Kapitel 53 - Zu früh
Wie jeden Sonntag verbrachten sie den zweiten Sonntag im Juni 2008 bei den Weasleys im Fuchsbau. Ginny, die 36 Wochen schwanger war, machte die Hitze jetzt schon zu schaffen und sie fragte sich, wie sie das bis Anfang Juli aushalten sollte. Die Familie verbrachte normalerweise solche warmen Tage gerne draußen, doch Ginny zuliebe fand das Mittagessen diesmal drinnen im gekühlten Haus statt.
Gegen Ende ihrer Schwangerschaft hatte sie immer mehr mit geschwollenen Füßen und Rückenschmerzen zu kämpfen, die ihr mit zwei kleinen Kindern sehr ungelegen kamen. In vier Wochen ist es vorbei, redete sie sich mittlerweile täglich ein.
Harry bereitete sich gerade auf seinen Vaterschaftsurlaub vor, welcher wieder einige Monate andauern würde und in dieser Zeit würde wieder sein Stellvertreter die Leitung der Aurorenzentrale übernehmen. Er war froh, dass er sich den Luxus leisten konnte, so lange mit Ginny und dem Baby zuhause zu bleiben, ohne Arbeiten zu müssen. Sie waren auf das Geld nicht angewiesen und Harry konnte es somit genießen vollkommen für seine Familie da zu sein.
Nach dem Mittagessen fand er sich mit Ginny, Bill, George, Angelina, Fleur und Arthur im Wohnzimmer wieder, während die anderen entweder Molly beim Abwasch halfen oder draußen mit den Kindern, denen die Hitze nichts auszumachen schien, spielten.
„Alles okay, Gin?", fragte der Siebenundzwanzigjährige leise, während er Ginnys verspannte Schultern massierte. Er merkte, wie unwohl sie sich fühlte, anhand dessen, dass sie es in keiner Position länger als einige Minuten aushielt und regelmäßig einen angestrengten Atem ausstieß. „Wenn du willst, können wir schon früher nach Hause gehen."
Doch sie schüttelte den Kopf. „Nein, ich kann die Ablenkung gut gebrauchen. Ich habe nur solche Rückenschmerzen und die ganze Zeit ein Ziehen im Unterleib."
„Sicher, dass die Geburt nicht losgeht?", vergewisserte sich ihr Mann.
Erneut ein Kopfschütteln. „Die Schmerzen sind noch mehr als aushaltbar. Außerdem sind Al und Jamie nie vor dem errechneten Geburtstermin gekommen. Ich habe jetzt noch vier Wochen vor mir. Mindestens."
„Irgendwann ist immer ein erstes Mal", war das Einzige, was Harry daraufhin erwiderte.
Bill blickte von der Zeitung auf, die er gerade las und schaute seine Schwester und seinen Schwager an. „Habt ihr schon einen Namen für euer Baby gefunden?", fragte er interessiert und legte das Stück Papier beiseite.
„Für ein Mädchen haben wir schon einen Namen, für einen Jungen aber tatsächlich noch nicht", erwiderte Ginny und lehnte sich gegen Harry.
„Glaubst du intuitiv, dass es ein Mädchen wird?", wollte Angelina daraufhin von ihr wissen und grinste sie an.
Ginny zuckte mit den Schultern. „Ich habe bei sowas keine mütterliche Intuition."
„Ich glaube irgendwie schon, dass es ein Mädchen wird", warf Harry ein.
Seine Frau drehte ihren Kopf zu ihm und grinste ihn an. „Väterliche Intuition?"
Er lachte und drückte ihr einen Kuss auf die Stirn. „So in etwa."
Plötzlich atmete Ginny zischend ein und legte einen Hand auf ihren unteren Bauch.
„Alles okay?", fragte Harry erneut besorgt.
„Ich weiß es nicht", antwortete seine Frau wahrheitsgemäß. „Diesmal hat es schon wehgetan." Sie atmete wieder aus und merkte, wie ihr Bauch unter ihrer Hand wieder weich wurde.
Harry zog die Augenbrauen hoch. „Aber es sind nicht die gleichen Schmerzen, die du vor ein paar Wochen hattest, bevor du dein Quidditch Verbot bekommen hast?"
Sie schüttelte den Kopf. „Das hat sich gerade wirklich wie eine richtige Wehe angefühlt. Vielleicht war es aber auch nur eine Übungswehe."
Keine fünf Minuten später, zog Ginny erneut scharf die Luft ein.
„Noch eine?", fragte Harry.
„Hast du Wehen, Ginny?", fragte Arthur seine Tochter plötzlich, der sie in den letzten Minuten aus dem Augenwinkel beobachtet hatte, nachdem er die leise Konversation zwischen ihr und seinem Schwiegersohn mitbekommen hatte. Diese Frage ließ jetzt auch die anderen, die sich im Wohnzimmer befanden, aufschauen.
Ginny atmete tief ein und aus. „Ich glaube schon."
„War die genauso stark, wie die andere?", fragte Harry, doch sie ging nicht auf seine Frage ein.
