Kapitel 3
Trotz, dass sie wieder bei Verstand war, konnte sie sich nicht beruhigen. Zu sehr war sie durch die Geschöpfe eingeschüchtert, die sich bereits wieder um sie herum versammelten.
Leise flüsterten sie, in einer ihr unverständlichen Sprache, wenn sie denn tatsächlich etwas richtiges sagten und nicht einfach nur wirr vor sich hin murmelten. „Tief durchatmen. Ihr müsst Euch beruhigen.“ Sanft legten sich seine kalten Hände auf ihre Schultern, die ihr viel zu klein für seine Hände vorkamen, um diese stützen zu können. Nervös schloss sie ihre Augen und achtete auf ihren Herzschlag. In der Ferne konnte sie ein Glöckchen klingeln hören. Ohne etwas zu tun wurde sie von einer plötzlichen inneren Ruhe erfüllt, die sie nur zu gerne in sich aufnahm.
Als sie ihre Augen wieder öffnete, sah Cole sie abwartend an. Dabei ließ er langsam von ihr ab, strich dabei ihre freien Arme hinab, bis zu ihren Fingerspitzen und ließ sie los. „Nur, wenn Ihr es zulasst, können sie Euch etwas anhaben. Der Ort, an dem wir uns befinden, ist die Ebene der Schatten. Menschen werden Euch nicht sehen können. Wir Dämonen verlassen diese Ebene nur, wenn wir gesehen werden wollen. Und wenn Dämonen diesen Ort verlassen, kann es gefährlich für Euch werden, wenn sie mitbekommen das Ihr sie sehen könnt. Kommt wieder rein, dort können wir uns in Ruhe unterhalten.“
In einer eher steifen Geste, bot er ihr seine Hand an, die sie sofort ergriff.
Es war nur eine kleine Geste, doch für Ava bedeutete sie viel mehr.
Es hatte sie schon lange niemand mehr berührt, geschweige denn ihre Hand gehalten. Sie war davon berührt, dass dieser, wenig freundliche, Dämon plötzlich behutsame mit ihr umging.
Er führte sie auf sicherem Weg zurück in die Hütte, die auf einmal aussah wie ein kleiner Palast.
Es war aus schwarzen Steinen erbaut.
Die Tür ganze in einem dunklen rot.
Sie sah aus, als wäre sie mit Blut bemalt worden.
Cole bemerkte ihren verwirrten Blick und begann zu erklären.
„Die schäbige Hütte ist nur eine Illusion, um unbefugte fern zu halten. Ich habe nicht gerne ungebetene Gäste.“
Obwohl es nicht oft vorkam, dass sich jemand in diesen Wald verirrte, wollte er trotzdem auf Nummer sicher gehen.
Er wollte nicht noch einmal riskieren, dass ein Menschlein den Weg in sein Heim fand, wie es einst ein kleines Mädchen geschafft hatte.
„Oh, dann gehe ich besser!“
Sie wollte schon durch die Tür und das Weite suchen, doch Cole durchschaute ihre Scharade sofort und hielt sie fest.
„Ihr Menschen seid so feige. Ihr wolltet doch wissen, was mit Euch nicht stimmt und doch lauft Ihr vor Antworten davon!“ Voller Wehmut schaute sie auf ihre Füße, während sie langsam wieder losgelassen wurde. „Wenn Ihr geht, sehen wir uns nie wieder. Ihr werdet die Antworten auf Eure Fragen von niemandem, außer von mir bekommen können. Wenn es das ist, was Ihr wollt, so verlasst meine Räumlichkeiten und ihr vergesst mich sofort.“
Sie haderte mit sich, war hin und hergerissen. Einerseits wurmten sie ihre Fragen und die plötzliche Möglichkeit, all diese beantwortet zu bekommen, reizte sie. Andererseits wollte sie so tun, als hätte sie von alledem keine Ahnung, würde nur zu gern wieder vergessen, dass es eine zweite Ebene gab, die sie als Mensch betreten konnte.
