laut ausgesprochen hatte, doch es ändert absolut nichts an dieser ausweglosen Situation.
Der Boden unter uns beginnt zu beben, als sich der Wasserfall endlich als sein wirkliches selbst offenbart und wütend sein Feuer hinaus speit.
Die funkelnde Wasserquelle färbt sich in wütendes Rot, das den Berg runterläuft.
Über uns verfinstert sich das Licht, denn die Sonne wird zunehmend mit kleinen Fetzen von Asche bedeckt, welche tanzend den Horizont erklimmen.
„Okay, es wird jedenfalls nicht besser, wenn wir nur hier rumstehen! Komm schon, Trinks!"
„Wohin? Zu dem Berg mit seiner glühend heißen Lava? Bist du wahnsinnig?!"
Vermutlich bin ich das nach all diesen Tagen, dennoch würden beide Wege eh damit enden, dass wir verbrennen, also gibt es nicht wirklich ein Risiko.
„Wenn wir nicht zurücklaufen können, wird die Arena wohl wollen, dass wir vorwärts gehen! Wir müssen an dem Vulkan vorbei, auf die andere Seite. Dort muss ein Ausgang sein."
Effie überlegt und hält es wohl auch für plausibel, dann allerdings durchtränkt Panik ihre himmelblauen Augen.
„Aber Haymitch? Was ist, wenn dies eine Falle ohne Lösungsweg ist? Vielleicht gibt es keinen Ausgang und nur die Zeit entscheidet zwischen Leben und Tod."
Zugegeben, das klingt ebenfalls plausibel genug, allerdings hilft Hoffnungslosigkeit im Moment nicht weiter.
„Wir müssen jede Möglichkeit nutzen, Effs. Komm schon, vertrau' mir!", meine Hand greift eilig nach Effies und dann ziehe ich sie mit mir über die bröckelnde Erdoberfläche.
Der Boden fühlt sich immer heißer an und die Luft ist schwül, es wird wirklich nichts unterlassen, um uns am Laufen zu hindern.
Wir geben jedoch nicht so leicht auf und kämpfen gegen jeglichen Widerstand an. Es muss sein, niemand hätte Lust lebendig geschmorrt zu werden.
Unsere Beine sprinten über den Boden, deren feine rote Risse drohen uns zu verschlingen.
Mehrmals speit die heiße Lava durch die Öffnungen hindurch und es wird von Mal zu Mal knapper auszuweichen.
„Egal, was passiert! Lauf weiter, immer weiter, Effie!"
Nie hätte ich gedacht, dass noch diese Kondition in mir steckt, nach dem ganzen Alkoholkonsum.
Irgendwo tief in meinem Herzen erwacht gerade der gutaussehende, starke, junge Mann zum Leben, der damals alles tat, um das Leben von einem Mädchen mit dem Rufnamen May zu retten.
Allerdings hat sich nun der Name verändert, stattdessen entflieht ein neuer aus meiner Kehle.
Schweißperlen tropfen kontinuierlich von meiner Stirn herab, es ist so heiß und meine Lunge sehnt sich nach Wasser.
Jeder Schritt ist ein wahrer Kampf gegen mich selbst, doch einen anderen Ausweg gibt es nicht.
Bis zum Fuß des Vulkans sind es jetzt noch gut vierhundert Meter, also haben wir es beinahe geschafft. Ein letzter Sprint muss uns antreiben, denn unter uns zerbirst der Erdboden in kleine Teile und das Magma quillt aus den Rissen hervor.
Mein Arm zieht sich immer mehr in die Länge, sodass ich meinen Blick zu Effie richte.
Der Grund für die plötzliche Distanz zwischen uns lässt sich auf die breite Öffnung zurückführen, dessen durchsickerne Lava einem glühenden Fluss ähnelt.
Effies Hand löst sich entgültig von meiner, während sie hilflos auf einer Erdscholle steht und jeder Ausweg in heißes Magma führt.
„Keine Panik, Effie! Ich hol' dich da weg, ich schaff' das!", sie antwortet mir nicht, vermutlich sieht sie dieselbe Ausweglosigkeit wie ich.
Doch ich gebe nicht auf und strenge meinen Verstand an, um eine schnelle Lösung zu finden. Innerlich höre ich das Ticken einer Uhr, aber jede Minute vergeht ohne eine geringste Lösung aufzudecken.
„Haymitch, das führt doch zu nichts! Lass-... lass mich hier. Geh weiter!"
„Das werde ich ganz sicher nicht tun, Trinket!"
Ich will es nicht wahrhaben, dass Effie recht hat, also prüfe ich noch einmal den Rucksack nach brauchbarem Material, aber wie schon beim ersten Durchlauf findet sich nichts.
„Hattest du nicht noch das Seil in deinem Rucksack?", ihre Augen verdrehen sich aufgrund meiner Frage, schließlich lässt sie ihren Rucksack jedoch von ihren Schultern gleiten.
„Schön, wie lautet dein Plan? Willst du mich durch die Lava zu dir ziehen? Oder soll ich herüber balancieren?", ihr neu entdeckter Sarkasmus passt mir gar nicht, in der Tat hat sie viel zu viel Zeit mit mir verbracht.
Fast schon vermisse ich die Kapitolprinzessin, welche ich immer ärgern konnte.
„Wie wäre es, wenn du nichts anderes tust als das Seil zu befestigen, damit ich deine Scholle zu mir ziehen kann?"
„Das schaffst du nie alleine, Haymitch! Bitte lauf weiter, ansonsten sterben wir beide!"
Es ist äußerst überraschend, wenn man erst einmal sieht, wozu Menschen in der Lage sein können, wenn statt Blut nur noch Adrenalin in ihren Venen pumpt.
Ich will sie gerade dazu auffordern den Mund zu halten und an ihrer alten naiven Denkweise festzuhalten, hätte sich da nicht plötzlich eine bekannte Stimme zwischen mein Vorhaben gedrängelt.
„Er ist aber nicht alleine."
Ich wende meinen Blick um mich herum und erkenne Zion, dicht hinter ihm stehen Xaphius und seine fleißigen Helfer.
„Ich bin gerade nicht in der Stimmung für eine Schulhofsprügelei, kommt also bitte später wieder!"
Zu meiner Überraschung macht niemand von ihnen den Eindruck, als würden sie einen Kampf beginnen wollen, deshalb wende ich meine Aufmerksamkeit einfach wieder Effie zu, die Ungewissheit spiegelt sich auch in ihren blauen Augen wieder.
„Dann nenne es dein persönliches Glück, dass wir auf eine Prügelei unter faireren Umständen nicht verzichten werden. Alyx, gib mir die Harpune mit dem Widerhaken."
Mein Vertrauen sinkt, als ich die Bitte von Xaphius hören kann.
Wieso sollten ausgerechnet er und seine dämliche Gilde uns helfen wollen?
Die Harpune wird er höchstens nutzen, um uns aufzuspießen. Sein Handeln macht in meinen Augen jedenfalls keinen Sinn.
„Effie, schmeiß das Seil herüber!"
Natürlich bleibt auch Trinket skeptisch und unfasst das Seil nur noch fester mit ihren Händen, statt es Xaphius zuzuwerfen.
„Wenn du nicht bei lebendigen Leib verbrennen willst, solltest du lieber damit anfangen mir zu vertrauen! Konntest du früher doch auch schon", sein arrogantes Lächeln richtet er selbstverständlich an meine Wenigkeit, doch es lässt mich völlig kalt.
Soll er die Vergangenheit mit ihr gerne gehabt haben, mir hingegen gehört die Zukunft und damit bin ich mehr als nur zufrieden.
„Effie, wirf schon das Seil herüber..."
Ihre Augen fixieren sich auf mich, ich sehe klare Verständnislosigkeit in ihnen.
Letztendlich bleibt uns aber eh nichts übrig.
Entweder töten diese verdammten Kapitoler uns oder die brennende Lava übernimmt diese Aufgabe.
Ich werde nicht ohne Effie verschwinden, so viel steht fest.
Mein Versprechen an mich selbst war es, sie hier sicher herauszuholen. Sollte es mir nicht gelingen, werde ich ebenfalls den Tod wählen.
Das Seil schwingt sich nach langer Überlegung auf unsere Seite herüber und landet elegant in Zions Händen.
Er übergibt das eine Ende an Xaphius, der das Seil an dem massiven Widerhacken befestigt, der bereit zum Treffen in der Harpune steckt.
„Effie, geh in Deckung!"
In Panik versetzt geht sie mehrere Schritte zur Seite und duckt sich runter auf die steinige Oberfläche.
Die Harpune schießt den Widerhaken mit voller Kraft in den Erdboden der Scholle und es sieht wenigstens von meinem Standpunkt so aus als stecke das Ding tief genug.
„Stütze dich mit deinem Gewicht an dem Haken ab, dann sollte er mehr Halt besitzen! So, steht nicht nur nutzlos herum. Zieht gefälligst mit!", sein diktatorischer Tonfall gefällt mir zwar nicht, aber umso weniger verbringe ich weitere Minuten in dieser Hölle, deshalb stelle ich mich mit an das Seil.
Zion, Alyx und Sheyzam packen ebenfalls mit an und gemeinsam gelingt es uns tatsächlich Effie auf unsere Seite zu ziehen.
Erleichterung ist das was ich als erstes fühle, nachdem ich sie wieder sicher in meinen Armen halten kann, währenddessen ist Xaphius damit beschäftigt den Widerhaken mit aller Kraft aus der Gesteinsplatte zu ziehen.
„So eine verdammte Verschwendung."
„Wenn du vorhattest, uns damit aufzuspießen, dann hättest du nicht erst den Retter spielen sollen. Es war deine Entscheidung, wieso auch immer", ich spüre die deutliche Anspannung in Effie, als sie ihre Worte aus dem Mund spuckt und sie Xaphius entgegenwirft.
„Du warst es, ansonsten hätte ich meine Zeit nie vergeudet."
Na toll, auch das noch. Als hätte er tatsächlich aufrichtige Gefühle für meine Effie.
'Habe ich gerade 'meine' Effie gesagt?'
Aus Reflex greife ich noch enger um ihre Hand, man könnte meinen, ich würde sie ihr schon zerquetschen wollen. Sowohl Xaphius als auch Effie selbst deuten den Grund hinter meiner Handlung anhand ihres Blickes richtig zu.
„Keine Sorge, Abernathy. Sie gehört dir, ich weiß das. Naja jedenfalls, bis es Zeit wird, den Spielplatz zu verlassen."
„Wir können gerne kämpfen, wenn es das ist, was du willst. Allerdings würde ich an deiner Stelle ehrenvoller sterben wollen und nicht in einem Vulkan verbrennen. Wir sollten weitergehen. Dann bekommst du deine Show."
