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Fünftes Kapitel...

...in dem Sindrak seinen Lebenswandel überdenkt

{Soundtrack: Hans Zimmer - Not in Blood, But in Bond aus dem Sherlock Holmes OST

https://youtu.be/wRCTBUFx02M

und  Hans Zimmer - You're Just a Man in a Mask aus dem Lone Ranger OST. Auf YouTube nicht zu finden.

Außerdem, ein Bild eines Gottes.}

~

In der Kathedrale war es kalt und still. Selbst jetzt, mitten in der Nacht, strichen noch letzte Gläubige durch das hohe, einschüchternde Kirchenschiff. In den riesigen Kapellen, die den Rand des Schiffes säumten, beteten Canwy Roch, alte Frauen, Priester und sogar ein betrunkener Mann, die den Einäugigen Gott um Gnade anflehte, erstaunlich leise für seinen Zustand. Eine Frau in einem prächtigen Kleid kniete vor der Kapelle des Banns, die Arme in den mit rauschender Spitze verzierten Ärmeln über den kalten Stein ausgebreitet, versunken in ihr Gebet, ein Käfig mit einem kleinen, weißen Vogel neben sich. Gruppen von Opferkerzen auf eisernen Gestellen erhellten schemenhaft das Innere der Kathedrale, ohne die Streben der Decke zu erreichen. Fenster aus buntem Glas, durch die tagsüber das Licht in tausend Farben einfiel, waren nun dunkel und stumpf. Über dem Hauptaltar, zwischen den Plätzen der Adeligen, bäumte sich eine gewaltige marmorne Statue des König Schellen auf: ein Pferd mit den Hinterbeinen eines Drachen und gespaltenen Vorderhufen. Seine Augen waren mit schwarzen Fäden zugenäht, dunkles Blut quoll durch die Lider, dargestellt durch rote Farbe und Karneol. Silberne Schnüre wickelten sich um seine Beine und den verkrüppelten Flügel, der aus seiner Schulter wuchs. Bronzene Glöckchen hingen daran. Ein riesiges Auge mit geschlitzter Pupille, wie die eines Drachen, überblickte von seiner Stirn aus das Innere der Kathedrale und schien mich und Valentina zu beobachten. Gegen die schiere Höhe des Kirchenschiffs schien das Abbild des Gottes einschüchternd klein.

Wir hatten uns irgendwo in der Mitte der unzähligen Reihen von Kirchenbänken niedergelassen. Valentina starrte apathisch ins Nichts, Blut rann über ihre zur Faust geballten Hand. Die andere umklammerte den Rand ihres Mantels, den sie fest über ihrer Brust geschlossen hielt, als schäme sie sich für ihre knappe Kleidung an diesem heiligen Ort. Doch sie atmete Angst und Trauer aus, und beinahe fürchtete ich, sie könnten mich überfallen wie ein böser Geist.

Ich hatte den Kopf auf die Lehne der Bank vor mir gelegt und lauschte dem leisen Gesang eines Chors, irgendwo in einer der Kapellen. Schellen klingelten, manche hell wie Silber, andere beinahe bedrohlich, mit jedem Schritt, den jemand um uns herum tat.

Müde schloss ich die Augen. Immer noch schlichen die Reste des Gin und der Essenzen, die das Hex in meinen Körper trieb, durch meine Adern, und ich fühlte mich, als schwimme ich in einem Meer, das alle Kraft aus mir zog. Das Adrenalin schwand.

„Was nun?", flüsterte eine Stimme, so rau, dass ich sie kaum als Valentinas erkannte.

„Wir warten", antwortete ich ebenso leise, die Augen halb geöffnet. „Wenn sie sich verzogen haben, verschwinden wir. Hierhin werden sie uns nicht folgen. Selbst wenn sie nicht an ihn glauben, Cinderport legt sich nicht mit dem Einäugigen an." Jeder, auch Durensky, fürchtete die Macht, die der Glaube besaß. Das Heiligtum von Oscravelle zu stürmen hätte einen Krieg bedeutet, und auch der Fürst von Cinderport, der Tausende von Jahren überlebt hatte, wusste, dass Oscravelle ihn und seine Waffen besiegen konnte.

