Kapitel 11 "Alone"
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«Taehyungs Sicht«
Ein halber Monat verging, es war mittlerweile Ende Oktober und das Wetter wurde kälter und regnerischer. Ab und zu kam die Sonne heraus, als würde sie sich nicht entscheiden können, ob sie bleiben oder davonziehen sollte.
Das Wetter war Jungkook in vielerlei Hinsicht ziemlich ähnlich. Im Laufe der Zeit gewöhnte ich man an sein Verhalten und seine Stimmungsschwankungen, wie ich sie heimlich nannte.
Mich betrachtete er immer noch als Ärgernis, aber Jungkook schien festzustellen, dass ich zu seiner Verwunderung möglichst unauffällig blieb. Ich wollte mich nicht unterordnen, aber langsam wurde mir bewusst, dass es vielleicht besser so war, dass jeder seinen Angelegenheiten nachging. Trotzdem konnte ich nicht ignorieren, dass Jungkook morgens heiter und glücklich das Haus verließ, während er am Abend weniger erfreut nach Hause zurückkehrte, und mich mit einem undefinierbaren Gesichtsausdruck ansah. So als würde er es bevorzugen, dass jemand anderes zu Hause auf ihn warten würde.
Die Worte, die wir miteinander wechselten, bestanden nicht einmal aus dem Nötigsten. Ich war ohnehin mit der Firma beschäftigt, aber es wäre schön sich wenigstens am Abend mit Jungkook unterhalten zu können. Und das versuchte ich genau in dem Moment.
"Also, wie war dein Tag?", fragte ich heiter und fest davon überzeugt, dass wir heute normal miteinander reden würden.
Jungkook sah von seinem Handy auf, mit dem er seit einer ganzen Weile ständig zu sehen war. Was war denn so wichtig, dass er gefühlt jede freie Minute an diesem Elektrogerät hing?
"Super", antwortete er nur und richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf das Display seines Handys.
"Ehm...wenn wir schon mal dabei sind, sollten wir nicht mal Nummern austauschen? Ich meine, wir leben seit einem Monat zusammen und so."
"Ist das unbedingt nötig?" Er schien den Gedanken dahinter nicht zu verstehen, oder er wollte es einfach nicht.
"H-Huh? Aber wäre das nicht normal Nummern auszutauschen? Falls zum Beispiel etwas passiert? Oder wenn es etwas wichtiges ist?"
"Bisher gings doch auch ohne."
"Kann es sein, dass du nicht willst?"
Jungkook guckte mich mit einem genervten Ausdruck an. "Kannst du nicht kurz nichts sagen?", stöhnte er resigniert, stand auf und ließ mich allein im Wohnzimmer zurück.
Ich ließ meinen Blick sinken und seufzte kaum hörbar, bevor ich mich erhob und hinauf ins Schlafzimmer ging. Die Tür war für einen kleinen Spalt offen, sodass ich freie Sicht auf Jungkook hatte, der bereits auf dem Bett lag und sein Handy wieder in der Hand hatte. Er strahlte über beide Ohren, während er auf das Gerät starrte und lachte sogar manchmal.
Wieder einmal fragte ich mich, warum er bei mir nie so sein konnte. Und mit wem er schrieb, dass er so glücklich wirkte.
♤♡◇♧
"Was soll ich tun, Jimin? Es wird nicht besser mit Jungkook.", rief ich frustriert.
Jimin und ich trafen uns seit einer längeren Zeit wieder mal. Wir saßen in dem Café, indem er bis vor Kurzem noch gearbeitet hatte, aber er hatte wegen irgendwelchen Gründen gekündigt, was er auf den Mangel an Interesse geschoben hatte.
"Du beschwerst dich so oft, Tae."
"Aber es stimmt! Er redet eigentlich gar nicht mit mir und sieht sein Handy öfters an als mich."
"Du hörst dich an, wie eine verheiratete Ehefrau, die verzweifelt hinter ihrem Ehemann her ist", spaßte er lachend.
"Jimin, ich verzweifle wirklich. Ich gebe mir Mühe mich ihm zu nähern, aber er geht nie auf mich ein. Es tut nach einer Weile wirklich weh so...behandelt zu werden."
Jimin sah mich mitleidig an. "Das...wird schon."
Ich legte meinen Kopf auf den Tisch, zum Fenster hinaus gewandt, weg von Jimin.
"Ich glaube, ich...das Gefühl hatte ich noch nie. Es fühlt sich innerlich schon lange so an und mein Herz und mein Kopf sind...verwirrt und durcheinander? Was soll ich bloß tun?"
Wenn ich zu dem Zeitpunkt Jimin angesehen hätte, hätte ich den schuldigen Ausdruck in seinen Augen sehen können. Denn es gab einen Grund, warum er die letzten Verabredungen abgesagt hatte.
«Erzähler Sicht«
{bei Jimin und Jungkook}
"Jungkook, wir sollten damit aufhören", sagte Jimin mit einem schlechten Gewissen.
Jungkook stand hinter ihm und umarmte ihn.
