60.
Elena
Mein Herz schlug wie wild in meiner Brust und ich atmete hecktisch ein und wieder aus. Die Tür in meinem Rücken gab mir Halt und ich schloss für einen Augenblick die Augen. Das eben bestandene Abenteuer lief wie ein Film vor meinem inneren Auge ab. Trotz aller Mahnung von Seitens des Engels – was ich immer noch nicht ganz fassen konnte, das ich einem Engel gegenüberstand – protestierte ich lautstark: „Wir müssen ihm helfen!" schrie ich fast, doch der Engel, den Sam als Cas vorgestellt hatte, schien das Ganze jedoch nicht sonderlich zu interessieren. Gleichgültig blickte er mich an: „Sam kann gut auf sich selber aufpassen." meinte der Mann im Trenchcoat und sah sich um, als würde ich nicht weiter existieren. Ich sah ihn ungläubig an. Diese Teleportation eben liess mich wanken und ich wusste selber, dass ich nicht gerade in einem guten Zustand war, aber... „Verdammt Cas!" schrie ich erneut und bereute es sofort, das ich dabei die Arme wütend in die Luft geworfen hatte: „Das sind keine null acht fünfzehn Vampire." erklärte ich ihm etwas verzweifelt und sah ihn bittend an: „Sie sind stärker als Alles, was ich bisher gesehen habe. Wir müssen Sam helfen." meine Stimme war mehr ein Flüstern und die flehentliche Tonlage machte diesen Satz nur noch Intensiver. Der Engel kräuselte seine Stirn und blickte auf die Tasche, die er in der Hand hatte. Sam's Waffenbeutel, wie ich vermutete, denn ich hatte genau so einen. Irgendwo in meinem blauen VW Golf, der noch auf dem Parkplatz stand, wo ich ihn zurückgelassen hatte.
Cas schien wirklich alles abzuwägen. „Wenn Du mich nicht hinbringst..." begann ich drohend, doch weiter kam ich nicht. Der Engel hatte mich am Arm gepackt und ich spürte erneut das unangenehme Ziehen durch meinen Magen, das in Wellen durch meinen gesamten Körper schon beinahe auseinander riss. Schwankend stand ich vor dem Eingang des Krankenhauses und riss Cas den Beutel aus der Hand. Ich nahm das Erstbeste, was oben lag: Eine Waffe. Kurz sah ich nach, ob sie geladen war und ohne drüber nachzudenken, das mein Körper eigentlich nicht in der Lage war einem Vampir gegenüber zu stehen, lief ich halb humpelnd los. Ich hörte wie Cas mir nachkam und musste grimmig lächeln. Mein Körper schmerzte und mein Kopf fühlte sich an, als würde er explodieren vor Schmerz, doch ich versuchte alles auszublenden. Ich konnte Sam nicht sich selbst überlassen. Schliesslich war ich ihm etwas schuldig. Es dauerte nicht lange, da hörten wir die Kampfgeräusche auch schon und als ich um die Ecke war, sah ich wie Sam gegen die Wand gedrückt wurde, aus einigen Wunden blutete und der Vampir mit weit geöffnetem Mund auf Sam losgehen wollte. Ohne weiter nachzudenken schoss ich, als der Vampir seinen Kopf zurückzog – vermutlich um Sam eine Kopfnuss zu verpassen.
Die Kugel flog beinahe in Zeitlupe, wie es mir vorkam. Ich konnte beinahe sehen wie sie in den Kopf des Vampirs eindrang. Dann ohne Vorwarnung explodierte der Schädel des Vampirs. Sam sah mich an und ich zielte noch immer grimmig in seine Richtung, bis ich realisierte was da eigentlich gerade passiert war. So etwas hatte ich noch nicht gesehen. Verwundert sah ich die Waffe in meiner Hand an. „Engelsstahlkugeln." hörte ich die monotone Stimme von Cas und lehnte mich gegen ihn. Die Aktion war verdammt Waghalsig gewesen und ich spürte wie mein Körper langsam nachgab. Das Adrenalin war versiegt. „Wir sollten verschwinden." meinte ich keuchend und hörte mich dabei an, als sei ich gerade einen Marathon gelaufen. Als der Winchester bei Cas und mir ankam bedankte er mich und obwohl ich genau wusste, dass ich jeden Augenblick zusammen brechen würde, konnte ich es mir nicht nehmen ihn siegessicher anzusehen und mir sogar ein Lächeln zu gestatten: „Kein Problem." meinte ich, als wäre es ein Klacks für mich. Doch genau in dem Moment, wo ich einen epischen Abgang machen wollte, umfing mich die Schwärze. Dann wachte ich erst wieder hier auf. Vermutlich hatte uns Cas hergezappt, oder was auch immer. So wirklich wusste ich es nicht. Ich hatte immer angenommen Engel hätten Flügel, auf denen sie durch die Luft flogen und über die erde geleiteten. Das was Cas aber jetzt zum dritten Mal mit mir gemacht hatte, war keineswegs Fliegen gewesen. Ich rappelte mich auf und ging zum Waschbecken. Das Badezimmer war immer noch tropisch feucht und ich roch das Duschgel, das die Luft in dem kleinen Raum erfüllte. Ich drehte den Wasserhahn auf und spritzte mir kaltes Wasser in mein Gesicht. Als ich in den Spiegel sah, sah ich wie fertig ich eigentlich war. Meine Gesichtsfarbe war mehr weiss als Rosig, meine Augenringe waren dunkel und ich sah einfach nur erbärmlich erschlagen aus. Ich atmete durch und spülte mir das Gesicht noch ein Mal ab, ehe ich einen grossen Schluck direkt aus der Leitung nahm.
Als ich wieder hoch kam zuckte mir das Bild von Sam's nacktem Oberkörper wieder durch den Kopf und mein Herz begann automatisch schneller zu schlagen. Irgendwie ironisch, das ich dachte er sei ein Engel und dann begegne ich einem echten. Ich konnte Froh sein, das ich den Winchester Brüdern praktisch in die Arme gelaufen war. Und dass dieser Vampir im Krankenhaus auftauchte, bestätigte meine Theorie. Es konnte sich nur um Einen aus Gordon's Gruppe handeln. Ich hatte ihn gefunden. Endlich... Doch war ich in meinem jetzigen Zustand nicht in der Lage ihn zur Strecke zu bringen. Wütend strich ich mir die offenen Haare zurück und kramte ein Gummiband aus meiner Hosentasche. Kurzerhand band ich mir die Haare zu einem Pferdeschwanz. Ein kurzer Schmerz zuckte durch meinen verbundenen arm und ich rollte mit äusserster Vorsicht meinen dünnen Pulli hoch. Der Verband war so Weiss wie die Unschuld. Die Bisswunde war also nicht aufgegangen. Es wird sicherlich eine Narbe zurück bleiben, dachte ich bei mir, doch was machte das schon aus. Sie würde wie all die anderen Narben an meinem Arm verblassen oder sich in die Schnittmuster einfügen. Kurz blickte ich traurig auf die unzählbaren Narben. Der Gedanke, dass Sam sie vielleicht gesehen hatte behagte mir gar nicht. Ich schreckte zusammen, als es an der Badezimmertür klopfte. „Elena?" Sam's Stimme klang dumpf durch die Tür und man hörte seine Besorgnis heraus. „Alles Okay?" fragte er nach und ich rollte den Pullover schnell wieder bis zu meinem Handgelenk zurück: „Jah." rief ich und drehte mich vom Spiegel weg. Meine Hand streckte sich zitternd aus und ich öffnete die Tür. Vor mir stand Sam, dessen Stirn in Falten lag, mit einem wehleidigen Hundewelpenblick. „Alles okay." sagte ich und registrierte das er mittlerweile angezogen war. Zum Glück. Ich zwang mir ein motiviertes Lächeln ab, das wohl nicht überzeugend war, denn Sam sah mich weiterhin besorgt an.
Ich ging an ihm vorbei und setzte mich auf die Couch. Mein Körper ächzte auf und ich fühlte mich erschlagen. Kurz sah ich mich um: „Wo ist Cas?" fragte ich und sah sam auf mich zukommen. Er setzte sich mir gegenüber in einen Sessel: „Kurz weg, seine Batterien aufladen." schmunzelte der Jäger über diesen offensichtlichen Insiderjoke. Ich lehnte mich zurück und schloss die Augen. Vielleicht könnte ich den Engel fragen, ob er mich ganz heilen könnte. Ich hatte keine Zeit zu verlieren. Jetzt da ich Gordon endlich gefunden hatte... wollte ich nur noch eines... RACHE!
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