Kapitel 23 Band 8
Mio wühlte konzentriert in seiner Tasche, während Emilia neugierig zusah. Schließlich zog er einen hölzernen Kasten hervor, der mit filigranen Schnitzereien verziert war. Gemeinsam setzten sie sich auf das Bett, Emilia mit funkelnden Augen vor Erwartung.
„Was ist das?" fragte sie neugierig und deutete auf den Kasten.
Mio grinste verschmitzt. „Das, meine Gute, ist das Werkzeug, das ich dir versprochen habe. Die Vael-Handelskammer hat den Zweig verarbeitet, den du mir damals gegeben hast."
Emilia öffnete vorsichtig den Kasten, als würde sie einen Schatz entdecken. Ihre Augen weiteten sich vor Staunen, als sie den Inhalt betrachtete. Darin lagen verschiedene präzise gefertigte Werkzeuge, jedes Einzelne sorgfältig in Stoff eingebettet. Doch in der Mitte ruhte ein großer, mit Runen verzierter Hammer, der leicht in einem sanften Glühen schimmerte.
„Wow... Mio, das ist unglaublich!" Emilia strich ehrfürchtig mit den Fingern über die feinen Runen des Hammers, spürte die Magie, die von ihm ausging.
Mio lächelte zufrieden. „Dieser Hammer ist durchtränkt mit der Magie des Waldriesen aus dem Moorwald. Er eignet sich perfekt, um nahezu alles herzustellen – ob Amulette, Waffen oder anderes. Egal, was dein Herz begehrt, dieses Werkzeug macht es möglich."
Emilia blickte ihn sprachlos an, während sie den Hammer in die Hand nahm und das Gewicht prüfte. „Er fühlt sich... lebendig an."
„Das ist er auch," erklärte Mio. „Jeder Schmiedemeister würde sich darum reißen. Die Runenschmiede oder Klingenformer würden ein Vermögen dafür zahlen. Aber ich dachte, vielleicht möchtest du ihn Sei geben. Er könnte damit außergewöhnliche Dinge erschaffen – Dinge, die genau deinen Vorstellungen entsprechen."
Emilia nickte langsam, während ihre Begeisterung unübersehbar in ihrem Gesicht stand. „Das ist wirklich... ein Geschenk ohnegleichen. Mio, ich danke dir. Das ist einfach unglaublich!"
Mio hob beschwichtigend die Hände. „Es ist nicht nur der Hammer. Die Vael-Handelskammer war so frei, weiteres hochwertiges Werkzeug hinzuzufügen. Du kannst es Sei geben oder selbst eine andere Verwendung dafür finden."
Emilia legte den Hammer vorsichtig zurück in den Kasten und schaute Mio mit einem Lächeln an, das Dankbarkeit und Freude ausdrückte. „Du hast keine Ahnung, wie viel mir das bedeutet. Ich werde mit Sei sprechen und sehen, was wir daraus machen können. Das ist einfach... perfekt."
Mio lehnte sich entspannt zurück und schmunzelte. „Na, ich bin gespannt, was daraus wird. Aber eines weiß ich: Dieses Werkzeug ist in den besten Händen."
Emilia verstaute den neu erworbenen Hammer behutsam in ihrer Dimensionstasche. Mit einem zufriedenen Lächeln schnappte sie sich Saphira, die sichtlich erleichtert war, Emilia endlich wieder in humanoider Form bei sich zu haben. Gemeinsam mit Mio und Chris brach sie auf – ihr Ziel war die Rosavelle-Essenz.
Emilia konnte es kaum erwarten, das Geschäft endlich in Betrieb zu sehen. Trotz der Spuren, die die Geburt an ihr hinterlassen hatten und sie ihre Valkyrien-Merkmale immer noch nicht vollständig verbergen konnte, erfüllte sie der Gedanke mit Wärme, ihre Liebsten bei der Verwirklichung ihres Traums zu erleben. Es war mehr als nur ein Geschäft – es war der lebendige Beweis dafür, dass ihre Familie zusammenarbeitete und gemeinsam wuchs.
Mit dieser Hoffnung und einem Hauch von Vorfreude machten sie sich zu Fuß auf den Weg, das Klangblütenviertel vor Augen, wo die Rosavelle-Essenz in voller Pracht wartete.