„Wer waren die?", fragte sie, noch leiser als zuvor.

Ich legte den Kopf so, dass ich sie sehen konnte, ein schiefer Blick von der Seite. Die Banshee blickte wie gebannt auf das Abbild ihres Erzfeindes, ihre Mähne ringelte sich um ihre gebleckten Zähne. Die Laternen waren dunkel, wie erloschen. „Männer von Misha Durensky. Dem Herrn von Cinderport. Er kontrolliert den Süden von Hivens Ark. Die größte Stadt, die gewaltigsten Fabriken."

„Ashenfall", murmelte Valentina tonlos.

„Genau. Er selbst regiert von Cinderport aus. Niemand, der etwas auf sich hält, lebt in Ashenfall."

„Und er hat die Waffen." Ihre Stimme war so kalt und scharf, als könnte sie schneiden wie ihr Messer.

Ich schwieg und nickte kurz.

„Und dann?" Sie starrte bewegungslos das Abbild des König Schellen an. „Werden Sie mich dann nach Cloudfall bringen? Zu Ihrem Lord?"

„Es ist nicht mein Lord, und glauben Sie mir, ich bereue es entsetzlich, mit ihm Geschäfte zu machen. Aber ja, das werde ich wohl."

„Sind Sie sich sicher?", raunte sie, die Banshee strich an ihrem Gesicht vorbei, so nahe, dass sie es spüren musste.

„Wo wollen Sie sonst hin?"

„Zurück zu meinem Vater. Ihm helfen, von hier zu verschwinden."

„Und dann? Sie werden nirgends sicher sein. Ich habe Sie gefunden, und ich mag recht passabel den Spuren folgen können, aber es gibt andere, die viel besser sind als ich. Und die kann man weder täuschen noch einschüchtern. Selbst die Canwy Roch können es nicht."

„Und wenn ich einen Weg finde, nicht benutzt zu werden?", knurrte sie, ihre blutige Hand löste sich aus der Faust. Sie bewegte die Finger, die Banshee rieb sich daran.

„Es gibt Magier, die sich selbst gegen Dämonen zu helfen wissen. Auch gegen starke Dämonen. Ich drohe Ihnen nicht. Nichts liegt mir ferner", beschwichtigte ich sie. Ich war mir fast sicher, dass sie hier, umgeben von der Macht des Königs, die Banshee nicht rufen konnte, doch versuchen wollte ich es nicht. „Ich will Sie nur darauf hinweisen, was die Folgen sein können, wenn Sie sich aufzulehnen." Ich seufzte tief. „Russell mag zweifelhafte Ziele haben, doch wenn Sie für ihn arbeiten, können Sie ganze Armeen auf den Karten bewegen, und sie laufen für Sie. Sie wären seine rechte Hand. Und Sie könnten ihn für Ihre Ziele benutzen, so wie er es tut. Denn am Ende stehen Sie am längeren Hebel."

Valentina schüttelte den Kopf. „Nein. Ich will nur zurück." Heftig umklammerte sie den Ärmel von Ibras Mantel.

Ich biss die Zähne zusammen. Schlechte Nachrichten habe ich noch nie gerne überbracht. „Das können Sie nicht."

Erschöpft beobachtete ich einen alten Mann, der vor einer Kapelle kniete, dessen Götterstatue in einem Berg aus Knochen stand. Der König Schellen schien beinahe ruhig und erhaben, im Gegensatz zu seiner vor Energie sprühenden Macht, die die anderen Kapellen zeigten. Ein Meer aus Blumen lag vor der Statue, und der Mann legte mit bebenden Händen eine dazu.

Tränen rannen über Valentinas Wangen, und sie erzitterte unter unterdrückten Schluchzern. Fahrig schlang sie die Arme um ihren Körper, als müsste sie sich davor bewahren, auseinander zu brechen. Das Wimmern, das dennoch über ihre Lippen kam, war in der Stille der Kirche so laut, als hätte sie vor Schmerz geschrien.

