Geldscheine
„Ist das dein Freund?" Eleonor nickte mit dem Kopf in Harrys Richtung, der schräg hinter ihr stand. Ich sah zu Harry und lächelte ihn an. „Ja." Noch immer war mein Blick auf meinen Freund gerichtet, der mein Lächeln erwiderte. „Du scheinst ja ziemlich verliebt zu sein." Ich sah wieder zu Eleonor und seufzte. „Ich weiß nicht, ob wir wirklich darüber reden sollten." Sie nickte. „Hast Recht. Aber ich freue mich für dich, Louis. Wirklich. Auch wenn du mir das nicht glauben kannst, ich schätze dich sehr. Du bist ein toller Mensch. Ich wünsche dir wirklich alles Glück der Welt mit ihm."
Sie sah aus, als würde sie es tatsächlich ernst meinen. Ich seufzte. „Du musst verstehen, dass mir diese Worte nichts bedeuten." Sie nickte traurig.
„Bist du glücklich mit Tom?" Noch immer spiegelte sich Trauer und Schuld in ihren Augen, dennoch lächelte sie. „Ja." Ich nickte als Antwort. Irgendwie wusste ich nicht genau, was ich fühlen sollte. Denn alles was ich bemerkte war, dass es mir eigentlich egal war. Eleonor hatte lange Zeit zu mir und meinem Leben gehört, doch dieses Kapitel war abgeschlossen. Einfach nur noch eine Erinnerung. Nicht mehr und nicht weniger.
Ich musterte meine Gegenüber. Trotz des neuen Outfits und der neuen Frisur sah ich noch die alte Eleonor vor mir. Dieselbe Art die Lippen zu einem herzlichen Lächeln zu verziehen, dieselbe Mimik, dieselben Fältchen an den Augen, dieselbe Art sich zu schminken. Dieser schwarze Strich auf ihrem Augenlid saß noch genauso perfekt wie er es letztes Jahr getan hatte. Manche Dinge würden sich eben nie verändern.
„Wie läuft es in der Kanzlei?" Sie wirkte etwas überrascht, lächelte aber sofort. "Richtig gut. Die spannenden Fälle gehen mittlerweile alle zu mir."
Ich lächelte mittlerweile auch. So lange hatte ich ihre harte Arbeit miterlebt.
„Und du hast eine neue Schule gefunden?" Ich nickte. „Ich arbeite jetzt drüben am Humboldt." - „Und gefällt's dir da? Ist ja um einiges größer als deine alte Schule." - „Es ist wirklich toll. Nur der Rektor ist ein Arschloch." - „Oh. Was ist mit ihm?"
„Er lässt Mobbing wegen Vetternwirtschaft einfach durchgehen, obwohl eine Schülerin von mir schon einmal fast krankenhausreif geprügelt wurde."
Sie kräuselte ihre Stirn. „Ich könnte ja mal ein paar Kollegen bitten, sich mit dem Fall zu befassen?" Ich zuckte mit den Schultern. „Hör zu, Louis. Ich habe mich scheiße verhalten und ich weiß, dass ich es mit nichts in der Welt wieder gutmachen kann, aber lass mich dir wenigstens helfen, wenn du einen Anwalt brauchst."
Ich nickte, dann sah ich wieder zu Harry. Dass er in Sichtweite war gab mir ein gutes Gefühl. Er pulte am Etikett seiner Wasserflaschen und sah in den Himmel als wäre es das Interessanteste überhaupt. Als hätte er meinen Blick gespürt, sah er wieder zu mir. Harry lächelte mich an, was ich nur erwidern konnte.
„Darf ich dich etwas Persönliches fragen?" Ich kräuselte meine Stirn und sah wieder zu Eleonor. „Was?" - „Wusstest du schon damals, dass du auch auf Männer stehst?"
Schnell schüttelte ich den Kopf. „Nein, das war eine völlig neue Entdeckung, als ich Harry kennengelernt habe." Eleonor nickte und lächelte mir zu.
„Ich werde Tom bitten, mit mir heimzugehen. Ich möchte dir nicht weiter den Abend verderben." Überrascht sah ich dabei zu, wie sie aufstand. Ich blieb sitzen, während sie im Pub verschwand.
Dann blickte ich wieder zu Harry, der mich mit einem fragenden Blick ansah. Schnell fand ich meine Energie wieder. Ich stand auf und ging zu meinem Freund. Als ich vor ihm stand griff ich vorsichtig nach seiner freien Hand. Ich sah einen Moment auf unsere Hände, die so gut ineinander passten, als wären sie dafür geschaffen. Ich verschränkte liebevoll unsere Finger uns sah Harry dann ins Gesicht.
„Lou", sprach dieser leise, während er sanft mit seinem Daumen über meinen Handrücken streichelte. „Geht es dir gut?"
Ich nickte. „Vorhin... Im Pub... Ich glaube es war einfach der Schock, die beiden nach so langer Zeit unerwartet wiederzusehen... Zusammen..."
