XXVI
× 16 Days ×
Scheiße, man. Ich kann nicht mehr. Wirklich. Und ich denke, dass meine Teamkollegen mir bereits ansehen konnten, dass ich mich nahe meiner Grenzen aufhielt. Nicht körperlich, nein. Mir ging es dementsprechend recht gut. Vor allem, wenn man bedenkt, dass ich seit Valerias Tod kaum geschlafen habe. Was mir momentan zu schaffen machte, war mein Kopf und dessen viel zu laute Gedanken, Ängste und Zweifel.
Kian und Morris saßen auf der anderen Seite des Tisches im großen Besprechungsraum. Sie beide sahen nicht wirklich fitter aus als ich. Um ehrlich zu sein, sah Kian nicht gerade gesund aus. Und, wenn ich mir Morris jetzt so anschaue, muss ich schon sagen, dass auch sein Gesicht einer leeren, aber schmutzigen Müllhalde ähnelte. Man konnte also wirklich auf unser Team zählen. Mein Kopf brummte so sehr, ich weiß nicht einmal, ob man hier meinen Sarkasmus heraushören konnte. Aber egal.
Folgende Frage hing in der stickigen Luft des viel zu hellen, dennoch monotonen und beinahe schon faden Raumes: Wer ist der Killer?
Morris und Kian konnten keine weiteren Kritzeleien in der Akte finden, weshalb wir seit dem Vorfall vor zwei Tagen nicht mal einen verkorksten Millimeter vorangekommen sind. Man merkt mir hier wahrscheinlich gerade an, dass es mir langsam an Nerven und Geduld zu fehlen begann. Dieser maskierte Bastard tötete meine Freunde und meine Hirnzellen.
«Ich habe echt keine Ahnung, was wir tun sollen», murrte Morris und suchte meinen Blick, der ihm leer und fertig entgegenleuchtete. Ach, eigentlich konnte man es nicht leuchten nennen. Es war so, als würden zwei verstaubte, dumpfe hellbraune Murmeln mit winzigen grünen Sprenkeln in meinem Kopf sitzen und sich als meine Augen ausgeben. «Ich auch nicht», quengelte ich und ich schämte mich nicht einmal hierfür, aber mein Quengeln glich dem eines kleines Kindes und meine Stimme klang auch wie eines.
Kian begann süß zu grinsen, als ich seinen Blick fand und er schüttelte seinen Kopf. «Erstens, hör auf so niedlich zu sein und zweitens, lass uns einfach dranbleiben. Wir schaffen das schon. Schließlich wissen wir weniges mehr als noch vor zwei Tagen. Er ist Franzose und findet die Tatsache, dass er unter uns arbeiten könnte, recht amüsant.» Sich unbewusst, wie gut er gerade aussah, strich er sich sein wirres Haar aus der Stirn und lehnte sich dann mit beiden Unterarmen auf die Tischoberfläche.
«Als Franzose muss er schon fast Französisch können und wenn er hier arbeitet, können wir ja mal ein bisschen austesten, wer die Sprache der Liebe kennt und beherrscht.» Ich musste anhand Kians Wortwahl auflachen und meine rechte Augenbraue sprang kokett in die Höhe, als ich für einen kurzen Moment vergaß, wie scheiße es mir eigentlich ging.
«Lass mich raten. Du sprichst die Sprache der Liebe fließend.» Kian befeuchtete seine Lippen und sah zu Morris, der sein Gesicht in seinen Händen versteckte. Ja, so ging es mir vor ein paar Sekunden auch noch, aber der Aschblonde vor mir hatte mich aus diesem schwarzen Loch gezogen und sich als Licht entpuppt.
«Genau», scherzte Kian und wir alle drehten unsere Köpfe zur grauen Tür, die von Haze aufgedrückt wurde. «Alles okay bei euch? Ihr seid schon sehr lange hier drin.» Ich nickte und erhob mich, da sie drei Tassen in ihren Händen balancierte. Irgendwie war sie anders. Es schien so, als würde sie sich seit Valerias Tod um uns sorgen und kümmern. Sie war liebevoller, wenn ich es so nennen kann.
Ich half ihr mit den heißen Tassen und verteilte sie an meine Teamkollegen. «Das ganze Abteil klebt an diesem einen Fall fest und keiner schafft es in den nächsten Level aufzusteigen», seufzte sie und sie hockte sich zu uns an den Tisch. «Tja, manchmal muss man wohl eine Weile im vorherigen Level umherbuddeln, bis man es in den nächsten schafft», fügte ich zu ihrem Vergleich hinzu. «Oder man muss einfach mal an etwas Anderem arbeiten.»
Haze sah uns der Reihe nach an. Morris, Kian und dann mich. «Und was soll das heißen? Sollen wir jetzt ernsthaft noch einen anderen Fall auf unseren Tisch ziehen?» Haze zuckte mit ihren Schultern und schien selbst nicht einmal so sicher zu sein, was wir entsprechend der jetzigen Situation tun sollten.
