Chào các bạn! Vì nhiều lý do từ nay Truyen2U chính thức đổi tên là Truyen247.Pro. Mong các bạn tiếp tục ủng hộ truy cập tên miền mới này nhé! Mãi yêu... ♥

20 - Ostermond

Hammaburg - Ostfränkisches Reich

~

„Vergibt mir, Vater, denn ich habe gesündigt", flüsterte Aveline in die kühle Luft der Kirche.

Ihre Schienbeine schmerzten vom harten Grund. Sie kniete vor dem Beichtstuhl, auf welchem der Mann Gottes mit gesenktem Kopf thronte.

„Gott, der unser Herz erleuchtet, schenke dir wahre Erkenntnis deiner Sünden und seiner Barmherzigkeit", antwortete der Priester mit ernster Stimme. „Sprich mein Kind."

Der Beichtstuhl stand in einer Nebenkammer der Kirche. Der Raum war kühl und schlecht belichtet, so dass sich die Schuldigen im Schutz der Dunkelheit trauten, ihre Sünden von ihren gequälten Seelen zu reden. Der Priester blickte aus Höflichkeit auf seine Hände und vermied es, den Sündern in die Augen zu schauen. Hier sollte jeder möglichst seine Würde und Anonymität bewahren dürfen.

Aveline hatte vor Kurzem Hammaburg erreicht. Als sie den hohen Kirchturm in der Ferne erblickt hatte, war sie sofort durch die Türen des Gotteshauses getreten, um sich von ihren Sünden zu befreien, denn sie sah keinen anderen Ausweg mehr. Zu sehr plagten sie diese grausamen Albträume und die schrecklichen Visionen. Sie hoffte mit der Beichte der seelischen Qual endlich ein Ende setzen zu können, von der ewigen Verdammnis befreit zu werden und den Dämon, der sie verfolgte, von sich abschütteln zu können. Sie wusste, dass nur noch Gott ihr helfen konnte und so hoffte sie, dass sie in der Kirche seine Hilfe erhalten würde.

Obwohl sie während ihrer Lebzeit zwar immer ein sittliches Mädchen gewesen war, war sie nie mit inbrünstiger Überzeugung fromm gewesen. Es war gerade mal ihr zweites Mal am Beichtstuhl und an diesem Möbelstück hingen keine guten Erinnerungen. 

Das erste Mal war sie von ihrem eigenen Vater in die Kirche geschleppt worden, weil sie ihren jüngeren Bruder im Streit übel beschimpft hatte. Nachdem der Vater ihr ordentlich das Maul mit Seife ausgewaschen hatte, war er mit Aveline im Schlepptau in die kalte Kirche gegangen, hatte sie vor den Priester gestellt und sie dazu gezwungen, eine Beichte abzulegen. 

Seither hatte Aveline den Beichtstuhl gänzlich gemieden und war nur, wenn sie ihre Eltern zum sonntäglichen Gottesdienst begleitete, in die Kirche mitgekommen. Sie verstand allerdings nicht, was an den Messen so spannend sein konnte, denn die Priester erzählten die Geschichten Gottes immer nur auf Latein. Eine Sprache, die kaum jemand - ausser die Priester selbst - verstand. Aveline vermochte es nicht nachzuvollziehen, warum alle Gläubigen dem Priester an den Lippen hingen, wenn doch kaum einer wusste, wovon er gerade sprach.

Sie selbst hatte die Gotteslehren von den Nonnen beigebracht bekommen. Immer dann, wenn sie für ihre Mutter ins Kloster ging, um die Kräuter und Seifen gegen Ziegenmilch oder Butter zu tauschen. Vielleicht waren ihr aus diesem Grund weibliche Glaubensanhängerinnen irgendwie sympathischer als ihre männlichen Pendants.

Der Priester vor ihr blickte düster auf seine Hände. Sie traute sich kaum, ihm in wenigen Momenten ihre schlimmsten Sünden zu offenbaren. Sie hoffte, dass der ältere Mann vor ihr stabil auf seinem Stuhl sass, denn das, was sie ihm in wenigen Atemzügen beichten würde, könnte selbst den standhaftesten Mann Gottes von den Füssen hauen.

„Vater, ich...", murmelte sie, doch ihre Stimme brach ab.

„Sprich, mein Kind. Fürchte dich nicht vor Gottes Urteil und seiner Barmherzigkeit."

