Kapitel 2
Das Meeting war glücklicherweise ziemlich gut verlaufen und so hatte ich heute zumindest eine Sache erreicht: Ich hatte sowohl meinen Boss als auch die Kundin glücklich gemacht! Frohe Weihnachten im Voraus also schon mal!
Vollkommen übermüdet saß ich wieder an meinem PC und versuchte die Änderungen, die noch gewünscht waren, in mein Konzept einzubauen.
„Maria, vergiss nicht, dass wir in zwei Stunden wieder hier sein müssen!" sagte David, der gerade seinen Computer runterfahren ließ und sich anzog.
„Ja ich weiß, ich will nur noch schnell die Änderungen vornehmen, dann bin ich auch schon weg!" sagte ich geistesabwesend.
„Na ich bin ja gespannt! Bis später dann!" sagte David und öffnete die Tür.
„Sag mal, ist Letitia heute Abend dabei?" fragte ich ihn, bevor er durch diese treten konnte.
„Nein, sie hat zum Glück was anderes vor!" sagte David und obwohl sich diese Aussage doch sehr böse anhörte, so wusste ich doch, dass David nichts dafür konnte. Letitia war und würde wohl auch immer, eine blöde Kuh sein!
„Bis dann!" sagte David erneut und schon war es ruhig im Raum und außer dem Geräusch von Tasten und dem Ticken der Uhr war nichts mehr zu hören. Wie jämmerlich ich doch war. Da saß ich hier im Büro, hatte zuhause niemanden der auf mich wartete und anstatt mich für die Firmenfeier fertig zu machen, wo ich eventuell doch mal einen Mann kennenlernen konnte (wir hatten sehr sehr viele Mitarbeiter!) vermied ich es in meine einsame Wohnung zu gehen.
„Schluss mit dem Trauerspiel!" sagte ich mir selbst und klopfte mir mit beiden Händen auf die Oberschenkel. „Heute Abend, wirst du fantastisch aussehen und dir den heißesten Typen der Party ergattern!" fügte ich hinzu. Zum Glück befand sich außer mir niemand mehr im Raum, denn selbst für David, hätte dies wohl sehr seltsam ausgesehen!
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„Sie sehen fabelhaft aus, meine Gute!" sagte mein Chef, der auf mich zukam und mich begrüßte. Mr. Darwin war vielleicht nicht der beste Chef den man sich wünschen konnte, doch Firmenfeiern schmiss er wie kein zweiter. Bei diesen war er dann auch kaum wiederzuerkennen.
„Dankeschön Mr. Darwin!" sagte ich ein wenig unsicher und zupfte an meinem roten, knielangen Kleid herum damit es richtig saß. Ich hatte gewusst, dass ich dieses Kleid lieber nicht hätte nehmen sollen. Es war ein klein wenig zu eng und der Seidenweiche Stoff gab mir das Gefühl, beinahe nackt da zu stehen. Außerdem schien es mir die ganze Zeit so, als würde das Kleid verrutschen und so stand ich die meiste Zeit irgendwo im Schatten der Lichter und zupfte an mir herum. Plötzlich legten sich um meine Taille zwei starke Arme und von hinten flüsterte mir jemand etwas zu.
„Du siehst wirklich bezaubernd aus!" puhh, es war David. Mein Herzschlag hatte nämlich einen Momentlang schon ausgesetzt weil ich gedacht hatte, es wäre ein Fremder.
Während er gesprochen hatte, hatte sein warmer Atem meine Wange gestreift und bei mir, obwohl ich es vermeiden wollte, eine leichte Gänsehaut verursacht.
Ich drehte mich in seinen Armen um und sah ihn dann von oben bis unten an.
„Du siehst aber auch nicht schlecht aus mein Lieber!" entgegnete ich lächelnd und umarmte ihn dann zur Begrüßung. Nicht schlecht, war natürlich leicht untertrieben gewesen. David hatte sich in einen schwarzen Anzug geschmissen, mit einem weißen Hemd darunter. Obwohl die Krawatte fehlte und stattdessen zwei der obersten Knöpfe offen standen, tat dies dem Gesamtbild keinen Abbruch. Der Anzug betonte Davids lange und schlanke, dennoch muskulöse Figur perfekt.
