3. Kompromiss
Die drei Vampire fuhren ihre Fangzähne aus und ich merkte erst jetzt, dass wir allein in einem ziemlich dunklen Gang waren. Ich setzte einen neutralen Gesichtsausdruck auf, obwohl ich eigentlich vor Angst überquoll. „Lasst mich in Ruhe." grummelte und lief langsam weiter. Lennox lachte und stellte sich mir in den Weg. „Du denkst doch nicht wirklich, wir lassen dich gehen, bevor wir dich kosten konnten." grinste er dreckig und ich rümpfte angewidert die Nase. „Eher würde ich sterben, als dir mein Blut zu geben!" fauchte ich und sah ihm voller Wut in die Augen. Wut war um einiges besser, als Angst. Er und seine Kompanen kamen mir gefährlich nahe und ich war mir sicher, Shevere würde nicht mehr rechtzeitig kommen und mich retten.
Lennox strich mir die Haare von der Schulter, um meinen Hals frei zu geben. „Jetzt reicht's!" sagte da plötzlich der dritte Vampir und und stellte sich blitzschnell zwischen Lennox und mich. Seine grünen Augen blitzten wütend und in dem Moment kam Shevere um die Ecke geflitzt. Kurz vor mir kam er zum stehen und zog mich fest an sich. „Verschwindet, bevor mein Vater von diesem Vorfall erfährt." zischte mein Seelenverwandter und ich sah zum ersten mal seine Fangzähne. „Wie ihr wünscht, königliche Hoheit." sagte der Vampir, der mich in Schutz genommen hatte und verneigte sich kurz, bevor er die anderen beiden herausfordernd ansah.
Lennox und Zacharia fixierten mich böse, verbeugten sich aber ebenfalls kurz und liefen dann weg. Nur der mit den grünen Augen zögerte. Ich suchte fieberhaft nach seinem Namen. Ak... irgendwas mit Ak am Anfang. „Wie ist dein Name, Vampir?" fragte Shevere ihn und ließ mich zögernd los. „Akarin." antwortete er zögernd und sah wirklich nervös aus. „Danke, dass du sie beschützt hast, Akarin." sagte mein Seelenverwandter und der andere Vampir nickte nur und verschwand dann. „Hatte ich dich nicht gebeten, nicht in Schwierigkeiten zu geraten?" seufzte der Vampir-Prinz leise und sah auf mich herunter.
In seinen unglaublichen Augen schien Sorge zu stehen und ich wand mich unter seinem Blick. „Ich hatte nicht damit gerechnet, dass Lennox so weit geht." erklärte ich und lief zögerlich weiter Richtung Ausgang. Mein Seelenverwandter sagte nichts weiter und folgte mir einfach. Eine gute Sache hatte dieser Vorfall zumindest. Nämlich dass jetzt niemand mehr auf dem Schulgelände war. Auf dem Weg zum Goldenen Pot liefen uns zwar hin und wieder Vampire entgegen und verbeugten sich vor ihrem Prinzen, bis wir an ihnen vorbei waren. Ich hasste es wirklich, mit Shevere gesehen zu werden. Ich kam mir dann so klein vor.
Als wir dann endlich vor dem Pot ankamen, war ich erst einmal erleichtert, dass niemand draußen herum lungerte. Ich griff nach der Hand des Vampirs und bedeutete ihm, die schwere Tür zu öffnen. Es kam mir seltsam vor, dass wir nicht geredet hatten. Den ganzen Weg über nicht. Als wir in die Gaststätte kamen, sahen alle auf und starrten erstmal. Als sie dann Shevere erkannten, standen sie eilig auf und verneigten sich. Ich versteckte mich, so gut es ging, hinter meinem Seelenverwandten und dieser malte kleine Kreise auf meinen Handrücken.
Durch die plötzliche Stille kam Carsar, der Besitzer des Goldenen Pot, herunter geeilt. Seine schwarzen, mit grauen Strähnchen durchzogenen Haare, standen ihm wirr vom Kopf ab und er versuchte sie wieder zu ordnen. Offensichtlich war der Vampir bis eben im Bett. Sein Blick richtete sich als erstes auf mich, dann auf seinen Prinzen und dann verbeugte auch er sich. „Erhebt euch." sagte Shevere ruhig und zog mich mit zu einem freien Tisch, in einer abgelegenen Nische. Ich setzte mich ihm gegenüber und wartete, bis die Vampire ihre Gespräche wieder aufnahmen.