Unvermittelt erhob sie sich und schlurfte zu der Kapelle des Todes. Ich blickte ihr besorgt nach, in der stillen Hoffnung, sie würde nichts Dummes tun, doch sie kniete nur vor der Statue nieder und weinte, die eine Hand tief in den Blumen vergraben. Der Einäugige blickte auf sie hinab, als würde er über sie wachen, die Banshee erwiderte lauernd seinen steinernen Blick. Der alte Mann trat zu ihr und blieb neben ihr stehen, drei Statuen voller Trauer.

Ich erhaschte seine Worte, selbst durch das Klingeln der Glöckchen und dem Klagen des Chors hindurch. „Du trägst die Dunkelheit mit dir, Kind."

„Ich weiß", schluchzte Valentina.

„Nicht nur die Trauer. Es ist mehr", erwiderte er.

Valentina krümmte sich zusammen und umklammerte ihren Körper. Das Beben derTränen schüttelte ihren Körper. „Ich weiß", flüsterte sie, immer und immer wieder.

Es tat mir beinahe leid, dass ich sie nur noch nach Cloudfall bringen wollte und danach so weit von ihr und Russell fortgehen wollte, wie es mir möglich war. Jeder auf der Welt war wohl der Meinung, dass sie die Banshee, ihre Macht und ihre Bürden, nicht verdient hatte, und allermeisten sie selbst. Zwölftausend Aurai, rief ich mir ins Gedächtnis. Ich könnte für so viel Geld eine Statue von mir gießen lassen, so groß wie die des Königs. Ich könnte mir eine eigene Kathedrale bauen lassen.

„Sie werden verfolgt", flüsterte jemand hinter mir.

„Ich weiß", murmelte ich Valentinas Worte.

„Ich meine nicht Durenskys Männer."

Ich blickte den jungen Mann hinter mir zweifelnd an. Schwarze Haarsträhnen hingen ihm ins Gesicht, unordentlich und doch so akkurat, als hätte er sie absichtlich dorthin gekämmt. Er war so blass, dass er beinahe bleich war, so bleich wie ein Vampir, doch er war keiner. Vampire rochen anders. Eher nach Echse, weniger nach Raubtier. Seine Haare und seine makellos schwarze Kleidung bildeten einen scharfen Kontrast zu seinen beinahe blauen, spiegelglatt rasierten Wangen.

„Sondern?", hakte ich nach.

„Sehen Sie sich nicht um. Haben Sie die Frau gesehen, die in der Kapelle des Banns betet? Sie trägt einen Vogel mit sich." Seine Stimme war klar und ruhig, als gäbe es nichts auf der Welt, was ihn aus der Ruhe bringen konnte. Er machte mich nervös. Männer wie er, mochte er noch so jung sein, ließen sich auch nicht durch ihre eigenen Morde aus der Ruhe bringen, und ich wusste, dass er bereits getötet hatte. Ich sah es ihm an.

„Aye", sagte ich langsam. Ihr Kleid war zu auffällig gewesen, als dass ich mich nicht an sie erinnert hätte.

„Sie ist eine Dienerin des König Schellen. Eine von jenen, die die Banshee wieder dort sehen will, wo sie herkam."

„Und das bedeutet?"

„Sie will sie bannen. Zurück in die Anderwelt bringen. Und nachdem, was sie glaubt, ist dies möglich, indem sie den Beschwörer tötet."

Ich nahm eine Hand von der Lehne der Bank vor mir und löste die erste Schnalle meines Schwerts.

„Keine Angst, sie wird sie nicht hier töten. Der König verbietet es, dass Blut auf seinem heiligen Boden vergossen wird, und sie ist die, die sich am ehesten daran halten wird."

„Wem dient sie? Cinderport? Vigilante? Korvengerstein?", flüsterte ich. Ich konnte es mir nicht vorstellen, dass sie für die Schmutzfinger von Vanlowe arbeitete. Dafür war sie viel zu erhaben.

„Sie dient nur dem König und sich selbst. Es heißt, der Einäugige wäre ihr im Traum erschienen und habe sie dafür ausgewählt, die Banshee zu bannen."

Ich blickte zu Valentina, die immer noch wie ausgebrannt vor dem Knochenberg kniete. „Dann sollte ich sie möglichst schnell fortbringen", flüsterte ich.

„Ein hervorragender Plan", raunte der junge Mann, doch als ich mich erheben wollte, hielt er mich zurück. „Doch Sie sollten sie nicht nach Cloudfall bringen."