Aveline schluckte leer. Wie würde sie es bloss schaffen, diese ganze Last von ihrer Seele abzuladen? Bei Schwester Joscelin waren ihr die Worte so leicht über die Lippen gekommen. Vor diesem Priester verspürte sie aber grosse Furcht, auch wenn sie wusste, dass sie eigentlich keine Angst haben sollte. Dieser Mann hatte vor Gott geschworen, in seinem Namen den Menschen ihre Sünden abzunehmen und ihnen in Gottes Namen zu verzeihen. Es war sichergestellt, dass der Priester mit ihrer Sünde ins Grab gehen würde, ohne jemandem davon erzählen zu dürfen. Ihre Sünde war sozusagen ein Geheimnis, welches der Priester mit niemandem, ausser Gott, teilen durfte.

„Mein Vater, ich habe gesündigt. Ich... ich habe geschimpft."

Sie entschied sich, mit der leichteren Sünde zu beginnen: Dem Fluchen. Dieser Priester musste Schritt für Schritt an die Sache herangeführt werden, sonst würde er sie noch höchst persönlich zum Teufel jagen. Und geflucht hatte sie im letzten Jahr zur Genüge, selbst wenn es nicht in ihrer eigenen Sprache gewesen war.

„Der gute Mensch bringt aus dem guten Schatz seines Herzens das Gute hervor, und der böse bringt aus dem bösen das Böse hervor, denn aus der Fülle des Herzens redet sein Mund. Du trägst Bosheit im Herzen, mein Kind?"

Aveline begann leicht zu frösteln. Es war wirklich kalt in dieser Nebenkammer. Sie nickte.

„Ja, mein Vater. Ich wurde von... von Heiden aus meiner Heimat entführt. Sie haben mir alles genommen. Bitte, mein Vater, vergibt mir, aber ich habe über diese Unmenschen sehr viel geflucht. Mein Herz war voller Hass und ist es immer noch."

„Wer das Leben lieben und gute Tage sehen will, der halte Zunge und Lippen vom Bösen zurück. Du —"

„Es ist noch nicht alles, mein Vater. Ich habe noch weiter gesündigt", unterbrach Aveline den Mann Gottes, bevor er ihr Absolution hätte geben können.

Der Priester räusperte sich irritiert, denn normalerweise fielen ihm die Gläubigen nicht ins Wort. Mit einer Sünderin, die gleich so viel bekennen wollte, hatte er nicht gerechnet. Er rutschte auf dem Stuhl hin und her.

„Bitte, mein Kind, fahre fort. Von welcher Sünde möchtest du dich denn noch befreien?"

„Ich habe mich von einem Heiden verführen lassen."

Aveline blickte fest auf die Steinplatten vor sich. Sie merkte, wie der Priester vor ihr hörbar schluckte und bevor er noch irgendwas sagen konnte, platzte es gänzlich aus ihr heraus.

„Und ich habe denselben Heiden um sein Leben gebracht."

Stille. Der Priester sagte nichts und bewegte sich nicht. Nur sein Atem war zu hören und wie die Luft aus seinen Lungen durch seinen geöffneten Mund pfiff. Aveline linste von ihren zusammengefalteten Händen vorsichtig hoch, um zu sehen, ob er sie denn auch gehört hatte. Das hatte er. Der Priester starrte ihr direkt in die Augen.

„Du hast was?!", stiess er ungläubig aus.

Das Entsetzen in seiner Stimme war unüberhörbar. 

„I-Ich... habe einen Wikinger getötet", stotterte sie und kniff ihre Augen zusammen, wie wenn sie befürchtete, dass er ihr gleich eins über den Kopf ziehen würde.

Der Priester erhob sich von seinem Beichtstuhl, so dass das Holz knirschte. Seine Schritte hallten durch den dunklen Raum. Es war ungewöhnlich, dass er vom Stuhl aufstand, denn normalerweise liess er alle Beichten auf seinem bequemen Sitz über sich ergehen. Diese Sünde musste ihn allerdings aus der Fassung gebracht haben.

„Warum hast du das getan, mein Kind? Erzähle mir. Was in aller Welt hat dich dazu bewegt, einen Menschen zu töten? Eine Todsünde zu begehen?!", sagte er mit strenger Stimme.

Avelines Hände zitterten nun sichtbar. Sie fürchtete sich vor diesem Mann und seinem Urteil. Sie fürchtete sich davor, zu erfahren, dass es unverzeihlich war, was sie getan hatte. Aber sie musste die Last loswerden. Sie wollte alles vor Gott ablegen, damit dieser entscheiden konnte, ob sie verdammt sein sollte. Dafür musste sie alles von ihrem Herzen reden. Alles. Sie holte tief Atem und begann zu sprechen.

