Das Unwetter - Part 1
Den ganzen Tag lang hatte die Sonne geschienen. Es war so idyllisch. Noch immer war es kalt, aber die warmen Strahlen hatten einen wirklich an das Ende der frostigen Jahreszeit glauben lassen. Und gerade, als ich an unserer überladenen Garderobe stand und darüber nachdachte, ob ich schon mal meine dickste Jacke verstauen sollte, zog sich der Himmel dunkel zu.
"Oh.", sprach ich mit mir selbst und tapste nach nebenan. Minho stand mit seinem Handy ans Ohr gedrückt am Wohnzimmerfenster und rieb sich nachdenklich die Schläfen. "Musste ja so kommen.. Ja.. Nein, ist nicht schlimm, kriege ich irgendwie hin.", antwortete er dem anderen Ende und schlenderte zum Sofa. "Nein, das machst du nicht! Hast du mal rausgeguckt?!", schon richtete er sich wieder auf.
Als er mich vernahm, lächelte er mir zu und ich schlich zu ihm herüber. Ich kuschelte mich auf das dunkle Sofa und zupfte zaghaft an seiner Hose. "Ja, natürlich ist das wichtig! Aber SO wichtig ist es jetzt auch nicht!", versicherte er der Person in der Leitung und setzte sich leise neben mich. Seine Hand legte sich sanft auf meinen Oberschenkel und er spielte gedankenverloren an der Naht des Baumwollstoffes herum.
Ein paar strenge Worte später, legte er dann schlussendlich ziemlich abrupt auf. Als Verabschiedung diente er lautes "NEIN!". Ich schaute ihn schräg und mit fragendem Blick an. "Hyunjin.", antwortete er mir und mein Blick wurde auf die folgende Stille seinerseits genervt. Wieso musste ich immer erst nachhaken, wenn ich etwas wissen wollte?!
"Er sollte mir ein wichtiges Dokument schicken, aber sein Laptop streikt wohl komplett, sodass die Mail einfach nicht rausgehen will. Jetzt wollte er extra herkommen..", bekam ich endlich erklärt. "Also ein wirklich wichtiges Dokument?", fragte ich vorsichtig. Die Falten zwischen Minhos Augenbrauen waren eigentlich Aussage genug. Er nickte.
Die ersten Regentropfen prasselten ans Fenster, als sich die Haustür öffnete. Felix schlug sie außer Atem hinter sich zu. "Bin zuhause!", rief er und schlüpfte aus seinen Schuhen. "Hey!", begrüßte ich ihn und wartete, bis er bei mir angekommen war, um uns nacheinander einen Kuss zu geben. "Es ist verdammt ekliges Wetter draußen!", meinte er und fuhr sich durch die leicht nassen Haare.
"Das soll noch viel schlimmer werden!", rief Chan von oben und lief die Treppe nach unten. Besorgt sah ich Minho an, der gerade eine Nachricht las und mit "Dieser Trottel!", kommentierte. Er hielt sich erneut das Handy ans Ohr, was er kurze Zeit später wütend ansah. "Der hat mich einfach weggedrückt!", rief er ungläubig dem zeitraubenden Gerät in seiner Hand zu.
Dicke Regentropfen wurden vom Wind gegen all unsere Fenster geschmettert. Es prasselte laut und der Wind pfiff hier und da durch irgendeine Stelle. Der Himmel war so dunkel wie Minhos derzeitiges Gemüt. "Meinst du, er ist wirklich losgefahren?", fragte Chan vorsichtig und bekam sogleich eine laute Antwort: "Na klar! Er hat mich mit Sicherheit auch deswegen weggedrückt! Dieser Idiot! Bei so einem Wetter Auto zu fahren, ist eins der dämlichsten Dinge, die man nur tun kann!". Beunruhigt lief er im Wohnzimmer auf und ab, wie eine einsame Wildkatze in Gefangenschaft.
Felix hatte sich umgezogen und lag eng an mich gelehnt auf dem Sofa. Ich kraulte sanft seinen Kopf und wartete nur darauf, dass er gleich anfangen würde, zu schnurren. Seine Augen fielen immer wieder zu. Er war bestimmt erschöpft, da er heute Morgen so früh aufstehen musste. "Sturmwarnung für das ganze Gebiet..", las Chan uns die lokale Wettervorhersage vor und schaute angespannt zu Minho, der seit knapp fünf Minuten aus dem Fenster schaute. Immer wieder hatte er versucht, Hyunjin anzurufen und mit jedem mal wurde er wütender. "Ich drehe ihm den Hals um, wenn er tatsächlich hier ankommen sollte!".
Felix war mittlerweile auf mir eingeschlafen. "Channie? Kannst du mir einen Tee machen?", flüsterte ich nach rechts und deutete mit meinem Finger auf den Jüngsten von uns. Er nickte und stemmte sich vom Sofa auf. Und gerade, als er im Türrahmen zur Küche angekommen war, zuckten wir alle zusammen, da ein lautes Donnergrollen uns überraschte. "NICHT DIE FÜßE!", rief Felix erschrocken und saß kerzengerade neben mir. "Bitte was?!", fragte ich verwirrt und sah in sein müdes Gesicht. "Ich habe geträumt.. Du wolltest meine Füße ablecken..", erklärte er und rieb sich die Augen.