Ich löste die Schnalle und strich über die hungrige Klinge. „Warum nicht?"

Metall klirrte hinter mir, das Geräusch eines Revolvers unter einer Jacke. „Weil es von äußerster Wichtigkeit ist, dass sie Lord Russell nicht in die Hände fällt."

„Wer bist du? Wem dienst du?" Ich tastete nach der zweiten Schnalle und fragte mich kurz, ob zwölftausend Aurai einen Mord in einem Gotteshaus wert waren. Sie waren es ohne Frage.

„Mein Name ist Simoney Blacat. Ich diene jenen, die das größere Bild sehen, statt wie blind Macht und Geld hinterher rennen", raunte er kühl und doch sanft. „Und lassen Sie das Schwert, wo es ist. Ich glaube nicht an die Tatsache, dass der König jene bestraft, die Blut ohne seine Zustimmung vergießen."

„Und doch jagst du der Banshee, seiner Erzfeindin, hinterher", murmelte ich.

„Das eine habe ich gesehen. Das andere nie, selbst wenn ich eine Menge Blut ohne seine Einwilligung vergossen habe."

„Und was soll ich deiner Meinung nun tun?"

„Es gibt einen Ort, an dem all Ihre Fragen eine Antwort finden", antwortete er kryptisch.

„Auch die Frage, wer mir am meisten für Valentina bringt? Versuche nicht, mir ins Gewissen zu reden, das haben bereits einige versucht, und du siehst, wo ich jetzt bin", fauchte ich.

„Wer versuchte, Ihnen ins Gewissen zu reden?", hakte er nach.

Ich hielt inne. Ich hätte schwören können, dass ich mich an jemanden erinnerte, doch es erschien weder ein Gesicht, noch, wozu der Betreffende mich überzeugen wollte.

Simoney bemerkte mein Zögern. „Wir sehen viel. Auch, dass Sie einst Dämonen aufgehalten haben, zu Zeiten, zu denen die Banshee eine von vielen ihrer Macht war und nicht die Königin der Finstersten."

Das Gefühl meines Hex strich wie ein Schatten seiner wahren Kraft an mir vorbei, mein Schwert in meinen Händen, mein Fell verklebt von schwarzem Dämonenblut. Schatten liefen um mich herum, und verschwanden, sobald ich an sie zu denken versuchte. „Woher weißt du das?"

Er lächelte kalt. „Wie maßen uns an, viel über jene zu wissen, mit denen die Mächtigen spielen. Gerade über jene, die ein Statthalter aussendet, einen einzigen Mann, in den er anscheinend so viel Vertrauen setzt."

Nun wandte ich mich vollends zu ihm um. „Woher weißt du das alles? Sag es mir, oder du wirst sehen, dass du nicht der Schrecklichste in diesem Gotteshaus bist!", zischte ich heftig.

„Das bin ich so oder so nicht, nicht solange die Banshee neben Miss Alderberry weilt. Gehen Sie zu jenen, die das ganze Bild sehen. Für sie arbeite ich, und bei ihnen werden Sie einen Weg erfahren, ihre Vergangenheit zu finden." Er erhob sich und strich sich die Kleidung glatt. „Doch beeilen Sie sich. Die Lady mit dem Vogel wird ebenso wenig ruhen wie Durensky oder Russell."

„Was soll das heißen, an jene, die das ganze Bild sehen? Ich stehe in der Kirche des König Schellen. Er sieht das Wahre. Soll ich zu den Priestern gehen?" Ich wurde wütend, auf diesen Scheiße redenden, blauwangigen Jungen, der glaubte, die Weisheit und alle Mysterien der Welt mit Löffeln gefressen zu haben. „Lass das Gerede und sag mir, wer mir bei allem Unheiligen die Wahrheit sagt!"

„Gehen Sie nach Vigilante", sagte Simoney. „Bringen Sie Miss Alderberry mit. Ich werde Sie finden."

„Was bietest du mir?", zischte ich.

„Ihre Vergangenheit. Und den Frieden."