"Warum?", fragte dieser abwesend und küsste den Hals seines Hyungs.
"Ich habe mich gerade mit Taehyung getroffen und jetzt fühle ich mich schlecht. Ich habe ihn zwei Wochen lang angelogen und versucht ihn zu vermeiden."
"Vergiss ihn einfach, Hyung."
"Jungkook, Taehyung ist mein bester Freund...ich fühle mich so schlecht."
"Bereust du es etwa?", fragte Jungkook mit leiser Stimme, als hätte er Angst vor der Antwort.
Jimin fühlte sich noch mieser, weil er es nicht wirklich bereute. Er bereute es nicht sich vor zwei Wochen, als Taehyung krank war, auf Jungkook eingelassen zu haben. Jimin fühlte sich nur schuldig gegenüber seinem besten Freund. Taehyung wusste auch nicht, was der wahre Grund war, warum er im Café gekündigt hatte.
Jungkook hatte Jimin überredet mit ihm in seiner Firma zu arbeiten. Anfangs zögerte Jimin, aus Angst, dass Taehyung die beiden erwischen könnte, aber Jungkook setzte sich durch und so wurde Jimin Jungkooks neuer Assistent neben Hoseok.
"Nein, aber Taehyung tut mir leid. Du willst es vielleicht nicht hören, aber ich kann deutlich sehen, dass er sich langsam, aber sicher in dich verliebt, ohne es selbst zu realisieren, dass es Liebe ist."
Jungkook löste sich Jimin und trat neben ihm. "Es ist mir egal, was mit ihm ist. Ich liebe dich, Hyung", sagte er ernst.
Jimin errötete und lächelte verlegen. "Ich...liebe dich auch, Jungkookie."
«Taehyungs Sicht«
Ich kam nach dem Treffen mit Jimin nach Hause, nur um schließlich wieder allein in dem Gebäude zu sein. Jungkook würde nicht vor 22 Uhr zurückkommen, wo auch immer er seinen Tag verbrachte. Ich bezweifle, dass er die ganze Zeit in der Firma war.
Als ich am nächsten Morgen wach wurde, war von Jungkook immer noch nichts zu sehen. Verwirrt lief ich durch das ganze Haus, aber die nicht vorhandenen Anzeichen, dass er überhaupt zu Hause war, bewiesen, dass er die Nacht woanders verbracht hatte.
Ich seufzte und setzte mich ins Wohnzimmer. Jimin verhielt sich komisch und hatte plötzlich kaum noch Zeit für mich, und Jungkook wollte sowieso möglichst nichts mit mir zu tun haben. Ein Gefühl von Einsamkeit breitete sich in mir aus. Irgendwann war ich so verzweifelt, dass ich Jimin anrief. Erst nach dem fünften Klingeln nahm er endlich ab, was sowieso an sich schon seltsam war.
"Jimin?"
"H-Huh, Taehyung? Was i-ist denn?", fragte Jimin scheinbar nervös.
"Ich wollte nur mal anrufen. Jungkook ist gestern Nacht nicht nach Hause gekommen...und ich bin ganz allein."
"Vielleicht ist er in der Firma geblieben? Überstunden und so?"
"Wenn ich wenigstens anrufen könnte", murmelte ich bedrückt.
"Es ist bestimmt nichts. Du machst dir zu viele Sorgen."
"Ich mache mir keine Sorgen...! Ich bin einfach nur...einsam. Mein Leben ist so sinnlos, ich gehe jeden Tag brav, wie Jungkook es will, in die Firma meiner Eltern und arbeite dort. Dann gehe ich wieder nach Hause, treffe hier eventuell auf ihn und wir sitzen zusammen einfach nur herum. Er an seinem Handy und ich...ich existiere einfach in seiner Welt."
"Na ja...Vielleicht musst du ihn auch verstehen. Er wurde gezwungen dich zu heiraten und-"
"Was ist mit mir? Ich wurde auch gezwungen! Ich wollte so ein Leben auch nicht. Jimin, kannst du nicht kommen? Ich will nicht an einem Samstag ganz allein sein..."
Jimim zögerte mit der Antwort. "E-Es tut mir leid, Tae, aber ich kann heute nicht."
"Warum nicht?"
Er zögerte erneut, und für eine kurze Weile herrschte Stille, bevor er schließlich erwiderte: "Ich...ich habe ein Date!"
"Oh, ich wusste ja gar nicht, dass du dir ganz allein einen Freund gesucht hast. Ist es der, der dir vor zwei Wochen einen Knutschfleck gegeben hat?", fragte ich amüsiert.
"Eh ja..."
"Ich freue mich für dich, Chimchim. Dann viel Spaß und viel Glück euch beiden. Du musst ihn mir irgendwann auf jeden Fall vorstellen", sagte ich fröhlich.
"Oh...ehm danke, Tae...und das werde ich bestimmt in der Zukunft."
Ich legte auf und seufzte. Immerhin war einer von uns beiden glücklich. Wie auch immer, ich sollte vielleicht einfach trotzdem in die Firma gehen und ein paar Aufgaben im Voraus erledigen.
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