Platz vier.
Gerade, als ich mir die letzten weißen Beweise von meinem Kinn wischte, sah ich, dass Felix versteinert zum Torbogen der Küche sah. Das war nicht gut. Das war ganz und gar nicht gut! Ich traute mich überhaupt nicht, mich nach hinten umzudrehen. Vielleicht könnte ich mich ja in die Spülmaschine quetschen?
Während ich mich umdrehte, flüsterte ich leise: "Scheiße, scheiße, scheiße, scheiße..". Minho lehnte sich mit verschränkten Armen an den steinernen Rahmen. Sein Blick ruhte ausdruckslos auf uns, sein Finger tippte auf seinen Unterarm herum. Keiner sagte etwas.
Während ich ja bereits auf dem Boden saß, begab Felix sich ganz langsam auf meine Höhe. Nur in die andere Richtung. Er kniete sich neben mich, traute sich nicht, Minho in die Augen zu sehen. "Wir können das erklä-", begann er zaghaft, doch er kam nicht weiter. "Seid ihr dann endlich mal fertig?", fiel unser Dom ihm ins Wort.
Vor Panik wurde Felix in Sekundenbruchteilen von einer Welle Schweiß umhüllt. Ich hingegen war noch immer nur körperlich anwesend. Hirnfunktion gleich null. Der Dominante schlich auf uns zu. Er bog die Finger seiner linken Hand einmal nach innen um, sodass sie ein beunruhigendes Knacken von sich gaben. Kurz vor uns hielt er an. Arktisches Klima zog in der Küche auf, der kalte Nordwind blies uns ins Gesicht
Minhos scharfer Blick zertrennte die letzte Verbindung zwischen meinem Hirn und meinem Mund. Immerhin funktionierte Felix noch halbwegs. Dachte ich. "Wir wollten nur..", diese Worte machten wohl auch nichts besser. "Habt ihr es ausdiskutiert?", sagte unser Dom und sah den zitterten Blondschopf neben mir an, der bis vor einer Minute noch genau das Gegenteil war.
"Es tut uns leid!", platzten nun auch endlich die ersten Worte aus mir heraus. "Was tut euch leid?", hakte der Eiskönig nach. Seine Frage war gemein. Es führte uns noch einmal direkt vor Augen, dass wir etwas verkackt hatten. "Najaaaa~.. Dass wir.. Ohne euch und... Ohne zu fragen..", mein Blick suchte die Fliesen unter seinen Füßen ab.
"Wir gehen jetzt nach drüben.", forderte er uns auf, ihm zu folgen. Der Walk of shame. Bedröppelt schlurften wir zurück zu den Anderen. "Was macht ihr denn für ein Gesicht?", fragte Chan besorgt. Minho setzte sich stumm aufs Sofa. Felix griff nach meinem Unterarm und hielt mich davon ab, ebenfalls dort Platz zu nehmen. Der Fußboden war wohl der passendere Ort für uns.
Während meine Finger nervös aneinander herumspielten, sagte Minho: "Ich glaube, die beiden haben es endlich hinbekommen."
"Wurde aber auch mal Zeit."
"Ja, das wurde es."
Verwirrte Blicke irrten zum Sofa. Unser Besuch sah zu uns hinab. Jeongin grinste. Ich hob meine Hand und wartete geduldig ab, bis ich drangenommen wurde: "Was wurde mal Zeit?". Chan legte locker den rechten Fuß auf dem linken Knie ab und verschränkte die Hände hinter dem Kopf: "Dass ihr euch mal einig werdet.".
"Einig worüber?", fragte ich schüchtern weiter. "Ihr habt doch darüber diskutiert, wer von euch beiden über wem steht.", entgegnete der Älteste mir. Ich sah gefrustet zu Felix. Verdammter Sonnenschein mit seinem hypnotisierenden Blick und seinem hypnotisierenden Penis! Er unterdrückte sein Sieges-Grinsen.
