Lauter Konkurrenten
Schon bald sollte es losgehen mit der Geocaching-Challenge. Dafür mussten sich die verschiedenen Dreierteams bei Susanne Martin anmelden, die als Vorsitzende des Elternvereins als Helferin eingesprungen war. Leo Schmackes sollte die Fotos machen.
Viele bunt gemischte Teams hatten sich eingefunden, um teilzunehmen: Da gab es die Fans of Sheldon, darunter der Rugbyspieler Ndougo. Die drei Nerds in kurzen Hosen begrüßten Leo Schmackes mit einem gemeinsamen "Basinga" und nannten ihren Teamnamen. Man sah ihnen an, dass sie sich eigentlich lieber drinnen als draußen aufhielten. Aber sie hatten augenscheinlich trotzdem Lust auf den Wettbewerb.
Auch die anderen Teams waren speziell: Langhaari- ge Öko-Hippies, Sportler, Streber ... und immer hatten sich jeweils Jungs oder Mädchen zu einem Team zusammengefunden. Als ware das Motto "Mädchen gegen Jungs" schon zu ihnen durchgedrungen.
Die drei Gastschülerinnen Meret, Margrita und Mia, begeisterte Pfadfinderinnen, ließen sich in ihrem Pfadfinderdress von Leo ablichten und skandierten dabei:
"Wir sind eins
Wir sind zwei
Wir sind drei
An der Rotte kommt keiner vorbei!"
Amber, Bella und Candy posierten gekonnt. Sie nannten sich "Die Verföhnten".
Da wurden die drei schick zurechtgemachten Mädchen auch schon von Urs zur Seite geschoben, der zusammen mit Alex und Köbi vor der Kamera die Muskeln spielen ließ und dabei rief: "Der Sieger steht sowieso schon fest!" Selbstsicher fielen seine beiden Mitstreiter ein: "Die drei Muskeltiere!" Köbi kriegte sich gar nicht mehr ein beim Vorführen der besten Posen. Endlich zog Urs ihn beiseite: "Jetzt hör mal auf!"
Bibi, Tina und Francois, die als Nächste fürs Teamfoto anstanden, blickten fragend zu ihnen hinüber.
"Muskeltiere?", wiederholte Tina ungläubig.
Bibi schüttelte ratlos den Kopf. "Warum Alex mit diesen Typen in einem Team sein will, weiß ich auch nicht!"
"Vielleicht braucht er dieses Jungsding ja einfach mal", mutmaßte Tina.
"Und wie ist euer Teamname?", fragte sie da Leo Schmackes, der zu ihnen getreten war.
Das erwischte Bibi und Tina kalt. Darüber hatten sie sich noch gar keine Gedanken gemacht. Ratlos stotterten sie: "Äh ..."
Doch Francois hatte spontan ein paar ausgefallene Vorschläge: "Femmes fatales? Gemischter Dreier?"
Das war Tina jetzt doch ein bisschen peinlich. Auch Leo Schmackes gegenüber der Francois verdattert anstarrte. "Äh, nein ... vielleicht besser die ... die ..." Sie grinste Bibi an, die prompt zurückgrinste. Eine Freundschaft - ein Gedanke! Lachend riefen sie: "Die hotten Hühs!" Pferde und Reiten waren für sie eben einfach das Größte!
Francois schien der Name ebenfalls zu gefallen, und er bestätigte: "Aber so was von hot!"
Kurz darauf versammelten sich alle Teams im Beisein von Dr. Krähwinkel, Leo Schmackes und Susanne Martin in dem offenen Blockhaus. Während sich Dr. Krähwinkel mit seinem Gipsarm mühsam durch Schülerschar durcharbeitete, versuchte er sich Gehör zu verschaffen: "Dieses Rugby ist ja ein sehr körperbetonter Sport, und wir Falkensteiner sind eher friedlicher Natur, nicht wahr? Was uns auch gleich zum nächsten Programmpunkt führt: Geocatchen!"
Leo schmackes korrigierte ihn freundlich, aber bestimmt: "Geocaching!"
Dr. Krähwinkel nickte. Er hatte gar nicht gemerkt, dass er das englische Wort falsch ausgesprochen hatte. "Caching" kam von dem englischen Wort ,,cache" was Versteck oder "versteckter Gegenstand" bedeutete, und hatte nichts mit "to catch", also fangen, zu tun. "Ja, sicher! Das ist eine Schatzsuche mit modernster Koordinatennavigation, und dabei hätte ich ja nun zu gern selbst mehr mitgeholfen. Aber dann ist mir das hier", er deutete auf seinen Gipsarm, "beim Gardinenaufhängen passiert, und nun möchte ich mich sehr herzlich bei unserem neuen Sportreferendar Leo Schmackes für seine tatkräftige Unterstützung bedanken und natürlich auch bei unserer tollen und engagierten Elternvertreterin Frau Martin." Dr. Krähwinkel drehte sich zu Frau Martin um und schlug ihr dabei versehentlich mit dem Gipsarm ins Gesicht.
"Au!" Frau Martin fasste sich an die Nase, aus der sogar ein bisschen Blut lief.
"Oh, ich mal wieder aua, ohh!" Der nicht gerade praktisch veranlagte Dr. Krähwinkel musterte Frau Martin verwirrt und wusste nicht so recht, was er tun sollte.
Dafür eilte Leo Schmackes ihr zu Hilfe, nahm ihre Hand und stützte sie fürsorglich. Dankbar lächelte Frau Martin ihn an. Auch Leo Schmackes lächelte, und für einen Augenblick blitzte in diesem Lächeln etwas auf, das über reine Fürsorglichkeit hinausging. Susanne Martin schien ihm ziemlich gut zu gefallen.
Bibi und Tina wechselten einen überraschten Blick. Zumal Leo Schmackes Frau Martins Hand gar nicht mehr loslassen wollte.
Auch Dr. Krähwinkel deutete in die Situation offenbar etwas hinein, denn er rief: "Frau Schmackes hat auch noch all ihre Pferde mitgebracht!"
"Martin!", korrigierte ihn Tinas Mutter.
"Martin!", wiederholte Dr. Krähwinkel verwirrt und traf sie erneut mit seinem Gipsarm. "Ach, Entschuldigung! Na ja, jedenfalls wird diese Schatzsuche ganz bestimmt ein ganz tolles Naturerlebnis, das nicht nur unseren Gastschülern von der internatio- nalen Schule, sondern auch uns selbst die herrliche Flora und Fauna unserer schönen Heimat näherbringen ...!" Mit einem Mal hob er seinen Zeigefinger. "Hört mal! Hört mal! Was ist das?! Was ist das?!"
Die Pfadfinderinnen reckten eifrig die Hände in die Höhe. Bei solchen Dingen kannten sie sich bestens aus. Die anderen horchten aufmerksam oder belustigt auf, während Urs und Köbi das alles offenkundig völlig bescheuert fanden. Und konnte dieser Typ endlich mal aufhören zu quatschen?
Urs warf frech ein: "Ein Vogel?!"
Aber Dr. Krähwinkel ließ sich nicht provozieren und entgegnete ironisch: "Nein!" Um dann fortzufahren: Natürlich, ein Dompfaff!" Als man im selben Moment ein Tier quaken hörte, konnte er sich einen etwas unbeholfenen Witz nicht verkneifen: "Und das ist ein Dompfaffweibchen!" Dr. Krähwinkel war wirklich ein Original!
Da wurden die Tiergeräusche von einem Hupen übertönt, und im nächsten Augenblick kam auch schon ein alter Geländewagen vorgefahren, aus dem vier Personen ausstiegen: Graf Falko von Falkenstein, Tinas älterer Bruder Holger, der Lehrling des Dorf- schmieds, Freddy, und Falkos Butler Dagobert. Erstere drei trugen altmodische Pullunder mit der Aufschrift "Old Wilds".
Bibi grinste Tina an: "Das wird ja immer besser hier!"
Dr. Krähwinkel hingegen war endgültig aus seinem Konzept gebracht. "Graf Frankenstein! Was macht der hier?"
Alex, der bei Urs und Köbi saß, konnte nicht mehr an sich halten und stand genervt auf. "Vater?!"
Frau Martin war ebenfalls ziemlich überrumpelt und zog schnell ihre Hand aus der von Leo Schmackes. "Falko! Du ... ihr macht auch mit?" Eigentlich gab es nicht wirklich einen Grund, so verlegen zu reagieren. Als junges Mädchen war Susanne Martin mal mit Falko von Falkenstein zusammen gewesen. Aber das war lange her, und seitdem waren sie einfach nur gute Freunde.
Graf Falko bemerkte nichts von der allgemeinen Verwunderung, die sein Auftritt auslöste. Er antwor- tete begeistert: "LSG, NSG! Naturschutzgesetze! Als Besitzer dieses Waldes muss ich ja ein Auge drauf haben!" Er legte seine Arme um Holger und Freddy, die nicht ganz überzeugt wirkten. "Und mit deinem Sohn, liebe Susanne, und Freddy habe ich zwei hoffentlich tapfere Mitstreiter für uns Old Wilds rekrutiert!"
"Wieso eigentlich old Wilds?", fragte Freddy nicht gerade glücklich.
Auch Alex hatte etwas einzuwenden: "Wirklich, Va- ter. Old Wilds! Findest du nicht, dass du ein bisschen zu ... alt für so was bist?"
Falko blickte seinen Sohn empört an. "Bitte? Überschwängliche Begeisterung habe ich nicht erwartet, aber jedenfalls ein bisschen Freude, dass wir beide mal wieder was zusammen unternehmen."
"Zusammen?" Alex grinste gequält. "Also wenn du schon mitmachst, dann sind wir Konkurrenten!"
Graf Falko fehlten die Worte. Was für ein ungebührliches Benehmen!
Dagobert versuchte, ihn zu besänftigen, und er klärte: "Die Hormone." Als Graf Falko sich ihm mit fragendem Blick zuwandte, fügte sein Butler erklärend hinzu: "Ich war schließlich auch mal jung und in innerem Aufruhr."
Graf Falko schaute ihn kurz prüfend an, ließ sich aber nicht aus dem Konzept bringen und beantragte lauthals eine Wildcard, also eine Teilnahmeerlaubnis außer der Reihe.
In Leo Schmackes Augen sprach nichts gegen die Teilnahme der Old Wilds, auch wenn sie tatsächlich aus dem Rahmen fielen und ungewöhnliche neue Gäste des Zeltlagers waren. Wenn er gewusst hätte, was er da für Querulanten an den Start ließ ...
Nachdem Leo Schmackes seine Zustimmung gegeben hatte, machte sich Dagobert sofort begeistert daran, einen schönen Platz für Graf Falkos Geländewagen zu suchen, um dort ihren Schlafplatz einzurichten.
Lehrer Krähwinkel reichte es nun mit den Unter- brechungen. Gebieterisch hielt er einen Stapel Karten in die Höhe. "Ihr bekommt zusammen mit den G P S - Geräten gleich diese Karten! Die müsst ihr nach giftigen und ungiftigen Pflanzen sortieren. Obwohl man das ja in der Natur nie so strikt trennen kann, giftig und ungiftig, gut und böse." Er zitierte aus "Romeo und Julia" von William Shakespeare: "Denn was Erde wachsen lässt, das ist nie schlecht, und allem Leben gibt die Erde recht!" Bevor er sich weiter in Zitaten ergehen konnte, unterbrach ihn Leo Schmackes und gab konkrete Anweisungen: "Danach sortiert ihr die giftigen Pflanzen noch mal alphabetisch. Wenn ihr dann die Karten umdreht, findet ihr die Zahlen, die die Koordinaten für euer erstes Ziel sind. Dort findet ihr wiederum neue Koordinaten, dann habt ihr den Zielpunkt erreicht."
Bibi und Tina versuchten schon jetzt, einen raschen Blick auf die Karten in der Hand von Dr. Krähwinkel zu erhaschen.
Leo Schmackes fuhr währenddessen fort, die letz- ten Anweisungen zu geben: "Am Zielort sind als Caches fünf Sterne versteckt. Teams, die mindestens einen Stern ergattern, kommen in die nächste Runde!" Etwas pathetisch fügte er hinzu: "Wer jetzt noch einen Rückzieher machen möchte, kann dies tun. Aber eins ist sicher: Alle, die teilnehmen, werden verändert aus diesem Wettbewerb zurückkehren!"
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