Harry sah mich unsicher an. „Aber ich weiß jetzt, dass ich drüber hinweg bin. Bei dem Gespräch mit Eleonor... Ich habe keine Schmerzen verspürt... Es war einfach... neutral."
Jetzt bemerkte ich ein hoffnungsvolles Funkeln in seinen Augen. „Ich bin über sie hinweg. Ehrlich gesagt bin ich sogar in gewisser Hinsicht froh, dass es so geendet hat. Ich glaube, ich wäre nie in meine Heimatstadt zurückgekehrt, wenn ich nicht so verletzt gewesen wäre. Und dann hätte ich dich nie kennengelernt. Ich mag mir gar nicht vorstellen, wie ein Leben ohne dich wäre." Ich erhöhte den Druck auf seine Hand und streichelte mit der anderen über seine Wange.
Harrys verhaltenes Lächeln entwickelte sich jetzt zu einem freudigen Grinsen. „Oh Schatz, du glaubst gar nicht, wie froh ich bin, dass wir uns kennengelernt haben. Auch wenn ich wünschte, dass dir der Schmerz erspart geblieben wäre."
Ich kräuselte meine Stirn. „Es ist jetzt einfach, wie es ist." Harry lächelte mich liebevoll an. „Wie dein Tattoo. Hast du es dir deshalb stechen lassen?" Ich nickte. „Um Weihnachten rum war ich so fertig mit dieser Welt. Ich dachte echt, ich wäre am Ende. Aber meine Freunde und meine Familie haben mir geholfen daran zu glauben, dass es auch wieder bergauf geht. Irgendwann im Januar habe ich mir dann das Tattoo stechen lassen. Toni war dabei. Übrigens erzählt er gerne rum, dass ich dabei geheult hätte. Er lügt wie gedruckt, glaub ihm kein Wort. "
Harry lachte los, dann küsste er meinen Handrücken. „Okay, dann glaube ich dir natürlich." Er zwinkerte mir zu, dann reichte er mir die Wasserflasche. „Hier, Schatz, du solltest endlich etwas trinken." Dankend nahm ich die Flasche entgegen und trank die Hälfte davon in einem Zug.
„Wollen wir wieder reingehen?" Ich nickte. Harry drückte mir einen Kuss auf die Wange, schnappte sich die Wasserflasche und joggte zu seinem Auto zurück. Als er wiederkam hielt er mir eine kleine Dose hin. Pfefferminz.
Mit hochgezogenen Augenbrauen nahm ich mir eines heraus und gab Harry dann das Döschen zurück. „Keine Sorge, so hätte ich dich eh nicht geküsst." Harry nahm die Dose und küsste mich kurz aber liebevoll auf die Stirn.
„Achwas, das macht mir nichts aus. Ich habe ein Kind, Lou. Ein bisschen Erbrochenes schreckt mich nicht mehr ab." Er lachte kurz und griff dann nach meiner Hand.
Als wir das Lokal zum zweiten Mal an diesem Abend betraten war der Vierertisch, an dem vorhin noch Eleonor saß, leer. Ich hatte gar nicht bemerkt, wie sie gegangen waren. Doch ich wusste zu schätzen, dass sie mich nicht weiter belästigen wollte.
Auch Harry nahm die Abwesenheit der Gruppe zur Kenntnis, denn er lächelte nur und drückte ermutigend meine Hand. Dann zog er mich weiter in den hinteren Teil der Kneipe, der etwas abgeteilt war zum Rest des Pubs.
Als wir an den großen Tisch herantraten, um den unsere Freunde saßen, begannen diese augenblicklich lautstark zu grölen und mit den Händen auf den Tisch zu trommeln.
Irritiert beobachten wir das Schauspiel, bis sie wieder etwas zur Ruhe gekommen waren. Ich lachte über meine verrückten Freunde und setzte mich dann auf den freien Platz neben Toni und Harry setzte sich neben mich.
„Was ist hier los? Hat jemand im Lotto gewonnen?" Clara, die ebenfalls neben Toni saß, lehnte sich vor und sah uns provokant an. „Nein, wir sind nur froh, dass unsere beiden Karnickel endlich fertig sind."
Ich runzelte die Stirn und sah sie verwundert an. „Karnickel?" Überall am Tisch wurde eifrig geknickt. Dann erhob Niall seine Stimme. „Da ihr ja heute offensichtlich ziemlich rallig seid, dachten wir, ihr hätte uns versetzt, damit ihr weiter miteinander vögeln könnt." Harry neben mir lachte los und legte seine Hand auf meinen unteren Rücken.
„Ach komm, so schlimm sind wir doch gar nicht", verteidigte er uns dann. Niall schüttelte aber seinen Kopf und deutete auf einen Haufen Geldscheine, der in der Mitte des Tisches lag. „Trommelwirbel bitte." Clara tat ihm den Gefallen und trommelte mit beiden Zeigefingern auf die Tischkante.
„Wo habt ihrs getrieben?" - „Was?" Ich blinzelte ein paar Mal und überlegte, ob ich die Frage richtig verstanden hatte. Da es auch bei weiterem Nachdenken immer noch bescheuert klang, fragte ich noch einmal.