Xaphius und ich reichen uns tatsächlich die Hände, was seine treuen Untertanen dazu verleitet, ihre gezückten Waffen wieder zu verwahren und einer brutalen Auseinander-setzung aus dem Weg zu gehen.
Scheinbar will Xaphius seine Beute in einer Illusion von Sicherheit locken, um sie dann erbarmungslos umzulegen.
Zugegeben, für einen Kapitoler ist er ein recht brutaler Zeitgenosse. Kann mir ihn gar nicht inmitten voll bunter Visagen vorstellen.
Dann denke ich wieder daran, dass er ursprünglich aus '1' stammt und der bunten Karnevalsparade erst in seinem späteren Leben beigetreten ist.
„Was ist also der Plan? Wir nehmen uns alle an die Hände und singen fröhliche Lieder aus der Kindheit? Xaphius, das ist doch völliger Bulls-..."
„-sei still, Meddo. Wir werden gegenseitige Unterstützung brauchen, um hier rauszukommen. Denk nach, es muss einen guten Grund haben, weshalb die Arena uns hierher versammelt hat. Wir waren alle weit auseinander", da hat Alyx allerdings mal zur Abwechslung etwas Logisches gesagt, so sehr ich es auch hasse, dies zuzugeben.
„Wir werden noch genug Tage zur Verfügung haben, um uns gegenseitig zu töten. Die Leute wollen hier scheinbar einen Showdown sehen. Aber das gönne ich diesem Drecksvolk nicht. Wir werden einen Weg herausfinden und uns dann wieder jagen. Auf ganz eigene Art und Weise."
„Der große Entertainer will also auf eine Show verzichten? Wie selbstlos von dir."
Xaphius kommt Viola einen bedrohlichen Schritt näher, doch Alyx hält ihn zurück und fordert alle auf uns endlich zu bewegen, bevor der Boden wieder vorhat sich in dutzende Fetzen zu zerteilen.
'Wo er recht hat...'
Man merkt sofort, dass sich jeder unwohl in der Präsenz des jeweils anderen fühlt und ich denke, unser Publikum spürt diese Anspannung ebenfalls.
Einzig Zion bringt noch mehr Skepsis in mir zum Vorschein.
Auf der einen Seite brenne ich vor Wut, aufgrund seines offensichtlichen Verrats gegen Suyin. Doch dann ist da sein unheilvoller Blick, jedes Mal, wenn einer von seiner scheinbar neuen Allianz das Wort erhebt.
Spielt er tatsächlich ein doppeltes Spiel?
Wenn ja, können wenigstens wir ihm vertrauen oder wird er den nächsten Augenblick nutzen, um schließlich uns zu töten?
Irgendetwas sagt mir jedenfalls, dass Zion mehr als bloß skupellos ist, wenn es um das Erreichen seiner eigenen Ziele geht.
Dabei denkt er, dass es ein Akt aus Liebe wäre.
In meinen Augen ist es aber nicht die Liebe, die ihn an Su bindet, vielmehr ist es das Verlangen von Besitz.
Man könnte meinen, er wäre besessen.
Wie weit kann er da gehen oder sollte ich mich eher fragen, vor was er überhaupt Halt machen würde?
Allmählich steigt die Hitze wieder an, aus dem Vulkan steigt erneut die Lava empor und droht alles um sich herum mit ihrer glühenden Substanz zu vernichten.
„Wir müssen an dem Vulkan vorbei, auf die andere Seite! Na los!"
Effie steckt noch immer voll Adrenalin, ich spüre förmlich, wie es von ihrer Hand direkt in meine fließt.
Gemeinsam rennen wir über den aufgerissenen Boden.
Glühende Lava findet ihren Weg zur Oberfläche, versucht uns einzukreisen, doch die polternden Schritte werden weder weniger noch leiser. Stattdessen werden wir immer schneller, weichen den Gefahren besser aus und kommen so an der sicheren Seite an.
Aber was bedeutet sicher?
Wo befindet sich ein rettender Ausweg? Es ist nichts zu erkennen.
„Was zur Hölle? Ist das die finale Falle? Alle sterben aufgrund eines beschissenen Vulkans?", Sheyzam richtet sich gen Himmel, Arme in einer erwartenden Haltung.
Er wird wohl kaum eine Antwort erhalten.
Was uns alle allerdings mehr überrascht, ist das plötzliche Auftauchen von Suyin und einer längst totgeglaubten Teilnehmerin.
Daphné.
Ich kann förmlich das Zerschneiden der Luft hören, als das Wurfmesser von Suyin sich perfekt gezielt in das Fleisch von Zion hineinbohrt.
Sein ausdrucksloser Blick wird blitzschnell von Schmerz durchtränkt, nachdem er sich die blutüberströmte Klinge aus der Schulter zieht.
Ein Gnadenschuss.
Hätte Suyin ihn tot sehen wollen, wäre sein lebloser Körper genau jetzt auf dem rissigen Boden aufgekommen.
Xaphius Augen wenden sich zu ihr herüber, tiefe Abneigung lässt sich sofort herauslesen. Su allerdings weist ihn sofort zurück. Es gibt wohl etwas dringenderes in ihren Augen.
„Wie konntest du nur... du feiger, verdammter Bastard?! Du hast sie getötet! Du hast sie-..."
