15. Kapitel | Boomerang
Ich hatte Jay wieder ins Internat gebracht, ihn auf sein Bett gelegt.
Vorsichtig umarmte ich den liegenden Jungen, schmiegte mich an ihn, um ihn zu wärmen.
Er zitterte am ganzen Körper, manchmal schluchzte er auf.
Aber nur ganz leise, als wolle er mich nicht stören.
Vorsichtig strich ich über seinen Arm, zog dann die Bettdecke über ihn.
„Du solltest schlafen, Jay...", hauchte ich ihm leise ins Ohr, schloss ebenfalls meine Augen.
„Alles wird gut...wir werden eine Lösung finden"
Insgeheim war ich mir da zwar nicht so sicher, doch ich hoffte es einfach.
Vielleicht war es naiv.
Aber es war viel schöner daran zu glauben.
Wieder schluchzte Jay auf, kuschelte sich zu meiner Verwunderung ebenfalls an mich.
Ein Lächeln huschte über mein Gesicht.
„Und...wenn nicht?", hauchte der Junge mit zittriger Stimme.
„Doch, wir werden eine Lösung finden. Wir werden das alles klären und es wird nie wieder so eine Lüge geben"
Hoffte ich.
Er hob seinen Kopf etwas, sah zu mir.
Mein Herz begann wie von selbst schneller zu schlagen, ich spürte, wie sich eine angenehme Wärme in mir drinnen ausbreitete.
Seine schwarzen Haare hingen ihm schon wieder ins Gesicht, seine Augen hatten den Glanz verloren.
Ich würde alles tun, um diesen Glanz wiederzusehen, diesen Funken von Hoffnung und Lebensfreude, die Nathan ihm genommen hatte.
Ich drückte ihn fest an mich, vergrub mein Gesicht in seinen Pullover, der so nach ihm roch.
„En...entschudigung...", flüsterte der Junge kaum hörbar, stotterte dabei etwas.
Etwas verwirrt hob ich meinen Kopf.
„Wofür?"
„Dass...dass ich dich eine Lüge genannt habe. Das...das bist du...nicht...", antwortete mir Jay, schloss seine Augenlider.
Ich musste erneut lächeln, da es mich so verdammt freute.
Es freute mich, dass er nicht sauer auf mich war.
Es freute mich, dass er den Mut hatte, sich zu entschuldigen.
„Ich war dir nie böse, Jay, das weißt du, oder?", flüsterte ich ihm leise zu, bemerkte, wie er nun ebenfalls zu lächeln begann.
„Ja, Lew. Das weiß ich"
Ich spürte, wie er seine Hand etwas hob, mir sanft durch die blonden Haare strich. Dann legte er seine Arme um mich, zog mich an sich.
„Danke Lew", murmelte er, während er seinen Kopf in meiner Halsbeuge vergrub.
„Für alles"
Ich musste schlucken. Er dankte mir.
Er, der wochen-, wenn nicht sogar monatelang verspottet und beschimpft wurde.
Er, der sich nie gewehrt hatte.
Er, der immer alleine war.
Er dankte mir.
„Warum danke? Ich...müsste dir doch danken..."
„Danke, dass du mich vor dem bewahrt hast, was ich bei Tom nicht verhindern konnte..."
Seine Stimme war noch zittriger als vorher, hörte sich an, als würde sie jeden Moment versagen.
Ich schluckte.
Tom.
Der unbekannte Tom, über den niemand reden wollte.
„Er...er ist...?", flüsterte ich leise in diese gefühlt unendliche Stille, die von nichts unterbrochen wurde.
Jay nickte, schluchzte erneut auf.
„Vor einem...Jahr...fast auf den Tag genau..."
Als der Junge seinen Kopf etwas hob, sah ich, wie ihm Tränen die Wangen hinunter liefen.
Ich spürte einen stechenden Schmerz in mir, drückte ihn fest an mich.
„Das wusste ich nicht...Jay...sonst hätte ich nie nachgefragt...ich...es tut mir so verdammt leid...", hauchte ich, strich schließlich sanft durch seine Haare.
Ich musste für ihn da sein, ihn beschützen.