„Dad, kannst du Mum holen?", fragte sie stattdessen und setzte sich langsam auf. Ihr Vater nickte und verschwand, nur um kurze Zeit später, mit Molly im Schlepptau aufzutauchen.
„Ist es so weit, Ginny-Mäuschen?", fragte diese. Im normalen Zustand wäre Ginny bei den vielen Fragen, die ihr gestellt wurden, ausgerastet, doch in diesem Moment schenkte sie dem keine Aufmerksamkeit.
Langsam stand sie vom Sofa auf, Harry ihr dicht auf den Fersen, und beugte sich nach vorne über als eine neue Wehe sie übermannte. Sie schlang ihre Arme um Harry, der sie stütze. Diesmal versuchte sie nicht ruhig zu atmen, sondern gab einen erstickten Laut von sich. Kurz darauf merkte sie, wie eine Flüssigkeit ihre Oberschenken runterlief und auf den Boden tropfte.
Als die Wehe vorbei war, blickte sie auf in die besorgten Gesichter ihrer Familie. „Ich glaube das Baby kommt", sagte sie. Dann blickte sie zu Harry. „Das Baby kann jetzt nicht kommen, es ist zu früh!", fuhr sie panisch fort.
„Dem Baby wird nichts passieren. Es ist zwar früh, aber ab der 37. Woche ist ein Baby fast vollständig entwickelt und du bist nur zwei Tage davon entfernt", beruhigte Molly ihre Tochter und wandte sich dann an ihre Söhne, die anwesend waren: „George, hilf Harry Ginny durch den Kamin ins St Mungos zu bringen. Bill, mach das Flohnetzwerk bereit. Arthur, geh zu den anderen und sagen ihnen, dass es losgeht."
Schließlich trat sie näher an ihre Tochter heran und nahm ihr Gesicht in ihre Hände. „Du schaffst das, Ginny. Du hast das schon zweimal durchgestanden, du schaffst das auch ein drittes Mal. Denk einfach nur daran, dass du in wenigen Stunden dein kleines Baby, auf das du so lange gewartet hast, in den Armen halten kannst, Mäuschen." Sie wusste, dass Ginny auch diesmal nur Harry bei sich haben wollte und akzeptierte diesen Wunsch von ihrer Tochter. „Wenn alles vorbei ist und du dich danach fühlst, kommen wir euch besuchen", fuhr Molly lächelnd fort. „Alles wird gut."
Ginny nickte langsam und ließ sich dann von George und Harry zum Kamin führen. Und ehe sie sich versah, befand sie sich mit ihrem Mann und ihrem Bruder im St Mungos. Beide blieben bei ihrer Seite, bis sie auf dem ihr zugeteilten Zimmer war. Auf dem Weg dorthin hatte sie drei Wehen, während denen sie immer stehenbleiben und durchatmen musste.
„Ginny, ich hätte nicht erwartet Sie schon so früh hier zu sehen", begrüßte Heilerin Wilson sie und schenkte Harry, George und ihr ein Lächeln.
„Wird mit dem Baby alles okay sein?", brachte die Rothaarige hervor.
Wilson nickte. „Das wird es. Magische Babys sind eh immer weiterentwickelt als Muggel-Babys. Niemandem hier wird etwas passieren", versicherte sie ihrer Patientin. „Haben Sie irgendwelche Wünsche für diese Geburt, die ich berücksichtigen soll?"
„Keine Schmerzmittel", brachte Ginny hervor als eine neue Wehe sie übermannte. „Und ich will eine Wassergeburt diesmal, wenn es möglich ist."
„Es spricht nichts dagegen", antwortete die Heilerin. „Ich werde alles so weit vorbereiten und dann wiederkommen, um nachzuschauen, wie weit Sie sind. Anhand der starken Wehen, die sie so kurz nacheinander haben, nehme ich an, dass das Baby nicht lange auf sich warten lässt und sie direkt in die Wanne können. Es wird diesmal wahrscheinlich nicht länger als eine Stunde dauern, bis es da ist."
Mit diesen Worten verließ sie den Raum.
George wandte sich dann an Ginny. „Ich gehe jetzt, Gin-Gin. Bill bringt gleich deine Krankenhaustasche vorbei. Du schaffst das!", sagte er und drückte ihr liebevoll einen Kuss auf die Stirn, bevor auch er ging und Ginny und Harry alleine in dem Zimmer zurückblieben.
~
„Sie können sich die Position aussuchen, die am gemütlichsten für Sie ist", sagte Heilerin Wilson, während Ginny in die Badewanne, die sich jetzt mitten im Zimmer befand, stieg. Dann wandte sie sich an Harry. „Sie können auch mit in die Wanne."
„Nein, Harry bleibt draußen", antwortete Ginny für ihn und wandte sich dann an ihren Mann. „Kannst du dich auf den Gymnastikball direkt vor die Wanne setzen? Ich will mich am liebsten hinknien beziehungsweise -hocken."
Harry nickte lächelnd und nahm am Rand der Wanne Platz. „Bereit?", fragte er dann als sie sich vor ihn gekniet hatte und sich nach vorne an ihn lehnte.
Ginny hob ihren Blick und lächelte ihn an. „Ja", hauchte sie.
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