„Du musst heute Abend dringend aufpassen, dass die Frauen nicht über dich herfallen!" fügte ich lächelnd hinzu und trat einen Schritt zurück um ein wenig Raum zwischen uns zu schaffen. David und ich, hatten uns wirklich immer gut verstanden! Da ich jedoch von Anfang an in einer Beziehung mit Simon gesteckt hatte, hatte ich niemals viele Gedanken an ihn verschwendet. Heute jedoch sah er einfach fantastisch aus und ich verstand immer mehr, weshalb alle Frauen der Meinung waren, dass er so unwiderstehlich war. Auch einigen aus unserem Büro hatte er bereits den Kopf verdreht. Doch er hatte eine strickte Regel: Keine Affären mit Arbeitskolleginnen! Nun ja stattdessen hatte er sich jetzt anscheinend auf Dummhühner spezialisiert, sah man sich Letitia mal genauer an.
„So, wie wäre es mit einem Drink?" fragte mich David und da ich im Moment sowieso nichts besseres zu tun hatte und da ich mich den ganzen Tag bereits auf das besinnungsvolle zusaufen gefreut hatte, um den Frust der letzten Monate zu vergessen, nickte ich und folgte ihm zur Bar, wo eine blonde Schönheit stand und die Leute mit dem versorgte, was sie am meisten brauchten: Alkohol!
„Einen Cognac und Einmal ‚Sex on the beach' bitte!" sagte David und drehte sich dann zu mir. „Stimmt doch oder?" fragte er mich noch einmal. Ich nickte und er bestätigte seine Bestellung bei der Barkeeperin.
„Jetzt oder lieber später?" fragte sie ihn und warf ihm einen Verführerischen Blick zu, während ich meine Augen aufriss und sie sprachlos ansah. Wie unverschämt, schließlich stand ich daneben! Vielleicht war ich ja seine Freundin, Frau oder ähnliches und sie machte ihm ein doch so eindeutiges Angebot!
„Jetzt sofort, meine Freundin wartet schon!" sagte David, der die Anspielung sehr genau verstanden hatte, jedoch nicht darauf einging.
„Siehst du, was hab ich dir gesagt? Du musst aufpassen!" flüsterte ich ihm schmunzelnd ins Ohr und sofort verzog sich sein Gesicht zu einem Lächeln.
„Da bin ich aber nicht der Einzige heute Abend!" entgegnete er mit seiner tiefen und ruhigen Stimme und nahm dann die Getränke entgegen, reichte mir mein Glas und hielt seines nach vorne so dass ich mit ihm anstoßen konnte.
„Auf einen Abend, den wir so schnell nicht vergessen werden!" sagte David und beide tranken wir, nachdem sich unsere Gläser berührt hatten, einen großzügigen Schluck.
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David und ich hatten mittlerweile schon einige Drinks intus und waren somit nicht mehr so ganz Herr unserer Sinne. Wir tanzten gerade gemeinsam auf der Tanzfläche, wo sich einige Dutzend Kollegen ebenfalls räkelten. Normalerweise hieß es, man solle den Alkohol auf Firmenfeiern einschränken, doch diese Regel kannte kein Einziger Mitarbeiter bei uns. Unsere Firmenfeiern liefen meistens aus dem Ruder, doch es gab dafür eine unausgesprochene Regel: Was an diesem Abend geschah, blieb bei diesem Abend! Kein Wort würde darüber verloren werden.
Ich spürte zwei Arme die sich von hinten um meinen Bauch legten und ich drehte mich um. Hinter mir stand ein Mann, um die 27 Jahre alt vermutlich, zwar nicht der attraktivste, aber immerhin ein Mann und tanzte mich an. David hingegen, konzentrierte sich anscheinend auf die Nachbarstänzerinnen und so stand mir und dem zweiten Mann nichts mehr im Weg. In meinem Kopf herrschte vor allem Nebel und ich bekam das, was um mich herum geschah nur noch schemenhaft mit. Irgendwann wechselte ich den Tanzpartner, bis ich nach einiger Zeit wieder in Davids Armen lag und gemeinsam bewegten wir uns zu der Musik. Mir wurde immer schwindeliger und der Alkohol stieg mir immer mehr zu Kopf.
