Kapitel 59
Bei Fremden
Ge. 03- Kapitel 59
»Unsere Damla ist also richtig brutal?«, grinste er mich von der Seite an. Ich schüttelte beschämt meinen Kopf und sah nach vorne. Das Blut schoss mir in de Wangen und mein Herz schlug schnell. Ich biss mir auf die Lippe.
»Ist unsere Damla etwa schüchtern geworden?«, grinste er dann. Die Art, wie er redete, sein Grinsen, seine Haltung, seine Stimme, ich weiß nicht wieso, aber mein Herz machte einen Sprung, als ich wieder zu ihm sah. Am liebsten hätte ich ihn die ganze Zeit beobachtet, aber was würde er dann von mir denken?
»Nö«, meinte ich leise. Er legte seinen Kopf schräg und beobachtete mich. Ich legte meine Hand in meine Hand. Mit meinem Ellenbogen stützte ich mich an meinen Tisch ab. Ehrlich wir sagten nichts, sahen uns nur an und diese Stille, sie war nicht bedrückend oder so, eher angenehm, eher beruhigend. Aber warum?
»Ich glaube, wegen dir krieg ich noch viel Ärger«, hauchte er leise.
»Man muss schon Konsequenzen ertragen können«, flüsterte ich. »Und seine Prioritäten setzen.«
Sein Grinsen wurde breiter. »Was glaubst du, warum bin ich sonst bei dir? Hab meine Prioritäten lange schon gesetzt.«
Ich grinste auch breit. »Soll ich Ceylan sagen, dass sie das nächste Mal deine Playstation kaputt machen soll?«
»Wehe«, lachte er.
»Was sonst?«
»Hakan, kennst du die Antwort?«, fragte unsere Lehrerin plötzlich. Hakan sah sofort nach vorne. Scheiße. Es fühlte sich für den Moment so an, als würde, wenn sich Hakan blamiert, auch ich es tun.
»Natürlich«, lächelte Hakan und sagte die Antwort. Okay, wie hatte elder denn das gerade geschafft? Wir hatten weder das Buch aufgeschlagen, noch an der Tafel etwas stehen. Wie konnte er mir zuhören und der Klasse?
»Richtig«, nuschelte unsere Lehrerin zwinkerte mir dabei zu und fuhr fort. Sie ging zur Tafel und schrieb Hausaufgaben auf. Dann schellte es auch schon. Das war ja wohl einer der schnellsten Lateinstunden der Welt!
Ich ging zum nächsten Unterricht, den ich ja mit Alara hatte. Sie war ziemlich nervös, weil wir ja in der ersten Pause noch das Problem mit Furkan klären wollten.
»Erdem hat bemerkt, dass mit mir etwas nicht gestimmt hat«, meinte sie.
»Wie?«, fragte ich.
»Kein Plan. Wir hatten ja 'ne Stunde Franze. Wir haben Aufgaben gehabt und dann ist unser Lehrer abgehauen, so schlau wie der ist und kam die restliche Stunde nicht. Kannst dir doch schon vorstellen, dass keiner die Aufgaben gemach hat. Ich hab die ganze Zeit auf mein Buch gestarrt und er hat mich halt gefragt, ob alles okay sei. Ich hab nur genickt. Erdem hat dann auch genickt, um zu zeigen, dass er es kapiert, aber ich hab in seinen Augen gemerkt, dass er wusste, dass nichts okay war. Ich meine... Uff, es war so scheiße. Er hat einfach seine Aufgaben gemacht, wahrscheinlich als einziger in dem Kurs.«
»Oh ne«
»Doch«, quengelte sie. »Ich konnte es ihm nicht sagen. Wie hätte ich das sagen sollen?«
»Du hast schon Recht, Alara, das ist schwer. Die ganze Situation ist scheiße.«
Sie ließ ihren Kopf hängen.
»Alara, gib nicht so leicht auf.«
»Damla, du hast diese Enttäuschung in seinen Augen nicht gesehen. Es hat so geschmerzt, Damla. Ich wusste gar nicht, was ich machen sollte. Die ganze Stunde hab ich ihn angestarrt, aber er hat danach nicht einmal aufgeschaut.«
Ich tröstete sie bis zur Pause, wo wir dann schließlich zum Lehrer gingen. Alara wurde noch angespannter, daran konnte ich nicht viel ändern. Aber das war doch wohl mehr als nur normal. Ich meine, wer wäre locker, wenn man dieser Person so etwas großes vorgeworfen hatte?
Dieses Dreckschwein Furkan kam auch. Er war irgendwie traurig, das sah man ihm an, aber ich hatte irgendwie kein Mitleid. Er hatte meiner zuckersüßen Alara weh getan.
»Das ist eine ernste Angelegenheit! Damit sollte man keine Späße begehen!«, rief der Lehrer sofort. Er sah wütend aus. »Sagt endlich Mal, was Sache ist! Das geht doch wohl so nicht!«
Den Lehrer verstand ich auch etwas. Es war ein extrem ernstes Thema, wobei man sofort handeln musste und womit nur niveaulose wie Furkan oder Cindy spaßten. Asozial.
»Ich- hab- gelogen«, zischte Furkan jedes Wort einzeln. »Es war alles eine Lüge.«
Der Lehrer hob eine Braue. »Wie?Weshalb? Hast du denn keinen gesunden Menschenverstand? Verstehst du nicht, dass diese Themen nicht lustig sind!?«
Er wurde sogar rot im Gesicht vom Schreien. Furkan sah einfach zur Seite und an seiner Haltung merkte man, das ihm alles scheiß-egal war.
»WIE KONNTET DU SO ETWAS TUN!?«, rief der Lehrer lauter. Furkan zuckte mit den Schulten, während der Lehrer zu mir und Alara sah. »So, ihr beiden Mädchen stimmt dem Typen zu? Es gab keine Zwangsheirat und wird sie auch nicht geben?«
Alara nickte.
»Ja«, sagte ich selbstbewusst und war mir sicher, dass Furkan so nicht davonkommen konnte. »Ähm, also jemand, der so etwas auf die Welt setzt, kriegt doch eine schöne Strafe?«
Ein Lächeln breitet sich, als ich das sagte und Furkan sah mich wütend an. Sorry, aber hallo? Der Typ war doch krank? So etwas würd' ich nicht noch einmal erlauben. Ich müsste besser aufpassen, auch auf diese Cindy und Bengü. Sie waren hinterhältiger, als ich dachte.
»Natürlich«, meinte der Lehrer und sah Furkan angeekelt an. »Na dann. Ihr Mädchen könnt gehen. Ich muss mit diesem jungen Mann noch einmal sprechen.«
Ich und Alara standen auf und gingen.
»Ist es jetzt vorbei?«, fragte Alara. Ich nahm sie in die Arme und nickte.
»Damla, ich hatte solche Angst«, nuschelte Alara in einer leisen zittrigen Stimme. Ich ertrug es nicht, sie so zu hören.
»Psst, alles ist gut. Wie haben es geschafft, Alara.«
Nach der Schule ging ich nach Hause. Erdem war schon lange vor mir angekommen und aß zu Hause etwas.
»Fettsack, ich bin gekommen!«, rief ich und grinste. Er grinste jedoch nicht zurück. Seine Stimmung war eher traurig. »Ey, Damla. Ich glaub Alara gehts nicht gut. Könntest du bei ihr bleibst und sie unterstützt. Du bist eine gute Freundin, Damla. Echt. Ich weiß, dass du das bestimmt schon bemerkt hast, ich wollte es nur so sagen.«
Er ging an mir vorbei und ich spürte die Enttäuschung, die von ihm ausging. Alara hatte Recht. Er hatte sich Sorgen gemacht.
Nachdem Erdem hochgegangen war, klingelte es an der Tür. Ich schlenderte zum Flur und öffnete die Tür gelangweilt und bekam einen Schock. Wenn das eine Problem beendet war, begann das Neue. Was suchte der Typ denn schon wieder hier?
»Hey, Damla«, begrüßte mich Nils. Er hatte seine Hände in seine Hosentasche getan und sah mich mit einem leicht lächelndem Gesicht an.
»Was suchst du hier? Verschwinde oder ich rufe meinen Bruder.«
Sein Lächeln verblasste. »Ich wollte ein letztes Mal mir dir reden. Ehrlich, ein letztes Mal. Ich bin dir das schuldig. Du bist mir das schuldig-«
»-ich bin dir nichts schuldig.«
»Bitte, Damla. Ich werde dich für immer in Ruhe lassen. Rede nur ein letztes Mal mit mir.«
Sollte ich?
»Rede«, forderte ich.
»Hier?«, fragte er verwirrt und ich nickte sofort.
»Sei froh, dass ich Erdem nicht sofort geholt habe.«
»Ein Stück«, bat er und deutete nach Draußen.
»Ich vertraue dir nicht«, sagte ich kalt und er zuckte zurück. Ich biss die Zähne fest zusammen. »Wie soll ich auch? Du hast mich schließlich betrogen.«
Er nickte. »Es tut mir leid«
»Halt deine Fresse. Deine Entschuldigungen will ich nicht hören.«
Nils nickte wieder. »Bis bald, meine erste Liebe«, begann er und ich hatte den Drang, ihm die Tür gegen das Gesicht zu knallen.
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