Das Hotel - Part 3
Ich hatte die ganze Nacht geschlafen, wie ein Stein. Ich wachte auf, streckte mich, hörte das friedliche Vogelgezwitscher und hätte schwören können, dass das hier eine Szene aus einem Zeichentrickfilm war. Fehlte nur noch, dass irgendwelche Kleintiere sich um mich herum versammelten, mit denen ich ein Liedchen trällerte. Als ich Minho schnarchend und in Haltung eines Kaktus neben mir vorfand, wusste ich aber, dass das hier kein Film war. Leise lachend schmiegte ich mich an ihn und strich seinen Arm entlang, woraufhin er anfing, sich zusammenzurollen. "Guten Morgen!", begrüßte ich ihn leise und seine müden Augen öffneten sich einen winzigen Spalt breit. Fragwürdige, stöhnende Geräusche waren seine Begrüßung an mich. Dann drehte er sich zu mir und umschlang mich mit seinen Armen. Ich gab ihm noch ein paar Minuten, um wach zu werden und genoss das Kuscheln. "Wie spät ist es?", krächzte er mit müder Stimme und ich antwortete ihm, dass ich keine Ahnung hatte. Wir hatten uns vor unserer Reise darauf geeinigt, in den Flitterwochen ohne Wecker aufzustehen.
Ich zog mich gerade an, während Minho noch unter der Dusche stand. Es war kurz vor 8 Uhr und wir wollten frühstücken gehen. Dass ich mal freiwillig im Urlaub um diese Uhrzeit aufstehen würde, hätte ich niemals geglaubt. Gestern Abend waren wir aber auch ziemlich früh im Bett gewesen. Der Sex hatte mich irgendwie ziemlich müde gemacht. Gerade, als ich daran dachte, fiel mir mein komischer Orgasmus ein und ich fragte mich, was genau das eigentlich war. War das alles nur intensiver, weil es so aufregend war, an einem anderen Ort Sex zu haben? Während ich grübelte, kam Minho aus dem Bad ins Schlafzimmer und zog sich an, sodass ich nun nach nebenan huschte. Als ich mir meine Zahnbürste in den Mund steckte und nebenbei noch schnell meine Haare richtete, trat Minho von hinten an mich heran und legte mir mein Halsband an. In einem BDSM-Hotel brauchte man sich wohl kaum für ein solches Accessoire zu rechtfertigen und das gefiel mir. Gut, man musste sich im Endeffekt nirgends für irgendetwas rechtfertigen, aber wir kennen das doch alle. Ständig hat man das Gefühl, alles erklären zu müssen, was man tut. Eine blöde Angewohnheit, die man schwer wieder los wird. Ich spülte mir ein paar mal den Mund aus, dann zogen wir uns unsere Schuhe an und verließen das Zimmer.
Ich hatte uns einen ruhigen Platz für das Frühstück gesichert und bedankte mich bei Minho, als er mir eine Tasse mit heißem Kaffee hinstellte. Appetit hatte ich noch nicht so wirklich, aber eine Kleinigkeit aß ich trotzdem. Mein Dom tippte leise auf seinem Handy herum und sagte dann: "Ah, das sind mal schöne Neuigkeiten.". Mit vollem Mund machte ich nur: "Hm?", um zu erfahren, was er meinte und er schob mir sein Smartphone rüber. Unser Gruppenchat war geöffnet und ich las die letzte Nachricht. Chan schrieb: "Guten Morgen ihr Zwei. Ihr seid die ersten, die es erfahren! Felix und ich sind offiziell ein Paar <3". Ich quietschte leise vor Freude, kramte dann sofort mein Handy raus und schrieb als Antwort, dass ich mich unglaublich doll für die beiden freute. Sie passten wirklich gut zusammen. Felix, der kleine Sonnenschein und Chan als sein Beschützer. Auch Minho gratulierte den beiden, woraufhin Felix wild mehrere Herzchen in den Gruppenchat schickte. Er war die Niedlichkeit in Person. Während wir uns darüber unterhielten, bekam ich plötzlich wieder ein komisches Gefühl. Ich drehte mich vorsichtig um und entdeckte in der Ecke leicht hinter mir, dass dort dieser Mann saß, dem wir im Fahrstuhl begegnet waren und uns anstarrte. "Minho, da ist wieder dieser Creep von gestern!", flüsterte ich panisch. "Der darf ja wohl auch hier frühstücken, wenn er im Hotel ein Zimmer hat.", beruhigte mein Mann mich, doch irgendwie hatte ich echt kein gutes Gefühl bei dem Typen. Seine Ausstrahlung war so kalt und ich fand es mehr als fragwürdig, dass er uns so intensiv anstarrte. Das war doch nicht normal! "Der ist bestimmt nett. Wollen wir 'hallo' sagen?", fragte Minho und sofort schüttelte ich wild den Kopf. "Vergiss es! Ich werde mich nicht freundlich mit meinem Mörder unterhalten, bevor er mir den Hals aufschneidet!", wehrte ich ab und Minho sagte prompt: "Vielleicht entgehen wir aber so unserem grausamen Schicksal?". Wieder schüttelte ich den Kopf und blieb standhaft.
Wir hatten unseren Rundgang durch das Hotel endlich fortgeführt und ich war mehr als beeindruckt! Es gab hier noch einen riesigen Wellness-Bereich, mit Pool, Sauna, Ruhezone, sämtlichen Anwendungen von Beauty-Gedöns bis hin zu Massagen. Ohne Happy End! An was denkt ihr denn schon wieder?! Die Woche hier im Hotel musste ein Vermögen gekostet haben. Wir stiegen gerade in den Fahrstuhl und wollten auf unsere Etage fahren. Als Minho auf den Knopf drückte, sahen wir einen Mann schnellen Schrittes auf den Fahrstuhl zulaufen und Minho wollte gerade die Tür aufhalten, da erkannte ich, wer dazusteigen wollte: Der Creep! Sofort riss ich Minhos Arm nach hinten und die Tür schloss sich gerade noch rechtzeitig. "Was sollte das denn?! Der wollte mit rein!", sagte Minho etwas lauter und ich erklärte: "Hast du nicht gesehen, wer das war?! Das war unser Mörder!". Er verdrehte die Augen und meinte genervt: "Ji, jetzt beruhig dich endlich mal. Das ist ein ganz normaler Gast hier. Niemand will dich umbringen!". Es tat mir leid, was ich getan hatte, aber mein Bauchgefühl sagte mir, dass da was nicht stimmte. Ich wollte einfach nicht während meiner Flitterwochen sterben, das war alles! Eilig zog ich Minho hinter mir her in unser sicheres Zimmer. Es war doch sicher, oder? Ich schaute mich unauffällig um, ob irgendwo ein Fenster offen stand. Alles in Ordnung. Vielleicht war ich doch nur etwas paranoid.
Minho wollte einen Spaziergang durch den Wald hier machen, deshalb zogen wir uns um. Mittlerweile war ich ganz gut darin, meine Gedanken laut auszusprechen: "Sag mal.. Gestern hatte ich irgendwie einen komischen Orgasmus." - "Gut-komisch oder schlecht-komisch?" - "Gut-komisch. Sogar sehr gut!". Minho lächelte schief und ich warf ihm einen fragenden Blick zu. "Das gestern war Edging.", erklärte er halbherzig und es bildeten sich immer mehr Fragezeichen in meinem Kopf. "Was bedeutet das?", hakte ich nach und Minho startete seine Rede, die sich bei mir gedanklich wie ein Referat von ihm abspielte: "'Edging' leitet sich vom Begriff 'Edge' ab, also 'Kante'. Es ist eine Art von Orgasmuskontrolle. Man bricht den Orgasmus immer wieder kurz vorher ab und setzt dann die Stimulation fort. Wenn der Höhepunkt dann endlich erlebt werden darf, fühlt es sich wie eine riesige Erlösung an, deswegen ist es so intensiv. Man kann das Ganze aber auch verschärfen. Es gibt beim Höhepunkt den sogenannten 'point of no return', sodass man ganz ohne Berührung kommen kann. Der Orgasmus wird dann zwar erlebt, aber die Erregung bleibt trotzdem. Das ist durchaus eine harte Strafe.". Sein kurzer Vortrag war beendet und ich sagte: "Edge-Play also?". "Nein, das ist was anderes. Edge-Play sind Spielarten, bei denen die Sicherheitsaspekte grenzwertig sein können.", erklärte er mir. Verstehend nickte ich, während ich meinen Pullover in den Bund meiner Hose schob. "Hat es dir gefallen?", bat Minho mich um Rückmeldung und ich holte etwas aus: "Also gestern hat es mir sehr gefallen. Aber als Strafe stelle ich es mir unglaublich schrecklich vor.". Er betonte, dass man dabei durchaus vorsichtig sein sollte: "Bei vielen setzt irgendwann das rationale Denken aus und die meisten Subs würden ihre eigenen Grenzen überschreiten, nur um endlich kommen zu dürfen. Das kann definitiv zu einem heftigen 'Drop' führen. Ich als Dom muss also gut auf dich aufpassen, wenn ich das mache.". Ich drückte mich an ihn und war froh darüber, dass er immer auf mich Acht gab. Natürlich hatten wir keine Garantie dafür, dass bei uns nichts schiefgehen konnte, aber Minho ging unglaublich reflektiert mit allem um, sodass ich mir sicher war, dass er immer versuchte, alles zu berücksichtigen. "Woher weißt du, wann du aufhören musst?", fragte ich interessiert. Seine Aufgabe kam mir