Die Neugier gewann und so gesellte sie sich wieder zu Cole, der anerkennend nickte, obwohl sein Blick eisern blieb und keine Gefühle preisgab.
„Normalerweise können Menschen keine Dämonen sehen, doch es gab in der Geschichte einige, die behaupteten uns sehen zu können. Natürlich waren die meisten dieser Bauern Lügner, doch manche sprachen die Wahrheit. Um uns sehen zu können, muss man eine bestimmte Veranlagung zum übersinnlichen haben. Ihr könnt uns erst seit Kindestagen und nicht von Geburt an sehen. Was ist Euch widerfahren?“
Ihre Kehle schnürte sich zu.
Ava fühlte sich plötzlich allein gelassen. Unendlich leer.
„Mein Vater verstarb, kurz bevor ich anfing Dämonen zu sehen. Ich war bei ihm, als er einen Autounfall hatte."
Erinnerungen brachen auf sie ein.
Schreckliche Bilder vom Unfall tauchten vor ihrem inneren Auge auf.
Sie schluckte den Kloß in ihrem Hals hinunter und fuhr, nach einer kurzen Pause, fort.
"An dem Tag regnete es stark, die Straßen waren kurz davor, überflutet zu werden. Auf der Straße war etwas aus dem Nichts aufgetaucht, wodurch mein Vater stark abbremste und ins Schleudern geriet."
Sie kniff die Augen zusammen und atmete zittrig ein und aus. Ihr Herz fühlte sich schwer wie ein Stein in ihrer Brust an, während sie alles noch einmal durchlebte. Der Dämon sah sie aufmerksam an und beobachtete ihre Mimik. Unter Dämonen war es nicht üblich, einen anderen Ausdruck, außer einem neutralen, aufzusetzen. Abgesehen von Wut, aber dieser Ausdruck Unterschied sich kaum davon. Sie waren kalte Wesen, die es nicht nötig hatten, Gefühle über Mimik zu äußern. Cole war fasziniert davon, wie sie die Stirn runzelte und sie ängstlich ihre Augen zu kniff, obwohl sie keiner Gefahr ausgesetzt war.
"Er fuhr den Hang hinab und prallte in einen Felsen. Ich überlebte nur, weil mich irgendwer gerettet hat, bevor das Auto in Flammen ausbrach. Meinen Retter konnte ich nicht erkennen, ich war viel zu benommen, um auf etwas zu achten.“
Nun war es der blonde, dem die Worte fehlten und obwohl er versuchte seine kalte Maske aufrecht zu erhalten, begann sie zu bröckeln, zeigte einen Hauch von Reue.
Ava war zu traurig, um dies zu bemerken. Erneut kamen ihr die Tränen.
Dieses Mal hielt sie diese tapfer zurück, damit Cole nicht noch armseliger von ihr dachte. „Es tut mir leid, Euch an diesen Tag zu erinnern. Diese Gestalt wird wohl der Auslöser Eurer Empfindlichkeit, der Dunkelheit gegenüber, gewesen sein. Ihr seht erschöpft aus. Lasst mich Euch nach Hause geleiten. Der Tag dürfte fast vorüber sein.“ Sie schniefte und fuhr sich, mit dem Ärmel ihrer Jacke, über ihre Augen.
Sie nahm ihr Handy zur Hand und schaute auf die Zeitanzeige.
Sie zeigte sie bereits den frühen Abend. Stille überkam die Beiden.
Jeder hing seinen eigenen Gedanken nach und so kam es, dass sie, ohne es zu merken, auch schon vor ihrem Haus standen.
„Bald suche ich Euch erneut auf. Doch nun, ruht sanft.“ Er verbeugte sich leicht und ging davon, ohne eine Erwiderung abzuwarten. Verblüfft sah sie ihm nach, verstand sein seltsames Verhalten nicht. In einem Moment war er noch gemein und im nächsten war er gruselig charmant.
>>Selbst für einen Dämon benimmt er sich seltsam!<<
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