Auf direktem Weg kommt sie auf Zion zu, donnert ihre Fäuste gegen seinen Körper. Er blockt keinen einzigen Schlag aus.
Daphné versucht sie zu beruhigen, doch es ist vergeblich.
Keiner weiß wirklich, was passiert ist.
Die Augen aller glänzen in Ungewissheit.
Allerdings fixiert sich Xaphius bedrohlich auf Su. Irgendwas stimmt hier nicht.
„Es ist-... überraschend dich zu sehen, Suyin. So... lebendig", als das letzte Wort spitz seine Lippen verlässt, wendet er sich an Zion. Dieser lässt keinerlei Information frei.
„Was bitte ist hier los? Suyin, was ist in dich gefahren?", die Stimme entflieht der Frau, direkt neben mir.
Effie läuft auf sie zu, sieht das bedrohliche Funkeln in Xaphius Augen und zieht Suyin aus Reflex zur Seite.
„Er-... und sie... er hat Faith getötet! Er hat sie einfach-...", ihre Stimme versagt, klingt zutiefst verzweifelt.
Aber in Wahrheit ist es Zorn, der erneut wie eine Welle ihre Seele durchspült.
Ihre Hand greift wieder zu einem Messer, aber Effie hält ihre Hände davon ab weiteren Schaden zu verursachen.
Um diese Falle zu überleben, müssen wir unsere Kräfte bündeln und gemeinsam den Weg hier herausfinden.
Das haben sogar Alyx und Xaphius verstanden. Naja, mehr oder weniger.
„So so... du feiger Bastard hast dich meiner Aufforderung entzogen, um ein kleines unschuldiges Kind zu töten?", Xaphius stellt sich erneut zwischen Suyin und Zion hin.
Letzterer wirkt zunehmend angespannt.
Ich kann noch immer nicht glauben, was ich da gerade gehört habe.
Aber als ich den verletztlichen Blick in Zions Augen sehe, kenne ich bereits seinen Beweggrund.
Egal, was noch passieren wird. Egal, was er für Schmerzen spüren müsste...
nie würde Zion es zulassen, dass Suyin Schaden zugefügt wird.
Ich sehe sein Handeln in mir selbst, wenn es um Effie geht.
„Suyin...-ich... verdammt nochmal! Ich könnte dich nie töten!... ihr Tod war etwas Schreckliches, aber das sie hier drinnen sein musste, war nie meine Schuld! Sie hätte nie überlebt!"
Schweigen ist wohl das beste in dieser Situation, denn es wäre nicht falsch zu behaupten, Su sei gerade explosiver als der Vulkan.
Doch genau dieser treibt mich dazu an, die anderen aufzufordern weiterzugehen.
„Es wäre vielleicht für alle Anwesenden besser, wenn wir die Kämpfe und Streitereien auf einen Moment verlegen, in dem wir nicht von einem speihenden Vulkan bedroht werden."
Zion zuckt bloß die Schultern, heimlich ist er wohl dankbar darüber, dass ich versuche die Thematik umzulenken.
Weder Suyin noch Xaphius wollen allerdings nachgeben und so zückt Letzterer nach seiner Machete.
„Ich habe dir gesagt, was passiert, wenn du es nicht tust."
Eine Sekunde vergeht vielleicht, dann hat Xaphius bereits seine Hand um den Hals von Suyin gepackt und hält ihr die scharfe Waffe entgegen.
„Wieso nur, oh Xaphius, kommst du einfach nicht über mich hinweg?"
Effie steht wie versteinert neben mir, in der Hoffnung, dass ich etwas tue. Allerdings gibt es nichts, was ich gerade tun könnte.
Die beiden geben sich schon seit Beginn der Spiele einen gefährlichen Tanz hin und es könnte nur einer überleben.
„Vergleich mich bitte nicht mit deinem Schoßhund, Su."
Zion brennt regelrecht vor Wut, will nach Xaphius packen, doch als Suyin ihren nächsten Satz von der Zunge rollen lässt hält er inne. So wie die meisten von uns.
„Erst willst du mich gegen meinen Willen vögeln und nun hälst du mir zum wiederholten Male deine Klinge gegen die Kehle. Ein bisschen toxisch, muss ich zugeben."
Die Mine von Zion verfinstert sich mit jedem Atemzug mehr, so düster, dass selbst der aktive Vulkan unweit von uns entfernt wie ein idyllischer Springbrunnen wirkt.
„Du hast sie angefasst?", seine Stimme klingt ruhig und bei Sinnen, genau das ist es, was einen das Blut in den Adern gefrieren lässt.
„Zumindest wünscht sie sich das."
„Einen Scheiß tue ich, du erbärmliches Stück Scheiße!"
Der Schlag mit dem Hinterkopf wirkt sofort, denn Xaphius gibt Suyin auf der Stelle frei und hält sich seine Nase.
Blut tropft auf den steinigen Boden. Doch er lacht, während das Blut an seinen Lippen hinabläuft und dabei seine Zähne verfärbt.
„Dann sterbt ihr heute einfach beide!"
Zion schubst Suyin unsanft zur Seite, weg von der Bildfläche und in Sicherheit.
Diesen Kampf werden nur die beiden miteinander austragen, egal wo.
Alyx, Viola, Medolin und auch Sheyzam stehen einfach nur da, ohne mit der kleinsten Wimper zu zucken.
