Kapitel 18
Bei Fremden
Kapitel 18
Ich knallte mit dem Kopf hart auf den Boden und hörte noch, wie die Tür zuknallte. Mein Kopf tat sehr weh und ich versuchte mich aufzurichten. Schwer gelang es mir wieder auf den Beinen zu stehen. Die Schmerzen am Kopf wurden breiter, doch ich beachtete sie nicht so sehr, denn sie waren kein Vergleich für meine Momentanen seelischen Schmerzen.
Ich schluckte und starrte die geschlossene Haustür an. Wieder kullerte eine Träne über mein Gesicht.
Ich taumelte etwas herum und ging auf die Tür zu. »Anne, aç kapıyı! (Mama, mach die Tür auf)«, rief ich und haute gegen die Tür. »ANNE!«, rief ich.
Ich ging ein paar Schritte zurück und holte mir einen Stein und warf diesen gegen die Tür, die der Eingang zu meiner persönlichen Klapse war. Ich holte noch einen und schmiss es wieder. »Wer's sieht würde glauben, ich würde in dieses verfickte Haus wollen!«
Ich schluchzte laut und ließ mich auf den Boden fallen. Der Schmerz in meinem Inneren war unbeschreiblich und auch der Schmerz von meinem Kopf wurde immer größer. Ich fasste an meine Stirn und merkte, dass dort etwas Dickflüssiges war.
Ein Blick auf meine Hand bestätigte, dass es Blut war. Wie ein Kleinkind weinte ich noch lauter und sah wie versteinert auf meine Hand.
Eine Hand half mir hoch zu kommen. Ich kannte die Person nur nicht. Die Qual der Kopfschmerzen wurde immer größer, als ich aufstand und ich sah nur noch schwarz vor Augen.
...
Als ich aufwachte lag ich auf einem Bett in einem Raum, welches ich zum ersten Mal sah.
Eine Frau kam herein und lächelte mich an, als sie sah, dass ich wieder bei Bewusstsein war. Ich rieb mit meiner Hand mein Auge und blinzelte einige Male. Dann kamen mir wieder alle Bilder hoch und mein Herz schmerzte.
Die Frau trug ein Tablett zu mir mit einer Suppe und Wasser. Sie überreichte es mir und strich dann durch mein Haar. »Du bist doch Damla, nicht?«, fragte sie mit großen Augen. Irgendwie hatte ich das Gefühl, sie schon einmal gesehen zu haben.
Ich nickte.
»Du bist in Ohnmacht gefallen und hattest eine Wunde am Kopf. Ich hab bei euch geklingelt, aber keiner hat aufgemacht, also hab ich dich schnell zu mir geholt. Ich bin deine Nachbarin.«
Ich nickte wieder und verstand, warum sie mir vertraut vorkam.
»Ich gehe gleich noch einmal klingeln, okay? Iss du deine Suppe.«, sagte die Frau mit einer zarten Stimme und ging aus dem Raum. Meine Mundwinkel zogen sich nach unten und meine Stirn lag in Falten. Ich wollte mir gar nicht vorstellen, wie ich aussah. Mein Kopf pochte noch etwas, doch der Schmerz war sehr zurückgewichen.
Sofort fasste ich an meinem Kopf und fühlte ein Verband. Die Frau kümmerte sich besser um mich, als meine Mutter. Das Verhalten meiner Mutter war nichts Neues für mich. Sie schmiss mich aus Autos, aus ihrem Haus, aus was weiß ich noch. So war sie eben.
Die Frau kam zurück und sie sah etwas enttäuscht aus. »Es macht immer noch niemand auf.«
Ich sah zu Boden und die Frau kam näher zu mir und lächelte mich warm an. »Mach dir nichts daraus. Wenn sie nicht da sind, bleibst du halt einen Tag hier. Ich beiße auch nicht.«
Ich nickte und schöpfte mit einem Löffel Suppe aus dem Teller und trank. Es tat gut und die Suppe schmeckte wundervoll. »Danke«, brachte ich brüchig hervor.
»Ist doch wohl selbstverständlich!«
Für mich eben nicht. Ich löffelte die Suppe zu Ende und tat sie dann bei Seite. Die Frau setzte sich an das Bett und sah mir zu. Ich trank noch das Wasser, als die Frau wieder aufstand.
»Brauchst du noch etwas? Hast du noch Schmerzen?«, fragte mich die Frau und meine Augen füllten sich mit Tränen.
»Oh nein«, nuschelte die Frau und umarmte mich. Danach sah sie mich lächelnd an und bot mir, mich zu duschen. Es würde mir bestimmt besser gehen, meinte sie. Ich nickte und stand vorsichtig auf.
»Pass dabei auf deinen Kopf auf, okay?«, rief sie mir noch zu, als ich die Tür schloss.
Das heiße Wasser tat mir verdammt gut. Ich dachte nach und merkte, dass mein Leben früher auch nicht ganz so berauschend war. Es war nur besser als jetzt.
Nachdem ich geduscht hatte, legte ich mich wieder hin und schlief ein.
Am nächsten Tag weckte mich die nette Frau. »Es war wieder niemand bei euch«, murmelte sie traurig. Ich sah zu Boden und konnte es kaum fassen.
Naja, meine Mutter eben.