„Ich bin ein Söldner. Ich scheiße auf deinen Frieden. Russell bietet mir Geld. Das ist wesentlich greifbarer als all dieses Geschwafel von der Vergangenheit." Dennoch juckte es mir in den Fingern, ihm tatsächlich zu folgen. Die Erinnerungen lockten mich, und ich konnte und wollte nicht widerstehen. Sie waren da, ich wusste es. Ich musste sie nur wecken. Doch Russell bot mir beides. Gold und Erinnerungen.

Verachtung huschte über Simoneys Gesicht, die erste Regung, seit er mich angesprochen hatte. „Zwanzigtausend Aurai. Ist das mehr nach Ihrem Geschmack?"

„Schon besser. Das und Schutz vor Russell. Ich würde Valentina nur ungern an ihn verlieren und alles Geld mit ihr." Ich grinste schief.

„Nehmen Sie Ihre Erinnerungen, fünfzehntausend Aurai und den Schutz vor Russell als eine Grundlage. In Vigilante wird neu verhandelt."

Ich lächelte liebenswürdig. „Wenn ich weniger bekomme als das, was du mir gerade versprichst, nehme ich Valentina und gehe dorthin, wo ich ursprünglich hin wollte."

Simoney lächelte dünn. Natürlich, wenn Sie glauben, es zu schaffen, sagte sein Blick. „Im Hafen liegt ein Schiff. Die Odybreva. Es wird uns nach Vigilante bringen. Wenn Sie und Miss Alderberry sich beeilen, werden Sie es noch erreichen und sich an Bord schleichen können."

„Warum bringst du uns nicht direkt an Bord?"

„Weil die Kapitänin noch nicht wissen sollte, und auch sonst niemand, dass ich Sie und Miss Alderberry von hier fortbringen sollte." Er zögerte kurz und ließ den Blick durch die Kirche schweifen. „Zunächst dachte ich, nur Alderberry nach Vigilante zu bringen, doch meine Auftraggeber haben ein gewisses Interesse daran, Euch am Leben zu erhalten."

Mir juckte es auf der Zunge, nach dem Warum zu fragen, doch ich wollte ihn nicht herausfordern. „Die Odybreva, sagtest du?"

„Ja. Das größte Schiff, das im Hafen liegt. Goldene Kreuze auf den Segeln." Er knöpfte seinen schwarzen Staubmantel zu und fuhr sich mit den Händen durch die Haare. „Warten Sie, bis die Turmuhr schlägt, dann kommen Sie nach. Wenn Ihnen eine schwarze Katze mit grünen Augen begegnet, folgen Sie ihr."

Ich sah ihn skeptisch an, doch schwieg und nickte. Simoney lächelte beinahe sanft, dann wandte er sich um und ging durch das hohe, schmale Kirchenschiff auf das Haupttor zu. Vor dem Schrein des Todes hielt er kurz inne und schien zu überlegen, ob er zu Valentina sprechen wollte, doch er entschied sich dagegen und setzte seinen Weg fort.

Mir war klar, dass es eine Falle sein könnte. Er könnte mich an Bord der Odybreva töten und dann über Bord werfen, aber ich würde mich teuer verkaufen. Zur Not könnte ich immer noch das Schiff sprengen. Einen Fall aus einem Luftschiff hatte ich bereits überlebt, warum keinen zweiten?, redete ich mir ein. Oder Valentina bat die Banshee, uns zu helfen. Hoffentlich opferte sie mich nach so etwas nicht.

Mürrisch vertrieb ich das Gefühl der Müdigkeit und mein wisperndes schlechtes Gewissen, als ich mich von meinem Platz erhob und Valentina so vorsichtig ich konnte die Hand auf die Schulter legte. Sie regte sich nicht einmal. „Valentina?", flüsterte ich. „Hörst du mich?"

Sie nickte beinahe unmerklich.

Ich kratzte all mein Mitgefühl und Taktgefühl zusammen. Beides zusammen hätte kaum eine Fingerkuppe bedecken können. „Wir müssen gehen. Doch wir gehen nicht nach Cloudfall. Wir gehen nach Vigilante."

„Warum?", wisperte sie. „Hat dir jemand mehr Geld geboten?"

„Nein, ich bin zu Vernunft gekommen", raunte ich. Wie ich sagte, mein Taktgefühl ist kaum zu sehen. „Die Frau mit dem Vogel, die vor der Kapelle des Banns betet, will dich töten. Wenn die Uhr schlägt, werden wir gehen. Vigilante wird uns schützen." Bei den Unheiligen, wenn Blacat sein Versprechen brach, würde ich ein paar unschöne Entscheidungen treffen müssen.

Valentina atmete zitternd ein und nickte. Das Bildnis des König Schellen schimmerte stumpf im Kerzenschein.

Ich richtete mich auf und sah mich um. Die Frau mit dem Vogelkäfig hatte sich erhoben und schritt auf das Tor zu, ohne einen Blick zurück zu werfen. Einzig der Vogel schien mich direkt anzublicken, und ich fragte mich, ob das Tier wirklich erkannte, was es sah, oder nur zufällig zu uns sah.

Still trat ich ein paar Schritte von Valentina fort, setzte mich wieder auf eine der Bänke und legte den Kopf auf die Lehne. Vigilante. Eine große Stadt, hell und voller Reicher und Adeliger. Oscravelles weiße Schwester, das Juwel des Nordens, so nannte man es. Ich fragte mich, welche Pläne der Fürst von Vigilante hatte. So weit ich es gehört hatte, kümmerte er sich wenig für Politik, sondern war mehr interessiert daran, was hinter den Nebeln lag. Dennoch war er der wortgewandteste Redner, den es gab, so erzählte man sich. Er könnte die Banshee überzeugen, fortan den Einäugigen als ihren Gott anzubeten. Ich konnte mir nicht vorstellen, wozu er Valentinas Macht gebrauchen konnte. Vielleicht, um sie zum Grund zu schicken, und um nachzusehen, ob es noch Leben dort gab.

Das bronzene Donnern der Turmuhr riss mich aus meinen halbschlafenden Gedanken. Ich erhob mich von meinem Platz und ging zu Valentina, die mir mit geröteten Augen entgegenblickte. Blut verkrustete an ihrer Hand, und ich reichte ihr wortlos einen Stofffetzen. Sie verband ihre Wunde, ohne mich anzusehen.

„Valentina. Wenn wir dort draußen angegriffen werden, musst du dich verteidigen", hob ich leise an.

Sie unterbrach mich sofort. „Nein. Ich werde sie nicht rufen." Sie sah zum Standbild des Königs auf und machte eine Geste, die alle Gläubigen vor ihm taten.

Ich verzog das Gesicht. „Kannst du mit Schwertern kämpfen?"

Sie öffnete ihren Mantel einen Spalt breit, und ich sah den Revolver in der Innentasche. „Ich habe vier Kugeln. Ich hoffe, das reicht."

Seufzend geleitete ich sie zu einem der Nebentore und lud im Schutze meines Umhangs meine Armbrust nach. „Wir werden keine Aufmerksamkeit erregen." Solange so etwas einem Karr mit einem grünlich glühenden Konstrukt auf dem Rücken und einer jungen Frau in einem schweren roten Mantel möglich war. „Wir laufen zum Hafen und verstecken uns auf dem Schiff, das uns nach Vigilante bringt. Bereit?"

Sie schüttelte den Kopf, und ich stieß die Tür so weit auf, dass wir hindurch treten konnten. Niemand stürzte sich auf uns, keine Kugel durchschlug meine Haut. Hektisch sah ich mich um, doch niemand war zu sehen, bis auf einen Penner, der benebelt unter einem der Spitzbögen schlief. Vor dem Haupttor konnte ich das mechanische Pferd sehen, unbewegt. Valentina sah es ebenfalls und wandte schnell den Blick ab.

Ich winkte sie hinter mir her und schritt zügig, doch nicht zu schnell durch die nachtschwarzen, nebligen Gassen. Die Feuchtigkeit kroch mir wie der Verfolgungswahn durch die Glieder, und ich spürte die Energie des Hex in meinen Adern prickeln. Jedes Mal, wenn ich einen verstohlenen Blick nach hinten wagte, sah ich der Banshee genau in die ausdruckslosen Augen, die Mähne ringelte sich wie Rauch um sie.