Als es meiner Meinung nach laut genug war sah ich dem Vampir-Prinzen ernst in die wundervollen, tiefen Augen. „Nun, was willst du reden? Ich habe meine Meinung schon gesagt." sagte ich und sah die Bedingung böse an, die auf uns zusteuerte. Sofort wandte sie sich wieder ab. „Könnten wir nicht einen Kompromiss finden? Ich... Es fühlt sich falsch an, auch nur daran zu denken, dich nicht wieder zu sehen." meinte er und sah tatsächlich so aus, als täte ihm der Gedanke körperlich weh. „Was ist dein Vorschlag?" fragte ich zögernd und spielte leicht nervös mit der Tischdecke. Ich sollte mich wirklich nicht auf einen Vampir einlassen.
Der Vampir-Prinz kaute nachdenklich auf der Unterlippe und Himmel, sah das sexy aus! Ich musste mich wirklich beherrschen, ihn nicht sabbernd anzustarren. „Als erstes möchte ich nicht, dass du länger auf der Straße lebst. Es schmerzt, dass du kein sicheres Zuhause hast." fing der Prinz an und ich musterte ihn genau. „Unter zwei Bedingungen. Erstens, werde ich nicht bei dir wohnen und zweitens darf May mit mir dort wohnen." sagte ich und der Vampir versuchte, seine Freunde zu verbergen. „Einverstanden." meinte er.
Ich sah ihm an, dass er weiter verhandeln wollte, aber offensichtlich Angst vor meiner Reaktion hatte. „Nun rück schon raus mit der Sprache!" verlangte ich leicht genervt und ein kurzes, bezauberndes Lächeln glitt über die Lippen des Prinzen. Ich fragte mich wirklich, wieso ich nur so versessen auf dieses Lächeln und diese Augen und dies Haare und... Ich unterbrach meine Gedanken und konzentrierte mich wieder auf meine Unterhaltung. „Ich möchte Zeit mit dir verbringen, Rory. Mein Vater, der König, er liebt seine Seelenverwandte so sehr und ich möchte wenigstens die Möglichkeit haben, das zu verstehen." erklärte Shevere und seine Augen schienen wie vorhin in der Schule, zu leuchten.
Diesmal aus Leidenschaft. Ich konnte beinahe spüren, wie er sich nach dieser Liebe sehnte und selbst wenn ich sie nicht erwidern würde, könnte ich ihm doch wenigstens die Illusion lassen. Ich fuhr mir durch die Haare und seufzte. „Ja gut, aber ich bestimmte Ort und Zeitpunkt der Treffen und ich will auch keine unerwarteten Besuch, dort wo ich hinziehen werde." willigte ich ein und war wirklich froh, diesen Kompromiss gefunden zu haben. So könnte ich ihn zur Not erreichen, wenn ich Hilfe bräuchte, auch wenn mir da wahrscheinlich erstmal mein Stolz im Weg stand.
„Eine Sache noch." meinte mein Seelenverwandter schließlich und holte mich aus meinen Gedanken. „Ja?" fragte ich und warf der nächsten Kellnerin einen bösen Blick zu, die auf uns zusteuerte. Auch sie drehte schnell wieder ab und ich musste ein triumphales Grinsen unterdrücken. „Ich will nicht, dass du ungeschützt umher wanderst un... " Ich unterbrach ihn mit einer kurzen Geste. Davon wollte ich nichts hören. „Ich brauche niemanden, der auf mich aufpasst. Das kann ich sehr gut allein!" grummelte ich und sah die nächste Person wütend an, die auf uns zu kam.
Ein Grinsen trat auf ihre Lippen und ich merkte, wie ich leicht rot wurde. „Immer mit der Ruhe, Schwester. Ich dachte mir schon, dass ich dich hier finde. Worüber redet ihr?" wollte May wissen und zog sich einen Stuhl an unseren Tisch, um sich darauf plumpsen zu lassen. „Wir finden Kompromisse." erklärte Shevere kurz und ich konnte sehen, dass er mich lieber für sich hätte. „Oh. Das hätte ich Ry nicht zugetraut. Sie kann wirklich stur sein." witzelte meine beste Freundin und ich lächelte leicht. „Lieber Stur, als naiv." neckte ich sie und lächle breiter, als sie einen Schmollmund zog.
Shevere klopfte ungeduldig auf den Tisch, eine Angewohnheit aller Vampire, wie mir scheint. Ich sah wieder ihn an. „Nun, fahren wir fort." sagte er sachlich und ich rollte die Augen. „Also für mich ist alles geklärt. Ich brauche keinen Bodyguard." grummelte ich und verschränkte trotzig die Arme vor der Brust. Shevere setzte an, etwas dagegen zu sagen, aber May kam ihm zuvor. „Was?! Du bist die Seelenverwandte des Prinzen! Du brauchst Schutz!" schrie sie schon fast und ich rümpfte die Nase, als die Gespräche der anderen Anwesenden leiser wurden. „Danke sehr." meinte Shevere und ich sah seine Mundwinkel verdächtig zucken.