Vermutlich wiegen sie Xaphius in Sicherheit und wissen bereits wie der Kampf enden wird, dennoch sollte man Zions unglaubliche Kraft nicht unterschätzen.
Er hat definitiv den Tötungsinstinkt in sich und gepaart mit dem fieberhaften Verlangen Suyin zu beschützen, ist das ohne Zweifel eine Mischung, die man niemals zu leicht nehmen sollte.
Xaphius holt sofort mit seiner Machete aus, während Zion das Schwert zückt und die Klinge der Machete gerade noch abwehren kann.
Suyin will dazwischen gehen, aber sowohl Daphné als auch Effie halten sie von ihrem Leichtsinn ab.
Es wirkt wie eine eingeübte Choreographie, als die beiden Männer ihre Waffen gegeneinander erheben und nur den Tod des jeweils anderen zum Ziel haben.
Gäbe es einen Ausweg würde ich diesen sofort anstreben.
Mir egal, was die anderen aus der Situation machen.
Da es jedoch keinen gibt, stehe ich weiterhin stumm da und warte darauf, bis der Kampf vorbei ist.
Entweder, weil einer der beiden endlich tot ist oder der Geistesblitz selbst die beiden erreicht hat, dass die Situation gerade äußerst ungünstig für derartige Machtdemonstrationen ist.
Der Kampf wird nur durch das Beben des Bodens unterbrochen und der Tatsache, dass sich erneut tiefe Risse ausdehnen und die Platten voneinander treiben.
Hinter den Kämpfenden öffnet sich ein großer Spalt, die glühend heiße Lava macht sich präsent und droht uns alle in wenigen Minuten zu verschlingen.
Ein eindeutiger Vorteil für Xaphius, denn der Rücken von Zion ist der dampfenden Quelle zugeneigt.
„Keine Sorge, mein Freund. Suyin wird dich schon sehr bald begleiten."
Die Klinge der Machete streift seinen Arm, doch genügt es, um eine tief klaffende Schnittwunde zu hinterlassen.
Zion lässt aufgrund des Schmerzens sein Schwert sinken und drückt seine linke Hand auf die Wunde, während das Blut durch seine Finger hindurch sickert.
Alle sind sich absolut sicher, wer den Kampf für sich entscheiden wird, vor allem Su.
Verzweifelt versucht sie sich von den beiden Frauen an ihrer Seite loszureißen, doch keiner der beiden lässt nach.
Sie würden beide sofort sterben.
„Xaphius, lass ihn leben! Wir müssen hier weg, siehst du nicht? Aus dem Vulkan fließt bereits die Lava! Wir sterben hier noch alle drin!", Viola hat tatsächlich mal etwas Kluges eingeworfen.
Der Vulkan, welcher sich direkt vor uns auftürmt, speiht heiße Lava aus.
Sein Gestein verfärbt sich augenblicklich in glühendes Rot, doch selbst das hält Xaphius nicht auf. Er will sein Vorhaben beenden.
„Tja, dann. Leider kurz und schmerzlos. Zur Hölle mit dir, Zion."
Die Schärfe der Klinge schneidet die Luft, bevor sie letztendlich zu Boden sinkt.
Mein ganzes Inneres erzittert, doch Zion ist nach wie vor am Leben.
Eine größere Überraschung sind nur die beiden neu eingetroffenen Personen inmitten unserer Gruppe. Die Kinder.
Sunshine zittert am ganzen Körper, nachdem die kleine Klinge ihres Wurfmessers in dem Hals von Xaphius steckt und dieser ein paar Schritte zurück taumelt.
„Das gibts nicht! Nicht schon wieder diese verdammten Kinder!", Medolin will sie angreifen, aber dann lassen Daphné und Effie entgültig von Su ab, damit diese sich ihr sofort in den Weg stellen kann.
„Halt dich von ihnen fern, du Miststück!"
Su und Medolin drehen die Köpfe jedoch zeitgleich mit uns herum, als Chester seine ganze Kraft bündelt, um Xaphius schließlich in den brennenden See zu schubsen.
An der Stelle, wo er Sekunden zuvor noch gestanden hat, befindet sich jetzt nur noch der von Blut getränkte Steinboden.
Alyx verfällt in eine Art Stase.
Noch immer kann keiner von ihnen glauben, was gerade passiert ist.
Einzig Medolin, vermutlich, weil sie beinahe das erste Opfer der Kinder gewesen wäre.
Erst das anschließende ertönen der Kanone und die Spotttölpelmelodie bestätigen, was soeben passiert ist.
Xaphius ist der nächste gefallene Tribut.
Ein Rudel hat damit seinen Anführer verloren.
„Haymitch, sieh nur! Was ist hier los?", Effie blickt um sich herum und ich tue es ihr gleich.
Der Himmel wird langsam frei, reißt förmlich aus dem tristen Grau aus und die tanzende Asche um uns herum löst sich in der Luft auf.
Der Vulkan verformt sich zu einem Wasserfall und die speihende Lava gleicht nunmehr fließendes Wasser.
War es etwa nur eine Illusion?
War der Vulkan nie da gewesen und Xaphius hat den Tod einfach nur in den tiefen Fluten gefunden?
War er dann noch am leben?
Was zur Hölle geht hier nur vor si-...
„-...Ein Opfer, eine Lösung. Einer musste sterben, damit wir aus dieser Falle kommen konnten. Das haben die Vögel über uns immer wieder gesagt, als wir geradewegs zum Wasserfall gerannt sind."