„Felix also über Jisung? Das überrascht mich irgendwie.. Und irgendwie überrascht es mich nicht.". stellte der Älteste fest, während er noch immer in seiner lockeren Position saß. Meine Augen wanderte zu Minho, der zustimmend nickte. Felix wackelte freudig auf seinem perfekten Hintern herum.
"Moment mal! Wieso glaubt ihr, dass Felix gewonnen hat?!", meinte ich entsetzt. Minho lehnte sich vor: "Ich habe genug gesehen.". Ich schluckte schwer. Jeongin lehnte sich nach rechts und flüsterte Hyunjin zu: "Also ist Felix jetzt der Alpha-Sub?". Verwirrt schnellte mein Blick zu ihm herüber.
"Alpha-Sub?", wiederholte ich seine Worte. Professor Lee schaltete sich dazwischen: "In manchen BDSM-Beziehungen gibt es einen Sub, der 'mehr' zu sagen hat, als der oder die anderen. Der sogenannte Alpha-Sub. So eine Rolle muss es aber nicht zwangsläufig geben, es können auch alle gleichberechtigt sein. Je nachdem, womit alle einverstanden sind.".
"Also wie ein Dom?"
"Nein. Der Alpha-Sub steht auf jeden Fall noch unter den Doms. Er kann aber zum Beispiel im Sinne des Doms handeln. Du baust Scheiße, also bestraft dich der Alpha-Sub für euren Dom. Verstehst du?"
"Ah..", machte ich abschließend. „Ich bin aber nicht das Schlusslicht!", protestierte ich, als ich schnallte, was hier gerade über mich behauptet wurde. „Wieso nicht?", fragte Jeongin leise und ich fing seinen Blick ein. „Weil..", begann ich und grübelte erstmal. Hatte ich nicht eben in der Küche genau den Beweis dafür geliefert?
„Also, ich habe ja keine Ahnung. Naja, vielleicht ein bisschen.. Aber.. Deine Rolle ist doch eigentlich Brat, oder?", redete er etwas drumherum. „Ja, schon..", gab ich zu und er fuhr fort: „Ist es dann für dich nicht die beste Situation, alle anderen über dir zu haben? Du hättest theoretisch drei Leute, die dir die Stirn bieten.".
Blitze schlugen in meinen Kopf ein und erleuchteten mein Hirn. Er hatte Recht! Mit meinen Partnern musste ich mich ja nicht einmal zwischen Qualität und Quantität entscheiden, ich bekam beides! Das Deluxe-Paket! Und trotzdem stampfte mein Stolz wütend mit dem Fuß auf und stellte sich quer: „Aber es ist doch doof, der Letzte zu sein!".
„Kitten, ist es wichtiger, auf dem ersten Platz zu sein oder mit seinem Platz zufrieden zu sein?", fragte Minho mit ruhiger Stimme. Mein Atem hielt kurz an, dann atmete ich tief aus. Meine Augen suchten den Boden ab. Wieso wollte ich denn nicht der Letzte sein? Weil man sein gesamtes Leben wetteifert, der Beste, der Stärkste, der Schnellste zu sein?
Ich schloss meine Augen und fragte mich, welche Situation ich mir mehr herbeisehnte. Felix unter mir? Ja, es hatte definitiv etwas, ihn nach unten zu drücken. Irgendwie ließ mich das erhaben fühlen. Aber das, was er mit mir getan hatte, löste so viel mehr in mir aus. Es fühlte sich natürlicher an, ließ selbst jetzt, als ich den Moment erneut gedanklich abspielte, meinen Magen nochmals zusammenzucken.
Auf Knien drehte ich mich leicht zur Seite, sah dem Blonden flüchtig ins Gesicht und dann begab mein Oberkörper sich wie von allein nach unten. Demütig senkte ich meinen Kopf und legte die Stirn ab. So kniete ich vor ihm und machte ihm klar, dass ich der Letzte sein wollte. Dies war mein Platz und er fühlte sich so verdammt richtig an! Felix' Hand strich zärtlich über meinen Hinterkopf. Mit tiefer Stimme sprach er leise: „Setz dich wieder hin.".
„Also dann.. Kommen wir mal zu eurer Strafe.", unterbrach Minho diesen filmreifen Moment und der Sonnenschein und ich rissen die Augen auf. „Strafe?", rief Felix erschrocken. „Ja, eine Strafe! Weil ihr beiden das zweite mal ohne unsere Erlaubnis-" – „Wir hatten keinen Sex! Es war doch nur ein Blowjob!", fiel ich ihm ins Wort.
„Achso, dann ist das ja etwas ganz anderes!", entgegnete er mir sarkastisch. Er wendete seinen Blick in die entgegengesetzte Richtung: „Sag mal, Hyunjin. Du tust mir doch bestimmt einen Gefallen, oder?". Der Langhaarige lächelte ihm teuflisch entgegen: „Nur zu gern!". Minho verschwand nach oben.
Als er zurück war, streckte er über unseren Köpfen den Arm aus und ließ ein schwarzes Knäuel fallen, was Felix und ich fragend beäugten. „Seil?", fragte er und sah auf. „Ihr zwei seid doch heute unzertrennlich!", grinste der Dominante auf uns herab, bevor er unserem Besuch einen bittenden Blick zuwarf.
Wenige Minuten später waren Felix' und mein Arm fest miteinander verschnürt. „Wenn irgendwas taub wird, sagt Bescheid.", lachte der Ältere und setzte sich wieder neben Jeongin. Der schaute gespannt zu uns rüber. „Ach, man..", meinte ich frustriert und wackelte mit dem Arm hin und her, um zu überprüfen, wie gut – oder schlecht – ich diesen nun benutzen konnte.
„Tut uns leid.", entschuldigte sich der Sonnenschein erneut ganz schüchtern bei unseren Doms. „Schon okay, Baby.", tröstete Chan ihn sogleich. Während Felix wohl tatsächlich ein schlechtes Gewissen hatte, ärgerte ich mich einfach nur darüber, dass ausgerechnet meine bessere Hand an meinen Partner gefesselt war.
Es dauerte keine zwei Minuten, da kam von rechts neben mir: „Ich muss aufs Klo!". Resigniert ließ ich den Kopf hängen. Verkrampft standen Felix und ich auf und schritten seitlich durch die schmale Tür des Gästebads. Als er eilig seine Hose aufmachen wollte, schrie ich fast auf, da mein Ellenbogen in die falsche Richtung gebogen wurde.
„Tut mir leid, ich habe nicht dran gedacht! Aber ich muss so dringend!", hüpfte der Blondschopf nervös neben mir herum und kämpfte nun einhändig mit seinem Reißverschluss. Lautes Plätschern und ein erlöstes, lautes Atmen, dann ging es Felix endlich besser. In Teamarbeit zogen wir ihn wieder an.
„Freust du dich?", fragte er, ohne mir Kontext zu geben. „Dass du es geschafft hast, Pipi zu machen? Ja, ich bin verdammt stolz auf dich!", antwortete ich plump und schaute ihn verwirrt an. „Nein! Dass du jetzt drei Leute über dir hast.", lachte er, während er seine Hände, inklusive meiner Rechten, unter lauwarmem Wasser wusch.
„Schon irgendwie. Aber ich muss dir ehrlich sagen, dass es sich noch etwas merkwürdig anfühlt.", gestand ich und blickte seinem Spiegelbild vor mir in die Augen. „Ja, mir geht's ähnlich. Ich begreife das irgendwie noch gar nicht so richtig.", murmelte er und griff nach dem kleinen Handtuch.
„Wir müssen uns damit erstmal einspielen. Ich bin gespannt, wie es wird!", grinste ich verlegen. Felix lehnte seinen Kopf an Meinen, dann schob er mich in Richtung Tür. Wie es wohl in ein paar Wochen zwischen uns laufen würde?
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