Ich stand auf und machte mich frisch. Die Frau brachte mir die Kleidung ihrer Nichte, die sie am Wochenende immer besuchen kam. Ich bedankte mich tausend Mal bei ihr und ging dann aus dem Haus.
In der Schule fühlte ich mich extrem komisch. Ich hatte schließlich kein Handy, keine Tasche, wirklich nichts dabei! Als meine Mutter. Mich raus geschmissen hatte hätte ich schlecht sagen können, dass sie mir noch kurz mein Handy oder meine Tasche geben soll.
Ich suchte nach Alara, fand sie jedoch nicht und musste schon hoch, als es schellte. Mühsam stieg ich die Treppen bei dem Gedrängel.
»Hey!«, rief mich jemand von der Seite an und grinste wie bekloppt. Es war Furkan, der Verehrer von Alara.
»Weißt du, wo Alara ist?«, fragte er und sah mich dabei hilflos an. Er tat mir fast schon leid. Fast.
»Wenn ja würde ich es dir nicht sagen.«, entgegnete ich und wollte weiter hoch, doch er zog mich am Arm weiter zu sich. »Sag mir wo sie ist! Ich liebe sie!«
Oh ne!
»Schön, dass du sie liebst, jetzt lass mich in Ruhe!«
Er zog mich weg von der Menge in einen Gang hinein. Wenn ich zu spät zu Latein kommen würde, würde ich ihm eine rein schlagen.
»Lass los!«, kreischte ich.
»Sag Alara, dass ich ein netter Kerl bin, bitte! Ich küsse dir auch die Füße!«
Die Füße? Bah! So jemanden wie dich würde ich nie für Alara aussuchen.
»Nein!«, rief ich und er packte mich am Arm.
»Lass sie los!«, hörte ich eine bekannte Stimme befehlen. Mein Herz schlug schon wieder verdammt schnell, als ich Hakan sah.
Furkan ließ mich wirklich los und ging einfach davon.
Hakan würdigte mir keinen Blick, sondern ging einfach an mir vorbei. Ich ging ihm nach zum Latein-Raum und setzte mich dort hin.
»Salve discipuli et discipulae (Guten Morgen Schüler und Schülerinnen)«, begrüßte uns die Lehrerin. Ich wollte gerade an meine Tasche, wo mir auffiel, dass ich gar keine dabei hatte.
»Äh, Hakan... kann ich von dir ein Stift und ein Blatt?«, fragte ich und fühlte mich dabei wie ein überdimensionales Opfer.
Er sah mich kurz kalt an und holte mir dann ein Blatt und einen Stift heraus. Wieso war er wieder so kalt? Wieso?
»Was ist?«, fragte ich ihn.
»Muss dich nicht interessieren.«
»Könntest du dich bitte entscheiden!«
»Wobei?«
»Ob du scheiße oder nett zu mir bist.«
»Ich bin doch nicht scheiße zu dir«, sagte er und blickte zu mir. »Ah, Damla, was ist mit deiner Stirn?«
Er sah plötzlich so besorgt aus, dass mein Herz mir weh tat.
Ich fasste an meine Stirn, wo mein Verband war. Es war nicht so schlimm, aber gestern hatte es noch total weh getan. »Ich glaube, das muss dich nicht interessieren.«
Hmpf! Nicht nur er kann kalt sein!
Ich sah stur nach vorne und spürte noch seinen Blick. Nicht mal 'ne Minute verging und ich musste ihn wieder ansehen. »Ich hab eben keine Erfahrung darin!«
Er grinste und dieses grinsen... ah, ich glaube ich schmelze.
»Geh, ignoriere mich weiter.«
»Das war nie wirklich meine Absicht. Okay, schon, aber nicht wirklich.«
»Wie jetzt? Du wolltest mich also unwirklich ignorieren. Wie soll ich das bitte verstehen?«
Er grinste nicht mehr, aber seine Augen strahlten. »Ich- ich weiß nicht, was los ist.«
»Dann kläre ich dich auf. Du ignorierst mich und nebenbei auch die ganze Schule. Manchmal sprichst du dann mit mir und manchmal wieder nicht.«
Er nickte. »Tut mir leid.«
»Echt?«
»Unecht.«
Ich schlug ihm dafür auf den Oberarm. Ich wusste gar nicht, was in mich gefahren war. Es war einfach aus Reflex.
»Soll ich euch noch einmal hier lassen, damit ihr euch wieder vertragt, Demir und Metin?«, fragte unsere Lehrerin, die schon bei uns stand. »Oder schlägt ihr euch jetzt nicht mehr?«
Der Rest aller Schüler arbeitete am Buch. Wir hatten da wohl eine Menge verpasst.
»Ich hab die nicht einmal angefasst!«, rettete sich Hakan.
»Ja klar! Alle Schuld auf mich schieben!«
Unsere Lehrerin lachte. »Hört auf, euch wie ein altes Ehepaar zu benehmen.«
»EHEPAAR?«, fragten ich und Hakan im Chor und plötzlich sah uns der ganze Kurs an. Verdammt.
Die Lehrerin lachte und ging wieder zum Pult. »Genau, so meinte ich es.«
Es wurde angefangen zu tuscheln.
»Bestimmt wollte sich diese Demir an Hakan ranmachen«, hörte ich ein Mädchen vor mir sagen. Neiiin! Da Hakan "der unerreichbare war", war ich automatisch die, die sich an ihn ranmacht! Boden tau dich auf!
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