»21« Nichts ist, wie es scheint
K A T R I N A
Ein lautes Geräusch weckt mich. Blinzelnd öffne ich die Augen, kneife sie jedoch prompt wieder zu, da mich das grelle Licht blendet.
Wo bin ich?
Ich reibe mir vorsichtig über die Augen, halte sie aber noch einen Moment lang zu, ehe ich sie tatsächlich öffnen kann. New York's Wolkenkratzer blicken mir entgegen, doch wie ist das möglich? Ich bin doch in Spanien und...
Oh.
Ich bin gar nicht im Bett erwacht, in welchem ich mich zuletzt schlafen gelegt habe! Ich befinde mich auf den Sitzen des Privatjets. Von panischem Schrecken gepackt, sehe ich mich um, doch niemand sonst scheint hier drin zu sein. Wie bin ich hier hergekommen? Ein stechender Schmerz macht sich in meinen Schläfen bemerkbar und ich ziehe zischend die Luft ein, kneife dabei die Augen zu. Verdammt, wieso fühle ich mich bloß so niedergetreten?
„Kopfweh?"
Ich zucke zusammen und reiße die Augen auf, woraufhin der Schmerz nur größer wird und ich stöhnend meinen Kopf berühren muss. Leroy steht angezogen im frischen Anzug vor mir und sieht auf mich herab. Seine linke Augenbraue jagt in die Höhe, als ich ihn nur ansehen kann. Dann seufzt er lautlos und setzt sich mir gegenüber, eher er mir das Glas reicht, das er in der Hand hält.
„Trink das und es wird dir besser gehen."
„Was hast du mit mir angestellt?", flüstere ich heiser und räuspere mich sogleich. Am liebsten würde ich sofort nach dem Glas greifen, so sehr lechzt mein Hals nun danach, doch ich versuche mich zu beherrschen. Wer weiß, was da drin ist...
„Du hast nur ein Beruhigungsmittel bekommen, damit ich dich vernünftig hierher verfrachten kann. Ich hatte keine Lust darauf, mich wieder mit dir schlagen zu müssen", antwortet er mir und hebt bedeutungsschwanger die Augenbrauen in die Höhe, während ich nur schnauben kann.
„Ein Beruhigungsmittel? Ich war völlig weg und das scheinbar über sehr viele Stunden!", beschwere ich mich. Außerdem dröhnt mir der Kopf deshalb. Höchstwahrscheinlich waren es eher starke Drogen, die nun durch mein Blut fließen.
„Das war auch Sinn der Sache", entgegnet er recht emotionslos und reicht mir abermals das Glas Wasser, welches ich langsam annehme. Ich rieche zunächst daran und sehe argwöhnisch hinein, woraufhin Leroy belustigt meinen Blick erwidert, sobald ich ihn anschaue.
„Ich habe dir eine Spritze in den Hals gerammt, als du tief und fest geschlafen hast. Glaubst du wirklich, ich könnte es nicht auch jetzt tun, wenn ich wirklich wollen würde? Das Wasser ist sauber. Du kannst unbesorgt trinken", informiert er mich und für einen Moment dreht sich mir der Kopf. Mit den Fingern taste ich meinen Hals ab und spüre tatsächlich auf der rechten Seite eine Unebenheit und das leichte Brennen kaum, dass ich die Stelle berühre. Sprachlos sehe ich ihm wieder in die giftgrünen Augen.
Giftgrün, weil sie ständig nur Gift versprühen.
So auch jetzt. Warum sieht er mich nur immer so an? Wie als wäre ich der größte Feind, dem er je begegnet ist. Tiefer Hass zeichnet sich in seinen Augen ab, doch wieso nur? Ich setze das Glas an meine Lippen an und trinke, ohne den Blick abzuwenden. Leroy sieht mich dabei durchgehend an, doch mein Gefühl sagt mir, dass er das nur tut, um meine Angst zu schüren. Nein, das Wasser ist rein, da bin ich mir sicher.
Ich trinke aus und stelle das Glas auf den Tisch vor mir ab. In dem Moment bückt auch Leroy sich zum Tisch und greift nach seinem Mobiltelefon, das dort die ganze Zeit lag, nur habe ich es nicht bemerkt. Ich schrecke auf und lehne mich eilig zurück.
