8- Ein neuer Freund
Heute würde ich wieder zur Schule gehen. Mittlerweile ging es mir etwas besser und meine Anfälle hatten sich mittlerweile auch etwas gelegt. Zumindest glaubte das meine Ärztin. Lediglich der Muskelkater war die Woche über da gewesen.
Elena war -entgegen der Anweisung ihrer Mutter- nicht mehr bei mir aufgetaucht. Als Grund hatte sie den anderen gesagt, dass es an dem Vorfall mit dem Alpha lag und sie sich deswegen erstmal erholen müsse. Irgendwie war ich ein wenig dankbar dafür, dass sie niemanden erzählt hat, dass ich ihr Mate war. Allerdings kränkte es mich doch ziemlich sehr, dass sie das so verleugnet und die Trennung von ihr war ebenfalls nicht gerade angenehm.
Die Verbindung, die Elena und ich hatten, fühlte sich wie ein Gummiband an, was mich magisch zu ihr hinzog und wenn wir zu weit voneinander entfernt waren, dann tat es einfach weh. Doch mit diesem Schmerz kam ich mittlerweile klar. Der andere Schmerz, der sich so anfühlte, als würde Feuer durch meine Adern fließen, war stärker als der Herzschmerz gewesen und hatte diesen 'überlagert'. Mittlerweile war aber auch dieser verschwunden.
Keiner wusste genau, was es damit auf sich hatte, aber das war mir egal. Solange ich diese furchtbaren Schmerzen nicht ertragen musste, war alles gut. Doch das einzige, was mir Angst machte, war, dass Solace -mein innerer Wolf- sich nicht mehr bei mir meldete und ich ihn nicht mehr spüren konnte. Normalerweise war er immer präsent, doch seit ein paar Tagen war Funkstille.
Ich schnappte mir die Klamotten, die ich heute anziehen würde, aus dem Kleiderschrank und ging ins Bad. Als ich dann aus der Dusche trat und mich anzog, stutzte ich. Mein blaues Lieblingsshirt spannte sich ziemlich eng um meine Schultern und auch die Jeans saß ziemlich schmal. Ich betrachtete mich im Spiegel. Nein... so konnte ich unmöglich zur Schule gehen. Also zog ich mir die Sachen wieder aus und betrachtete meinen Körper.
Meine Schultern waren tatsächlich viel breiter und auch meine Brust- und Bauchmuskeln sahen definierter aus. Zwar waren sie vorher auch zu sehen gewesen, aber trotzdem sah ich nie so... massiv aus.
Ich lief nur in Boxershorts zu meinem Zimmer zurück. Die Shorts war zwar ebenfalls etwas eng, aber dafür dehnbarer und somit nicht so schlimm. In meinem Schrank wühlte ich mich zwischen meinen Klamotten und probierte ein paar Hosen an, doch alle schienen nicht so recht zu passen. Lediglich eine schwarze Hose war so einigermaßen tragbar. Bei den T-Shirts allerdings sah es ebenfalls schlecht aus. Letzten Endes entschied ich mich für ein Schwarzes, welches an meinen Körper immer noch viel zu eng anlag.
Zwar trugen die anderen Werwölfe ebenfalls solche Sachen, aber ich hatte das noch nie, da ich nicht wollte, dass die anderen meinen Körper anstarrten und mich deswegen auslachten.
Ich verdrängte den Gedanken daran wieder und betrachtete mich noch einmal im Spiegel an meinen Kleiderschrank. Nun gab es eigentlich keinen wirklichen Grund mehr, von den anderen ausgelacht zu werden. Ich sah jetzt genauso aus wie die anderen Werwölfe.
Nach der Schule müsste ich mir trotzdem neue Klamotten holen, da ich schließlich nicht immer mit der gleichen Hose rumlaufen konnte. Problematisch wurde es nur, wie ich das alles bezahlen sollte. Meine Eltern wollte ich nicht um Geld bitten und das was ich gespart hatte, wollte ich eigentlich für das Haus am Fluss benutzen. Doch wie es scheint, blieb mir keine andere Wahl, als dies zu benutzen.