Mein Vorteil war, dass ich schon unzählige Male durch die verborgenen Gassen und Hinterhöfe von Oscravelle gegangen war. Ich kannte jeden Weg, jeden Schlupfwinkel. Valentina folgte mir still und scheinbar regungslos durch die stets unverschlossene Tür, die zum Hinterhof eines nach Verwesung stinkenden Schlachthofes führte, hinauf auf eine Kohlenkammer über eine Mauer in den winzigen, stockfinsteren Garten, durchkreuzt von Wäscheleinen, an denen schmutzig weiße Laken, umweht vom Nebel, sich wie Segel im Wind blähten. Ich kletterte auf das brüchige Dach, setzte jeden meiner Schritte mit Bedacht, und sprang hinab in die schmale Gasse, gesäumt von schmalen, geschwärzten Backsteinhäusern. Valentina rutschte aus, doch ich packte sie, bevor sie fallen konnte.

Ein Mann rauchte vor einem winzigen, heruntergekommenen Pub eine Zigarette und starrte uns nach, während wir wieder in den Nebeln verschwanden. Ich nahm die letzte Abkürzung durch die Wäscherei einer Familie Fuchs-Anima, bog um einige Hausecken, und betrat den Hafen.

Nach all den engen Straßen kam ich mir auf dem riesigen, offenen Platz entsetzlich ungeschützt vor. Beinahe war ich versucht zu rennen, doch ich hielt mich zurück und ging gemächlichen Schrittes zu einer der Hafentavernen, von der aus ich einen guten Blick auf die Odybreva hatte.

Sie war ein gewaltiges Schiff, so groß, wie ich mir nur das Schiff des Fürsten von Vigilante vorstellte, oder die mächtigen Stahlschiffe, die Durensky in Ashenfall bauen ließ. Schwarze Kreuze zierten die Segel, die bei Tag golden sein mussten, wie Blacat gesagt hatte. Der Luftkern, der es am Himmel hielt, war groß wie ein kleines Haus, die Orbs darum herum waren breite Ringe aus mit Runen versehenem Metall, die sich träge um den schwach gelbweiß glühenden Stein drehten. Die Masten ragten wie gigantische, tote Bäume in den verrauchten Himmel.

Am Rande des Lichtkreises, den die stinkenden Öllampen vor der Taverne verströmten, saß eine schwarze Katze. Ihre Augen leuchteten grün im Feuerschein. Träge blinzelte sie mir zu und schnippte mit einem Ohr.

Ein Mann leerte seinen Krug und warf ihn nach ihr. Sie wich elegant aus, Reste von Bier spritzten auf ihr Fell, und ich habe nie zuvor eine Katze gesehen, die so sehr aussah, als wollte sie jemanden töten. Ich unterdrückte ein gehässiges Lachen.

Dennoch ging ich auf sie zu und folgte ihr mit Valentina zum unauffälligen Nebeneingang eines der hohen, wuchtigen Backsteingebäude, wohl Lagerhallen, die den Hafen zusammen mit den Tavernen säumten. Die Katze schlüpfte durch das Gitter eines der Fenster, die eine Mannshöhe über mir lagen, und verschwand in der Dunkelheit. Ich grub meine Werkzeuge aus der Tasche und stocherte im Schloss der Tür, während Valentina aufmerksam in die nebligen Gassen blickte. Die Gaslaterne über uns schien wie durch einen Zufall ausgefallen zu sein, und ich konnte mir denken, dass Simoney Blacat dafür gesorgt hatte.

Mit einem Knirschen sprang das Schloss auf, und ich trat schnell und doch vorsichtig in die Lagerhalle. Beinahe wäre ich in Stolperdrähte der Alarmanlage gelaufen, doch sie lagen durchtrennt am Boden. Der Junge hatte erstaunlich gut vorgesorgt. Dennoch hielt ich die Augen offen und setzte die Fliegerbrille auf.

Die Dunkelheit wich, und ich sah die Berge von Kisten, Fässern und Säcken, als wäre die Halle mit schummrigem, warmen Licht erleuchtet. Das Hex warf einen unheimlichen, grünen Schein auf die Gegenstände. Valentina blickte mit weit aufgerissenen Augen in die Schatten, und ich erkannte, wie die Banshee um ihre Finger strich. Ich nahm ihren Arm, bevor sie eine der verbliebenen Fallen auslöste. Blacat hatte gut gearbeitet, doch ich sah noch einige mehr.