„Nicht doch, Chica. Du bist doch sonst auch nicht so schreckhaft", feixt er und lehnt sich ebenso wieder zurück. Ich sage nichts dazu und wende den Kopf zum Fenster ab. Wie habe ich sein Telefon bloß nicht eher gesehen? Hätte ich doch nur einen klaren Kopf gehabt, so hätte ich richtig reagiert und die Polizei benachrichtigen können! Seufzend lehne ich die Stirn an das kühle Glas. Das Flugzeug landet, also wird es noch einige Minuten dauern, bis ich hier raus kann. Die Konturen der Hochhäuser verschwimmen im Nebeldunst und je tiefer wir sinken, desto klarer wird der eisige Schnee. Oh ja, das ist der wahre Winter! Ich beiße mir auf die Unterlippe und überlege, ob ich es schaffen könnte, abzuhauen. Sollten wir tatsächlich diesmal allein sein, dann stehen die Chancen nicht schlecht, doch ich bin mir sicher, dass seine Männer hier irgendwo sind. Sie sind wirklich gut, das muss ich zugeben. Aufmerksam, distanziert, loyal und gut ausgebildet.
Natürlich sind sie das. Vor mir steht ja auch der Mafiaboss.
Der, der für das Leid vieler Menschen verantwortlich ist.
Ich ziehe zischend die Luft ein, als ich daran denke, wie vielen Menschen er schon weh getan haben muss. Wie vielen Kindern hat er wohl den Vater genommen? Wie viele Frauen hat er schon zu Witwen gemacht? Wie viel Unheil hat er bereits angerichtet und wie viele Familien zerstört?
Er ist ein Monster.
Ich werfe ihm einen Blick zu. Er sieht auch aus dem Fenster, hat den Kopf zurückgelehnt und die Augenbrauen leicht zusammengezogen, doch obwohl er so ernst dreinschaut, sieht er entspannt aus. Wenn er also entspannt ist, dann wird das eine gute Gelegenheit sein, mit ihm eventuell doch noch ein vernünftiges Gespräch führen zu können. Ich beiße mir auf die Unterlippe und überlege, wie ich anfangen könnte. Was kann ich sagen, um sein Interesse für ein Gespräch überhaupt wecken zu können? Meistens lässt er mich gar nicht erst aussprechen, als würde er meine Stimme nicht ertragen können.
„Frag."
Ich zucke zusammen und reiße die Augen auf. Wie hat er nur gewusst, dass ich ihn ansprechen möchte?
„Ich...", beginne ich, doch dass er mich nicht ansieht, stört mich gewaltig. Wenn er mir wirklich zuhören möchte, dann soll er mir gefälligst einen Funken Respekt erweisen und mich ansehen, wenn ich mit ihm spreche!
„Ich möchte dich tatsächlich etwas fragen, doch nur, wenn du mir auch wirklich zuhörst", füge ich hinzu und lehne mich leicht in seine Richtung. Das Einzige, das er tut, ist, die Augen zu verdrehen. Aber dann sieht er mich doch tatsächlich an! Ich versuche mir nicht anmerken zu lassen, wie verwundert ich darüber bin und räuspere mich leise.
„Du verstehst nicht, was du tust", erkläre ich ihm und bemühe mich seinem kalten Blick standzuhalten. Leroy legt bloß den Kopf schräg.
„Das ist zu viel für mich und das macht weder mein Verstand noch mein Körper mit. Das können sie gar nicht, denn ich bin so etwas nicht gewohnt und ich habe Wünsche. Wünsche zu leben und von allen muss ich mich verabschieden, weil ich einen kleinen Fehler begangen habe? Ich habe einen Riesenfehler gemacht, als ich damals in den Wald ging und ich bereue ihn zutiefst! Bitte, verzeihe mir diesen Fehler und lasse mich gehen. Bitte, Leroy. Ich schwöre dir, dass ich kein Sterbenswörtchen darüber verlieren werde, was ich hier alles gesehen oder gehört habe und meine Eltern werden auch nicht sprechen, aber lass mich gehen", wispere ich zum Ende hin und sehe ihm flehentlich von einem Auge ins andere Auge. Minuten verstreichen und Leroy sieht mich bloß stumm an, dass ich irgendwann die Schultern sacken lasse und aufgebe. Er wird mir scheinbar nicht mehr antworten. Natürlich! Der noble Leroy Kingston hat es mir erlaubt, dass ich ihm eine Frage stelle und sie sich sogar angehört! Ich habe sogar zu viel bekommen, denke ich mir schnaubend.
