5. EIN UNGEWÖHNLICHER TRAUM
Ich wusste unbewusst, dass ich in meinem mollig warmen Bett lag und schlief. Dennoch war ich verzaubert von meiner Umgebung. Alles war braun und grün. Als ich einige Schritte ging wurde mir bewusst, dass ich offenbar in einem Wald herumging. Er erinnerte mich stark an den Wald hinter Grandmas Haus. Plötzlich hörte ich ein Knurren und Winseln. Dumm und neugierig wie ich war, ging ich diesem Geräusch nach. Als ich um eine Eiche bog, sah ich am Boden ein totes Reh. Darüber gebeugt stand ein Wolf riesig und mit sehr dunklem Fell. Farbe undefinierbar. Irgendwas zwischen schwarz und braun. Er fletschte einen Menschen an, der sehr bleich war und plötzlich nah bei mir stand. Der Mensch kam näher. Seltsamerweise fühlte ich mich bedroht. Der bleiche Mensch hatte leuchtend giftgrüne Augen und schwarzviolette Augenringe. Das Haar war gelockt und leuchtend pink. Es war eine junge Frau. Mit blutroten Lippen lächelte sie mich an. Voller Angst warf ich mich herum und versuchte wegzulaufen. Hinter mir hörte ich ein begeistertes Kichern, als die Frau die Verfolgung aufnahm. Kurz bevor die Frau mich erreichte, sprang der Wolf sie an. Er warf sich auf sie und vernichtete sie. Dabei gab es seltsame hohe quietschende Töne. Als der Wolf mich anblickte, hatte ich das Gefühl, Tay gegenüber zu stehen. Mit einem schrillen Schrei wachte ich auf. Mit zitterndem Brustkorb sass ich in meinem Bett. Mein Nachthemd war schweissnass. War es das? War es dieses Geheimnis, dass Tay mir verraten wollte aber nicht konnte oder durfte?
Als ich aufstand war ich vollkommen fertig, da ich nicht gerade eine erholsame Nacht hinter mir hatte. Grandma merkte, dass irgendetwas mich beschäftigte, störte mich aber nicht. «Amy?» Ich schaute auf. «Ja?» «Ich komme heute Abend später nach Hause, weil ich mich mit Tays Mutter und Mr. Turtle treffe.»
Ich nickte und beschloss Grandma auf den Kopf zu fragen. «Ähm Grandma... sag mal gibt es Gestaltwandler?»
Sie zuckte zusammen. Zuerst sah sie aus, als ob sie nicht antworten wolle, doch dann sagte sie: «Du bist nun alt genug, dein Erbe anzutreten Amelya. Ja, es gibt sie. Jedoch ist diese Gabe nicht sehr weit verbreitet. Auch du hast die Gene dafür, aber da du nicht hier aufgewachsen bist, traten sie bei dir nie ans Tageslicht. Als deine Eltern bemerkten, dass du dich anders verhältst als sonst haben sie dafür gesorgt, dass du bei mir lebst. Ich kann dir besser helfen damit umzugehen als deine Mutter. Deine Mutter weiss, dass sie dir hierbei nicht helfen kann. Sie kann sich nicht verwandeln.»
Ungläubig blickte ich sie an. «Du kannst das?»
«Ja früher konnte ich es. Ob ich es heute noch könnte weiss ich nicht. Ich habe es seit Jahren nicht mehr versucht. Als ich deine Mutter bekam, hörte ich damit auf, um sie nicht zu gefährden. Diese Gabe, Amelya, ist wunderschön, doch ist sie auch gefährlich. Vergiss das nie. Es ist sowohl Gabe wie Fluch.»
«Danke Grandma.»
Ich wollte gehen, doch sie hielt mich am Ärmel fest. «Warum fragst du? Woher hast du dieses Wissen um die Gestaltwandler?» «Weil na ja ... Tay hat mir ein Buch gezeigt, in dem Gestaltwandler vorkamen.» Sie schüttelte den Kopf, lächelte und stand auf. «Dieser Jungspund, er hätte dir davon nicht erzählen sollen», murmelte sie während sie mit energischen Schritten zu unserem Wohnzimmerbuffet ging. Sie griff in die Bücher und förderte genau das Buch zu Tage, welches Tay mir gestern gezeigt hatte.