„Schnattertölpel."
Möglicherweise wurden wir ohne unser Wissen manipuliert, zum Frieden angestiftet. So wäre die Chance immerhin größer gewesen, dass bei dem Vulkanausbruch letztendlich mehr gestorben wären.
Wenn nicht, sogar wir alle.
Gerade jetzt sind zwei Gruppen entstanden. Die Kinder, Effie, Daphné, Suyin, Zion und ich gegen die restlichen vier.
Alyx rückt nach dem Tod seines Halbbruders nun an seine Stelle vor und entscheidet vorerst, dass ein Rückzug wohl das beste wäre.
„Beim nächsten Mal werde ich euch dafür aufschlitzen", Alyx spuckt vor Suyin und Chester auf den Boden, doch als Zion einen bedrohlichen Schritt in seine Richtung macht, zieht er seinen Schwanz ein und gibt seiner Truppe zu verstehen, dass sie nun weiterziehen werden.
'Poser. Alles nur kleine Kapitol-Poser!'
Diesen Satz verlor ich am Anfang dieser ganzen Scheiße, als die Arena noch nicht einmal angefangen hat unsere letzten Lebenstage zu zählen.
Wie es scheint, behielt ich recht mit dieser Meinung.
EFFIE
Zusammen laufen wir weiter, haben uns für diese Nacht untereinander geschworen keinen Kampf zu beginnen. Auch, wenn es uns sehr viel Zeit gekostet hat diese Worte aus Suyin und Zion herauszubekommen.
Beide bestrafen sich mit erbarmungslosem Schweigen, dabei kann ich Suyin wirklich gut verstehen.
Sie hing aus irgendeinen Grund besonders an diesem Mädchen.
Aber Zion handelte aus reiner Liebe, ein Gefühl, welches ihn leitete und er nicht so einfach abstellen konnte. In seinen Augen sehe ich zudem die Schuldgefühle mit denen er nun leben muss.
„Es wird langsam dunkel. Wir sollten einen geeigneten Schlafplatz suchen, genug Trinkwasser haben wir ja immerhin schon."
„Um ehrlich zu sein, hätte ich gerade viel lieber etwas Festes zwischen meinen Zähnen", ich kann Daphnés Antwort nur unterstreichen.
„Vorhin am Wasserfall habe ich Fische gefangen. Sobald wir einen geeigneten Schlafplatz finden, können wir ein Feuer entfachen. Die vier werden uns für heute wohl kaum mehr auflauern", Zion zeigt stolz den Inhalt seines Rucksacks und in der Tat fing er fünf große Fische, welche er in Bandagen eingerollt hat und seither in seinem Beutel verstaut.
Zufrieden nicken wir dem Plan alle zu, einzig Su stampft wütend an uns allen vorbei und legt die Richtung fest.
„Eigentlich ist es immer recht unklug einer wütenden Frau zu folgen. Das hat jedenfalls mein Dad immer gesagt", unsere Augen sind alle auf Chester gerichtet, dabei kann sich niemand ein Lachen verkneifen.
Erst Zions trommelnde Schritte auf dem Boden lassen uns realisieren, wo wir gerade sind, als er tatsächlich den Mut besitzt Suyin hinterher zu sprinten.
„Hätte ich Geld mit dabei, würde ich jetzt alles darauf verwetten, dass heute Nacht noch ein Kanonenschuss ertönt", Daphnés trockener Humor löst erneut eine kleine Welle des Lachens aus, bevor wir uns wieder dem Ernst der Lage bewusst werden.
Es vergehen weitere Stunden, in denen wir nur schweigend voreinander herlaufen und darauf aufpassen, dass Suyin nicht für den Tod von Zion verantwortlich gemacht werden kann.
Jedenfalls nicht heute.
Dann endlich ist es soweit und Chester verkündet stolz, dass er einen geeigneten Platz gefunden hat.
Tatsächlich wirkt der Wald sehr ruhig und die beiden herabgefallenen Baumstämme bieten Sichtschutz und eine gute Option zum Sitzen. Einfach ausruhen und in die warmen Flammen des Feuers starren.
Genau das will ich jetzt.
„Baut ihr das Lager auf. Holt die Schlafsäcke heraus und bereitet die Fische vor. In der Zwischenzeit werden Haymitch und ich Holz für das Feuer holen. Eventuell finden wir noch Pilze, Nüsse oder Beeren."
Haymitch nimmt sich ein Messer aus seinem Rucksack heraus und hält es locker in seiner Hand fest.
„Falls unerwarteter Besuch kommt. In diesem Loch muss man ja tatsächlich aus alles gefasst sein."
Zion blickt ihn tatsächlich erst misstrauisch an, als er das Messer zückt. Konnte man es ihm verübeln? Natürlich traut er Zion für keine Sekunde über den Weg, nicht nachdem, was passiert ist.
Daphné und ich bereiten die Schlafplätze vor, Sunshine und Chester liegen bereits in ihren drin. Die beiden sind völlig erschöpft und nach ihrer Leistung am heutigen Tag haben sie sich den Schlaf mehr als nur verdient.
Suyin hingegen schneidet die Fische zurecht und man könnte meinen, dass sie gerade besondere Freude daran findet, die Tiere auseinander zunehmen.
„Su? Die Fische sind schon tot, mach dir nicht zu viel Arbeit."
„Es entspannt mich, also lass mich", die ganze Zeit über bleibt sie still, schmeißt das essbare Fleisch der Fische in eine Schale und hat sich in ihren Schlafsack gelegt, sobald wir die Schritte von unseren beiden Männern hören konnten.
Unsere Männer... es klingt, als wären wir gerade inmitten der Planungen eines BBQ's.
Fehlanzeige, das einzige, was beinahe gebrannt hätte, waren wir selbst.
Das Essen verläuft im Stillen, keiner sagt wirklich etwas. Was sollte man auch schon großartig erzählen. Wir sind alle dem Tod ausgeliefert und die Stimmung kippt mit jedem Tag etwas mehr.
Suyin und Zion schlafen fernab voneinander an den jeweils äußeren Enden der beiden Baumstämme. Daphné blickt verträumt in die Flammen des Feuers und die beiden Kinder erzählen sich Geschichten, während sie gegenüber voneinander liegen.
„Effie... ich-... ich will mit dir reden, komm mit", Haymitch reißt mich aus meinen Gedanken heraus, als er sich vom Boden erhebt und seine Hand zu mir ausstreckt.
„Was ist mit den anderen? Wir haben gesagt, dass wir die erste Schicht übernehmen."
„Wir gehen nicht weit, Effie. Nur ein wenig zur Seite. Bitte."
Die Neugier siegt letztendlich und ich lasse mich von ihm hinaufziehen. Gemeinsam laufen wir ein paar Schritte vom Lager weg, sodass sie unsere Worte zumindest nicht lauschen können.
„Was ist denn, Haymitch?"
Ich habe diesen Mann in all der Zeit seit ich ihn schon kenne noch nie so unschlüssig erlebt wie in diesem Moment.
Seine Schritte werden endlich weniger und vor mir kommt er zum Stehen.
„Ich habe über unsere letzte Unterhaltung nachgedacht, Effs."
Ich muss überlegen, worüber wir zuletzt gesprochen haben, als es mir jedoch einleuchtet setzt mein Herzschlag für Sekunden aus.
Was hat er überlegt? Will er mich loswerden, nicht bei sich in Zwölf haben?
Die Gedanken schmerzen in meiner Brust, aber ich reiße mich zusammen, damit meine Stimme nicht völlig gebrochen klingt.
„Über was genau hast du nachgedacht?"
Er zögert mit seiner Antwort, so wird die Nervosität in mir nur noch größer.
„Haymitch... bitte, sag es mir. Willst du es nicht?... Ein Leben mit mir in Zwölf?"
Innerlich zerspringt mein Herz in tausende Scherben, aber mein Gesicht bleibt gefasst. Sollte er jetzt vorhaben mich zu verletzen, werde ich keine Schwäche zeigen!
„Was?... ne-... nein, Effie! Das-... nein, so meinte ich das nicht!"
„Wie dann, Haymitch? Was willst du von mir?", die Wut kocht in mir hoch, es wäre ja nicht das erste Mal, an dem ein Mann mir das Herz bricht.
Ich weiß, wie sich so etwas anfühlt und vor allem wie Männer dabei vorgehen.
„Effie... als du sagtest, dass du in Zwölf leben willst... wir waren da schon einmal angekommen und du hast mich stehen lassen."
'Super, jetzt will er mir tatsächlich Vorwürfe machen, weil ich Angst hatte!'
Angst vor den Reaktionen der Menschen, die Kapitoler verachten.
„Ich hatte Angst, Haymitch! So kurz nach der Rebellion waren die Narben bei allen frisch. Sie hätten mich mit Mistgabeln und Fackeln aus dem Distrikt gejagt!"
„Ich will dir keine Vorwürfe machen, Effie!"
„Dann lass es gefälligst nicht so klingen, als würdest du es tun!"
Plötzlich landen seine Lippen sanft gegen meine und es dauert nicht lange, dann lasse ich zu, dass er inniger werden kann.
Die Wut in mir ist zwar noch nicht weg, aber dafür brennt meine Seele regelrecht und die tiefe Leidenschaft wird immer größer.
„Ich will einfach nicht, dass du mich wieder alleine zurücklässt, Effie! Ich will, dass du bleibst... ich will, dass du es weißt... einen Grund, der dich daran erinnert, wo du hin gehörst."
Ich kann seinen Worten nicht wirklich folgen, sie wirken dennoch wie Balsam für den tiefen Schmerz in mir.
„Erwarte jetzt nicht zu viel Romantik von mir. Ich werde nicht vor dir auf die Knie gehen, Prinzessin."
Meine Handflächen verdecken meinen Mund, damit nicht ganz Panem meinen überraschenden Freudenschrei hören kann.
In seiner flachen Hand hält Haymitch ein ringförmiges etwas, es könnten kleine Äste sein.
„Es klebte etwas Harz an den Bäumen. Ich habe es im Feuer aufgewärmt und es zur Fixierung für die kleinen Äste benutzt. Es-... ähm, ist vielleicht nicht der schönste Ring. Aber er soll dir als Symbol dienen. Sobald wir draußen sind, kriegst du deinen Diamanten. Versprochen!"
„Er ist perfekt, so wie er ist, oh-... Haymitch!"
Meine Arme schlingen sich um seinen Nacken und ich presse mich eng an seinen Körper. Ich kann nicht glauben, was gerade passiert ist, außer dieser tiefsitzenden Freude spüre ich rein gar nichts mehr.