„Bemerkenswert", reißt seine Stimme mich plötzlich aus den Gedanken. Ich hebe den Kopf und sehe ihn überrascht an, während er nur spöttisch lächelnd sanft in die Hände klatscht. „Du schleichst mir nach, beschnüffelst die Umgebung, die ich mein Zuhause nenne, analysierst mich und nun, wo du genug gesammelt hast, glaubst du wirklich, dass du einfach gehen kannst, weil du den Welpenblick drauf hast?"
Verdattert blinzle ich.
„Moment mal, du glaubst also, ich sei sowas wie eine Spionin?", hauche ich fassungslos. Allein der Gedanke löst ein beklemmendes Gefühl in meinem Bauch aus und es nun auszusprechen, macht es schlimmer. Das ist wirklich lächerlich. Leroy hebt die Augenbrauen, was Antwort genug ist.
„Wie kommst du nur auf so eine Idee? Ich versichere dir, dass ich keine Spionin bin und, und... Ich habe dir doch gerade geschworen, dass ich niemandem davon erzählen werde, was ich hier gesehen habe!", stammle ich verunsichert. Wenn er das wirklich glaubt, dann wird er mich niemals gehen lassen.
„Darum geht es doch gar nicht, Chica. Du kannst sagen, was auch immer du willst, du könntest dennoch nichts gegen mich ausrichten. Es geht um so viel mehr. Um so viel mehr Macht und jetzt, wo ich erfahren habe, wer du wirklich bist, werde ich dich um keinen Preis dieser Welt gehen lassen. Und weißt du was? Ich tue das nicht, weil ich es nötig habe, sondern rein aus Vergnügen. Einfach nur, weil es mir wirklich Spaß macht, dir weh zu tun." Seine Stimme verändert sich und auch der Blick in seinen Augen. Er wird von Hass erfüllt und lässt mich erschrocken schlucken.
„Aber ich bin doch nur die Tochter eines Hausmeisters und einer Ärztin. Ich bin nichts, was dich mächtiger machen wird. D-Du bist doch schon so mächtig... Das ergibt keinen Sinn", wispere ich und schüttle den Kopf. Für einen kurzen Moment glaube ich, Verwirrung in seinen Augen aufflackern zu sehen, doch es ist so schnell verschwunden, dass ich mir gar nicht mehr so sicher bin, ob ich es mir nicht doch nur eingebildet habe.
„Die Tochter eines Hausmeisters?", gluckst er. Ich nicke zögernd. Findet er das jetzt lustig? Lächerlich sogar? Hat er sich getäuscht und gedacht, ich sei die Tochter eines Milliardären? Aber er wusste doch, dass mein Dad kein Milliardär ist. Er war doch bei mir Zuhause und hat gesehen, dass unsere Türklinke nicht aus Diamanten besteht.
„Du hast ja gar keine Ahnung...", raunt er und mir scheint es, als würde er eher zu sich selbst sprechen als zu mir.
„Was meinst du damit?", hake ich nach, doch hebt er nun die Hand und lehnt sich zurück.
„Gar nichts. Halt endlich die Klappe und spreche dieses Thema nicht mehr an. Du wirst nicht gehen, Katrina. Finde dich mit dem Gedanken endlich ab." Mit diesen Worten wendet er den Blick wieder ab und mir wird klar, dass das Gespräch für ihn beendet ist. Wie ein geschlagener Welpe muss ich ausschauen, sowie ich ihn zunächst minutenlang anstarre, ehe ich die Schultern abermals sacken lasse. Ich schnaube innerlich.
Wahrlich, vieles hat sich verändert. Frauen sind mächtiger und sie können tun und lassen, was sie möchten. Heutzutage sind Frauen Ärzte, Anwälte und die Geschäftsführer einer Firma, aber eines werden sie dennoch niemals sein - so sehr wir uns das auch wünschen mögen.
Wir werden vom Körperbau einem Mann niemals überlegen sein. Natürlich bekommt eine Weltmeisterin mit schwarzem Gurt in Kung-Fu einen jungen Erwachsenen auf die Knie, aber nehmen wir Leroy und mich als Beispiel, dann sieht es wieder ganz anders aus. Es heißt, Frauen haben dafür den klugen, raffinierten Verstand, doch selbst der bringt mir im Moment nichts. Hätte ich dagegen die körperliche Kraft, wie ein Mann, so hätte ich ihn nun windelweich prügeln können!
