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01 | Planänderung

| Emma |

Die New Yorker U-Bahn ist ein seltsamer, aber auf ganz eigene Weise auch ein magischer Ort. Hier kommen Menschen zusammen, deren Wege in völlig unterschiedliche Richtungen führen.
Für kurze Zeit begegnen sich hier Welten.

Ich genoss jeden Tag die dreißig Minuten, die ich in einem der dreckigen, merkwürdig riechenden Zugabteile verbrachte.
Es war mein Weg zur Arbeit und die Zeit, in der ich meine Vorstellungskraft nutzen konnte, ehe ich mich der Realität stellen musste.

Bei jedem einzelnen Menschen fragte ich mich, mit welcher Motivation er wohl in diesem Zug gelandet war und wohin seine Reise ging.
Ich beobachtete gerne die vielen Leute mit den diversesten Gesichtsausdrücken. Meistens spann ich mir deren Tagesabläufe zusammen und malte mir zugehörige Lebensläufe aus.

Die junge, afroamerikanische Frau, die mir an diesem Tag gegenüber saß, war mit Sicherheit eine leidenschaftliche Tänzerin. Verträumt und unruhig saß sie dort und wippte energiegeladen mit den Beinen. Allein ihre bunten Kleider trzgen mir eine ganz eigene, fröhliche Melodie entgegen.
Der ältere Herr dahinter, der sie so missmutig beobachtete, beneidete sie vermutlich insgeheim um ihr Feuer und die Kraft, die sie ausstrahlte. Bestimmt hat er sein Leben ganz anders verbringen müssen. Ihm fehlte ein Teil seines Ringfingers. Vielleicht musste er seine Lebenszeit mit harter, körperlicher Arbeit verbringen und verurteilt die Jugend seither. Ich hoffte für ihn, dass er sich trotzdem bemühen würde, das Schöne zu sehen, selbst wenn es schwerfällt.

Während ich meine kommenden und gehenden Mitfahrer beobachtete, fragte ich mich auch jedes Mal, ob die Leute ahnten, was in mir steckte.

Vermutlich nicht. Menschen sind komplex. Die schlimmsten Wunden sind ihnen oft nicht anzusehen, das weiß ich aus eigener Erfahrung.
Einer zierlichen jungen Frau wie mir, würde man wohl wenig zutrauen. In den letzten einundzwanzig Jahre hat man mir nie viel zugetraut und dadurch bin ich bloß noch mehr über mich hinausgewachsen. Ich bin stark geworden, auch wenn man es mir nicht ansieht. Ich hatte keine andere Wahl, ansonsten wäre ich wohl nicht großgeworden.

Auf der Sonnenseite des Lebens war ich noch nie Zuhause, doch seit zehn Monaten durfe ich immerhin dort arbeiten. Jeden Tag wandelte ich zwischen zwei Welten und tauchte ein in eine Gesellschaft, die mir nicht fremder hätte sein könnte.

Mein heutiges Ziel war, wie nahezu jeden Tag, die Upper East Side, genau genommen das Restaurant Maélys.

Als Kellnerin in einem französischen High-End-Lokal zu arbeiten, war nie mein Traum, doch es war Mittel zum Zweck.
Ich hatte mich durchaus bemühen müssen, um an diesen Job zu kommen. Sie bezahlten nicht nur mehr als der Durchschnitt in der Gastronomie, sondern auch das Trinkgeld stieg äquivalent zu den Preisen der Gerichte.
Allerdings wurden mit dem Ansehen des Restaurants auch dessen Gäste schwieriger und die Kluft zwischen Bedienung und Bedientem zunehmend größer.

Das vergangene Weihnachtsgeschäft war nervenzerrend und höllisch anstrengend gewesen, aber zumindest ein Segen für meinen Geldbeutel. Und mit jedem Dollar rückte der Traum, sich eines Tages doch die Studiengebühren leisten zu können, näher.

Der Stress war auch noch nicht vorüber. Zwischen den Jahren herrschte Hochbetrieb. Große Gruppen, Familienfeiern, Jahresabschluss-Essen - die Liste an Reservierungen war lang.
Übertroffen wurde das Ganze nur vom Silvesterabend, wie mir meine Kollegen berichtet hatten. Unmittelbar neben dem Maélys befand sich ein privates Clubhaus. Dort feierten einige große Namen gerne ins neue Jahr und ließen sich zuvor noch im Restaurant bewirten. Doch nachdem ich bereits über die Feiertage täglich gearbeitet hatte, sollte mir zumindest der 31. Dezember erspart bleiben. Morgen würde ich seit Langem endlich wieder einen freien Tag haben.

„Emma!", strahlte mich mein Lieblingskollege Eric breit an. Rauchend stand er vor dem Personaleingang, die Zigarette zwischen die  Fingern geklemmt. Es war so kalt, dass ich nicht unterscheiden konnte, ob es nun Rauch oder sein Atem war, den er ausstieß.

Überrascht runzelte ich die Stirn.
„Gehst du schon nach Hause? Ich dachte, wir arbeiten miteinander."
Rauchen unmittelbar vor oder gar während der Arbeitszeit war streng untersagt. Den Gästen mit Raucheratem gegenüberzutreten, wäre bereits ein Kündigungsgrund gewesen.

„Meine Pläne haben sich etwas geändert. Ich fliege morgen doch nach Hause", erzählte er und setzte dabei einen Blick auf, der mich schon erahnen ließ, dass seine nächsten Worte eine Bitte sein würde. „Zumindest, wenn du die liebste Kollegin auf Erden bist."

Eine böse Vorahnung machte sich breit.
Ich kannte Erics Arbeitspläne beinahe genauso gut wie meine eigenen. Er hatte am 25. und 26. Dezember frei, musste dafür aber am Silvesterabend arbeiten.

„Eric, nein", zischte ich warnend und legte stöhnend den Kopf in den Nacken. „Morgen?"

„Bitte, Emma!", legte er sofort bettelnd los und faltete seine Hände, die Zigarette inzwischen wieder zwischen die Lippen gesteckt. „Du bist meine letzte Rettung! Und denk nur mal an die ganzen Feiertagszulagen! Und an das Trinkgeld, wenn die reichen Säcke erst mal betrunken sind!"

Ich konnte nicht anders als einmal kurz aufzulachen. Eric musste gar nicht erst lange argumentieren, er wusste ohnehin, dass ich seine Schicht übernehmen würde.
„Du hast deinen Flug doch bestimmt eh schon gebucht, oder?", fragte ich und sah ihn prüfend an.

Unschuldig grinste er mir entgegen.
„Morgen früh, 9.15 Uhr", nickte Eric und ich konnte ihm noch nicht einmal böse sein.

Ich wusste, wie lange er nicht mehr Zuhause in Tennesse war. Dass er eine Familie hatte, die er gerne besucht, war einer der bedeutendsten Unterschiede zwischen uns. Ansonsten hatten wir viel gemeinsam. Auch Eric arbeitete hier, um sich zu finanzieren, während er eine ganz andere Karriere anpeilte.

Ihn hatte die Leidenschaft für Mode und der Traum, selbst als Model erfolgreich zu sein, nach New York geführt. Mit seinen hawaiianischen Wurzeln und markanten Gesichtszügen sah er außergewöhnlich aus, doch bisher war der Job, der ihm den Durchbruch bescheren sollte, noch ausgeblieben. Sein gutes Aussehen spielte ihm aber immerhin auch im Maélys in die Karten.
„Tja, das Auge isst eben mit", hatte unser Chef einmal kommentiert, als Eric eines Abends sein sehr üppiges Trinkgeld abgerechnet hat.

Ich gönnte ihm jeden Penny, noch mehr wünschte ich ihm aber, endlich seinen wahren Traum leben zu können.

„Na schön", willigte ich schließlich offiziell ein, obwohl uns beiden klar war, dass es ohnehin schon beschlossene Sache war.

„Mega! Ich liebe dich!", freute sich Eric laut und schloss mich einmal fest in die Arme. „Danke, du hast was gut bei mir!"

„Jaja und jetzt weg von mir", stieß ich ihn lachend von mir. „Deinen Rauchergestank kannst du bei dir behalten."

Grinsend zuckte er mit den Schultern und inhalierte demonstrativ das Nikotin.
„Ich geb dann also Georg Bescheid, dass du morgen für mich einspringst."

„In Ordnung. Und genieß die Zeit Zuhause. Das hast du dir auch verdient."

„Ach, ein bisschen plagt mich ja schon das schlechte Gewissen", seufzte Eric mitleidig. „Du hättest dir auch etwas freie Zeit verdient. Hast du's nicht bald geschafft und genug gespart?"

Dazu hatte ich nur ein müdes Lächeln übrig.
„Da fehlen schon noch ein paar Tausend. Und selbst dann müsste ich weiterhin nebenbei hier arbeiten", schüttelte ich leidend den Kopf. „Aber kein Grund für ein schlechtes Gewissen. Damit hat wenigstens einer von uns einen gelungenen Start ins neue Jahr."

Eric schenkte mir ein schwaches, aber dankbares Lächeln.
„Wie gesagt, vielen Dank!"

Anerkennend nickte ich ihm noch einmal lächelnd zu.
Er hätte dasselbe für mich getan - nur wollte ich so gut wie nie um Gefallen bitten und ließ mir nur ungern helfen.

Das Maélys war eine Welt für sich. Und sobald ich in meine schwarze Arbeitsuniform geschlüpft war und meine braunen Haare straff nach hinten zusammengebunden hatte, war ich unweigerlich Teil davon.

Die Geschäftsführung bemühte sich, mit steifen, traditionellen Gastronomie- und Kellner-Traditionen zu brechen, weshalb ich immerhin keinen halben Hosenanzug mit Fliege tragen musste, aber trotzdem war alles  schrecklich hölzern und formell.
Wir sollten den Gästen ein familiäres Ambiente bieten, aber gleichzeitig Diskretion wahren. Wir sollten ihnen einen ungezwungenen Eindruck vermitteln, während unser Auftreten streng überwacht war und von Oben kontrolliert wurde.

Einen letzten Schluck Wasser gönnte ich mir, ehe ich durch die Küche und schließlich durch die Flügeltür in den Gästebereich trat.
Von nun an war ich „Ma'am", „junge Frau" oder das Schlimmste von allen: „Sie da".

Sobald ich nach vorne, in diesen Raum trat, war mir das freundliche Lächeln ins Gesicht gemeißelt. Ich sollte den Menschen jeden Wunsch von den Augen ablesen, obwohl ich darin rein gar nichts erkennen konnte. Sie waren mir so fremd, als gehörten sie einer völlig anderen Spezies an.

Ich bediente sie, war freundlich und tat das, wofür ich bezahlt wurde, aber verstehen konnte ich sie nicht.
Es war mir immer ein Rätsel, weshalb sie ihr Geld hier ausgaben und die viel zu hohen Preise in Kauf nahmen. Mit der Zeit habe ich es ein Stück weit verstanden, glaube ich.
Zwar stimmte im Maélys auch die Qualität des Essens, doch was sich unsere Gäste besonders viel kosten ließen, war die Umgebung. Sie waren unter sich und das war in ihrer Welt scheinbar ein unschätzbar hohes Gut.

Mit ruhiger Hand füllte ich die Gläser zweier Männer mit Rotwein. Der Eine beachtete mich überhaupt nicht und redete weiterhin auf seine Begleitung ein, während mich der andere auf eine solch ekelhafte Weise musterte, dass ich mich bemühen musste, den Fokus auf dem Wein zu halten. Ich konnte seinen Blick nicht einordnen und das wollte ich auch überhaupt nicht. Am Ende wusste er ohnehin, dass er sich verhalten konnte, wie er wollte und ich weiterhin freundlich lächeln würde, damit er mir am Ende ein ordentliches Trinkgeld überlässt.

Manchmal hatte ich mir gewünscht, ich würde in irgendeiner Schnellimbisskette arbeiten.
Dort wären wenigstens nicht alle Menschen herablassend gewesen. Im Maélys hingegen steckte in jedem Lächeln der Gäste das Wissen, sie würden über mir stehen. Und das taten sie auch tatsächlich, denn ihre Zufriedenheit und ihr Geld war es, das mein Leben finanzierte. Es war ein grausames Gefühl, von diesen Leuten abhängig zu sein, aber letztendlich sollte es mich hoffentlich ans Ziel bringen.

So sehr ich die Arbeit während des Tages auch verfluchte, war es jede Nacht doch wieder ein zufriedenes Lächeln, das in meinem Gesicht stand. Sobald abgerechnet wurde und ich in Zahlen sehen konnte, was ich geleistet hatte, war ich mir sicher, dass es sich lohnte. Auch heute konnte ich wieder durchaus zufrieden sein.

„Emma, du kommst morgen für Eric, ja?", versicherte sich mein Chef George noch einmal und studierte angestrengt die Schichtpläne, während er am leeren Tresen der ebenso leeren Bar saß. Wir hatten bereits geschlossen und sofort wurde sich auf morgen, auf das große Silvestergeschäft, konzentriert.

„Ja, mach ich", antwortete ich bestätigend, woraufhin er widerum zufrieden nickte.

„Okay, dann sollten wir das morgen gut über die Bühne kriegen", lautete sein Fazit, ehe er das Papier entschlossen zu einem Stapel zusammenschob. Seufzend fuhr er sich mit der Hand über seinen dunklen Bart. „Wir haben morgen einige Reservierungen, die hier am Besten höchst zufrieden wieder rausgehen sollten."

Verstehend nickte ich ihm zu. Ich war gut in meinem Job und wusste, was ich tue. Das wusste ich ebenso gut wie George.

„Gut, jetzt aber erstmal Feierabend! Bis morgen, ihr Lieben!"
Schnell entließ er mich und die beiden verbliebenen Kollegen aus dem Laden in die Kälte.

George war noch nicht einmal Besitzer des Maélys, sondern lediglich für den Service verantwortlich, doch er ackerte für dieses Restaurant, als wäre es sein eigenes Projekt. Er war ein guter Chef, der zwar viel erwartete und Fehler nur ein einziges Mal akzeptierte, doch solange man alles gab, konnte man auch alles von ihm haben.

Er hatte sich für mich eingesetzt, damit ich die Chance bekam und hier arbeiten durfte, obwohl ich keine gelernte Fachkraft war. Alleine dafür würde ich ihm auf ewig dankbar sein.

„Bis morgen!", verabschiedete ich mich von ihm und machte mich wieder auf den Weg zur U-Bahnstation. Die Zweck-WG, die ich mir
mit drei Mitbewohnern teilte, wartete auf mich, bevor ich morgen wieder den Weg zum Restaurant auf mich nehmen würde.

Mein freier Tag morgen war also passé, doch damit, mich zu beschweren, hatte ich längst aufgehört. Die Liste wäre viel zu lang gewesen.
Stattdessen hatte ich mich mit meiner Situation arrangiert und versuchte, sie zu verändern. Und die morgige Schicht am Silvesterabend würde mich wieder einen Schritt näher an mein Ziel bringen - und wieder einen Schritt weg von dort, wo ich herkam.

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