Kapitel 4: Rückseite
Das Erste, was passiert war, war, dass mir von irgendjemandem das Glas aus der Hand geschlagen wurde. Ich hatte gar nicht mehr mitbekommen, von wem. Nachdem ich dem Glas nachgeschaut hatte, wie es in einzelne Teile zerbrochen am Boden lag, spürte ich an einer meiner Handgelenke einen festen Griff. Ich wurde mitgezogen, wohin konnte ich nicht erkennen. Es war so schnell und meine Sicht beschränkte sich auf ein verschwommenes und kleines Feld.
Das Nächste, was ich wahrnahm war, dass ich gegen eine Wand gedrückt wurde. Zwei Hände fuhren mit unter mein weißes Poloshirt; berührten die zwei kleinen, unscheinbaren Punkte auf meiner Brust. Spielte daran rum, dass es zwickte. Dann wurden Lippen auf die meinen gedrückt. Angeekelt drückte ich meinem Kopf gegen die Wand, um Distanz bewahren zu können. Doch es brachte nichts, denn der Mund folgte mir. Wurde wieder auf meinem gedrückt, ohne dass ich mich hätte wehren können. Die Hände wurden zurückgenommen, hingegen an dem Reißverschluss meiner Hose platziert.
Antonia bückte sich. Erst dann erkannte ich, wo ich mich befand.
Auf dem Mädchenklo.
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„Geh weg und lass ihn in Ruhe!", hörte ich es
rufen. Nach kurzer Überlegung kam ich darauf, dass das Vanessa's Stimme gewesen war. Sie zog meine Ex von mir weg. „Er wollte es doch!", versuchte sie sich zu
wehren. Vanessa schubste Antonia gegen den länglichen Spiegel neben den zwei Waschbecken. „Nein, wollte er nicht", entgegnete meine Freundin wieder. „Hey, ihr Zwei, geht auseinander!", mischte sich nun auch noch eine dritte Stimme ein. Das war zu viel für meinen Kopf. Ich bemerkte, wie mir noch schwummriger wurde, als mir
ohnehin schon war. Wieder wurde nach meiner Hand gegriffen. „Komm, das war's für heute. Ich bringe dich nach Hause. Kannst du mir sagen, wo du wohnst?", fragte mich die gleiche Stimme, die eben schon gesprochen hatte. Mit jeglicher Mühe und Not brachte ich mit den nötigsten Worten meine Adresse heraus und ließ mich einfach hinterherziehen.
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Als wir draußen waren, holte ich einmal tief Luft. Die Kälte der Nacht tat gerade gut. Befreite mich ein klein wenig von dem Durcheinander, das in meinem Kopf herrschte. Die Frau, die mich nach draußen mitgenommen hatte, sperrte ihr Auto auf und setzte mich auf den Beifahrersitz. Sie gab die Adresse, die ich zuvor genannt hatte, in ihr Navi ein. Scheinbar wusste sie nicht, wo dieser Ort war, vielleicht war sie gar nicht von hier. Ich
scheiterte daran, mich anzugurten, also half sie mir dabei. Dann startete sie den Motor.
Schon als sie die ersten Meter gefahren war, wurde mir schlecht. Deshalb versuchte ich meinen Blick nicht auf die Straße zu fokussieren, sondern starrte auf das Amateurenbrett. „Ist dir nicht gut? Soll ich nochmal anhalten? Muss du dich übergeben?", einfühlsam hatte sie mich das gefragt. „Nein, bitte fahr weiter. Ich will nach Hause und das Vorherige verdrängen". Letzteres hatte ich nicht gesagt. „Okay, aber ich mache dir das Fenster auf". Ihre Stimme war so wunderschön. Sogleich ging mein Fenster ein kleines Stück auf. Der Luftzug fühlte sich gerade richtig gut an. Sie fuhr langsam weiter. Ich lehnte meinen Kopf an das Fenster. Es war kalt. Auch das war gerade richtig.
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Sie brachte mich noch bis vor meiner Haustür, fragte mich, ob ich klarkam. Ich sagte nichts, da ich es nicht wusste. Ich tastete meine Hosentasche ab, da ich nicht mehr wusste, wo ich meinen Wohnungsschlüssel hineingestopft hatte. Die Frau half mir ihn zu finden; sie konnte mir nicht zusehen, wie ich mich anstellte. Als wir ihn hatten, sperrte sie mir sogleich noch die Haustüre auf, half mir die Treppe hochzugehen, ohne zu stolpern, – wobei ich mich auch schon am Geländer festhalten musste – sperrte meine Wohnungstür auf und brachte mich im wahrsten Sinne des Wortes auch noch ins Bett.
Wenn ich nüchtern gewesen wäre, wäre es mir so was von unangenehm gewesen. Da ich aber mehr als nur betrunken war, war es mir egal. Ich war einfach froh, dass ich jetzt dank ihrer Hilfe eingekuschelt in meinem Bett lag.
Ich war ihr so dankbar, dass ich nach ihrem Arm griff und sie zu mir ins Bett zog. „Danke", flüsterte ich ihr zu, bevor ich meine Kopf auf Ihrem ablegte, einen Arm um ihren Körper legte, ein leises Kichern wahrnahm und langsam einschlummerte.
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