Oder es liegt wirklich einfach nur an mir? Vielleicht bin ich einfach nur zu dumm? Zu dumm, um klüger voranzugehen, damit ich Leroy eins auszuwischen kann? Innerlich seufze ich. Ja, vielleicht.
Ich schließe gerade die Augen, als einer seiner Männer reinkommt und sagt, dass wir gelandet sind und aussteigen dürfen. Ich wusste doch, dass sie sich in der Nähe aufhalten. Dementsprechend ist weglaufen zwecklos. Genervt verdrehe ich die Augen. Na super.
Verärgert muss ich nach dem Aussteigen feststellen, dass Leroy völlig entspannt vorausläuft und sich nicht einmal die Mühe macht, mich im Auge zu behalten, wie als wüsste er, dass ich nicht weglaufen werde. Ich knurre leise. Irgendwann kommt der Moment, da wird er abgelenkt sein und ich bereits über alle Berge. Bis dahin aber werde ich herausfinden, was in diesem verdammten Kellergeschoss ist und wer das Kind namens Danny ist. Was ist, wenn Leroy ihn auch entführt hat und ihn dort festhält? Zutrauen könnte ich es ihm. Wir steigen in einen schwarzen Geländewagen ein und sofort werden die Türen verriegelt, woraufhin ich Pablo einen vernichtenden Blick zuwerfe. Die größten Hindernisse an eine Flucht sind in der Tat seine Männer, die ihm treu ergeben sind. Sie machen es mir besonders schwer.
„Sobald wir angekommen sind, gehst du zu meinen Hunden und siehst nach ihnen. Wasche sie und gebe ihnen ordentlich Futter - und es ist mir egal, ob sie dich angreifen werden. Diesmal werde ich dir nicht dabei helfen, denn du hast es nicht verdient", höre ich Leroy sagen. Ich werfe ihm einen entsetzten Blick zu. Wie soll ich das bloß mit fünf Hunden schaffen, die mich nicht einmal leiden können?
„Aber..."
„Nein!", donnert seine Stimme und schneidet mir das Wort ab.
Unruhig atme ich aus. Die zwei Schäferhunde, Racer und Rec, hassen mich. Wie soll ich das bloß schaffen? Das letzte Mal hat Rec mich am Oberschenkel gebissen, gut, er hat mich nicht richtig erwischt, da der Husky ihn rechtzeitig von mir gezerrt hat, aber dennoch hatte ich Schmerzen. Vielleicht sagt er das auch nur, um mir Angst zu machen. Zumindest hoffe ich es. Es ist nicht so, dass ich Angst vor Hunden habe, eigentlich liebe ich sie, aber Leroy's Hunde sind wild. Wild, bedrohlich, aggressiv und ungehorsam. Sie hören nur auf Leroy und sonst auf niemanden, deswegen würde es mir auch nichts bringen, wenn einer seiner Männer da wären, da sie mir nicht helfen können. Die Hunde greifen die Männer zwar nicht an, aber von ihnen aufhalten lassen sie sich auch nicht.
Verdammt, ich hasse mein Leben.
Nach dreißig Minuten Fahrt sehe ich endlich Leroy's Anwesen. Wir fahren die Auffahrt hoch und sobald sich die goldfarbenen Tore öffnen, ist das Erste, was ich sehe, Yang's strahlendes Lächeln. Gut, sie habe ich tatsächlich ein wenig vermisst.
„Herzchen, was siehst du denn müde aus! Na los, jetzt wird gegessen, geduscht und ab ins Bett, meine Lieb...-", beginnt Yang sogleich kaum, dass ich aussteige und auf sie zulaufe, um sie in den Arm zu nehmen. Ihre liebevollen Worte erwärmen mein Herz, doch sie werden von Leroy's schroffer Stimme unterbrochen, der mich grob am Arm packt und zu sich zurückzieht.
„Yang, nimm Abstand. Sie hat keinen beruhigenden Abend verdient. Sie soll sich umziehen und sich frisch machen und dann weiß sie, was sie zu tun hat", sagt er und sieht dabei unentwegt Yang an. Mir schnürt es die Kehle zu, als ich höre, was Leroy sagt. Yang sieht betroffen und entschuldigend zu mir, doch ich ringe mir ein beruhigendes Lächeln ab. Sie soll sich keine Sorgen machen.