„So sehr ich diese Geste zu schätzen weiß. Aber Haymitch...-du bist mein Symbol, das mich daran erinnert, wo ich hingehöre", meine Worte hallen noch lange nach, bevor unsere Lippen erneut aufeinander treffen und wir all die ungesagten Gefühle in diesen einen Kuss legen.
„Was habt ihr da hinten solange gemacht?", Suyin und die anderen liegen tatsächlich noch alle wach in ihren Schlafsäcken und schauen uns erwartungsvoll an.
Ich möchte gerade meine Hand mit dem symbolischen Ring daran präsentieren, als ein penetrantes Piepen durch die Luft dringt.
Vor meinen Füßen landet eine Kapsel auf dem Erdboden.
„Ein Geschenk von 12."
Haymitch hebt das Metallding vom Boden auf und schmunzelt, als er den Inhalt herausholt.
Einen Blumenstrauß.
„Herzlichen Glückwunsch. Katniss und Peeta", nachdem ich diesen Satz vorgelesen habe, laufen die Tränen nur so von meinen Wangen und es werden immer mehr.
„Effie, was ist denn los?", ich spüre Suyins bandagierte Hände, welche sanft auf meinen Schultern ruhen.
Ihre grellen Augen suchen die Antwort in meinem Gesicht, aber dann schweifen sie zu meiner Hand.
„Oh... wow. Ihr wisst wirklich, wie man eine gute Show bietet. Glückwunsch euch beiden."
Ihre Umarmung spendet mir zusätzliche Wärme, die Temperatur ist in dieser Nacht nämlich in die Tiefe gesunken und gerade will ich nichts anderes als zusammen mit Haymitch vor den Feuerflammen in unseren Schlafsäcken zu liegen.
„Dann sollten wir uns schnell einen Plan überlegen, wie wir das nächste tragische Liebespaar heile aus dieser Hölle bekommen", Zion klopft Haymitch als Zeichen der Anerkennung auf die unbeschadete Schulter.
In seinen Augen erkenne ich ebenso einen Schleier der Traurigkeit.
Zu gern hätte er dieselbe Geste wohl Su entgegengebracht, doch sie wird ihm seine schwere Entscheidung wohl nie verzeihen können.
„Wir sollten uns langsam in die Schlafsäcke legen. Es wird kalt."
Ich überlege nicht lange mich in die Wärme einzuhüllen.
Haymitch legt sich gleich daneben und zieht mich samt Schlafsack in seinen hinein. Durch das Feuer ist es schon fast zu heiß, aber sobald die Flammen des Feuers erloschen sind, werde ich die zusätzliche Wärme wertschätzen.
Su und Zion scheinen sich noch unsicher zu sein, wie sie die Nacht verbringen sollen, um der Kälte bestmöglich zu entgehen.
„Su, du kannst auch bei uns schlafen. Also, wenn du Zion abservieren willst."
Dieses Mal muss selbst Daphné lachen, aufgrund der lockeren Zunge von Chester.
Dieser Junge ist wirklich ein Goldschatz.
„Ich würde mich geehrt fühlen, neben dem Helden zu schlafen, der es geschafft hat, Xaphius umzulegen."
Chesters Augen leuchten vor Stolz auf, einzig Zion schüttelt seinen Kopf, kann aber auch sein Lächeln nicht verstecken.
„Ich werde die Nacht über Wache halten. Ruht euch aus", Zions Worte schweben durch die frische Luft, ehe es still um das Feuer herum wird und wir alle in einen tiefen Schlaf fallen.
•oOo•
Huhu meine Lieben,
da ist es! Kapitel 16 und 7.000 Wörter nur für euch! 🌝🕊
Ich sage euch schon mal im Voraus, dass noch 4 weitere Kapitel folgen werden und ich diese Geschichte dann mit dem Epilog beenden werde.
Nochmals vielen Dank an alle, die noch immer fleißig am lesen sind und Geduld mit mir haben, langes Warten in Kauf nehmen und trotzdem noch die Geschichte weiter verfolgen. Ihr seid die Besten, ehrlich! 💛
Zusätzlich möchte ich nur darauf hinweisen, dass ich bald etwas neues hochladen werde. Mehr oder weniger meinen ersten Roman, eine Leseprobe existiert bereits.
Eine Geschichte beginnend mit Verlust und Isolierung, erzählt von einer besonderen Freundschaft und einen Plan, der es schaffen soll, diese eine gebrochene Seele zurück ins Leben zu holen.
Schaut doch gerne rein, wenn es euch anspricht. Mein Ziel war es, dass Buch fertigzustellen, bevor die Wattys starten... allerdings werde ich es wohl zeitlich nicht mehr schaffen, da noch zu viele Kapitel fehlen... Aber vielleicht habt ihr ja Motivation für mich. Ich würde mich jedenfalls darüber freuen... 🤍🕊
Zusätzlich habe ich einen Faktencheck zu meiner Person hochgeladen. Wenn euch Pleiten, Pech & Pannen gefallen, dann werdet ihr wohl Spaß an meinen Fakten finden. 🤪
Solltet ihr ähnliche Herzprojekte haben, könnt ihr es mich gerne wissen lassen. Dann schaue ich vorbei!🌝
Ich wünsche euch weiterhin beste Gesundheit, lasst Corona nicht zu nah an euch heran & genießt den Urlaub, Ferien, etc.
... Genießt einfach das Leben. 🌞
Lieben Gruß,
Xx Auralica 🥀
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