Déjà vu
"Und? Wie sieht's aus?" Nervös zuckte ich mit meinem Fuß. Die Krankenpflegerin lächelte mich freundlich an. "Ich denke, du kannst wieder zum Training." "Wirklich?" Ich rutschte von der Liege. "Du solltest nur noch nicht voll und ganz mitmachen." "Super. Das ist okay." Sie nickte.
Überglücklich bedankte ich mich nochmal und verließ dann den Raum, um zum Essen zu gehen. Ich nahm mir etwas vom Steak und auch Kartoffelpüree. Es schmeckte unfassbar gut.
"Hey." Ich riss aus meinen Gedanken raus. Es war Pascal, der seine Hand auf meine Schulter gelegt hatte und sich nun neben mich setzte. Auch er nahm sich was von dem Essen. "Hast du schon gehört?", fragte er, während er mit dem großen Löffel das Püree auf den Teller klatschen ließ. "Nein, was denn?" Neugierig musterte ich seine Seite. Er stopfte sich etwas Püree in den Mund. "Am Freitag kommt der Chef. Nur für die Neuen. Irgendwas bereden. Wir alle müssen da sein", schmatzte er. "Wo, da?" Ich war verwirrt. "Hier in der Halle." Er grinste, wobei ich seine, mit Essen beklebten, Zähne sehen konnte. "Danke fürs Bescheid geben." Ich wendete meinen Blick zurück auf meinen eigenen Teller und aß weiter mein Steak.
(...)
Ich ging ein sehr großes Stück hinter den anderen her. Joggen wollte ich noch nicht. Also ging ich nur ganz schnell. Auch das brachte mich außer Atem.
Ich wurde schon mehrmals überholt und jedes Mal, wenn Manuel mich überholte, rempelte er mich mit voller Absicht an und lachte gehässig. Ich wusste, dass er mir auf die Nerven gehen wollte. Doch es nervte mich nicht. Es machte mich glücklich.
Beim Schwimmen kraulte ich nicht mit. Ich schwamm gemäßig, abseits der anderen, meine Bahnen.
Der Trainer hatte den Rettungsdienst mit uns abgeschlossen. Wir konnten es. Jetzt war langes tauchen angesagt. Alle stellten sich in einen Kreis und tauchten zeitgleich ihre Köpfe unter. Ich schloss die Augen und konzentrierte mich auf die Luft in meiner Lunge. Aushalten, Patrick. Du schaffst das. Und tatsächlich war ich nicht als erstes aufgetaucht. Sogar nach Manuel, der mich mit einem schiefen lächeln ansah.
(...)
Erschöpft stand ich vor dem Spiegel und föhnte mein Haar. Mir war schlecht, weswegen ich auch nicht zum Essen ging. Es wurde sowieso, beim Training und auch schon beim Frühstück, nur darüber gesprochen, warum wir am Freitag alle in die Halle kommen sollten. Gerüchte gingen um, dass ausselektiert wird. Die schlechten Raus. Die schlechten weg von Rot. Umbestimmte. Mir grauste es. Ich gehörte sicherlich dazu, da ich gefehlt hatte und viel verpasst hatte. Zumal ich mich nicht stetig besserte, so wie viele andere.
"Bist du bald fertig?" Manuel hämmerte gegen die Badtür. Ich machte den Föhn aus, da meine Haare auch schon lange trocken waren, zurrte mein Handtuch strammer und machte Manuel die Tür auf. "Ich muss so hart auf Klo", sagte er, schob sich an mich vorbei, drückte mich aus dem Raum und schloss die Tür.
Als er dann wieder rauskam, machte er ein erleichtertes Geräusch. Ich hatte mir schon Kleidung angezogen. Ich wollte am heutigen Abend raus gehen und was erleben. "Kommst du mit?", fragte ich ihn. "Wohin?" Er setzte sich schief auf den Schreibtischstuhl und musterte mich. "In die Bar oder so. Tanzen geht ja noch nicht." Ich deutete auf meinen Fuß. "Ja okay." Er zuckte mit den Schultern und zog sich, so wie ich es tat, die Schuhe an.
Während wir die Straßen entlang gingen, streiften unsere Hände dauernd aneinander, bis sich unsere Finger, wie von allein, zueinander fanden und sich verschränkten. Selbst, als wir in die Bar gingen, hielt er weiterhin meine Hand. Er hielt sich sein Versprechen.
Wir setzten uns an einen Tisch aus Holz und Manuel bestellte uns zwei Getränke. Die Kellnerin, die massig viel Ausschnitt zeigte, brachte uns diese und stellte sie auf unseren Tisch. "Auf den heutigen Abend", grinste Manuel und hob sein Glas an. Ich griff nach meines und stieß an. "Auf heute."
Drei Stunden später verließen wir die Bar. Taumelnd und lachend gingen wir die dunklen leeren Gassen entlang, hielten uns an der Hand, wirbelten umher. Es war wie ein Déjà vu. Nur dieses Mal, voller liebe. "Oh, Patrick!" Manuel fing an zu trällern. Ich lachte herzhaft, als er ein ausgedachtes Liebeslied sang. Als er fertig war, packte ich ihm am Kragen und zog ihn rückwärts mit, bis ich mit dem Rücken gegen die kalten Steine einer Fassade stieß. Déjà vu.
Lächelnd sahen wir uns an. Meine Hand immer noch an seinem Kragen. Doch ich änderte die Position und legte meine Arme um ihn. "Küss mich", murmelte ich und drückte ihn an seinem Rücken zu mir ran. Er küsste mich sofort. Es war ein Kuss, der verliebter hätte nicht sein können. Es war, als würde alles um uns verschwimmen. Alles dumpf werden. Es gab nur uns zwei.
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