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~22~

»Bitte nehmen Sie einen Moment Platz. Mein Chef wird gleich für Sie da sein.«

»Vielen Dank.« Etwas unbeholfen gehe ich zu den Stühlen und lasse leise einen Seufzer entweichen. Was mache ich hier eigentlich?

»Danke, Jam.« Piet klopft mir auf den Rücken und lächelt mich an. Ich erwidere das Lächeln und nicke kurz, doch das Unbehagen bleibt. Um mich abzulenken, schaue ich mich im Empfangsbereich um. Abgesehen von der Frau in den bunten Klamotten wirkt der Raum ziemlich schlicht. Die wenigen Bilder sind in Schwarz-Weiß, und die Einrichtung folgt diesem Stil. Erneut seufze ich und überlege, wie ich mich gleich am besten ausdrücken soll.

Ich mag es nicht, jemanden anzuschwärzen; das zieht immer unangenehme Folgen nach sich. Aber Piet kann dem Anwalt schlecht erklären, wo das Problem liegt.

Mein Blick wandert zu meinem Chef, der trotz des Chaos erstaunlich gelassen wirkt. Wenn ich so darüber nachdenke, hat er die ganze Situation ohnehin recht nüchtern aufgenommen. Während andere vielleicht ausflippen oder zumindest schockiert reagieren würden, hat Piet nur stumm genickt, als ich ihm gestern Abend erklärte, was ich rausgefunden habe.

Eigentlich war es David, der diese minimalen Unregelmäßigkeiten in den Buchungen entdeckt hat. Nur seinetwegen sitzen Piet und ich jetzt bei einem Fachanwalt für Steuerrecht und haben eine kleine Chance, weiteren Schaden abzuwenden – vorausgesetzt, dieser Anwalt entpuppt sich nicht als Totalausfall. Nichts gegen ihn als Juristen, aber als ehemaliger Kumpel von Piet fällt er nicht unbedingt in meine Kategorie der Vertrauenswürdigkeit. Immerhin ist sein Steuerberater auch jemand, den Piet über fünf Ecken als ›Kumpel‹ bezeichnet hat.

Genervt rolle ich mit den Augen. Mit solchen Vorurteilen in das Gespräch zu starten, ist nicht gerade förderlich. Gleichzeitig kann ich einfach nicht nachvollziehen, wie mein Chef sich so verarschen lassen konnte. Wer gibt bitte demjenigen, der mit den Finanzen jongliert, einfach eine Vollmacht fürs Geschäftskonto? Das ist schon selten dämlich.

Meine Gedanken lassen mich erröten, weshalb ich den Kopf senke. Ich weiß, dass Piet nicht dumm ist; er hat ja offen zugegeben, dass ihm Zahlen einfach nicht liegen. Trotzdem kann ich nicht verstehen, warum er Felix nicht früher gefragt hat – immerhin wird er die Bar doch irgendwann erben und es wäre gut gewesen, wenn er vorher über alles Bescheid weiß. Oder plant Piet etwa sie zu verkaufen? Erschrocken blicke ich wieder auf und mustere ihn von der Seite. Würde er wirklich sein Lebenswerk in fremde Hände geben? Und was wird dann aus uns?

Nervosität durchströmt mich; ich beginne mit den Beinen zu wippen und sehe erneut durch den Raum. Verdammt, warum dauert das denn so lange?!

»Alles okay, Jam?«

»Mhm.«

»Du wirkst nicht so.«

Ich sehe ihn an – diese blauen Augen, die mir so vertraut und gleichzeitig so fremd sind. Würde er mir ins Gesicht lügen, wenn ich ihn frage? Oder unterscheiden sich Vater und Sohn in diesem Punkt? Ich öffne den Mund und schließe ihn wieder. Jetzt gerade sind wir eine Einheit oder sollten zumindest als solche auftreten; mal abgesehen davon geht es mich auch eigentlich nichts an.

Dennoch wird mir flau im Magen bei dem Gedanken daran, irgendwann einen anderen Chef vor der Nase haben zu können.

»Du hast deinen Teil übrigens erfüllt.«

»Hm?«

»Unser Deal?«

Sofort schüttele ich den Kopf. Nachdem ich Davids Fund überprüft und Piet angerufen hatte, habe ich nicht mehr wirklich weitergemacht. Was sollen wir dem Finanzamt auch bringen, wenn es Fehler gibt?

»Doch hast du. Was zählt, ist das Ergebnis.«

»Warten wir erstmal ab, was bei dem Gespräch rumkommt.«

»Nicht gleich so optimistisch, Jam.« Er sagt das so trocken, dass ich den Sarkasmus im ersten Moment nicht verstehe. Doch als sich ein minimales Lächeln auf seinem Gesicht ausbreitet, muss ich dann doch lachen – auch er grinst breit zurück und sieht plötzlich Jahre jünger aus.