«Ich weiß, dass der Killer-Fall im Moment der größte und wichtigste ist, aber man sollte die anderen, die laufend jeden Tag dazukommen, nicht vergessen. Und gerade ihr drei könntet es, denke ich, gut gebrauchen, mal für einen kurzen Moment an etwas Anderem zu arbeiten.»
Ihre müden Augen, welche dunkel umrandet waren, aber ich war mir nicht sicher, ob es Make-Up oder ihre Augenringe waren, trafen auf meine, die frei von jeglichen Make-Up gegen das unangenehm helle Licht der Lampe über mir kämpften. «Also natürlich ist es wichtig, dass wir alle am Fall arbeiten, aber ich bitte euch doch kurz bei dieser Familie vorbeizuschauen.» Erst jetzt fiel mir auf, dass sie eine Akte unter ihren Arm geklemmt hatte und Kian nahm sie schweigend entgegen.
Ich erhob mich und setzte mich auf die Armlehne von Kians Stuhl, damit ich mitlesen konnte. Auch Morris rollte mit seinem Stuhl zu uns rüber und ich rümpfte meine Nase. Auf den ersten Blick sah der Fall recht langweilig aus, aber das sollte ich als zukünftige Beamte niemals von einem Fall behaupten. Jeder hatte oberste Priorität. Jede Person, die Hilfe brauchte, war wichtig und verdiente es, dass man sich um sie sorgte und kümmerte.
«Es handelt sich um eine Kontrolle. Also es wurde schon herausgefunden, wer der Schuldige ist und den Diebstahl begangen hat. Gestohlen wurden mehrere Geckos, die der Schuldige in seinem Haus versteckt hält. Oder nein. Wisst ihr was? Ich habe einen anderen Auftrag für euch.» Sie schnappte sich die Akte aus Kians Hände und klappte sie mit Schwung zu.
«Ihr drei seid sehr zuverlässig. Ich vertraue euch.» Kurz stoppte sie und blieb an mir hängen. «Mehr oder weniger.» Ja, sie hatte wohl noch nicht vergessen, was ich in jener Nacht abgezogen habe.
«Jedenfalls würde ich es vornehm finden, wenn ihr nacheinander alle Polizeistationen, oder zumindest die hier in der Nähe, auf Fallen untersucht. Das mag hart und schroff klingen, aber ihr wisst wohl am ehesten, wie der Killer seine Fallen aufbaut und platziert. Vor allem auch, weil ihr sie leider in Aktion gesehen habt.»
Ganz ehrlich. Da wären mir die Geckos um einiges lieber gewesen. Ich wollte nicht, dass Kian oder Morris solch einer Gefahr ausgesetzt waren. Ich denke, meine Angst um meine Kollegen war berechtigt und nachvollziehbar. Schließlich sind wir schon eine Person weniger. Und dieses mulmige Gefühl, dass wir immer weniger werden würden, verließ mich einfach nicht.
«Und vielleicht findet ihr wichtige Informationen, die uns beim Identifizieren weiterhelfen können.» Meine Augen suchten die von Kian und dieser nickte mir ermutigend zu. Diese Geste stahl mir ein kleines, warmes Lächeln und ich musste meinen Blick senken, da sich die Wärme meines Lächelns bis hin zu meinen rötlich schimmernden Wangen ausgebreitet hatte.
«Gut, dann machen wir das.» Morris war der erste, der es wagte sich zu erheben und es fühlte sich wie ein Sprung ins kalte Wasser an, als Kians Wärme und Zuneigung, welche von seinem Blick aus zu mir durchgedrungen waren, mich verließen. Aber das spielte jetzt keine Rolle. Haze hatte uns einen Auftrag erteilt und wir würden uns jetzt daranmachen, diesen auszuführen.
Auch, wenn mir mein Bauch regelrecht zu schrie und mich zu warnen versuchte. Nur wusste ich leider Gottes nicht wovor. Aber bitte, bitte kein weiterer Tod, denn das würde ich nicht mehr verkraften.
Automatisch zog ich die beiden Jungs näher an mich heran und schwor mir, dass ich dafür sorgen werde, dass dieser Killer, dieser verfickte Bastard gefasst und bestraft wird.
Und das von mir aus auch von mir persönlich. Solange Kian und Morris da fein davonkommen, ist es mir scheiß egal, was mit mir passiert. Denn ich hatte diesen Beruf selbst ausgewählt und das mit der Kenntnis, was mir alles passieren könnte.
Ich versuche gerade vorzuschreiben, damit ich öfters updaten kann...
Langsam soll ja mal ans Licht kommen, wer der Killer ist.
Hier ein kleiner Tipp:
Er heißt Ryou.
Ryou Mercier.
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