In der Schule war ich ganz hibbelig, weil ich mich darauf freute, mit Tay zu reden. Doch er kam nicht. Missmutig starrte ich an die Wandtafel und hörte kaum zu was der Lehrer sagte. Dass die anderen tuschelten und mit dem Finger auf meine Haarmähne deuteten war mir egal. Endlich läutete es. Ungeduldig stürmte ich nach draussen... und stiess mit einem Jungen zusammen. Es war einer der Jungs, die damals nach Tay gerufen hatten. Er war vielleicht etwas kleiner als Tay und ungefähr so muskulös. Freundlich lächelte er mich an. «Hallo hast du dir was getan?» «Nein, nein alles ok. Sag mal weisst du wo Tay ist?» Doch bevor er antworten konnte hörte ich einen Schrei «Amy!» Verwirrt wandte ich mich um und sah, dass Tay zu mir kam. Mit einem breiten Lächeln kam er zu mir. Ich konnte nicht anders und grinste zurück. Offenbar macht er sich keine Gedanken mehr darüber, was gestern zwischen uns vorgefallen war. 'Offenbar war es für ihn doch nur... Moment, was denk ich denn da?!', ich riss mich zusammen und lächelte ihn an: «Hallo Wolf.» Er prallte zurück und sah mich an. «Was meinst du damit?» Der Junge sah von Tay zu mir und wieder zurück. «Ich hab's rausgefunden. Meine Grandma hat mir heute Morgen einiges erzählt. Du bist...» «Psssst!», zischte er und versuchte mich zum Schweigen zu bringen. Der andere Junge runzelte die Stirn, packte Tay am Arm und riss ihn herum. «Was war die Abmachung??» Er knurrte die Worte fast und seine Augen glühten förmlich vor Zorn. «Verdammt ich habe ihr nichts gesagt. Ich habe ihr nur das Buch gezeigt ...» «Du hast was?? Welches?» «Das alte, du weisst schon, das Buch in dem die Geschichte drinsteht.» «Sie ist keine von uns! Willst du uns in Teufels Küche bringen? Was, wenn sie zu... zu denen gehört, du ... du HUND!» Plötzlich zitterte Tay, er knurrte und fletschte die Zähne. «Tay?» Ich wollte zu ihm, doch Katja, welche besorgt zu uns getreten war, als der Junge anfing herumzubrüllen, hielt mich an der Jacke zurück. «Bleib wo du bist Amy!» Langsam wandte ich meinen Kopf, machte mich los und sagte: »Ich bin mir sicher, Tay würde mir nie weh tun. Bitte lass mich los!"
Vorsichtig trat ich auf Tay zu, welcher immer heftiger zitterte und zuckte, legte eine Hand auf seine Brust und redete leise auf ihn ein. «Hey alles ist gut. Ganz ruhig, schsch ganz ruhig. Ja so ist gut, atme tief ein. Komm Tay...» Tay beruhigte sich. Doch er atmete immer noch heftig. «Warum hast du dich ... ach so, wegen dem Wort ,Hund'.» Tay schaute mich nicht an. Stattdessen wandte sich der Junge mir zu und fragte: «Wie heisst deine Grandma?» «Wieso, wegen der Geschichte?» «Ja, also wie heisst sie?» Mit finsterem Blick sagte ich: «Redbirt.» «Anushka?» «Ja. Warum?» «Dann ist es ok, denke ich...», murmelte er, wandte sich um und sagte «Ach Tay? Pass ein wenig auf sie auf. Du weisst, jeder der davon weiss ist in Gefahr. Sie kann sich nicht verwandeln und deshalb nicht selber schützen.» Empört schnappte ich nach Luft. «Aufpassen? Auf mich? Ich bin nicht drei!» Tay legte mir beruhigend einen Arm um die Schultern und meinte: «Er will nur nicht, dass jemandem etwas passiert. Ausserdem», er lächelte mich sanft an, sein Zorn schien verflogen, «ist es unsere Aufgabe als Gestaltwandler auf Menschen aufzupassen.» «Tay?» «Ja?» «In was verwandelt ihr euch, wenn ihr Menschen beschützt?» Er grinste und deutete auf mein Shirt. «In ein Shirt?», scherzte ich. Er lachte schallend. «Nein du Dummerchen. In einen Wolf.» «Kannst du mir das mal zeigen?» Kurz erstarrte er. «Bitte!», bettelte ich. Er schloss kurz die Augen, schaute sich um ob auch ja niemand zu nahe stand und sagte: «Nicht jetzt okay? Nach der Schule nehme ich dich mit in den Wald. Aber du musst mir versprechen, nicht wegzulaufen. Bei einem wilden Tier ist das gefährlich» Ich starrte ihn an «Aber... du bist doch dann immer noch du... oder?» «Ja, schon, aber trotz allem habe ich eine Wolfsnatur und Wölfe rennen hinter ihrer Beute her. Selbst wenn es nicht zwingend heisst, dass sie sie auch... du verstehst?» Ich schauderte. Ich wusste genau, was er eigentlich noch hatte sagen wollen: töten. In diesem Moment läutete die Glocke.
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Hallo :-)
Ich hoffe, es kamen nicht zu viele Szenen in einem Kapitel vor. Was denkt ihr, wird Amy vor Tay Angst haben und weglaufen?
Übrigens, oben seht ihr, wie ich mir Amys Zimmer in etwa vorstelle.
LG
Moon
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