„Lass uns ein wenig raus gehen, du siehst nicht sehr gut aus!" sagte David, der sich nicht minder betrunken anhörte. Er fasste meine Hand und wir verließen den Partysaal. Mit einem Blick zurück sah ich, wie die meisten Kollegen sich mittlerweile auf der Tanzfläche befanden. Vereinzelt fand man hier und da in einer dunklen und scheinbar „unbeobachteten" Ecke zwei Kollegen, die gerade Körperflüssigkeiten austauschten und wie wild übereinander herfielen. Diese Feier, lief gerade definitiv aus dem Ruder und keiner war da, der das Desaster aufhalten konnte.
Als David und ich durch die große Eingangstür traten, standen wir sofort in mitten eines Schneesturms. Zumindest erschien es so, denn der Wind wirbelte die Schneeflocken umher, so dass man beinahe nichts sah, das weiter entfernt war als zehn Meter. Sofort bekam ich eine Gänsehaut, da ich nur mein Kleid trug, doch dafür klärte sich mein Kopf auch sofort ein klein wenig.
„Das war wirklich eine gute Idee! Da drinnen ists doch ganz schön voll geworden!" sagte ich und legte meine Arme um meinen Oberkörper. David hingegen steckte seine Hände in die Hosentasche und blickte nach oben.
„Jedes Jahr dasselbe. Alle lassen sich zulaufen, verrückte Affären entstehen, werden wieder beendet und alle tun so als wäre nichts geschehen!" sagte David nachdenklich.
„Ich weiß davon nichts. Seitdem ich hier bin, bin ich immer nur mit Simon dagewesen. Geblieben sind wir nie wirklich lang, denn Simon fand es unzumutbar, wie sich die Kollegen verhielten!" sagte ich zu David.
„Simon war ein Vollidiot!" entgegnete dieser schroff und ich blickte überrascht zu ihm hinauf. Bisher hatte David zwar immer gezeigt, dass Simon wohl nicht sein bester Freund werden könnte, doch so was hatte er noch niemals gesagt.
„David...was ist..." Eigentlich wollte ich ihn fragen was los war mit ihm, denn er erschien mir in diesem Moment äußerst nachdenklich, doch er unterbrach mich.
„Wenn Simon bei klarem Verstand gewesen wäre, dann hätte er dich geheiratet!" sagte er jetzt und richtete dann seinen Blick auf mich. Jetzt wo wir alleine, draußen und zudem auch noch betrunken, dastanden erschien mir David um so vieles größer und stärker als normalerweise. Ich wusste nicht weshalb, aber mein Puls beschleunigte sich. Das war David, der da vor mir stand!
„Aber wenn man es Recht überlegt, dann hatten wir alle ja noch mal Glück, dass er es nicht getan hat, oder?" fragte David mit einer ruhigen und tiefen Stimme. Ich sah, wie der Schnee der herabfiel, sich in seinen Haaren verfing und langsam zu schmelzen begann.
„David du bist betrunken!" sagte ich und schlug ihm gespielt gegen die Schulter. Ich war nervös, das musste ich zugeben und dies war definitiv Neuland für mich, denn in Davids Gegenwart war ich noch niemals nervös gewesen!
Doch Davids Blick änderte sich in keinster Weise, stattdessen sagte er „Vielleicht bin ich in diesem Moment klarer, als ich es bisher gewesen bin!" sagte er und sein Blick wanderte von oben nach unten, meinen Körper entlang. Ich stand wie ein Häufchen Elend vor ihm und zitterte mittlerweile am ganzen Körper. Er bemerkte dies anscheinend, denn er zog sofort seine Jacke aus und legte sie mir um die Schultern. Dabei streifte seine Hand meine Wange, als er den Kragen richtete.
„Ähm Dankeschön..." sagte ich unsicher. Wie sollte ich mich verhalten? David war auf einmal so ernst, so kannte ich ihn eigentlich doch gar nicht. Außerdem war unser Alkoholpegel gefährlich hoch und wenn wir nicht aufpassten, würden wir eine Dummheit begehen die wir nicht mehr rückgängig machen konnten. Denn zumindest ich war in diesem Moment, drauf und dran mich an Davids Brust zu schmeißen und über ihn herzufallen! Und dies schockierte mich zutiefst. Jetzt musste ich auf Davids gesunden Menschenverstand hoffen.
„David, ich bin ziemlich betrunken! Vielleicht sollte ich nachhause fahren, denn das was mir gerade im Kopf herumgeistert, ist absolut und ganz und gar nicht angemessen!" sagte ich beinahe flüsternd.
„Was geht denn in deinem Kopf vor?" fragte er mich ruhig und wandte glücklicherweise seinen Blick wieder ab.
„Das möchte ich eigentlich eher weniger sagen. Ich ruf mir jetzt ein Taxi...Hast du dein Handy da?" fragte ich ihn und er zog es ohne Worte aus seiner Hosentasche.
Als ich wieder aufgelegt hatte, reichte ich ihm sein Telefon wieder, doch anstatt es entgegenzunehmen nahm er meine Hand in die seine.
„David, was ist denn los?" fragte ich ihn und sah auf seine Hand! Stark und groß wirkte sie, vor allem mit meiner kleinen in der seinen.
„Ich bin betrunken!" sagte David, so als würde er das als Entschuldigen benutzen wollen, wofür wusste ich nur nicht.
Ich nickte „Ja ich auch!" und dann lächelte ich. Bisher, hatten David und ich sehr viel Zeit im Büro miteinander verbracht, erst jetzt fiel mir auf, dass wir privat dafür noch nie was unternommen hatten. Dieses Mal war das erste Mal.
„Du siehst wirklich heiß aus in dem Kleid!" sagte David plötzlich und durchbrach meine Gedankenblase. Bei diesem Satz zog sich alles in mir zusammen und ich blickte überrascht in seine Augen, die auf mich gerichtet waren.
„Sag mal, hast du irgendwas falsches genommen?" fragte ich, doch leider kam es bei weitem nicht so selbstsicher rüber, wie es eigentlich sollte.
„Nein, habe ich nicht. Das wollte ich dir eigentlich die ganze Zeit schon mal sagen." entgegnete David.
„Ich weiß nicht was ich dazu sagen soll..." sagte ich und spürte, wie trotz der vorherrschenden Kälte, die Wärme in mir wuchs und mich jeden Moment zu übermannen schien.
„Sag einfach gar nichts am besten..." flüsterte er mir zu und da sah ich, wie sich sein Gesicht dem meinen näherte.
„David, was tust du da?" fragte ich ihn unsicher, schaffte es jedoch weder ihm meine Hand zu entreißen, noch einen Schritt zurück zu treten.
„Ich fordere mein verfrühtes Weihnachtgeschenk ein!" flüsterte er und kam immer näher.
Kurz bevor er meine Lippen erreichte, flüsterte ich „Was ist, wenn wir dadurch alles kaputt machen?" Das war das Einzige was mir in diesem Moment, neben dem Verlangen nach diesem Kuss, durch den Kopf ging. Ohne sich auch nur einen Millimeter zu entfernen flüsterte David zurück „Und was, wenn nicht?"
Ich hatte keine Zeit mehr darauf zu antworten, denn schon landeten seine Lippen auf meinen und ein überwältigendes Gefühl nahm von mir Besitz. Niemals hätte ich mir einen Kuss so vorstellen können. Ich spürte wie sich tief in meinem Inneren etwas zu rühren schien und dieses etwas veranlasste mich dazu, sofort meine Arme um seinen Nacken zu legen und mich fester an ihn zu schmiegen. Dieser Kuss übertraf alle meine Erwartungen, die ich jemals an einen Kuss gehabt hatte. Ich spürte, wie sich meine Zehen verkrampften, wie in meinem Bauch eine Art Knoten entstand und wie sämtliche Gedanken, die mir in den letzten Monaten noch durch den Kopf gegangen waren einfach verpufften. Ich, Maria, stand draußen im Schnee und küsste David, meinen bis dato wohl besten Freund! Ob das eine gute Idee war, würde sich dann wohl noch zeigen...
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