Dann wird sein Gesicht wieder ernst und er schaut an mir vorbei. Ich wende mich ebenfalls dem Gang zu; ein Anzugträger kommt uns entgegen. Ohne es zu wollen, muss ich sofort an Davids Aufmarsch in der Bar denken und mir prompt das Schmunzeln verkneifen. Wann habe ich ihn eigentlich das letzte Mal in einem solchen Outfit gesehen?

»Piet? Schön, dich zu sehen!«

»Andy.« Mein Chef erhebt sich und überragt den Mann vor ihm, offensichtlich der Anwalt, um zwei Köpfe.

»Lang ist's her.« Zuerst geben sie sich die Hand und dann umarmen sie sich kurz freundschaftlich.

»Und wer ist das?«, fragt er und wendet sich mir zu.

»Das ist Jamie ... meine ... ähm ...«

Etwas verlegen halte ich ihm meine Hand entgegen. »Jamie Heinemann. Ich bin seit kurzem für die Finanzen zuständig.«

»Ah! Sehr gut und natürlich sehr erfreut! Andy Schmitz.« Er schüttelt fest meine Hand, lässt sie wieder los und klopft Piet anschließend auf die Schulter. »Wurde auch langsam Zeit, dass du jemanden aufräumen lässt!«

Piet brummt nur und ein Grinsen breitet sich auf meinem Gesicht aus – dieser Andy Schmitz kennt ihn scheinbar wirklich gut. Vielleicht sorgt das dafür, dass wir Erfolg haben werden.