„Wir haben eine Wette laufen, wo ihr gevögelt habt. So, jetzt lös es bitte auf." Harry lachte laut los, drückte mir einen Kuss auf die Wange und drehte sich dann wieder zu Niall um, um ihm zu antworten. „Männerklo."
Kaum hatte er ausgesprochen, sprang Perrie von ihrem Stuhl auf, streckte beide Hände in die Luft und jubelte. Dann hüpfte sie aufgeregt in der Gegend herum und suchte wohl eine Bedienung, denn gleich darauf rief sie "Kurze für sechzig Euro, bitte" einem jungen Kellner zu.
Dieser zuckte nicht einmal mit der Wimper, sondern wollte nur wissen, was für Shots sie haben wollte. Als Perrie ihre Bestellung dann fertig aufgegeben hatte, setzte sie sich wieder zu uns an den Tisch. „Was habt ihr denn alles gewettet?" - „Ich glaube, es ist besser, wenn du das nicht weißt", sagte Liam und sah mit hochgezogenen Augenbrauen und gerunzelter Stirn zu seinem Freund. Dieser hatte seine Lippen zu einem schelmischen Lächeln verzogen.
„Hast Recht, es ist vielleicht wirklich besser, wenn ich nichts weiß." Harry lachte nah an meinem Ohr und ließ seine Hand von meinem Rücken zu meiner Seite gleiten, wo er mit seinen Fingerspitzen auf und ab wanderte.
Ich genoss seine Berührungen, bis mir etwas einfiel. „Sag mal, Clara. Wo ist jetzt eigentlich dein mysteriöser Freund? Konnte er doch nicht kommen?"
Plötzlich lachten alle am Tisch laut los, nur Harry und ich starrten verdutzt aus der Wäsche. Bevor Clara antworten konnte kam aber der Kellner von vorhin mit einem Tablett voller Shotgläser. Er stellte alle Gläser in der Mitte unseres Tisches ab und verschwand dann wieder.
„Also Clara?" Statt einer Antwort ließ sie Taten sprechen, denn sie lehnte sich zu Seite und drückte ihrem Sitznachbarn einen Kuss auf die Lippen.
Ungläubig sah ich die beiden an. Völlig überfordert blinzelte ich ein paar Mal. „Du und Toni? Was? Wie? Seit wann?"
Mit fiel ein, dass Toni nach meinem ersten Fußballtraining mit seiner Freundin telefoniert hatte, aber nicht preisgeben wollte, wer denn diese Freundin war.
„Kurz nach Neujahr sind wir zusammen gekommen. Wir haben so ein Geheimnis draus gemacht, weil wir die Stimmung im Freundeskreis nicht verändern wollten. Und weil wir erst einmal ausprobieren wollten, ob das mit uns überhaupt passt."
Mit klappte der Mund auf. Clara kicherte über meine Reaktion. „Bitte sei uns nicht böse." Ich bemerkte auch Tonis abwartenden Blick. Schnell schüttelte ich den Kopf. „Nein, natürlich nicht. Ich freue mich für euch. Es ist gerade nur ein ziemlich überraschender Anblick für mich."
„So Leute, genug gelabert, jetzt trinken wir." Damit schob Perrie vor jeden ein Gläschen mit roter Flüssigkeit. Harry schob seines sogleich zurück in die Mitte des Tisches. „Sorry, aber ich muss noch fahren."
Perrie akzeptierte das, animierte uns anderen aber weiter zum Trinken. Schließlich hielten wir alle das kleine Gläschen in die Luft und Clara rief einen Trinkspruch dazu. „Ex und hopp, in den Kopp!"
Es folgten noch viele weitere Gläschen und es war den anderen anzumerken, dass sie schon ziemlich angeheitert waren. Mir ging es da nicht anders, schließlich hatte ich praktisch auf leeren Magen getrunken.
Je später es wurde, desto mehr kuschelte ich mich an meinen Freund. Der hatte mittlerweile seine Hand an meinem Hintern in meine Hose geschoben. Immer wieder packte er fest zu. Ich kicherte und drehte mich mit dem Gesicht zu meinem Freund um. „Hast du noch nicht genug?", flüsterte ich ihm ins Ohr.
Harry schüttelte leicht den Kopf. „Ich werde niemals genug von dir kriegen. Von dir und von deinem Arsch." Damit packte er noch einmal fest zu.
„Hazza", stöhnte ich ihm ins Ohr, da kam auch schon ein genervtes Brummen von Niall. „Wirklich, Leute? Ihr hattet doch gerade erst euren Spaß." Harry lachte und ich konnte nicht anders, als ihn dabei zu beobachten.
Wie er seine wohlgeformten Lippen zu einem Lächeln verzogen hatte, wie seine Augen amüsiert funkelten und wie seine Grübchen zum Vorschein kamen. Schnell pikste ich ihm in die Wange, weil ich so fasziniert davon war.
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Louis und Eleonor haben das Gespräch beendet. Wie findet ihr Eleonor jetzt?
Und was sagt ihr zu Harrys und Louis Freunden?
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