
9. Kapitel | Only
Eine Weile verharrte ich in meiner Position, starrte die Tür an.
Dann jedoch, ganz langsam, drehte ich mich um, holte ebenfalls meine Sachen, um mich umzuziehen und Zähne zu putzen. Nach einem ausgiebigen und sicher schmackhaften Frühstück war mir nicht zu mute und so zog ich es vor, den Speisesaal – zumindest für heute Früh – zu meiden.
Denn dort waren alle, die ich gerade nicht sehen wollte.
Tyler, Robin, Nathan, Jay.
Und vor allem Alex.
Ich wusste tief in mir, dass sie etwas falsch gemacht hatte, ich wusste, dass es nicht richtig war, wie sie Jay behandelt hatte.
Aber sie war meine beste Freundin, ich musste doch zu ihr stehen und nicht einfach...gegen sie sein.
Sie war meine beste Freundin.
Schon immer.
Jay jedoch war nur ein...Junge.
Nur ein Mensch.
Ich presste meine Lippen aufeinander.
Immer noch ein Mensch, kein Verlierer.
Mit schnellen Schritten ging ich den Gang entlang in Richtung Klassenzimmer.
Ich musste mit Alex reden; Das war mir klar.
Ich musste mich entschuldigen, auch wenn es nicht in Ordnung gewesen war, was sie getan hatte.
Leise seufzte ich auf, öffnete die Tür zu dem Raum und ging hinein.
Einige wenige Leute saßen vereinzelt schon auf ihren Plätzen, unterhielten sich, oder schrieben Hausaufgaben.
Schweigend setzte ich mich auf meinen Platz in der letzten Reihe.
Jay war schon da, doch er beachtete mich nicht; Im Gegenteil. Er schien plötzlich große Interesse an der Aussicht von dem Fenster neben ihm zu haben.
Ich seufzte erneut auf, stützte mich mit meinen Händen ab.
Nathan und Jay.
Es wollte mir nicht in den Kopf gehen.
Dieser Liebesbrief.
Er war nicht irgendein Liebesbrief gewesen; Er war von Jay.
Von Jay an Nathan.
Deshalb war er auch so entsetzt gewesen, als ich den Zettel in meiner Hand gehalten hatte.
Ich presste meine Lippen aufeinander, senkte meinen Kopf.
Ein dumpfes, unheimliches Gefühl breitete sich in mir auf, es enthielt keinerlei Spuren von Glück oder Mut.
Es zog mich mit in einen Tornado der Gefühle.
Aber zwei Gefühle verspürte ich am meisten.
Es war schwer sie zu beschreiben, ich hatte es kaum zuvor gespürt.
Eifersucht und Gier.
Ich war eifersüchtig auf Nathan.
Ich war gierig nach einem Gefühl von Erleichterung, wenn Nathan ihn stattdessen hasste.
„Hey."
Erschrocken zuckte ich zusammen, drehte mich um. Ich war so in Gedanken versunken, sodass ich gar nicht mitbekommen hatte, wie Nathan sich neben mich gesetzt hatte.
„Ähm...hi", sagte ich kratzte mich etwas am Nacken. Immer wieder fielen mir Alex' Worte ein.
Ein Fuckboy, Nathan war ein Fuckboy, der auf Jungs stand.
„Wieso...setzt du dich zu mir?", fügte ich schließlich eilig hinzu.
Er räusperte sich, schenkte mir ein charmantes Lächeln.
„Ach komm schon, bei so einer Schönheit kann doch keiner widerstehen"
Ich blickte ihn äußerst verstört an, zog meine Augenbrauen langsam hoch.
Ich und Schönheit?
Das war der lustigste Witz des ganzen Tages gewesen.
Nichts an mir war besonders.
Meine blonden Haare waren selten frisiert, waren oft verstrubbelt und ein reinstes Chaos.
Meine Augen – um das Klischee komplett zu erfüllen – trugen einen hellen Blauton, welcher jedoch ein wenig mit einem undefinierbaren Grau abgestimmt war.
Die Haut war weder sonderlich gebräunt noch sonderlich blass, wie es bei Jay der Fall war.
Einfach...durchschnittlich.
„Was? Ist doch so", behauptete Nathan ernst, kam mir langsam näher und strich mir sanft über die Wange.
Vorsichtig wich ich zurück.
„Äh nein. Sorry, aber die Masche funktioniert bei mir nicht. Such dir wen anderen."
Langsam wurde es nämlich ziemlich unangenehm für mich.
„Da bin ich mir aber nicht so sicher", erwidert Nathan mit einer belustigten Stimme, kam meinem Gesicht noch näher.
„Ey, Nathan. Beweg deinen Arsch von meinem Platz, dalli dalli und lass gefälligst meinem besten Freund in Ruhe, kapiert?", sprach eine äußerst bekannte Stimme hinter Nathan.
Dieser knurrte leise, erhob sich jedoch langsam von dem Platz und ging schließlich.
Alex.
Verdammt, Alex.
Ich biss auf meine Lippen, versuchte mein Gesicht irgendwie zu verdecken.
Alex ließ sich auf ihren rechtmäßigen Platz nieder, seufzte leise auf.
„Also-"
Sie stoppte, dann fing sie jedoch leise zu lachen an.
„Komm schon, Lew, hör auf damit, verstecken bringt doch auch nichts"
Ich schwieg, senkte meinen Blick etwas und sah zu Jay, welcher alleine auf seinem Platz saß.
Sie seufzte leise auf, dann schob sie mir ein Blatt Papier zu.
Ich zögerte kurz, nahm ich den Zettel in die Hand, sah ihn mir an.
Ein Lächeln glitt mir über meine Lippen.
Es war eine Zeichnung.
Zwei Kinder, die im Regen tanzten.
Alex und ich.
Oh ja, Alex konnte unglaublich gut zeichnen. Aber für dieses Bild schien sie mehrere Stunden gebraucht zu haben.
Ich erinnerte mich daran, ja.
Es war eine schöne Zeit gewesen. Unbeschwert und glücklich.
Unten, am Ende des Zettels, stand in schönster Schrift eine Frage.
Wieder Freunde? Kreuze an. Ja – Nein – Vielleicht.
Ich musste grinsen, es passte einfach so gut zu Alex.
Ich legte die Zeichnung wieder hin, dann sah ich zu dem Mädchen.
Sie sah mich ebenfalls an; Ihr Blick war fragend und etwas ungeduldig.
Eine Weile tat ich einfach nichts.
Dann jedoch umarmte ich sie fest, zog sie fest in meine Arme.
Ich hörte, wie sie erleichtert ausatmete, sich fest an mich schmiegte und ihre Arme um mich schlang.
Meine beste Freundin blieb eben meine beste Freundin.
Stur und unberechenbar.
Mal war sie so, mal anders.
Sobald ich dachte, ich hätte ihr Prinzip durchschaut, tat sie etwas komplett Unerwartetes, was meine Meinung wieder änderte.
Aber ich war nicht allein; Ich war es auch nie gewesen.
Ich brauchte Alex und sie brauchte mich.
Noch machte ich mir keine Gedanken darüber, dass ihre Freundschaft zu mir vielleicht auch nur gespielt war.
Und zwei Sachen gab es noch, die mich beschäftigten.
Was war jetzt mit Jay und wer war Tom?
Irgendein Geheimnis steckte doch dahinter...
Tell me the things that you want
I give you all that I've got
Open your eyes, then you will see
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