sehr schwierig vor, er musste schließlich den perfekten Zeitpunkt erwischen. "Ich sehe es an deiner Körpersprache. Ich habe die letzten Wochen immer darauf geachtet, wie genau du beispielsweise deinen Körper vor dem Orgasmus anspannst, wie dein Blick sich verändert, wie deine Atmung sich verhält.", sagte er und machte mich etwas sprachlos. "Du hast mich also studiert.", fasste ich zusammen und er nickte mir zu. "Einfacher ist es, wenn man das Ganze per Dialog macht. Der oder die Sub muss dann immer ansagen, wenn es fast soweit ist und wann es weitergehen soll. Wenn man nur ein paar Sekunden zu lang wartet, muss man den Höhepunkt wieder länger aufbauen. Das Timing muss sich erst einspielen. Es kann auch durchaus Sinn machen, wenn Sub das Ganze bei der Selbstbefriedigung erstmal allein übt. Und ganz ehrlich: Ich glaube, ich hatte da gestern auch einfach ein wenig Glück, dass es sofort beim ersten mal funktioniert hat.", ratterte Minho herunter, während er ein paar Haarsträhnen auf meiner Stirn richtete.
Wortlos liefen wir nebeneinander und genossen die Ruhe der Natur. Das Sonnenlicht brach sich in den Ästen der Bäume und malte eine idyllische Umgebung um uns herum. "Was möchtest du denn im Hotel noch alles ausprobieren?", fragte ich Minho. Irgendwie bekam ich manchmal ein schlechtes Gewissen, weil er immer derjenige war, der dafür sorgte, dass wir neue Dinge versuchten. "Gute Frage. Vielleicht sollten wir eher überlegen, ob es etwas gibt, was wir NICHT austesten wollen. Ich denke, es ist in dem Fall einfacher, Dinge auszuschließen.", schlug er vor. "Ich wäre für alles bereit.", versicherte ich ihm und er stimmte mir zu. Wieder herrschte Stille. "Was magst du an mir als Sub?", fragte ich und blieb stehen. Er drehte sich zu mir, nahm meine Hand und zog mich daran weiter. "Einfach alles.", begann er und zählte dann weiter auf: "Ich mag es, dass du offen bist, aber nicht übermütig wirst. Ich liebe es, wenn du schüchtern wirst, wenn ich etwas von dir verlange. Ich liebe mittlerweile sogar deine Widerworte!". "Wirklich?!", unterbrach ich ihn etwas ungläubig. "Ja, wirklich! Ich mag es, dir dann zu zeigen, wo es langgeht.", sagte er mit einem Schmunzeln im Gesicht. Seine Worte beruhigte mich, denn Minho war früher der Typ Dom, der vollkommenen Gehorsam verlangte. Auch er hatte sich in seiner Rolle entwickelt. "Ich mag auch alles an dir als Dom. Du bist fürsorglich, du informierst dich, ich weiß genau, dass ich jederzeit ohne schlechtes Gewissen sagen könnte, wenn mir etwas nicht gefällt. Ich liebe es, wenn du mich lobst und ich liebe deine Bestrafungen.", gab ich an ihn zurück. "Gut, dass du die Bestrafungen magst. Ich bin mir manchmal unsicher deswegen." - "Wieso das denn?" - "Manchmal kostet es mich eben doch Überwindung, mich über dein 'Nein' hinwegzusetzen.". Ich hielt wieder an. "Ich mag es sehr, wenn du genau das tust. Irgendwie macht es mich verdammt an, dir ausgeliefert zu sein.", sagte ich etwas leiser. "Wünscht du dir mehr davon?", fragte Minho, der mich geduldig erneut weiterzog. Ich nickte und er fragte daraufhin: "Soll ich härter zu dir sein?". "Lass es uns ausprobieren!", antwortete ich ihm vorfreudig, wobei mein Bauch leicht kribbelte. "Kitten, ich habe einen Wunsch.", sagte Minho. Ich schaute gespannt zu ihm rüber und er erklärte: "Ich habe dir deinen Spitznamen gegeben. Ich würde mich sehr darüber freuen, wenn du mir ebenfalls einen geben würdest.".
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Schreibt mir gern in die Kommentare, welchen Spitznamen ihr am besten fändet! Ich bin total neugierig! Ich schwanke tatsächlich zwischen zwei :)
Manche von euch haben eine Vorahnung, was es mit dem Creep auf sich hat, oder? ;D
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