Symphonie des Fortschritts
Auf dem Weg zur Rosavelle-Essenz war die Luft erfüllt von der sanften Wärme des beginnenden Tages. Emilia schritt zwischen Mio und Chris, während Saphira mit gemächlichen, eleganten Schritten neben ihr trabte. Die Gefährtin war wie immer ein stiller, beruhigender Schatten an ihrer Seite, doch etwas schien anders.
„Endlich bist du wieder bei mir... du solltest dich nicht so überanstrengen, Emilia."
Emilia hielt abrupt inne, ihre Augen weiteten sich. Der Gedanke war klar und deutlich in ihrem Kopf erklungen, als hätte jemand ihn ausgesprochen. Sie sah zu Saphira hinunter, die mit ihren leuchtenden Augen zu ihr aufsah – ein Ausdruck, der seltsam aufmerksam wirkte.
„Hab ich das... gerade wirklich gehört?" murmelte sie und spürte, wie ihr Herz schneller schlug.
Mio, der vorausgegangen war, drehte sich um. „Hast du was gesagt, Herzglanz?"
„Nein... ich... äh, nichts", antwortete Emilia hastig und schüttelte leicht den Kopf.
Chris lächelte verträumt, ohne sie direkt anzusehen. „Vielleicht spricht der Wind mit dir, Täubchen. Es gibt so vieles, das wir noch nicht verstehen."
Emilia lächelte unsicher zurück, doch ihre Gedanken rasten. War das wirklich Saphira gewesen? Oder nur ihre Einbildung? Sie wollte etwas sagen, hielt aber inne, als sie spürte, wie sich Saphiras warme Präsenz an ihrer Seite vertiefte – wie ein stilles Versprechen, ohne Worte.
„Komm schon, wir haben noch einen Weg vor uns", rief Mio und nickte ihr aufmunternd zu.
Emilia beschloss, die Gedanken vorerst beiseitezuschieben. Mit einem letzten Blick auf Saphira setzte sie ihren Weg fort, das leise Gefühl von Verwirrung und Neugier in ihrem Herzen, während sie das Klangblütenviertel immer näher rückte.
Ankunft bei der Rosavelle-Essenz
Als Emilia die Straße zum Klangblütenviertel entlangging, stockte ihr der Atem. Vor der Rosavelle-Essenz, ihrer Apotheke, erstreckte sich eine riesige Schlange von Kunden, die geduldig warteten. Dämonen aus allen Teilen der Stadt hatten sich hier versammelt, und ihre Stimmen mischten sich zu einem geschäftigen Summen.
Keldor, in seiner imposanten Gestalt, stand regungslos wie ein Fels vor der Tür und sorgte dafür, dass alles geordnet blieb. Sein Blick wanderte aufmerksam über die Menge, ohne auch nur den Hauch von Unruhe zuzulassen.
„Was...?" Emilias Augen weiteten sich, und sie blieb abrupt stehen. „So viele Kunden?"
Mio trat neben sie, sein Gesicht von einem zufriedenen Grinsen erhellt. „Ja, unglaublich, oder? Hier ist jeden Tag so viel Betrieb. Wir kommen mit der Nachfrage kaum hinterher – sie ist einfach riesig. Die Apotheke hat sich als unverzichtbar erwiesen. Wir sind mittlerweile in der ganzen Region bekannt."
Er deutete auf die wartenden Familien. „Viele kommen nur noch hierher, um Medizin für ihre Kinder zu kaufen. Gray hat eine brillante Idee gehabt – er verarbeitet die bitteren Medikamente in Bonbons, sodass die Kleinen sie gerne nehmen. Die Eltern schwärmen davon."
Emilia schaute zur Tür, wo Gray kurz erschien, die Arme voll mit kleinen Schachteln. „Wow... der arme Gray ist total ausgelastet."
Mio nickte zustimmend. „Nicht nur er. Ash ist ebenfalls beschäftigt – er stellt fast täglich exklusive Tränke aus unserem Katalog auf Bestellung her. Sein Lehrling Vayroth hat mittlerweile die Verantwortung für die Produktion der Basistränke übernommen. Und alle anderen Mitarbeiter tun, was sie können, um den Betrieb am Laufen zu halten."