Zielstrebig lief die Katze voran, eine Treppe hinab in den Keller des Lagerhauses. Es roch nach altem Wein, trockenem Holz und feuchtem Gestein, und ich spielte kurz mit dem Gedanken, eines der kleineren Fässer zu stehlen, nur um auf dem Schiff etwas zu trinken zu haben. Jetzt bereute ich es, keine zweite Flasche Gin bei den Canwy Roch gekauft zu haben, doch sie wäre bei dem Kampf sicherlich zu Bruch gegangen, und den guten Schnaps zu verschütten hätte an eine Tragödie gegrenzt.

Ich knackte ein weiteres Schloss und öffnete die Tür. Eisiger Wind fegte hinein und ließ meinen Umhang flattern. Dahinter lag ein schmaler Steg, der den breiten Kiel der Odybreva umschloss, einen guten Meter von ihm entfernt. Dazwischen gähnte ein schmaler Streifen schwarzes, gähnendes Nichts, der bei einem falschen Schritt einen endlosen Fall bedeutete und schließlich einen ekelhaften Aufprall unterhalb der Stadt. Die Katze schlich voraus und zeigte uns die an den Planken befestigten Leitersprossen, die an der Schiffswand hinaufführten. Die Gaslampen an den Docks schienen in dünnen Streifen zwischen Schiff und Stegen hindurch und warfen ein gefährliches Licht und dunkle Schatten auf das Holz.

Ich schielte an meiner Brille vorbei, um mich zu vergewissern, dass auch Valentina sehen konnte. Es war nicht viel, doch die Umrisse der Sprossen konnte man erkennen.

Sie sah mich fragend an. „Wohin?"

Ich wies auf die Querbalken an der Bordwand. „Dort hinauf, und dann in eine der Luken für die Kanonen." Die Katze sprang an das lackierte Holz, als nähme sie den Abgrund nicht wahr, und verschwand über uns.

Valentina trat vor und blickte ins Nichts hinab. Der Wind ließ ihre Haare flattern. „Bei den Schellen des Königs", murmelte sie und sprach ein schnelles, hektisches Gebet.

„Ich werde hinter dir sein. Und wenn du stürzt, weißt du, wen du um Hilfe anrufen kannst." Ich lächelte schief.

Sie biss die Zähne zusammen und lehnte sich vor, um nach der ersten Sprosse zu greifen. Ihre andere tastete nach hinten, und ich griff nach ihrem Unterarm, bis sie festen Halt hatte und die ersten Schritte getan hatte. Dann folgte ich ihr. Es war ein erstaunlich leichtes Unterfangen im Gegensatz zu dem Einbruch, bei dem ich über die Ketten von Oscravelle hinein in die Kanalisation und in einen der Türme geklettert war. Seitdem bin ich derartigen Herausforderungen gewachsen.

Dennoch schien mein Herz stehen zu bleiben, als ich mit beiden Füßen abrutschte und meine Krallen in das Holz schlug, um nicht in den Tod zu stürzen. Ich rang um Halt, kletterte die letzten Meter und kroch, so schnell ich konnte, durch die Luke. Valentina hatte sich bereits hinter eine der schweren, eisernen Kanonen geduckt, die Katze saß neben ihr.

Als ich neben ihnen das Schiff betrat, sprang das Tier auf und führte uns zu einer engen Treppe, die hinunter in den Schiffsbauch führte. Ich brach ein weiteres Schloss auf, das der Tür zum Laderaum, und schlich mit Valentina hinein. Die Katze starrte mich ein letztes Mal eindringlich an, dann rannte sie davon.

Ich drückte die Tür zu und schob einen Ballen Stoff davor, während Valentina im Schein meines Hex in die Schatten huschte und sich hinter einigen Kisten und Fässern verbarg. Sie wusste, was sie tat, das musste ich ihr zugute halten. Ich versteckte mich hinter einem Bollwerk aus Fässern, deren Aufschrift ich nicht entziffern konnte, hüllte mich in meinen Umhang und verschmolz mit den Schatten.

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