Kapitel 19: Stärke
"Das hat sich verdammt gut angefühlt...", schwärmte ich, nachdem ich mein Gesicht etwas von ihrem entfernt hatte. "Das hat es wirklich", stimmte sie mir zu und kurz glaubte ich nicht, diese Worte zu hören. Hatte sie das wirklich gesagt? Ich musste schmunzeln. "Danke...", murmelte ich und setzte mich auf, ohne den Blick von ihr abzuwenden. "Wofür?", fragte Lia, obwohl sie bereits wusste, was ich meinte. "Dafür". Ich ließ die Decke von meinem Körper fallen, was kein Problem war, das wir immer noch Kleidung trugen - wobei ich in diesem Moment auch nichts dagegen gehabt hätte, wenn das nicht so gewesen wäre. Schnell strich ich diesen Gedanken wieder aus meinem Kopf und erhob mich. Sie tat es mir gleich. "Ich bin dann mal im Bad. Du kannst dir drüben etwas zum Essen machen, du weißt ja, wo dich bedienen kannst", erwiderte ich und ging die paar Meter hinüber zum Badezimmer.
Ich wollte duschen. Doch das Erste, was ich tat, war, dass ich einen Blick in den Spiegel warf. Meine Haare waren sehr zerzaust. Dass meine Lippe hingegen schon fast wieder verheilt war, gefiel mir schon eher. Kurz dachte ich darüber nach, dass ich bei den Küssen mit Lia gar keine Schmerzen verspürt hatte - gut für mich. Dann entkleidete ich mich, stieg in die Dusche und ließ das warme Wasser auf meine Haut plätschern. Die frische Dusche fühlte sich so gut an, ebenso wie das Putzen der Zähne oder das Kämmen der Haare. Seit Langem fühlte ich mich wieder gut. Zumindest, wenn ich diese schlimmen Szenen im Kopf zurückhalten konnte. Sonst würde ich, so wusste ich, wieder sofort anfangen zu weinen; den seelischen Schmerz an mich heran lassen. Und vor allem mich gehen lassen. Es war Wahnsinn, was ungewollte und aufgezwungene Berührungen und Annäherungen mit einem machen konnten. Genau diesen Wahnsinn wollte ich verbannen. Nie wieder daran denken müssen, das war es, was ich erreichen wollte.
» «
Schon als ich die Badezimmertür öffnete, stieg mir der Geruch von Essen in die Nase. Ich folgte der Spur, sie hatte gekocht. "Na, was gibt es denn Feines?", wollte ich wissen, während ich von hinten die Arme um sie legte. Es war schon ein komisches Gefühl gewesen, sich plötzlich so nah zu sein. Und trotzdem fühlte es sich mehr als richtig an. Ich konnte nur hoffen, dass sie genau so empfand.
"Nichts besonderes", meinte sie und schob sich die volle Gabel in den Mund. "Aber es scheint lecker zu schmecken", stellte ich fest und lachte kurz auf. Mit vollem Mund nickte sie. "Chris, jetzt mal ernsthaft", sagte Lia, nachdem sie geschluckt hatte. „Ich weiß nicht, was ich wegen Daniel machen soll. Was würdest du denn an meiner Stelle tun?" Kurz war ich etwas perplex, denn damit hatte ich nun wohl wirklich nicht gerechnet. Ich schnaufte einmal laut durch. "Ich weiß es nicht...", gab ich zur Antwort, da ich wirklich nicht wusste, was ich sonst sagen sollte. "Ja, soweit bin ich auch...", erwiderte sie etwas enttäuscht. Ich spürte schon wieder diesen Stich in meinem Herzen. Es tat mir weh, dass ich ihr nicht helfen konnte. Lia legte die Gabel ab. Mein Lächeln verschwand. „Es ist einfach so seltsam. Jetzt hier zu sein und mit dir darüber zu reden. Ich habe mich nie getraut mich jemand so anzuvertrauen wie dir. Schon komisch...", redete sie weiter. „Komisch..." flüsterte ich vor mich hin, nicht sicher, ob sie mich hören konnte. „Ich finde es schön von dir, dass du mir das anvertraut hast..." zum Ende hin war meine Stimme immer leiser geworden. Ich wurde immer unsicherer, je mehr Wörter ich aussprach. Hatte Angst davor, was sie dachte. Und obwohl ich versucht hatte, meine Begeisterung zu überspielen, hatte das nicht so funktioniert, wie ich das wollte. Sie atmete laut auf. Bereute sie es, sich mir anvertraut zu haben? "Entschuldige...", versuchte ich mich noch zu entschuldigen, doch sie stand bereits auf. Wahrscheinlich um zu gehen. Vielleicht hätte ich meine Gedanken nicht laut aussprechen sollen. Doch Lia blieb vor mir stehen, legte eine Hand auf meiner Wange ab und gab mir den besten Kuss, den ich je bekommen hatte. "Danke, dass du für mich da bist", sagte sie, während mich ihre blaugrauen Augen in den Bann zogen.
Mein Herz sprang vor Freude.
Lia warf einen Blick auf ihre Hand, streifte sich ihren Ring ab und schmiss ihn mit voller Wucht auf den Boden. „Du bist so stark...", flüsterte ich ihr ins Ohr, bevor ich sie in den Arm nahm. So sehr, dass ich mich zurückhalten musste, sie wieder zu küssen. Doch auch wenn ich es gewollt hätte, dazu kam es gar nicht. Denn ein kraftvolles Klopfen löste Panik in mir aus und sofort stiegen mir gewisse Erinnerungen in den Kopf.
Diese schrecklichen Bilder.
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro