Be my Valentine - Teil 2
Enem14
Mit einem Stöhnen hob Yeonjun den Kopf, ließ ihn aber sofort wieder sinken. Alles war verkehrt. Er hatte einen süßlichen Geruch in der Nase, dazu noch das Aroma von Kaffee und Essen. Zusammengenommen verursachte ihm das Übelkeit, sodass sich ein saurer Geschmack in seinem Mund ausbreitete und Speichel unter seiner Zunge sammelte, bis er ihm über die Lippen tropfte. Er wollte die Hand heben und sich den Mund abwischen, aber das war nicht möglich. Seine Hand war so schwer, dass sie sich nicht bewegen ließ.
„Oh. Nicht doch", schnurrte da eine Stimme neben ihm, sein Kopf wurde angehoben und jemand tupfte ihm die Lippen ab. „Schon gut, wird gleich besser, Liebling. Mach dir keine Sorgen, das muss dir nicht peinlich sein."
Was war hier los? Was war passiert? Wo war er? Die Fragen stapelten sich in seinem Kopf, doch alles, was er herausbrachte, war: „Wa-?", während er blinzelnd seine Umgebung zu erfassen versuchte. Da war eine Gestalt, die sich bewegte, ein Gesicht, ein lächelnder Mund, sanfte Augen.
„Besser jetzt?", fragte der Mann, neigte den Kopf etwas und betrachtete ihn amüsiert. „Möchtest du einen Schluck Wasser?"
Er wartete nicht auf Yeonjuns Antwort, sondern drückte ihm sogleich ein Glas Wasser an die Lippen. Grob genug, dass Yeonjun murrend protestierte, auch wenn er sich immer noch nicht dagegen wehren konnte. Also musste er schlucken, denn das Glas wurde angehoben und kaltes Nass füllte seinen Mund. Schließlich setzte der andere das Glas wieder ab und stellte es auf den Tisch zurück. Einen festlich gedeckten Tisch, wie Yeonjun irritiert registrierte. Überhaupt drängten sich ihm jetzt jede Menge Eindrücke auf. Der Tisch, das Essen, der Kaffee ... die Fesseln. Er ruckte mit den Händen und bewegte die Finger. Er war gefesselt! Warum war er gefesselt?!
„Findest du mich immer noch feige?", flüsterte sein Gegenüber just in diesem Moment. Yeonjun riss den Kopf hoch. „Du bist das ... du kranker!-"
„Ah!" Augenblicklich hielt ihm der andere den Mund zu, wieder ziemlich grob, schob die Finger dabei so hoch, dass er selbst durch die Nase kaum Luft bekam und seine Panik schlagartig in die Höhe schnellte.
„Mach mich nicht sauer, Liebling, ich habe mir sehr viel Mühe gegeben, wie du siehst. Und ich mag es wirklich nicht, grob sein zu müssen, aber wenn du mich dazu zwingst ..."
Yeonjun riss panisch an seinen Fesseln. Er bekam kaum Luft! Sein angstvoller Blick richtete sich auf den anderen Mann und endlich nahm dieser die Hand weg, sodass er hektisch einatmen konnte.
„Keine Beleidigungen", hörte er. „Kein Schreien. Du bist doch ein kultivierter Mann."
Für den Moment hatte Yeonjun noch nicht mal genug Atem, um an Schreien zu denken, also nahm er die Worte still hin.
„Besser", raunte der andere. „Möchtest du noch etwas Wasser?"
„Ja bitte", krächzte Yeonjun nun. Er musste ruhig bleiben, er musste mitspielen, er musste Zeit gewinnen, damit er nachdenken konnte.
Wieder wurde ihm das Wasserglas an die Lippen gepresst und er trank gierig, während er gleichzeitig versuchte, sich jede Kleinigkeit an dem Fremden einzuprägen.
Das Glas verschwand und der Mann lächelte ihn freundlich an, der Glanz in seinen Augen jedoch, verursachte Yeonjun eine Gänsehaut.
„Bist du hungrig, Liebling?"
Yeonjuns Blick irrte zu dem Essen und seine Angst schlug abermals zu. War es vergiftet? Er brauchte mehr Zeit!
„Wie heißt du?", stieß er also hervor, ohne auf die Frage einzugehen.
NickJK90
„Nenn mich Gyu, Liebling", antwortete er mit schiefgelegtem Kopf und leicht blinzelnd, so als hätte er nicht so richtig verstanden, warum er ihn das überhaupt fragte.
„Okay. Gyu ... warum tust du das?", fragte Yeonjun und hoffte ihn in ein anständiges Gespräch verwickeln zu können, doch das schelmische Grinsen und das Funkeln in Gyus Augen ließ nichts Gutes hoffen. Da hob er auch schon seinen Zeigefinger und wedelte damit leicht hin und her, während ein „na na na", seine Kehle verließ.
„Das ist die falsche Frage", ermahnte Gyu ihn und stupste mit seinem Finger gegen seine Lippen. Sofort drehte Yeonjun seinen Kopf weg, versuchte der Berührung zu entkommen, doch da packte der Mistkerl mit seinen Fingern so fest um sein Kinn, dass er ein schmerzerfülltes Geräusch von sich gab.
„Wo willst du denn hin?", fragte er kichernd, beugte sich zu ihm, sodass er seinen Atem auf seinem Gesicht spüren konnte. Sein Blick bohrte sich regelrecht in seinen, weswegen er die Augen zukniff und sich versuchte aus dem harten Griff zu befreien. Yeonjun rüttelte an den Fesseln, nutzte seine Schultern, doch es brachte alles nichts. Der Kerl hatte ihn so festgebunden und hielt noch so viel Abstand ein, dass er keine Chance hatte, sich gegen ihn zu wehren.
„Feiges Arschloch", zischte Yeonjun und spuckte ihm ins Gesicht. Das half. Gyu ruckte zurück, wischte sich die Spucke aus dem Gesicht und begann zu lachen. Nicht belustigt, es klang eher hysterisch – verrückt. Hatte er einen Fehler begangen?
„Du bist ein kranker Psychopath!", setzte Yeonjun noch nach und machte es wohl nicht besser. Da hatte Gyu schon nach der Gabel gegriffen, mit der er jetzt auf ihn deutete.
„Ich bevorzuge kreativ", säuselte er. Seine Augen funkelten noch mehr als zuvor. Es machte ihm Angst, denn er konnte diesen Mistkerl so gar nicht einschätzen, obwohl er schon so viele Opfer von ihm gesehen hatte. Wie sie zu- und hergerichtet waren. Die Bilder würden nie wieder aus seinem Kopf verschwinden. Sie verfolgten ihn in seinen Träumen.
„Hier spielt die Musik, Yeonjun!", wurde er unsanft aus seinen Gedanken gerissen. Sein Kopf ruckte zu ihm herum und dann entfloh ihm ein Schrei. Schmerz durchflutete seinen Körper und als er sah, was Gyu angestellt hatte, wurde ihm erneut schlecht.
„Du solltest dich lieber auf mich konzentrieren, Liebling ...", säuselte er wieder, während Yeonjuns Blick auf der Gabel ruhte, die in seiner Hand steckte. Kleine Blutstropfen versuchten sich an dem Metall vorbeizuquetschen, während ein erbärmliches Zittern seinen Körper erfasste. Sie steckte so tief, dass sie auf der anderen Seite wieder herausschaute und sich ins Holz der Lehne gebohrt hatte. Das konnte er deutlich spüren und das, obwohl er tunlichst vermied, seine Hand zu bewegen. Der Schmerz war so präsent, dass er kaum einen klaren Gedanken fassen konnte.
„Warum tust du das?", wimmerte Yeonjun. Von seiner Gelassenheit war keine Spur mehr.
„Hast du meine Botschaften nicht verstanden?" Er rollte mit den Augen und begann vorsichtig das hervorquellende Blut abzutupfen. Dabei war er so vorsichtig, dass es glatt fürsorglich wirkte. „Ich bin enttäuscht von dir, Liebling."
Enem14
Yeonjun weinte. Er hatte das nicht gewollt, aber die Mischung aus Schmerz, Wut und Angst sorgte dafür, dass ihm Tränen über die Wangen liefen. Das wiederum schien sein Gegenüber milder zu stimmen, denn er richtete sich auf und tupfte ihm jetzt auch noch behutsam die Wangen ab.
„Ssh, ssh, schon gut", hauchte er dabei. „Ich verstehe dich und ich weiß genau, wie du dich jetzt fühlst. Aber wir haben Zeit, hm? Wir nehmen uns so viel Zeit wie nötig, um einander kennenzulernen und dann ..." Er strich ihm liebevoll ein paar zerzauste Haarsträhnen aus der Stirn und streichelte seine Wange. Der Satz blieb unvollendet. Dafür richtete er sich wieder auf. „Wir sollten jetzt essen, es wird ja alles kalt."
Beinahe vergnügt, wie es schien, rückte er näher zu ihm hin und riss dabei die Gabel so schnell aus Yeonjuns Hand, dass dieser nicht mal zum Schreien kam.
Er sog schmerzerfüllt die Luft ein, da presste sich die Hand des anderen erneut auf seinen Mund.
„Still." Er klang ein bisschen ungehalten. „Das ist deine eigene Schuld gewesen, das ist dir klar." Und dann sah er auf. „Ist es doch, oder?"
Schwach nickte Yeonjun, was seinen Peiniger offenbar zufrieden stimmte, denn jetzt beugte er sich hinab und ... leckte über die blutende Wunde.
Dumpf protestierte Yeonjun hinter der Hand und rollte mit den Augen.
Der Mund verschwand, die Hand ebenfalls und er atmete erneut so hektisch, dass ihm ganz schwindelig wurde. Das war so krank! Dieser ganze Kerl war so unfassbar krank! Wer wusste schon, was er tun würde, wenn er ihn weiter provozierte? Nein, er musste ruhig bleiben, strategisch vorgehen, überleben.
Unterdessen hatte Gyu mit der blutigen Gabel ein Stück Fleisch aufgespießt und hielt es ihm vor den Mund.
„So zart, dass es dir auf der Zunge schmilzt. Probier' Liebling", gurrte er, also öffnete Yeonjun gehorsam den Mund und ließ sich füttern. Er kaute langsam, unterdrückte den Würgereflex so gut es ging und schluckte den Brocken dann einfach hinunter. Wenn es vergiftet war, dann tickte die Zeit jetzt gegen ihn. Andererseits, warum hätte dieser kranke Freak all das auf sich nehmen sollen, wenn er ihn eigentlich nur umbringen wollte? Das wäre auch einfacher gegangen.
Summend hatte Gyu derweilen noch mehr Fleisch kleingeschnitten und wackelte demonstrativ mit der Gabel vor seinem Mund. „Aahh ..."
Gehorsam öffnete Yeonjun den Mund, kaute, schluckte. Bei der dritten Gabel wich er aus. „Willst du gar nicht mit mir essen?"
Der andere lachte leise, zupfte spielerisch den Bissen von der Gabel, aß ihn auf und zwinkerte ihm verschmitzt zu. „Hast du Angst vor mir, Yeonjun?" Ohne Vorwarnung beugte er sich vor, sein Mund presste sich sekundenlang auf Yeonjuns Lippen, dann war es schon wieder vorbei. „Musst du nicht", erklärte Gyu ruhig. „Ich werde dir nichts tun. Man verletzt nicht die Menschen, die man liebt." Sein Blick fiel auf Yeonjuns Hand, auf das frische Blut, das über seine Haut lief und er leckte sich die Lippen. „Oder nur, wenn sie es verdienen", knurrte er dann.
Sein Finger fuhr grob über die Wunde, wischte das Blut weg und verschwand zwischen seinen Lippen. Schließlich stand er auf und wandte sich ab.
„Ich hole dir ein Pflaster, Liebling."
NickJK90
Tief atmete Yeonjun durch, schloss dabei seine Augen und versuchte, sich zu fokussieren. Das war, gelinde gesagt, eine ziemlich beschissene Situation. Nicht nur, dass er sich in den Fängen eines Psychopathen befand – nein. Er schien ihn auch noch zu lieben. Und die Liebe eines solchen kranken Menschen war unberechenbar. Yeonjun hatte absolut keine Ahnung, was Gyu von ihm erwartete, außer dass er brav tat, was er von ihm verlangte. Er wusste nicht einmal, ob er am Ende ebenso in einer Leichenhalle landete und somit einen Platz auf der Liste seiner Opfer bekam. Vielleicht hatte er die Morde auch nur für ihn begangen. Möglicherweise gehörte das alles schon zu seinem kranken Spiel, ihn auf sich aufmerksam zu machen und für sich zu gewinnen. Ihm wurde schon wieder schlecht, denn das bedeutete, dass Gyu ihn besser kannte als er sich selbst. War das möglich?
Yeonjun verwarf den Gedanken vorerst, öffnete seine Augen wieder und nutzte die Zeit, um sich genauer in dem Raum umzusehen. Er befand sich in einem geräumigen Esszimmer mit einem offenen Durchgang zur Küche, die er von hier nur schlecht einsehen konnte. Die Einrichtung wirkte altbacken, aber gut in Schuss. Vielleicht ein älteres Ehepaar? Er war sich sicher, dass das nicht Gyus Zuhause war. Eher wahrscheinlich war ein Haus im Vorstadtbereich, wo es nicht viele Menschen gab. Vielleicht eine Gegend, wo die Nachbarn nicht so genau hinsahen. Also eher mittelständig. Vermutlich war das Ehepaar verreist, oder die Familie. Der Tisch war schließlich recht groß. Vier oder fünfköpfige Familie. Das Bild auf der Kommode hinten rechts von ihm bestätigte ihm die Annahme.
„Da bin ich wieder", flötete Gyu und sofort ruckte sein Kopf zu dem Mann herum, der auf ihn zu gehüpft kam, „Hast du mich vermisst, Liebling?" Yeonjun verdrehte die Augen, sank aber sofort mit einem Schmerzenslaut in sich zusammen, als Gyu so schnell bei ihm war und seinen Daumen in die Wunde drückte.
„Ja ... ja, Gyu ... bitte", versuchte Yeonjun die Situation zu retten und es funktionierte. Gyu ließ von der Wunde ab, beugte sich herunter und leckte das überschüssige Blut ab, ehe er sorgsam das Pflaster draufklebte und es küsste.
„Lass uns weiteressen, Liebling", hauchte er ihm zu, spießte jetzt etwas von dem Gemüse auf und hielt es Yeonjun vor den Mund, der diesen brav öffnete und sich weiter von ihm füttern ließ. Er ließ die Prozedur über sich ergehen und schwieg. Stattdessen beobachtete er Gyu ganz genau, der sich immer mal wieder etwas vom Essen in den Mund schob. Es schmeckte tatsächlich, wenn man mal davon absah, dass die Gabel zuvor in seiner Hand gesteckt hatte.
„Ich bin satt, Gyu ... kann ich bitte etwas von dem Kaffee haben?", bat Yeonjun und ließ sich auch brav den Mund abtupfen. Er ließ auch einen weiteren flüchtigen Kuss über sich ergehen, ehe er den Kaffeebecher hingehalten bekam und daraus trinken durfte. Danach nuschelte er ihm ein „Danke" zu und sah auf seine pochende Hand. Es war auch noch seine Rechte. Vermutlich hatte er ihn sogar absichtlich dort verletzt, damit er nicht ohne Schmerzen etwas anstellen konnte – vorausgesetzt er wurde die Fesseln los.
„Gyu?", fragte er daher und bekam ein „huh?" zur Antwort. „Ich müsste mal zur Toilette."
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