»So! Dann kommt mal mit und lasst mich sehen, was ich für euch tun kann.«

~~~~~

Kritisch betrachte ich die Auswahl an Kuchen vor mir und frage mich, wer all das essen soll. Es scheint eine weitere Eigenschaft zu sein, die Sascha von Piet übernommen hat.

»Greif zu«, brummt dieser und deutet auf die Teilchen auf unserem Tisch.

Was sich die Bedienung wohl bei seiner Bestellung gedacht hat? Immerhin hat sie ziemlich komisch geschaut, als sie bemerkt hat, dass wir nur zu zweit sind. Vielleicht liegt es aber auch an der Kombination aus Piet und mir – wir sehen nun mal nicht wie Vater und Tochter aus.

Für einen kurzen Moment wünsche ich mir meine blauen Kontaktlinsen zurück. Abgesehen von meinen vorherigen matschgrauen Haaren, die zwischenzeitlich grün geworden sind, habe ich jetzt, nach einem dringend benötigten Friseurbesuch, ein seltsames Mischbraun auf dem Kopf. Es kommt zwar meiner Naturhaarfarbe – dem ›Kackbraun‹, wie David es früher immer genannt hat – nicht mal im Ansatz nahe, ist aber besser als der Albtraum vorher. Die Ähnlichkeit zu Piet ist damit allerdings völlig verschwunden.

Im nächsten Moment runzele ich die Stirn. Was ist heute nur mit meinen Gedanken los? Sollte es mir nicht vollkommen egal sein, was die Bedienung denkt? Seufzend, aber gleichzeitig nickend, nehme ich mir ein Stück Erdbeerkuchen – keins dieser widerlichen Teile mit dem glibberigen, durchsichtigen Kram dazwischen, sondern ein richtiges Stück mit frischen Erdbeeren.

»Irgendwie wirkst du immer noch so, als würde etwas nicht stimmen. Bist du mit dem Ergebnis unzufrieden?«

Verwundert blicke ich auf. »Was? Nein ...« Auch wenn wir jetzt erst einmal abwarten müssen, was Andy – er wollte unbedingt, dass ich ihn duze – erreichen wird. Zumindest kümmert er sich ebenfalls um die Angelegenheit mit dem Finanzamt. »Ich glaube ... ich bin einfach nur müde, das ist alles.«

»Mhh ...«, macht Piet und hustet leise. »Übrigens, danke ... dass ... du mir den Arsch gerettet hast.«

Sofort muss ich schmunzeln. »Kein Ding. Hängt ja mein Job von ab.« Und zack – schon bin ich wieder bei der Frage von vorhin, weshalb ich den Kopf senke. Ich traue mich einfach nicht, sie zu stellen.

Um nichts Falsches zu sagen, stecke ich mir ein großes Stück Kuchen in den Mund und kaue übertrieben langsam darauf rum. So verbringen wir eine Weile schweigend. Ich schaue mich im Café um, während Piet scheinbar in die Menükarte vertieft ist. Hoffentlich findet er nicht noch etwas zum Bestellen.

»Was du vorhin gesagt hast, hat mich übrigens auf eine Idee gebracht.«

Ich blicke zurück in sein Gesicht und beobachte, wie er sich über den Bart reibt. Wenn ich mich nicht irre, wirkt er nervös – was irgendwie irritierend ist. »Was meinst du?«

»Dass du seit Kurzem für die Finanzen zuständig bist?«

Verlegen presse ich die Lippen zusammen. »Ähm ja ... sorry. Das habe ich nur gesagt, damit es vor dem Anwalt nicht so komisch rüberkommt ...«

»Wie wäre es denn, wenn du das wirklich tust?«

»Hä?« Ich ziehe meinen Macchiato näher und sauge an meinem Strohhalm.

»Na, die Finanzen übernehmen. Also ab jetzt halt.«

Fast wäre mir die Kinnlade runtergeklappt. Zum Glück hat mein Gehirn im letzten Moment registriert, dass sich noch Kaffee in meinem Mund befindet. Hektisch schlucke ich ihn runter und blinzele mehrfach. Piet kann doch nicht wirklich wollen, dass ausgerechnet ›ich‹ mich um die Finanzen der Bar kümmere! Was ist mit Felix? Und überhaupt, wie soll das funktionieren?

»Keine gute Idee?«

»Äh ...«

»Ich würde natürlich deine Arbeitszeiten anpassen. Was hältst du davon, wenn du nur noch dreimal die Woche nachts arbeitest?«

Die Zahnräder in meinem Kopf rotieren und er kommt nach einer Weile zu einem einzigen Schluss: »Du meinst das echt ernst?«

Er zieht eine Augenbraue hoch, was bei ihm eher so aussieht, als würde er an meiner geistigen Verfassung zweifeln. »Warum sollte ich sonst fragen?«

Stimmt. So betrachtet hat Piet noch nie etwas gesagt, was er nicht so gemeint hat. Aber ... »Und wer übernimmt dann meine Schichten?«

Wieder reibt er sich über den Bart. »Nachdem du alle Unterlagen durchgegangen bist, kannst du ja mal prüfen, ob sich jemand Neues einstellen lässt. Bis dahin springe ich für dich ein.«

»In deinem Zustand?!« Da er seine Stirn runzelt, beiße ich mir auf die Lippe. Ich weiß zwar nicht genau, was mit ihm los ist, aber es ist kaum zu übersehen, dass es für ihn nicht gut ist, sich stark körperlich anzustrengen.

»Ach, stimmt ... da war ja noch was.« Er seufzt leise, lehnt sich ein Stück vor und legt seine Arme auf dem Tisch ab. »Lungenkrebs«, brummt er so undeutlich, dass ich im ersten Moment denke, mich verhört zu haben. Als er jedoch »Stadium drei« hinzufügt, wünschte ich mir fast, es wäre so.

Mehrere Sekunden herrscht Stille, dann entgleitet mir ein Schnauben. »Bitte sag mir, dass Felix schon Bescheid weiß.«

Mir ist durchaus bewusst, dass man in einer solchen Situation normalerweise anders reagiert und man sein Beileid bekundet oder Ähnliches. Ja, ich bin schockiert über seine Worte – allerdings anders als vielleicht gedacht. Angesichts der Tatsache, dass Felix seine Mutter bereits an diese Krankheit verloren hat, finde ich es einfach nur grauenvoll mir vorzustellen, was er durchmachen wird, wenn ihm sein Vater genauso entgleitet.

Anstatt zu nicken, verschränkt Piet die Finger – das sieht ein bisschen aus wie Beten – und sein Gesichtsausdruck wirkt befangen.

»Scheiße!«, entfährt es mir lauter als gedacht, und die Bedienung in unserer Nähe dreht sich angesäuert um. »Verzeihung ...«, murmele ich und wende mich wieder Piet zu. »Warum hast du ihm nichts gesagt?!« Es sollte nicht wie ein Vorwurf klingen, tut es aber doch. Sein Schulterzucken macht mich wütend.

»Und wie stellst du dir das bitte vor? Felix weiß nichts davon, dass du innerhalb der nächsten fünf Jahre sterben könntest, mir drückst du die Finanzen aufs Auge und wer übernimmt die Leitung der Bar?« Eigentlich war der letzte Teil nur eine rhetorische Frage, doch er sieht mir fest entgegen.

»Sascha.«

»Was?!«

»Er ist bereits eingeweiht. Was meinst du, warum er immer öfter als Chef fungiert? Es klappt ja auch wirklich gut. Außerdem arbeitet ihr beiden seit einiger Zeit praktisch Hand in Hand – das hat mich in meinem Entschluss bestärkt.«

Ich bin so perplex, dass mir der Mund offen steht. Wie lange plant er das alles schon? Und Sascha wusste wirklich die ganze Zeit über Bescheid? Jetzt herrscht in meinem Kopf das reinste Chaos. Vor allem auch Angst darüber, wie es Felix gehen wird, wenn er das herausfindet. Nicht nur wird er die Bar scheinbar gar nicht erben; in absehbarer Zeit verliert er auch seinen Vater.

Kein Wunder also, dass Piet ihn nicht gefragt hat; er will ihn raushalten.

»Ich weiß, das ist alles ein bisschen viel für dich, Jam und eigentlich hatte ich auch nicht vor, es dir so bald zu sagen ... aber ...« Wieder zuckt er mit den Schultern. »Auch wenn ich es ungern zugebe: Ich bin inzwischen auf Hilfe angewiesen.« Er legt seine Hand auf meine, die ich krampfhaft zur Faust geballt habe.

»Würdest du mir also bitte auch diesen Gefallen tun?«

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