Wenn er jetzt lachte, war's das! Ich würde einfach abhauen. Ich fixierte ihn sauer, sagte aber nichts, weil noch zu viele Leute zuhörten. Ich knirschte mit den Zähnen und sah May warnend an. Sie lächelte scheinheilig und schwieg. „Möchtet ihr gehen? Wir könnten zu dem Haus, das Kylian für meine Seelenverwandte gekauft hat. Er wusste, dass du so widerspenstig sein würdest." schlug Shevere vor und ich starrte ihn an. Ich hatte im Unterricht nicht nur von unserem Prinzen gehört, sondern auch von König Kylian. Woher wollte dieser wissen, dass ich mich sträuben würde? Anscheinend stand diese Frage auch in meinen Augen, denn mein Seelenverwandter antwortete. „Ich bin meinem Vater im Charakter sehr ähnlich und Lucien war so." erklärte er und unterdrückte immer noch sein Grinsen.
Ich runzelte die Stirn jetzt wusste ich nicht mehr weiter. „Wer ist denn jetzt Lucien?" wollte ich wissen und raufte mir die Haare, während ich aufstand und mir den Blazzer von den Schultern striff. Draußen würde es jetzt langsam wärmer sein. „Es ist wirklich beschämend, wie wenig Leute den Namen der Seelenverwandten des Königs kennen." seufzte Shevere und ich rollte mit den Augen. Woher sollten wir das denn wissen? „Schon mal daran gedacht, dass der König sie einfach beschützen will?" schlug meine beste Freundin, mal wieder total schlau, vor. „Genau, aber jetzt lasst uns bitte gehen." brummte ich und lief voraus aus dem Goldenen Pot.
Ich nickte Carsar zum Abschied kurz zu und er erwiderte die Geste knapp. Man sah ihm an, dass er sich Sorgen um mich machte. Er war in letzter Zeit zu einer Art großer Bruder geworden, obwohl ich Vampire eigentlich nicht ausstehen konnte. „Wenn du mal fertig bist mit flirten, würde ich gerne gehen." zischte Shevere dicht an meinem Ohr und riss mich aus meinen Gedanken. Ich hatte Carsar angestarrt und dieser grinste jetzt belustigt. „Ich flirte nicht mit Vampiren." fauchte ich zurück und eilte raus in die pralle Mittagssonne.
Das war die schlimmste Zeit für Vampire und mir war es nur recht. Sollte unser kleiner Prinz doch ein wenig leiden, dachte ich mir und lief mit verschränkten Armen weg. Naja, klein war er jetzt wirklich nicht, aber das war mir gerade egal. „Ry, mach nicht so schnell. Ich komm nicht mehr mit!" beschwerte May sich und ich drosselte seufzend mein Tempo. „Ich kann ja verstehen, dass du ihn nicht akzeptierst, aber auf mich kannst du doch Rücksicht nehmen!" meckerte sie weiter und ich wurde wieder etwas lockerer. Es war wirklich knuffig, wie sie versuchte, mich zu schimpfen, obwohl sie ja eigentlich die jüngere von uns beiden war.
Da Vampire bei diesem grellen Tageslicht extrem langsam waren, blieb Shevere immer noch weit zurück. Leider wusste ich aber nicht, wo wir hin mussten, also blieb ich jetzt ganz stehen und wartete auf ihn. „Danke, dass auf mich auch Rücksicht genommen wird." grummelte er und schien leicht genervt. Naja, immerhin hatte ich ihn raus in die grelle Sonne gescheucht. „Hör auf, dich zu beschweren. Ich bin es nicht gewöhnt draußen auf kleine, empfindliche Vampire zu achten." zischte ich zurück und verschränkte die Hände vor der Brust. „Könnt ihr mal damit aufhören? Ich will mich endlich ausruhen." unterbrach May unsere Diskussion.
Ich sah Shevere noch ein letztes mal böse an, dann benahm ich mich wieder und fragte ihn nach dem Weg. „Schön, dass du mir nur entgegen kommst, wenn sie mit dir redet." fauchte er sichtlich beleidigt, erklärte aber letztendlich den Weg. Wir liefen schweigend, bis wir vor einem Gusseisernen Tor kamen, dass in einen großen Garten führte, in dem eine riesige Villa stand. Erst als der Vampir-Prinz einen Code neben dem Tor eingab, verstand ich, dass wir angekommen waren. „Da sollen wir wohnen?!" quietschte May aufgeregt und umfasste meinen Oberarm.