„Ach Herzchen, was hast du denn nun wieder angestellt?", flüstert sie leise, als ihr Blick meinen Hals streift. Verwirrt wandert meine Hand dorthin, bis mir durch das leichte Brennen wieder einfällt, dass Leroy mir eine Spritze dort injiziert hat. Wahrscheinlich hat es Spuren hinterlassen. Wieder möchte sie mich tröstend in den Arm schließen, doch Leroy's große Hand packt mich fest am Handgelenk und zieht mich von ihr weg. Blödmann.
„Für den Rest des Abends will ich weder hören, dass du etwas angestellt hast, noch von dir gestört werden, hast du verstanden?", sagt er, während er mich in den Garten führt. Seine Worte klingen grob, doch seine Stimme ist dabei weder sanft noch hart, sondern einfach emotionslos. Ob er das geübt hat, so sprechen zu können, dass man nicht heraushören kann, wie er empfindet?
Das Knurren wilder Tiere reißt mich aus den Gedanken und lässt mich bereits erahnen, wo ich bin, ohne den Blick heben zu müssen. Ich stehe vor den Käfigen seiner Hunde. Ich dachte, ich darf mich vorher frisch machen? Am liebsten hätte ich etwas dazu gesagt, doch es wäre besser, wenn ich mich ruhig verhalte, sodass er sich endlich etwas anderem widmet. Und Leroy geht endlich, was mich um einiges erleichtert. Wie stelle ich das jetzt bloß an? Allein, dass ich atme, scheint sie zu stören.
Sie fürchten sich doch nur vor dir, Rina...
Ich seufze. Und ich fürchte mich nun mal vor ihnen! Komischerweise habe ich keine scharfen Zähne, um ihnen einen Schaden zuzufügen und bisher habe ich sie auch nicht verletzt, im Gegensatz zu ihnen. Leroy's Hunde haben mich schon einmal angegriffen.
Ich werde aufs Neue aus den Gedanken gerissen, als ich eine Gestalt aus dem Augenwinkel wahrnehme.
Danny.
Der kleine stumme Junge steht neben mir und lächelt mich zögerlich an, was ich zaghaft erwidere. Was tut er denn hier? Ich weiß, dass es Leroy nicht gefallen wird, wenn er mich in seiner Nähe sieht. Seine Drohung hallt noch immer in meinen Ohren wider. Ich schüttle leicht den Kopf, als könnte ich so seine Stimme überhören und möchte mich gerade wegdrehen, da hebt er plötzlich die Hände und vollführt die schönsten Zeichen der Sprache.
„Du musst ihr Vertrauen gewinnen", sagt er auf Gebärdensprache. Verblüfft sehe ich in die grün funkelnden Augen, die Smaragde gleichkommen. Das dunkelblonde Haar fällt ihm wirr in die Stirn, obwohl ich mir sicher bin, dass man sie ihm jeden Morgen ordentlich richtet, doch ich kann mir vorstellen, dass er sie ständig zurück streicht und sie nun deshalb so durcheinander sind. Ich atme einmal tief durch und sehe mich um, doch von Leroy ist keine Spur, also wage ich es ihm zu antworten.
„Ich weiß aber nicht, wie ich das anstellen soll. Sie mögen meine Nähe nicht", entgegne ich und kann nicht verhindern, dass ich dabei ein wenig verzweifelt klinge. Doch Danny lächelt mich nur breiter an, was mich verwirrt die Stirn runzeln lässt.
„Na, was glaubst du, wie man wild gewordene Menschen beruhigen kann? Mit Essen natürlich! Nimm etwas vom Fleisch und gebe es ihnen."
Essen? Wieso bin ich nur nicht darauf gekommen?
„Und, was ist, wenn es nicht klappt?", frage ich. Er schaut genausten auf meine Hände, was mir ein unsicheres Lächeln entlockt. „Was ist? Mache ich es falsch?", hake ich sogleich nach, woraufhin er grinsend den Kopf schüttelt.
„Nein, so ist es schon richtig, aber ich muss genau hinsehen, sonst verstehe ich ja nicht, was du meinst. Aber zurück zu deiner Frage. Was ist, wenn es doch klappt? Wir sollten alles versuchen, denn letztendlich musst du dich ja eh um sie kümmern", erwidert er. Verdammt, bringt mir dieser kleine Junge gerade tatsächlich etwas bei? Wie alt ist dieses Goldstück? Fünf oder sechs Jahre alt?
„Also gut." Ich seufze und schenke ihm ein weiteres unsicheres Lächeln, während er beide Daumen hebt. Langsam knie ich mich hin und sehe sie an, woraufhin Rec mich sofort anbellt. Schluckend reiche ich ihnen ihr Futter durch den kleinen Schlitz am unteren Teil des Käfigs und sogleich hört er auf zu knurren und beschnuppert viel lieber interessiert das Essen.
Ich hätte niemals gedacht, dass das klappen wird, doch es funktioniert tatsächlich! Sobald sie alle ihr Futter vor der Nase haben, sind sie ruhig.
„Wenn du ihnen jetzt ihr Leckerli gibst, dann öffne jeweils den Käfig. Vertraue mir, sie werden nicht angreifen."
Ich nicke Danny langsam zu und folge seinem Rat.
Gott, stehe mir bei...
Ich öffne die Käfigtür von Racer und glaube, dass jeden Moment mein Herz vor Angst zerspringen könnte, doch Racer bellt nicht und versucht mich auch nicht anzugreifen, als ich ihm sein Leckerli vor die Nase halte. Stattdessen hechelt er und verschlingt es, sobald ich es ihm hinhalte. Erwartungsvoll starrt er mich an, sobald er fertig ist. Langsam führe ich meine Hand zu seiner Schnauze und lasse ihn schnuppern, nur um kurz danach durch sein dichtes, dunkles Fell zu streichen.
„Na, endlich", hauche ich und setze mich komplett auf den Boden hin. Nun, dasselbe mit Rec. Und auch mit ihm klappt es, vielleicht, weil er ja Racer dabei zugesehen hat. Rex, der süße Husky, kuschelt sich sogar an mich ran, woraufhin ich lachen muss. Jetzt, wo das erledigt ist, kann ich sie einen nach den anderen waschen.
„Na komm, du bist der Erste heute, Rex", rufe ich erfreut und kraule die Stelle hinter seinen Ohren. Dann drehe ich mich zu Danny um, welcher mich bereits anstrahlt.
„Hat doch super geklappt!"
Lächelnd bejahe ich und frage ihn, ob er mir helfen möchte, die Hunde zu waschen. Diesmal scheint er sich sehr zu freuen, denn er springt mir lächelnd in die Arme. Als wir im Badezimmer ankommen und wir anfangen Rex zu waschen, bellt er und wedelt mit seinem Schwanz, während er Danny ableckt.
„Ich bin Danny und wie heißt du?", fragt Danny mich plötzlich und reicht mir die Hand, woraufhin ich leise lachen muss. So klein und bereits so charmant, ich glaub es kaum! Ich sage ihm nicht, dass ich seinen Namen bereits kenne und stelle mich stattdessen ebenso vor.
„Katrina. Aber du kannst mich gerne Rina nennen!"
Rex rutscht plötzlich in der großen Badewanne aus, springt jedoch ruckartig auf und bellt wieder wie wild los, woraufhin Danny und ich zu lachen beginnen. Der arme Husky hat sich wohl sehr erschreckt, weswegen wir ihn streicheln, bis er sich beruhigt, doch aufhören zu lachen, das können wir nicht. Danny's Lachen ist kindlich, so hell und so erfreulich, dass ich ihn für einen Moment nur ansehen kann. Die Augen leuchten, die Milchzähne strahlen und seine Zunge bebt leicht, während er den Raum mit dem süßen Klang seiner Stimme füllt. Zwei tiefe Grübchen zeichnen sich gleich rechts neben seiner Oberlippe ab.
„Als ob er uns sagen möchte, dass wir damit aufhören sollen ihn auszulachen!"
Als ich endlich verstehe, was mir Danny unter seinem Lachanfall und den hektischen Zeichen sagen möchte, muss ich auch wieder anfangen zu lachen. Oh ja, da gebe ich ihm recht. Rex bellt uns an, als würde er von uns verlangen, dass wir nicht mehr lachen sollen.
Doch der Moment wird zerstört, als ich eine Präsenz hinter mir wahrnehme. Sie lässt mich ruckartig innehalten und panisch die Luft anhalten.
Bitte, lass es nicht Leroy sein...
Doch diesmal wird mein Gebet nicht erhört, denn keine Sekunde später werde ich grob am Oberarm gepackt und kräftig herumgedreht, nur um in zornige, grüne Augen sehen zu können.
Verdammt, das hast du ja super gemacht, Rina.
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Hallöchen ihr Lieben!
Ich hoffe, das Kapitel hat euch gefallen!
Ist Katrina wirklich jemand völlig anderes, ohne dass sie es selbst weiß oder irrt Leroy sich? 👀
Bis bald 👋🏼
SevenTimes-
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