„Vergibt mir, Vater, denn ich habe gesündigt. Ich verlor den Weg Gottes aus den Augen, als mich Wikinger meinem Zuhause entrissen haben. Ich habe mich und meinen Glauben aufgeben müssen, um in dieser grässlichen Welt am Leben zu bleiben, mein Vater. Dieser Mann, der mich dort hingebracht hat, er... er hat mich verführt. Ich habe mich nicht gewehrt, mein Vater, denn ich konnte nicht. Es war stärker als ich. Dieser Mann hat mich von meinem frommen Weg abgebracht und mir meine Unschuld genommen. Dieser Mann hat meinen Vater getötet."

Aveline schluckte leer und versuchte krampfhaft, keine Tränen in die Augen schiessen zu lassen. Sie wollte nicht vor dem Mann Gottes die Fassung verlieren. Sie wollte sich für ihr Geständnis zusammenreissen. Sie wollte ihre Schuld bekennen, mit aller Würde, die sie aufbringen konnte. Dem Priester zu offenbaren, was mit ihr geschehen war und was es aus ihr gemacht hatte, kostete sie unglaublich viel Überwindung und verursachte ihr nebenbei Bauchschmerzen. Aber sie wusste, dass wenn sie jetzt weitersprach, sie sich danach besser fühlen würde. Es musste alles raus. 

„Er war der Teufel selbst. Ich musste ihn töten! Ich musste es tun, um meine eigene Würde zu bewahren. Bitte, mein Vater. Vergibt mir, denn ich habe gesündigt und es quält meine Seele! Ich schlafe kaum und sehe den Teufel selbst bei Tage. Bitte, mein Vater. Vergibt mir für das, was der Hass in meinem Herzen mit mir gemacht hat. Vergibt mir für das, was ich tun musste, um mein Leben zu bewahren. Ich knie hier vor Euch, bereit, um Gottes Urteil zu empfangen. Bitte vergibt mir, denn ich habe gesündigt", beendete sie ihre Beichte.

Wieder Stille. Nur das Geräusch von Wassertropfen, die irgendwo von der Decke auf den kalten Steinboden klatschten und durch die Luft hallten, war zu vernehmen. Eine fast unerträgliche Weile lang schwieg der Priester, so als müsse er sich erst überlegen, wie er seine Worte wählen wollte. Avelines Knie begannen zu schmerzen. Sie unterdrückte den Impuls, aufzustehen und sich die Beine strecken zu wollen.

Der Priester stand noch immer vor ihr und blickte auf ihren Hinterkopf. Er räusperte sich und Aveline hielt dabei den Atem an, sich darüber fürchtend, was er jetzt sagen würde.

„Wahrlich, mein Kind. Du hast gesündigt", sagte er. „Und wie!"

Aveline sackte in sich zusammen, der Priester fuhr jedoch gleich fort:

„Gott hat deinen schweren Weg begleitet, mein Kind. Er weiss und versteht, was mit dir geschehen ist. Nach all dem, was du mir soeben offenbart hast, ist es wirklich nicht schwierig zu verstehen, dass sich dein Herz mit Hass gefüllt hat. Gott hat dich damit auf die Probe gestellt, mein Kind. Du warst genau dort, wo er dich haben wollte und es gehörte zu seinem Plan, dich für einen Moment von seinem Weg abzubringen." 

Aveline dachte über die Worte nach. Sie war genau da, wo er sie haben wollte? 

„Wirklich?", flüsterte sie in ihre gefalteten Hände. „Er wollte, dass ich ihn aus den Augen verliere?"

„Damit du dein Herz ihm jetzt noch weiter öffnen kannst, mein Kind. Der Herr wird dir vergeben, denn er ist gnädig und barmherzig."

Aveline erhob ihr Haupt und blickte dem Mann hoffnungsvoll in die Augen. Sein Blick war milde.

„Aber, mein Kind, du musst versuchen das Schlechte aus dir zu treiben. Übe nicht selbst Vergeltung, überlasse das dem Zorngericht Gottes. Fülle dein Herz nicht mit Bösem. Fülle es mit Liebe, der Liebe Gottes", antwortete der Priester.

„U-und wie soll ich das?", fragte sie ihn unsicher.

Ein verständnisvolles Lächeln formte sich auf seinem Gesicht. Er legte den Kopf zur Seite, aber hielt ihrem Blick stand. Seine braunen Augen schimmerten freundlich. Jetzt, wo sie ihm so ins Gesicht blickte, merkte sie, dass dieser Priester gar nicht so furchterregend war, wie sie zu Beginn dachte. Das unsichere Vibrieren in ihrer Magengegend flachte ab, während sie seinen Worten horchte.

„Begegne den Menschen - selbst diejenigen, die dir Böses wollen - stets mit Liebe und Barmherzigkeit. Das ist der Wille Gottes und nur so kannst du dich von deiner Sünde reinigen. Wenn du einem Sünder über den Weg läufst, dann zeige ihm deine Herzensliebe und nicht deinen Hass, denn selbst die verlorenen Seelen, die Schuldigen und die Heiden haben es verdient, Gottes Liebe zu spüren und wenn es nicht von ihm selbst ist, dann über seine frommen Lämmer."

Aveline hatte genau hingehört und stutzte. 

„Ich soll Heiden mit Liebe begegnen?", fragte sie. 

„Ja, mein Kind, denn Gott hat gesagt: Bekleidet euch mit innigem Erbarmen, Güte und Milde! Ertragt einander und vergebt einander! Wie der Herr euch vergeben hat, so vergebt auch ihr! Vor allem bekleidet euch mit der Liebe, die das Band der Vollkommenheit ist und der Friede Christi triumphiere in euren Herzen."

„Aber das ist unmöglich!", protestierte sie etwas zu laut, so dass ihre Stimme durch den kühlen Raum echote. 

„Warum, mein Kind? Gottes Wille ist nicht unmöglich."

„Diese Heiden sind schrecklich! Sie stehlen und töten gewissenlos. Wie kann ich solchen Menschen mit Liebe begegnen und ihnen für ihre grausame Taten vergeben?!", argumentierte sie.

„Gott liebt selbst die Abtrünnigen. Gott liebt auch die Heiden, selbst wenn sie ihn nicht lieben. Christi hat gesagt: Vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun! "

Aveline blickte ihn ungläubig an. Das konnte doch nicht wahr sein! Warum sollte sie diesen Menschen mit Liebe begegnen, wenn alles, was sie im Gegenzug bekommen hatte, nur Böses war. Das machte alles keinen Sinn. 

„Aber... ich kann das nicht, mein Vater. Mein Herz wünscht diesen Menschen das Schlimmste."

„Wenn du ihnen ihre Verfehlungen vergibst, dann wird der himmlische Vater auch dir vergeben, mein Kind. Du kannst nicht nach Vergebung flehen, wenn du selbst nicht bereit dazu bist, sie anderen Sündern zu schenken."

Diese Worte machten sie sprachlos. Sie überlegte fieberhaft, was sie dem Priester noch entgegnen konnte, aber sie fand keine Argumente. Ergeben senkte sie ihre Lider und hob ihre gefalteten Hände an die Stirn.

„I-Ich weiss nicht, wie ich das tun kann. Wie soll das gehen?", hauchte Aveline. 

„Christi sagt: Wenn dein Feind Hunger hat, gib ihm zu essen, wenn er Durst hat, gib ihm zu trinken; tust du das, dann sammelst du glühende Kohlen auf sein Haupt. Lass dich nicht vom Bösen besiegen, sondern besiege das Böse durch das Gute!"

Aveline seufzte tief, aber sie sah ein, was er meinte.

„Das wird schwierig sein, mein Vater, aber wenn es der Wille des Herrn ist, dann werde ich versuchen, ihm gerecht zu werden."

„Tue das, mein Kind, und ich verspreche dir, die Herrlichkeit wird dich erwarten. Deine Sünden werden dir hiermit erlassen, aber nur, wenn du auf Gottes Wort hörst. Hast du verstanden?", fragte der Priester. 

Aveline nickte und während der Priester weitersprach, sah sie, wie er ein Kreuz in die Luft zog. 

„Und nun geh, mein Kind und trage die Liebe Gottes mit dir. In nomine patris et filii et spiritus sancti. Amen."

„Amen", hauchte Aveline und bekreuzigte sich.

Erleichtert erhob sie sich und spürte, wie ihr das Blut dankbar wieder in die Beine floss. Ihre Haut an den Füssen kribbelte, als sie schnellen Schrittes aus der Kirche lief. Die schwere Holztür fiel hinter ihr zu. Da spürte sie es, diese Erleichterung. Wie ihr Körper sich plötzlich nicht mehr schwer anfühlte, wie die Last ihrer Sünden von den Schultern fiel und wie ihr die Sonne wohlwollend ins Gesicht strahlte. Es fühlte sich an, als ob sie gleich davonfliegen könnte. Es war herrlich, sich so rein zu fühlen! Ihr Blick warf sie dem Himmel zu und ihr Herz füllte sich mit Hoffnung.

Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro