
9: 𝐓𝐡𝐨𝐦𝐚𝐬
Dylan war der Wahnsinn. Ich hätte nicht gedacht, dass ich einmal so einen netten Jungen kennenlernen würde. Wir lachten viel und die Zeit ging vorbei wie im Flug. Viel zu schnell war das Treffen vorbei und ich blickte in die warmen Augen, als der Dunkelhaarige sich erhob. Sie waren wunderschön. Braun mit bernsteinfarbenen Flecken darin.
»Es war schön, dich kennenzulernen«, meinte Dylan und schenkte mir wieder dieses Lächeln. Ich beschloss, es als Dylan-Lächeln zu bezeichnen, da es einfach typisch für ihn war. Keiner hatte mich je so angelächelt. Okay, mich hatten bis jetzt nicht viele angelächelt. Nur meine Schwester und meine Mutter an ihren guten Tagen, aber trotzdem.
Auch ich erhob mich und seufzte leise. Zu gerne hätte ich gefragt, ob wir nicht noch länger hier sitzen bleiben können, aber ich wollte mich nicht aufdrängen. Dylan wollte gehen, also musste ich ihn gehen lassen.
Tatsächlich war er ein Gentleman. Er half mit in die Jacke und ich sah verlegen zu Boden. Das war doch kein Date. Warum war er so nett? War das seine Masche? Will er was von mir im Gegenzug seiner Freundlichkeit?
Schnell verscheuchte ich diesen Gedanken.
Ich schenkte dem Dunkelhaarigen ein strahlendes Lächeln und ging mit ihm zu Ausgang, wo er mir höflich die Tür auf hielt.
»Nach dir«, lächelte er und ich trat nach draußen in die frische Luft. Es roch so gut nach Sommer. Es war zwar nicht der typische Sommergeruch nach gemähtem Gras, aber der andere Sommergeruch. Warme Luft eben.
»Soll ich dich noch nach Hause bringen?«
Dylan hatte mich aus den Gedanken gerissen. Fast hätte ich ja bitte gesagt, aber ich hielt mich im letzten Augenblick zurück. Ich schämte mich. Ich schämte mich für die Siedlung, in der ich wohnte, für das schäbige Haus in welchem wir lebten, für alles, was mich eben ausmachte.
»Nein, ist schon okay. Ich finde alleine zurück.« Leicht grinste ich ihn an, um meine Unsicherheit zu überspielen. Dann wandte ich mich ab und schlenderte die Straße entlang.
»Hey, warte.« In null Komma nichts hatte Dylan mich eingeholt und stand nun wieder vor mir.
»Ich hab noch gar nicht gefragt, ob wir uns wiedersehen.«
Etwas verlegen kratzte er sich am Hinterkopf und sah mich an. Er fragte tatsächlich mich ob wir uns wiedersehen wollen. Mich einen Jungen, der kaum genug Geld hat, um sich was zu Essen zu kaufen.
Etwas überfordert sah ich ihn an, was Dylan wohl falsch zu deuten schien.
»Wenn du nicht willst, dann musst du nicht. Das war wohl eine verdammt blöde Idee gewesen, meine Nummer da rein zu legen. Ich wollte dich nicht belästigen. Tut mir leid.«
Ich schluckte und hielt ihn am Arm fest, als er an mit vorbei gehen wollte.
»Nein, es war eine tolle Idee. Ich hatte noch nie so viel Spaß, wie heute Nachmittag und es würde mich sehr freuen, wenn wir uns wieder treffen würden.«
Jetzt war es raus und ich bereute nichts. Schließlich war es ja auch die Wahrheit.
Dylan lächelte mich an und umarmte mich vorsichtig.
»Gut, dann werden wir uns auch wieder treffen«, flüsterte er und ich konnte nichts anderes tun, als meine Arme um ihn zu schlingen und zu lächeln.
Schließlich lösten wir uns wieder und ich winkte Dylan zu. Dann setzte ich meinen Nachhauseweg fort und summte leise vor mich hin. Heute war ein guter Tag. Wenn es mir nicht zu peinlich gewesen wäre, dann wäre ich vermutlich auch umher gehüpft, wie ein kleines Kind, doch das ließ ich dann doch lieber bleiben.
Ich kam an einem kleinen Supermarkt vorbei und beschloss spontan, für Ava eine Kleinigkeit zu kaufen. Sie liebte diese kleinen Traubenzucker-Lollis und genau solche wollte ich ihr holen.
Zum Glück hatte ich noch ausreichend Geld dafür. Die Lollis kosteten drei Euro und genau so viel hatte ich noch übrig.
Ich schlenderte also zur Kasse, wo ziemlich viel los war. Offenbar kauften mehr Leute um diese Zeit ein. Ein Mann war so freundlich und ließ mich vor, aber einer mehr oder weniger war auch schon egal. Naja, die Geste zählt sagt man immer.
Schnell bezahlte ich und verließ im Anschluss den Laden.
Langsam dämmerte es. War ich wirklich so lange fort gewesen. Kurz sah ich auf die Uhr.
Tatsächlich. Es war bereits 20 Uhr. Meine Mutter machte sich bestimmt schon Sorgen oder auch nicht. Man konnte das nie so sagen. Je nachdem, wie sie geschlafen hatte, wahrscheinlich. Mal war sie die fürsorglichste Mutter, die auf keinen Fall wollte, dass ihren Kindern war passierte und mal war es ihr total egal, was wir taten, wo wir hin gingen oder wann wir nach Hause kamen.
Dennoch beschleunigte ich meine Schritte. Ich wollte es ja nicht heraus fordern, in Kontakt mit irgendwelchen komischen Typen zu treten. Diese waren wie Fledermäuse. Kommen heraus, wenn es dunkel wird und so eine Begegnung brauchte ich heute wirklich nicht. Nicht, wenn ich beschloss, dass heute ein guter Tag war.
Kaum dreißig Minuten später bog ich auch schon in die Siedlung ein, in der wir wohnten. Die Straßenlaternen gingen gerade an und unterstützten die letzten Sonnenstrahlen dabei, mir den Weg zu leuchten. Von den komischen Typen war keine Spur, jedoch stockte ich, als ich ein Polizeiauto vor unserer Tür sah.
Sofort ging ich noch schnell, bis ich schließlich anfing zu laufen. Was war passiert? Wollten sie nur nochmal sicher gehen, dass wir wirklich nichts gesehen hatten, wegen Miss Rosewood oder gab es da einen anderen Grund.
Mein Herz fing an, schneller zu klopfen und ich spürte, wie meine Kehle plötzlich ganz trocken wurde. Wäre ich stehen geblieben, dann hätten bestimmt auch meine Knie gezittert, denn meine Beine fühlten sich ziemlich wackelig an.
Es kam mir ewig lange vor, bis ich endlich unsere Haustür erreicht hatte, wo meine Mutter stand. Sie hatte ein Taschentuch in der Hand, mit den sie sich immer wieder ihre Augen abtupfte. Sie weinte.
Der Polizist legte ihr tröstend die Hand auf die Schulter.
Ich wollte fragen. Fragen, was passiert war, doch es war, als hätte es mir die Sprache verschlafen. Als hätte ich nie gelernt, zu sprechen.
Was war nur geschehen?
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