Chan stellte meine Tasse Tee auf dem niedrigen Tisch ab und sah zum Fenster hinaus. "Oh, oh..", meinte er und stellte sich Minho schon einmal in den Weg. "Okay, Minho. Ganz tief durchatmen!", sagte er noch ruhig, wurde jedoch schon von einer wütenden Dampfwalze zur Seite geschoben. Ich machte mich auf dem Sofa groß und erkannte Hyunjins Wagen, der im mittlerweile strömenden Regen auf unsere schmale Auffahrt rollte. Wie war doch gleich die Nummer des örtlichen Bestatters?
Acht Augen verfolgten den Langhaarigen, der schützend seine Kapuze festhielt und zu unserer Veranda sprintete. Er hob gerade die Hand, um zu klingeln, da riss Minho schon die Haustür auf und packte ihn. Mit einem Ruck wurde er an seiner Jacke ins Haus gezerrt und gegen die Wand gedrückt. "Was hast du nicht verstanden, als ich meinte, du sollst nicht hierher kommen?!", sagte mein Dom scharf und drückte den Blonden tiefer in den polsternden Haufen Jacken, der einen harten Aufprall verhindert hatte. Und gerade, als Hyunjin Luft geholt hatte, um sich irgendwie zu entschuldigen, zerriss uns das nächste Donnergrollen fast das Trommelfell.Fast genauso laut knallte die Tür zu und eine Diskussion zwischen den beiden brach los:
"Tut mir leid, aber das war so wich-"
"Nein! SO wichtig ist es nicht und das habe ich dir auch gesagt!"
"Okay, kann ich bitte nur ganz ku-"
"Wie bescheuert muss man sein, dass man bei so einem Wetter losfährt?!"
"Minho, ich muss wirk-"
"Wenn du auf dem Weg hierher verreckt wärst, dann wäre die Mail heute auch nicht mehr losgekommen!"
"In meinem Au-"
"Wenn ich sage, bleib zuhause, dann meine ich auch bleib zuhause!"
"Ich habe Jeo-"
"Du bist echt blöd wie fünf Meter Feldweg!"
"JEONGIN IST NOCH IM AUTO!"
Kurze Stille, dann erleuchtete ein heller Blitz die komplette Umgebung. Keine zwei Sekunden später klang es, als würde die Welt untergehen. Minho riss erneut die Tür auf und schubste Hyunjin nach draußen. Der rannte so schnell er konnte zum Auto, zog die Tür auf und schnappte seinen Freund am Arm, mit dem er zu uns zurückgelaufen kam.
"Du hast also nicht nur dein eigenes Leben aufs-", fing Minho mit der nächsten Belehrung an, jedoch hielt Chan ihm von hinten fest den Mund zu, sodass nur noch ein unverständliches Gemurmel aus ihm herauskam. "Zieht erstmal eure Jacken aus und kommt rein! Ich bin Chan, freut mich, dich kennenzulernen!", lenkte der Älteste die Situation endlich in eine lockerere Unterhaltung.
"Ich bin Jeongin!", stellte sich der Neue knapp vor. Eine kurze Verbeugung ließ auf gute Erziehung schließen. Während Felix schon aufgesprungen war, saß ich noch immer ziemlich verschüchtert auf dem Sofa. Groß, schlank, dunkle Haare, schmale Augen. Seine Wangenknochen waren klar zu erkennen und darunter waren leichte Grübchen zu sehen. Er lächelte freundlich, wobei seine Augen noch schmaler wurden.
"Setzt euch.", wies Minho die beiden an, nachdem er Chans Hand von seinem Mund gezerrt hatte. Beleidigt war er vorangegangen und quetschte sich neben mich. Hyunjin nahm seinem Freund die Jacke ab und versuchte sie verzweifelt an einen der überfüllten Haken zu hängen. "Wir bleiben nicht lange. Ich wollte dir bloß den USB-Stick bringen, auf den ich das Dokument gezogen habe!", erklärte der Langhaarige und schob Jeongin sanft mit dem Arm in seinem Rücken vor sich her ins Wohnzimmer.
Felix übernahm die kurze Vorstellung von uns Restlichen und bot unserem Besuch etwas zu trinken an. Chan deutete den beiden aufs Sofa und endlich setzten sich die beiden. Jeongin und ich tauschten kurz verunsicherte Blicke aus und ich vergrub meine Finger in Minhos Ärmel. Neue Leute kennenzulernen, machte mich noch immer nervös. Jeongin schien ein eher ruhiger Typ zu sein, vielleicht war er genauso unsicher wie ich.
Minho hatte Hyunjin den USB-Stick aus der Hand gerissen und war nach oben abgedampft. Das Pärchen saß händchenhaltend auf dem Sofa und es herrschte eine komische Stille. "Und.. Ihr habt zu viert eine WG?", sagte der Neue schüchtern und sah durchs Zimmer. Hyunjins Augen wurden riesig, was nicht unbemerkt an Chan vorbeiging. "Wir.. Nun ja.. Leben hier alle zusammen.", antwortete er vorerst so offen wie möglich. "Echt? Von außen denkt man gar nicht, dass hier so viele Zimmer reinpassen!", sagte Jeongin erstaunt. "Nun ja, wir... teilen uns hier die Zimmer..", fuhr Chan fort. "Also immer ein Zimmer zu zweit? Oh man, das stelle ich mir echt cool vor!", grinste der Jüngste uns an.
Mit seiner Antwort von der Treppe aus, sprengte Minho erneut die Stimmung: "Nein. Wir sind alle miteinander zusammen.". Melodramatisch erleuchtete sich durch einen erneuten Blitz das Wohnzimmer und die Worte des Dominanten wurden durch ein tiefes Grollen musikalisch untermalt. Danach war es still und alle Augen richteten sich auf die Treppe. ___________________________________________________________________________
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