Als ich dieses Mal am Schulbus ankam, war ich wieder einer der letzten. Das war auch der Grund, warum schon so gut wie jeder Platz besetzt war. Einige Schüler standen in der Mitte des Busses am Fenster und standen so dicht beisammen, so dass ich mich eigentlich hätte durchquetschen müssen. Doch als ich gerade ein 'Entschuldigung' aussprechen wollte, schauten mich alle Schüler mit einem seltsamen Blick an und machten mir den Weg frei.
Als ich im hinteren Teil des Busses ankam, war lediglich nur noch ein Platz unbesetzt und zwar neben einen Jungen, denn ich bisher noch nicht gesehen habe. Auch sein Geruch war mir nicht bekannt, doch da er hier im Bus saß, war er hier wohl willkommen.
Im nächsten Moment schaute er vom Fenster auf und blickte mich an. Dann nahm er seinen Rucksack von dem Sitz neben ihm, um mir Platz zu machen.
Eigentlich hatte ich vorgehabt, doch lieber zu stehen, ich wollte aber auch nicht unhöflich sein und setzte mich neben ihm.
"Hi," sagte ich und lächelte ihn kurz an.
"Hallo," erwiderte er und schaute geradeaus.
Aus reiner Neugier fragte ich ihn. "Bist du... neu hier?"
Zu unserem Rudel gehörte er ganz sicher nicht, allerdings saß er im Schulbus, welcher nur Werwölfe aus unserem Rudel zur Schule brachte und er roch auch nach Wolf. Und zwar nach einem ziemlich starken Wolf.
"Kann man so sagen, ich wurde zusammen mit ein paar anderen zum Schutz vor dem fremden Alpha geschickt," erklärte er mir. "Ich bin Caden."
"Brem," stellte ich mich vor. "Zum Schutz vor dem fremden Alpha?"
Normalerweise kümmerte sich jedes Rudel um seinen eigenen Schutz. Bisher ist es noch nie vorgekommen, dass Werwölfe aus fremden Rudeln zum Schutz des anderen kamen.
"Ja, man hat uns gesagt, dass ein fremder Alpha in euren Territorium gewittert wurde. Und das sogar im Rudeldorf. Aufgrund des Vertrages wurden aus jedem Rudel ein paar Freiwillige ausgewählt, die euch hier etwas unterstützen sollen, solange bis euer nächster Alpha erschienen ist."
Er hatte eine tiefe, gebieterische Stimme und hatte diesen knurrenden Unterton darin, der mich an unseren Alpha erinnerte. Aufgrunddessen schien er ein ziemlich mächtiger Werwolf zu sein.
"Und warum ausgerechnet dich? Versteh mich nicht falsch, aber du scheinst ziemlich stark zu sein, du hast eine echt krasse Ausstrahlung und dein eigenes Rudel könnte dich doch sicherlich selbst gebrauchen. Zumal niemand weiß, wo sich der fremde Alpha aufhält," erwiderte ich und blickte ihn fragend an.
Doch auf Cadens Gesicht hatte sich ein kleines Lächeln geschlichen und er schüttelte den Kopf. "Mein Rudel ist das in Zone 11."
Ich riss überrascht die Augen auf. Zone 11 wurde von einem Alpha mit angeblich dämonischen Fähigkeiten geführt. Keiner würde es wagen, sich mit diesem Rudel anzulegen. Unser Rudel - in Zone 7- war schon relativ groß und gehörte somit zu einem der stärksten Rudel. Eigentlich, den solange kein neuer Alpha kommt, waren wir nicht mehr ganz so gefürchtet.
"Zone 11, wow." Ich beugte mich etwas zu ihm hinüber und flüsterte. "Hat euer Alpha wirklich etwas... eh, Dämonisches an sich?"
"Mein Vater? Ja, das könnte man so sagen," sagte er schmunzelnd.
Wenn möglich wurden meine Augen noch größer. "Dein Vater ist der Alpha? Aber, das heißt ja, dass du der nächste sein wirst! Der nächste Alpha von Zone 11."
Caden lachte kurz auf und schüttelte dann den Kopf. "Nop. Dieses Amt habe ich an meinen kleinen Bruder weitergegeben. Ich habe kein Interesse daran, ein Alpha zu werden."
"Oh," sagte ich nur.
Normalerweise ist es eine große Ehre, ein Alpha zu sein und viele würden für diese Aufgabe wortwörtlich morden. Warum Caden diesen Job nicht wollte, war mir schleierhaft, aber ich beschloss, nicht weiter nachzuhaken und ihn stattdessen mit anderen Fragen zu Löchern.
"Weißt du denn, ob es schon eine Spur zu dem fremden Alpha gibt? Gibt es schon eine Vermutung, wer es sein könnte, wo er herkommt und was er will?", fragte ich.
"Nop, nichts."
"Hmmm. Ich weiß leider auch nichts. Vielleicht ist es ein alter Feind, allerdings gab es schon lange keine Feindseeligkeiten mit anderen Wölfen bei uns, also würde ich das ausschließen," teilte ich ihn meine Gedanken mit.
Caden schaute sich im Bus um und als er merkte, dass alle mit einander beschäftigt waren, beugte er sich zu mir herüber. "Ich vermute, es ist jemand, der eure derzeitige Schwäche ausnutzt. Ich denke, er will euer neuer Alpha werden und dass er einfach so hier im Rudeldorf hereinspaziert, ist nur eine Demonstration seiner Macht und Intelligenz. Denn niemand schafft es, ungesehen in ein Rudeldorf zu gelangen und dann wieder zu verschwinden. Er will, dass euer derzeitiger Alpha und auch ihr Angst bekommt. Auch die Kratzer an der Wand unter dem Fenster von Elena deuten darauf hin. Schließlich ist sie die Tochter des Alphas. Der neue Alpha will sie vielleicht als seine Luna," erklärte er mir leise und zuckte dann mit seinen Schulter. "Ist allerdings nur eine Vermutung. Eurer Rudel ist schließlich sehr groß und wenn der aktuelle Alpha so schwach ist und die Nachfolge ungeklärt, ist das eine große Verlockung."
Als Caden Elenas Namen gesagt hatte, regte sich kurz Brian in mir und knurrte kurz.
Wow. Jetzt kannst du dich also wieder melden?, fragte ich ihn, aber erhielt keine Antwort. Na toll, dann eben nicht!
Ich nickte auf Cadens Aussage hin nur. Mittlerweile waren wir auch an der Schule angekommen und nachdenklich trottete ich hinter Caden her.
Was ist, wenn ich nun Elena sehen würde? Wie würde sie reagieren? Und wie sollte ich reagieren?
Es war mir unendlich peinlich gewesen, dass sie mich so zurückgewiesen hatte. Doch mittlerweile fühlte ich mich seltsamerweise nicht mehr gedemütigt, sondern es hatte sich auch ein kleines bisschen Wut mituntergemischt. Bei dieser Erkenntnis erschrak ich mich.
Noch nie war ich wirklich wütend gewesen oder gar sauer. Normalerweise fühlte ich sowas nicht und dennoch brodelte es in diesem Moment in mir.
Ich schüttelte den Kopf, um mich von diesen Gedanken zu befreien und fing an, Caden die Schule zu zeigen. Dass mich irgendwie die meisten Schüler anstarrten, als wäre mir ein drittes Auge gewachsen, versuchte ich zu ignorieren. Irgendwie hatte ich das ungute Gefühl, dass dies nicht nur an Caden lag.
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