Im Gegensatz zu ihr war ich aber so überhaupt nicht begeistert. Mein Blick wurde kalt. In solchen Häusern wohnten nur die wichtigsten Vampire! „Da können wir nicht wohnen." erklärte ich sauer und wandte mich zum gehen. „Ach Ry. Jetzt hab dich doch nicht so!" quengelte meine beste Freundin und versuchte, mich zurück zu halten. „Lass mich, May." fauchte ich und sie wich zurück. Mittlerweile kannte sie mich gut genug, dass sie mich bei dieser Stimmung nicht weiter nervte. Zip... und schon stand Shevere vor mir und hielt mich an den Schultern fest. Seine Vampir-Geschwindigkeit ging mir jetzt schon auf den Geist.
„Nein. Seh es dir wenigstens an!" bat er und ich konnte ihm diesen Wunsch einfach nicht abschlagen, selbst wenn er ein Vampir war. Ich schnaubte, um den Schein zu wahren, drehte mich aber wieder zu dem sich öffnenden Tor. Shevere ließ meine rechte Schulter los und wanderte mit der anderen Hand herunter zu meinem Handgelenk. Ich versteifte mich kurz und er ließ sofort von mir ab. Er schien erstmal verstanden zu haben, dass ich meinen Willen durchsetzte, wenn ich es wollte. „Wow. Der erste Vampir, den du nicht nur an fauchst, ohne dass er dein Arbeitgeber ist." kicherte May und ignorierte meinen bösen Blick.
Der Vampir-Prinz grinste dämlich vor sich hin und ich rollte mit den Augen, auch wenn dieses Grinsen mich entwaffnete. „Sei ruhig und lass uns das endlich hinter uns bringen!" grummelte ich und lief über den breiten Kiesweg, der zum Haus führte. Die schneeweißen Außenwände des Gebäudes schienen bei der grellen Mittagssonne beinahe zu leuchten. Ein Blick über die Schulter auf Shevere bestätigte die Vermutung. Die Farbe reflektierte das Sonnenlicht so stark, dass es den Vampir-Prinzen blendete.
Mit einem schadenfrohen Grinsen kam ich vor der dunklen Tür zum stehen. Alleine aus Neugierde klopfte ich und rechnete wirklich nicht damit, das jemand sie öffnete, was jedoch geschah. Ich sah direkt in die braunen, funkelnden Augen einer bereits älteren Frau. Sie strich sich ein paar blonde Strähnen hinters Ohr und sah irritiert hinter mich, bevor sie Shevere entdeckte und auf die Knie sank. „Kajen. Wie oft soll ich dir noch sagen, dass du dich nicht verneigen musst." meinte mein Seelenverwandter da und ich runzelte die Stirn. Seit wann ging ein Vampir so freundlich mit einer von uns um?
Ich spürte die Augen der Frau, vermutlich war sie Kajen, auf mir ruhen. „Ihr könnt es sooft erwähnen, wie Ihr wollt, Hoheit. Ich verneige mich aus freien Stücken, weil Ihr mein Prinz seit." erklärte sie, starrte aber trotzdem mich an. Es fühlte sich an, als würde sie mich mit ihrem durchdringenden Blick verjagen wollen. Es hätte sogar geklappt, wäre da nicht mein dämlicher Stolz. „Danke. Erhebe dich, ich möchte dir meine Begleitung vorstellen." fuhr Shevere das Gespräch fort und legte mir eine Hand in den Rücken, um mich ins Haus zu schieben. Beleidigt schlug ich sie weg und ein belustigtes Lächeln legte sich auf Kajen's Lippen.
Sie versteckte es schnell und meinte dann „Bei ihr kann ich mir schon vorstellen, wer sie ist. Nur das andere Mädchen ergibt mir keinen Sinn." Der Vampir-Prinz grinste dämlich und ich rollte nur wieder mit den Augen. May kam hinter uns in den Gang und erst jetzt sah ich mich um. Es war unglaublich. An der hohen Decke waren Gemälde gemalt und als ich den Gang durch lief, kam ich in einen runden Eingangsbereich deren Decke aus einer Glaskuppel bestand. Staunend drehte ich mich um meine eigene Achse und genoss die Sonnenstrahlen, die durch das Glasdach verstärkt wurden.
May kam zu mir geeilt und lief zutiefst beeindruckt durch den Saal. „Ry, schau mal hier!" quietschte sie ständig, während ich ihrer Aufforderung stets nachkam. Meine beste Freundin schien so fasziniert, allein von diesem einen Raum. Ich hingegen blieb vollkommen unberührt davon und betrachtete hin und wieder Kajen, deren Blick warnend auf mir lag. „Shevere!" sagte ich nach einer Weile leicht herrisch, ließ die Frau aber nicht aus den Augen. „Ja, Rory?" fragte er und kam zögerlich zu mir. „Könntest du sie vielleicht für einen Moment weg schicken. Ich fühle mich nicht wohl in ihrer Nähe, besonders wenn sie mich so grimmig ansieht." bat ich so leise, dass sie es als Mensch nicht verstand. Der Vampir-Prinz sah nachdenklich auf.
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