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Lane
Nachdem Beat gegangen ist, fühle ich mich ungewöhnlich aufgewühlt.
Einerseits bin ich glücklich darüber, dass sie hier war und ich sie in meinem Leben habe. Andererseits fühle ich mich immer noch irgendwie schuldig, dass ich nichts dagegen tun kann, dass sie ihren Job verliert. Und über die Tatsache, dass ich mir einen anderen Platz zum Studieren suchen muss, bin ich ebenfalls nicht sehr glücklich. Ich bin ein Routinemensch – ich hasse Veränderung. Meistens zumindest.
Und dann ist da noch die Sache mit unserer ›Beziehung‹.
Ich denke es wird Zeit für ein ernstes Gespräch. Wir verstehen uns, die Chemie stimmt und wir kommen gut miteinander klar. Meine Familie mag sie und Beat mag meine Familie! Ich weiß, dass ich noch vor wenigen Monaten gesagt habe, dass ich keine Freundin will. Aber das hat sich geändert. Beat hat das geändert.
Es klopft an der Tür und ich denke schon, sie ist es, die etwas vergessen hat oder doch über Nacht bleiben will. Letztere Option macht mich nervös, aber auf eine gute Art und Weise. Als ich mit pochendem Herzen die Tür öffne und Drew davor steht, sacke ich ein wenig enttäuscht zusammen.
»Oh, hi.«
»Sorry, Beyoncé konnte leider nicht. Du musst dich mit mir zufrieden geben«, entgegen er ironisch.
Er schiebt sich an mir vorbei und ich schließe augenrollend die Tür hinter ihm. »Was gibt's?«, frage ich, während ich mich gedankenverloren auf mein Bett fallen lasse. Noch vor einer halben Stunde lag Beat darunter. Kurz schießt mir der verrückte Gedanke durch den Kopf, ebenfalls unter das Möbelstück zu kriechen, um ihr nahe sein zu können... dann wird mir klar, wie gestört sich das anhört und ich schüttle den Kopf.
»... Du hast kein Wort von dem gehört, was ich gesagt habe, richtig?«
Ich schrecke aus meinen Gedanken hoch und blinzele Drew verwirrt entgegen, der mich nur mit hochgezogener Braue ansieht. Dann bestätige ich das zaghaft, woraufhin er trocken entgegnet: »Das dachte ich mir fast.« Er seufzt. »Winters ist ein inkompetentes Stück Scheiße. Ich denke, der Typ wurde als Baby zu heiß gebadet oder sowas, keine Ahnung. Beat und du haben das nicht verdient. Als ich gehört habe, was Tanya da für einen Mist rausgelassen hat, wäre ich fast selbst losgezogen, um sie zu vermöbeln. Das ist echt ekelhaft.« Ich murmle etwas Zustimmendes.
»Es war... wirklich nicht schön«, sage ich dann noch leise.
»Das kann ich mir vorstellen. Ich habe gehört, dass sie auch was zu dir persönlich gesagt hat.«
Ich bin mir fast sicher, dass er auf diesen Spruch anspielt, den sie zu meiner uns Drews Freundschaft losgelassen hat.
»Du bist jämmerlich! Ehrlich, es ist ja fast schon irgendwie tragisch das mit anzusehen. Ich verstehe, warum Drew sich dazu erbarmt hat, sich als dein Freund auszugeben.«
»Dir ist hoffentlich klar, dass das der reinste Bullshit ist, oder?« Widerwillig nicke ich. »Ja, weiß ich doch.« Es stimmt, ich weiß es. Das bedeutet natürlich nicht, dass mich ihre Worte nicht trotzdem getroffen haben. Sie konnte genau erahnen, was für Schwachstellen und Unsicherheiten ich habe und hat an der richtigen Stelle zugestochen.
Er legt mir seine Hand auf die Schulter. »Ich habe gehört, dass du für Beat eingestanden bist. Das hat mich sehr stolz gemacht, Lane.«
Ich bin wahrlich keine Person, die nah am Wasser gebaut ist. Aber ich denke, ich war schon lange nicht mehr so kurz davor, zu weinen. Drews Worte rühren mich sehr.
»Danke«, presse ich mich räuspernd hervor und ziehe ihn kurzerhand in meine Arme. »Holla, nicht so stürmisch«, lacht mein bester Freund, klopft mir jedoch auf den Rücken. Als wir uns voneinander lösen, macht er ein Geräusch, das sich anhört, als stünde der Hulk kurz vor einem Herzinfarkt. Es klingt wie: »HUUUAAARRGH!!!« Ich lache, als er anschließend eine betont grimmige Fratze zieht und mit tiefer Stimme sagt: »Reicht jetzt auch wieder, Männer haben ja keine Gefühle.«
Ich liebe Drew.