Dabei erwartete ich fast, dass er sich von mir verschließen und mich von sich stoßen würde.
Doch das Gegenteil war der Fall.
Er schmiegte sich an mich, weinte leise in mein hellblaues T-Shirt.
Er, der nicht respektiert wurde, nie gepetzt hatte.
Er, der anderes war.
„Das...Gedicht, dass du gelesen hast...das ist für ihn...ich habe viele Gedichte für ihn geschrieben", erzählte er mir mit hauchender Stimme, kuschelte sich näher an mich.
Meine Wangen begannen sich etwas rötlich zu färben.
Verlegen starrte ich auf die Wand.
„Das...das ist echt schön geworden...du musst ihn wirklich vermissen..."
Natürlich vermisste er ihn, was war das für eine Frage?
Wieso hatte ich das gesagt, es war doch selbstverständlich.
Jay war mit Tom befreundet gewesen.
Davon ging ich zumindest aus.
Der Junge bestätigte diese Theorie mit einem Kopfnicken, atmete leise auf.
„Er hat mir so viel bedeutet..."
Ich hielt einen Moment darauf inne.
Wusste Alex darüber Bescheid? All die anderen auch?
Wussten sie, wie schlecht es Jay deswegen ging, wie sehr er ihn vermisste?
Wenn ja, wie konnten sie ihm das alles nur antun?
Jetzt war es noch viel schlimmer als vorher, jetzt wo ich wusste, dass Alex nie zu ihm gestanden hatte, ihn nicht in Ruhe gelassen hatte.
Das war...unverzeihlich.
„Wusste Alex das?", flüsterte ich ihm leise zu, strich durch seine Haare.
Der Junge sah zu mir hoch, direkt in meine Augen.
Kurz zögerte er, als habe er Angst sie zu verpetzen.
Dann jedoch nickte er unsicher.
Sie wusste es.
Ich spürte einen erneuten Stich in mir, jedoch war es dieses Mal nicht wegen Jay sondern wegen Alex.
Sie hatte ihn einfach so erniedrigt, obwohl sie wusste, dass Tom ihm viel bedeutet hatte!
Es war wahr!
Ich spannte mich etwas an, starrte auf die leere Wand gegenüber von mir.
Sobald wie es möglich war, würde ich Alex zur Rede stellen.
Mir war dieses Mal egal, was sie mir vorwarf, egal was sie meinte.
Das war absolut unfair, was sie da getrieben hatte oder hinter meinen Rücken immer noch treibt.
Denn dass Alex diesen Hass an ihn nicht mehr ausließ, konnte ich jetzt nicht mehr glauben.
Ich zog Jay ganz eng an mich, atmete tief den Geruch seines Shampoos ein.
Wieso war mir nie aufgefallen, dass seine Haare leicht nach Apfel dufteten?
Ein wundervoller Geruch; Nicht chemisch oder übertrieben, sondern ganz...natürlich.
Ich schloss zufrieden meine Augen.
Hier wollte ich bleiben, für immer verweilen.
Ich hörte, wie der Junge - der nun halb auf mirlag – mir ganz leise etwas in mein Ohr flüsterte.
Ganz leise, kaum hörbar.
„Lew...kannst du mir eines versprechen?"
Ein Lächeln schlich sich auf mein Gesicht, mein Herz begann noch schneller zuschlagen.
„Was soll ich dir denn versprechen?", fragte ich, als würde ich es mir erstüberlegen wollen, was aber definitiv nicht der Fall war, da ich ihm wohl allesversprechen würde.
„Lass mich nicht alleine...", hauchte er, kuschelte sich noch näher an mich,sodass unsere Gesichter uns ganz nahe waren und fast nichts uns trennte.
„Das verspreche ich dir, Jay. Ich werde dich nicht alleine lassen, niemals. Ichwerde nicht von deiner Seite weichen. Und wenn doch, dann werde ich wiederzurückkommen, wie ein Bumerang. Das verspreche ich dir, Jay."
Just because it isn't easy doesn't mean, that it is wrong.
Everything we've been working on, working on so long.
You're my boomerang, boomerang.
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