»42« Kelly gibt alles
K AT R I N A
Es ist bereits Mitternacht, als wir bei seinem Onkel wieder ankommen. Nur wenige Lichter beleuchten den Flur, wach ist jedoch niemand mehr, außer einige Männer, die gerade erstaunlicherweise recht leise den Trainingsraum für William aufbauen. Als Leroy sie sieht, wünscht er mir eine gute Nacht und geht auf sie zu.
Ich komme zwar gar nicht mehr dazu, es zu erwidern, doch das ist kein Problem. Leicht lächelnd drehe ich mich um und gehe die Stufen hoch ins Schlafzimmer, wo ich mir zunächst einmal eine warme Dusche nehme.
Der Abend war überraschenderweise schön. Ich hätte nicht gedacht, dass Leroy sich tatsächlich bemühen würde, nett und höflich zu bleiben, aber es beruhigt mich, denn letztendlich versuchen wir es beide. Ein bisschen verstellen wir uns und ein bisschen sind wir zu nett zueinander, jedoch führt genau das hoffentlich bald zur Akzeptanz und mein Leben wendet sich zum Guten.
Dennoch spuken mir seine letzte Worte durch den Kopf, bevor wir gegangen sind. Was weiß meine Mutter alles? Kennt sie also Leroy? War sie deshalb einverstanden, dass ich ihn heirate? Aber warum? Gerade weil sie ihn kennt, sollte sie doch wissen, dass er sehr gefährlich ist, oder nicht? Seufzend schalte ich das Wasser ab und steige aus der Dusche, ehe ich ein Handtuch um meinen Körper wickle und mich abtrockne. Ich muss Mom unbedingt morgen anrufen, denn ich brauche diese Informationen. Ich muss wissen, wo ich in diesem Durcheinander stehe!
Im Schlafzimmer ist es eiskalt, weil das Fenster den ganzen Tag über offen war, sodass ich doch glücklich darüber sein kann, heute lange flauschige Pyjamas anzuhaben. Ich tapse zum Fenster, um diesen zu schließen, doch in dem Moment nehme ich eine Bewegung draußen war und halte inne.
Das ist ja Leroy.
Er hat es sich auf einem Gartenstuhl, gleich neben dem Pool, gemütlich gemacht und führt ein Glas an seine Lippen, in dem eine bräunliche Substanz schwimmt. Ich erkenne selbst die tiefe Furche zwischen seinen Augenbrauen und komme nicht umhin mich zu fragen, ob er über unser Date nachdenkt.
Gerade als ich mich dazu entscheide zu ihm runter zu gehen, erscheint urplötzlich Kelly an seiner Seite, die ich vorher überhaupt nicht wahrgenommen habe.
Wann ist sie in den Garten gekommen?
Mein Magen zieht sich bei ihrem Anblick zusammen. Sie trägt einen schwarzen Bademantel, der zum Teil nur aus Spitze besteht und die Haare fallen ihr in wilden Locken den Rücken runter. Sie ist wunderschön und eine wahre Augenweide. Jeder Blick würde sogleich auf sie fallen, während man mich nicht einmal wahrnimmt.
Sie sagt etwas, das ich aus dieser Ferne nicht verstehe. Leroy hebt bedrohlich langsam den Kopf, doch als er sieht, dass es Kelly ist, lächelt er leicht. Ich muss zugeben, dass mir der Anblick gar nicht gefällt. Hätte er mich an ihrer Stelle weggeschickt?
Sieht er denn nicht, welch eine Schlange sie ist?
„Na, mein Lieber. Wie war denn dein Date mit deiner Liebsten?", fragt sie und Leroy nimmt zunächst einen Schluck aus seinem Glas. Er sieht zunächst auf einen Punkt runter und lächelt dann etwas, als er Kelly wieder ansieht.
„Um ehrlich zu sein, war es ganz anders, als ich es mir vorgestellt habe. Es hat mir sogar - und ja, ich meine es ernst - irgendwie Spaß gemacht", entgegnet er nach kurzem Überlegen. Mein Herz erwärmt sich bei seinen Worten und ein kleines Lächeln kann ich auch nicht unterdrücken.
„Das freut mich aber. Du brauchst das auch mal endlich. Ruhe und Spaß. Bald hast du alles, was dein Herz sich ersehnt und du hast es dir wahrlich verdient. Durch die Ehe mit Katrina wurde dir die Macht in die Arme geworfen - im wahrsten Sinne des Wortes!" Kelly wirft lachend den Kopf in den Nacken, Leroy's Mundwinkel zucken und ich runzle bloß verwirrt die Stirn. Was meint sie damit?
„Eine schöne Frau im Bett und das Imperium ihrer Mutter", schnurrt sie und klatscht erfreut in die Hände. Ihr Blick wird langsam zynischer. „Aber sie hat es nicht verdient so gut von dir behandelt zu werden."
„Ich kann ihr nicht die Schuld für etwas geben, was sie nie tun würde", erwidert Leroy ruhig, woraufhin Kelly bloß seufzt.
„Du bist nicht gutgläubig, Leroy. Ich an deiner Stelle würde sie im Keller einsperren und verrotten lassen", spuckt Kelly nahezu aus zusammengebissenen Zähnen hervor. Meine Augen weiten sich. Ich spüre, wie mir mein Herz vor Schreck bis zum Hals schlägt. Wird Leroy es auch so sehen und mich einfach weg sperren?
Kurz ist es still, bevor Leroy's raue Lache diese durchschneidet. Ich erschaudere.
„Willst du mir gerade sagen, wie ich mit meiner Frau umzugehen habe? Kelly, greife nicht nach meiner Hand, denn ich biete dir nur meinen Finger an. Erlaube dir nicht zu viel nur, weil ich dich anlächle."
Während er das sagt, guckt er sie nicht einmal an, was mir zum Einen Genugtuung verschafft und zum Anderen fühle ich mich genau deshalb schlecht. Ich sollte es nicht gut finden, ich bin nämlich nicht wie sie, die das Leid anderer gerne mitansieht.
„Ich liebe es, wenn du so bedrohlich klingst", raunt sie plötzlich leicht lächelnd und ich bekomme ein komisches Gefühl. Wieso nähert sie sich ihm nun? Leroy sagt etwas, was ich nicht verstehe und Kelly lacht laut auf. „Sie ist ein Mauerblümchen", ruft sie und öffnet leicht ihren Bademantel. Meine Augen weiten sich, denn selbst ich kann aus dieser Entfernung sehen, dass sie darunter nackt ist. Leroy erhebt sich und möchte gehen, doch als er sich umdreht, ruft sie nach ihm und er sieht wieder zu ihr. Sie setzt sich auf den Stuhl, auf den er gesessen hat.
„Sie bekommt das doch gar nicht mit", keucht sie und ich stocke, als sie sich selbst berührt. Ihre Hände finden den Weg zu ihren Brüsten und massieren diese.
„Du bist betrunken, Kelly", sagt Leroy zu ihr, doch Kelly wirft bloß stöhnend den Kopf in den Nacken, als ihre Hand weiter runter rutscht und ihre eigene Mitte berührt. Leroy hebt eine Augenbraue und möchte sich gerade wieder umdrehen.
„Bitte, ich brauche dich, Leroy", stöhnt sie und ich kann nicht fassen, was ich da sehe. Sie keucht, ihre Finger werden langsamer, ehe sie stöhnend die Augen rollt. Leroy verdreht genervt die Augen, ich dagegen bin schockiert darüber, was Kelly gerade tut.
Doch noch mehr schockiert es mich, dass Leroy sich plötzlich zu ihr runter bückt und sie auf seinen Armen hebt. Sie verlassen den Garten und in mir geht irgendetwas zu Bruch.
Wow.
Hat er es so nötig? Ich meine, vielleicht sind wir uns heute erst wirklich näher gekommen, aber heißt das nicht, dass er auf sowas gar nicht anspringen darf?
Wütend und irgendwo auch ziemlich verletzt, lege ich mich ins Bett und unterdrücke die Tränen, welche mir vor Wut kommen. Ich bin so blöd, so verdammt blöd! Wahrscheinlich lacht er gerade mit Kelly zusammen über meine Dummheit, ehe er sie flachlegen wird, während ich - seine Ehefrau - einige Zimmer weiter im Bett liege.
Gerade als ich wütend schnauben möchte, öffnet sich die Tür. Ich zucke leicht zusammen und kneife eilig die Augen zu. Mir stockt der Atem, als ich seinen Duft wahrnehme. Was tut er hier? Muss er nicht bei Kelly sein? Wahrscheinlich holt er sich nur Kondome!
„Du hast alles gehört, oder?", ertönt seine tiefe Stimme plötzlich und ich zucke diesmal kräftiger zusammen. Verdammt! Ich atme aus und bemerke erst jetzt, dass ich die Luft angehalten habe.
„Ja", murmle ich. Er seufzt und schließt die Balkontür. Ach verdammt, deswegen wusste er, dass ich es mitbekommen haben muss.
„Sie war betrunken. Ich habe sie jetzt ins Bett gebracht", sagt er und ich nicke.
„Betrunkene sagen bekanntlich die Wahrheit", wispere ich in die Stille hinein und höre, wie Leroy seinen Gürtel öffnet. Kann er sich nicht im Bad umziehen? Leroy erwidert nichts darauf.
„Ich dachte du würdest...", beginne ich, doch stocke sogleich. Leroy schnaubt.
„Darauf eingehen? Nun, da hast du falsch gedacht."
„Das Wort ›Mauerblümchen‹ ist auch gefallen", schnaube ich leise. Leroy lacht und plötzlich spüre ich, wie er die Decke anhebt, sich ins Bett legt und mich an seine Brust zieht. Erschrocken halte ich den Atem an.
„Naja, für sie bist du eben ein Mauerblümchen", sagt er und ich ziehe verärgert die Augenbrauen zusammen.
„Für dich auch?", hake ich nach und bereue es sogleich. Wieso stelle ich solche Fragen?!
„Vom Aussehen her nicht, aber du bist schon ziemlich prüde", sagt er und schnalzt mit der Zunge. Verärgert drücke ich seinen Arm weg, welcher auf meiner Taille liegt. Er lacht leise.
„Ich mache nur Spaß. Du hast mich verprügelt, Chica. Du bist alles, aber sicherlich kein Mauerblümchen."
„Du hattest mal was mit ihr, oder?", frage ich und gehe auf seine vorherigen Worte nicht ein. Es ist schon komisch genug, dass er in meiner Anwesenheit lacht, da muss ich nicht weiter darauf eingehen, wie er mich sieht.
„Mit Kelly? Nein, noch nie."
Diese Lügnerin.
„Sie hat etwas anderes behauptet", entgegne ich und Leroy richtet sich auf, um mir in die Augen zu sehen.
„Wann habt ihr euch denn über sowas unterhalten? Und wieso überhaupt?", fragt er. Eine Furche hat sich zwischen seinen Augenbrauen gebildet. Das dämmrige Licht lässt seine Statur bedrohlicher wirken und so wie er sich vor mir aufgebaut hat, komme ich mir vor wie eine kleine Maus.
„Als...", beginne ich, doch zögere. „Ich glaube, dass war vor ein paar Tagen. Irgendwie kamen wir auf solche Gespräche, ich weiß auch nicht mehr wie."
Innerlich seufze ich. Ich habe keine Lust darauf, ihm das jetzt alles mit Charles zu erklären. Ich werde es aber in den nächsten Tagen tun, denn ich glaube, dass Leroy mir nun wirklich eine Chance geben und mir glauben wird.
„Kelly ist manchmal eigenartig."
„Sie steht auf dich, Leroy", sage ich bloß darauf und hebe beide Augenbrauen, ehe ich ihm einen ernsten Blick zuwerfe. Er liegt auf dem Rücken, ein Arm steckt unter seinem Kopf, während er nachdenklich an die Decke starrt. Dann seufzt er leise, während ich mich leicht kopfschüttelnd wieder hinlege und ihm den Rücken kehre. Hat er bisher wirklich nicht bemerkt, dass Kelly mehr als nur Freundschaft von ihm will?
„Sie ist eine Freundin für mich, weil sie sehr viel für mich aufgegeben hat. Jemand, der zu so etwas bereit ist, der liebt", sagt Leroy und gleich darauf, spüre ich, wie er mit meinen Haaren zu spielen beginnt. Ich sage nichts dazu, besonders, weil es eigentlich ganz angenehm ist.
„Würdest du auch etwas für sie aufgeben?", frage ich ein wenig unsicher und warte beunruhigt seine Antwort ab, als er zunächst nichts erwidert.
„Nein", ist Leroy's Antwort nach kurzer Zeit. „Es ist nämlich nicht so, dass ich ihr etwas schulde. Ich schätze ihre Taten jedoch wert und belohne sie entsprechend."
Ich nicke bloß, während ich ihn gähnen höre. Dann bleiben wir beide still und stellen keine Fragen mehr. Irgendwann spüre ich, wie sein Atem immer regelmäßiger auf meinen Nacken fällt und weiß, dass er nun eingeschlafen ist, da dauert es nicht mehr lange, bis auch ich ins Land der Träume verschwinde.
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Hallöchen ihr Lieben!
Ich hoffe, das Kapitel hat euch gefallen!
Bis bald (:
SevenTimes-
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