...
Exakt fünf Minuten vor Ende meiner Frist stehe ich mit mehreren Kartons, in denen sich meine Habseligkeiten befinden, vor der Ravensen an meinem Auto. Irgendwie fühlt es sich komisch an zu wissen, dass ich hier nicht länger studiere... und noch viel komischer, dass es die Ravensen nicht mehr allzu lange geben wird.
Mein Handy gibt ein leises Geräusch von sich, was mir den Eingang einer neuen Nachricht anzeigt. Es ist Beat.
Und, hast du es rechtzeitig rausgeschafft? :o
Trotz meiner grundsätzlich leicht düsteren Stimmung stiehlt sich ein Lächeln auf meine Lippen. Ich antworte: Natürlich, du kennst mich doch ;)
Ich sehe, dass sie tippt. Schließlich ploppt eine neue Nachricht im Chat auf.
Früher oder später wären wir sowieso draußen gelandet. Besser früher, als später. So haben wir mehr Zeit, uns nach Alternativen umzusehen. Ich habe gehört, dass die beim Coffeeshop am Kreisverkehr eine Barista suchen. Und du gehörst zu den intelligentesten Menschen, die ich kenne. Mein Vater hat recht, du findest sofort einen neuen Studienplatz :D
Ich beginne schon eine Antwort zu tippen – Was wird aus uns? – lösche sie jedoch wieder, da sie viel zu dramatisch klingt. Was ich zu sagen habe, werde ich sie von Angesicht zu Angesicht wissen lassen. Deshalb bleibt es von meiner Seite bei einem schlichten Wir schaffen das <3.
Kurz bevor ich losfahre, gibt mein Handy ein weiteres Mal einen Signalton von sich und ich denke automatisch, dass es wieder Beat ist. Doch als ich Mandys Namen auf dem Display sehe, fällt mir das Gerät beinahe aus der Hand.
Dir ist klar, dass wir uns vor einer Stunde beim Supermarkt treffen wollten?
Mir wird heiß und kalt. Stimmt, ich habe mich noch vor einigen Tagen bereiterklärt, ihr beim Einkaufen zu helfen. Sofort überschwemmt mich eine Welle schlechten Gewissens und ich überlege fieberhaft, wie ich das wieder gut machen kann. Mein ganzes System ist in letzter Zeit so von Beat vollgestopft – besonders seit dem Abend, an dem wir uns geküsst haben – dass ich komplett vergessen habe, dass Mandy noch existiert. Ich bin ein Arschloch.
Mandy, es tut mir furchtbar leid, ich habe es komplett vergessen! Das war echt nicht in Ordnung von mir.
Ich möchte noch eine Nachricht hinterherschicken, in der ich vorschlage, sich beim Waldweg zu treffen um zu reden – jemandem über Text mitzuteilen, dass man die Person nicht mehr sehen möchte, ist einfach nur scheiße – doch da antwortet sie.
Ist schon okay, Lane, wirklich. Ich habe sowieso gemerkt, dass du nicht wirklich mit dem Kopf bei mir bist, wenn wir uns sehen. Ich denke, es ist das Beste, wenn wir uns nicht mehr treffen.
Verdutzt halte ich im Tippen inne. Mandy hat also gemerkt, dass ich nicht aus den richtigen Gründen mit ihr ausgehen wollte.
Das kann ich verstehen. Ich möchte mich dafür entschuldigen, deine Zeit verschwendet zu haben und wünsche dir alles Gute!
Ihre Antwort folgt prompt.
Du musst dich nicht entschuldigen, auch wenn ich es zu schätzen weiß. Du hast meine Zeit nicht verschwendet. Ich sehe es eher so, dass ich an Erfahrung dazugewonnen habe. Man lebt und lernt, wie man so schön sagt. Dir wünsche ich auch alles Gute!
Merkwürdigerweise sorgt ihre Antwort dafür, dass ich mich etwas besser fühle, als ich einige Minuten später endgültig vom Parkplatz der Ravensen fahre und mein Elternhaus ansteuere.
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Ihr Lieben ✨
Langsam, langsam steuern wir auf das Ende der Geschichte zu... aber ich wäre ja nicht ich, wenn da nicht noch was auf uns zukäme in dieser Story, hehe. Ideen? 🌚
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