Chris, der sich bisher ruhig im Hintergrund gehalten hatte, ließ einen nachdenklichen Blick über die Apotheke schweifen. „So beeindruckend das alles ist, ich denke, ich werde mal mein Geschäft anschauen." Er deutete in die Richtung, wo „Tee im Rosenschimmer" lag. „Es ist momentan geschlossen, aber ich möchte es trotzdem betrachten."
Mio winkte lässig ab. „Geh ruhig, Samtpelz. Ich zeige Emilia derweil alles hier."
Chris lächelte sanft und machte sich auf den Weg, während Mio Emilia einen vielsagenden Blick zuwarf. „Komm, Herzglanz. Es gibt viel zu sehen – und noch mehr, worauf du stolz sein kannst."
Mit einem letzten Blick auf die wartende Menge folgte Emilia Mio ins Innere der Rosavelle-Essenz, während in ihrem Herzen eine Mischung aus Stolz und Staunen wuchs.
Mio und Emilia schlängelten sich vorsichtig durch die wartende Menge von Dämonen vor der Rosavelle-Essenz, um ins Innere zu gelangen. Doch die eng stehenden Wartenden bemerkten ihr Vorankommen und reagierten sofort gereizt.
„Was fällt euch ein, sich hier vorzudrängeln?" rief eine Dämonin empört und zog ihren kleinen Gefährten näher an sich. „Mein Sohn und ich warten schon eine Ewigkeit, und dann kommt ihr einfach daher?"
Ein breitschultriger Dämon mit Hörnern schnaubte und stimmte ein: „Genau! Hinten anstellen, wie alle anderen auch!"
Das Gemurmel und Grollen der Dämonen schwoll an, während weitere Stimmen laut wurden: „Vordrängeln wird hier nicht geduldet! So läuft das hier nicht!"
Mio seufzte tief, legte die Hand an die Stirn und schüttelte den Kopf. „Wirklich? Das hier ist es, was euch aufregt?" murmelte er leise, wobei seine Stimme eine Mischung aus Belustigung und leichter Genervtheit verriet.
Emilia, sichtlich überrumpelt, hob die Hände, um die Situation zu entschärfen. „Aber nein, das ist doch ein Missverständnis! Wir würden uns niemals vordrängeln!"
Die erste Dämonin ließ nicht locker und verschränkte die Arme. „Ha! Jetzt werden sie auch noch frech! Schaut nur, jetzt kommt der Ork. Mal sehen, ob der Koloss euch nach hinten befördert! Ihr habt es ja nicht anders gewollt."
Keldor, der die Unruhe bemerkt hatte, trat aus seiner Wachposition hervor. Seine beeindruckende Gestalt überragte die Menge, und die aufgebrachten Stimmen verstummten augenblicklich. Mit seinen scharfen Augen musterte er die Situation, bevor er sich an Emilia und Mio wandte.
„Verzeihen Sie, Frau Rosavelle. Herr Rosavelle." Keldors tiefe Stimme war ruhig, aber voller Respekt. „Ich habe Sie nicht gleich erkannt. Bitte, begleiten Sie mich doch hinein."
Ein kollektives Keuchen ging durch die Menge, und alle Augen richteten sich auf Emilia. Die Dämonin, die eben noch geschimpft hatte, wirkte plötzlich blass und hektisch. „Sie sind... Frau Rosavelle? Oh, das... das wusste ich nicht. Verzeihen Sie bitte! Das war wirklich nicht meine Absicht!"
Auch die anderen Dämonen murmelten Entschuldigungen, ihre zuvor aufgebrachte Haltung schmolz wie Schnee im Sonnenlicht.
Emilia atmete erleichtert auf, während Mio nur schmunzelte – entspannt wie immer. „Nun, das war doch eine interessante Begrüßung", bemerkte er trocken und warf Emilia einen amüsierten Blick zu.
Mit einer lässigen Geste bat Keldor die beiden, ihm zu folgen, und schuf ihnen Platz durch die staunende Menge. Ohne weiteres Aufsehen gingen sie ins Innere der Rosavelle-Essenz, wo Emilia sich endlich der wahren Magie ihres Geschäfts widmen konnte.
Innen angekommen war die Atmosphäre völlig anders als draußen. Während vor der Tür die aufgeregte Menge drängte, herrschte drinnen ein geordneter, aber geschäftiger Betrieb. Emilia ließ ihren Blick über den Raum schweifen, fasziniert davon, wie friedlich und effizient alles ablief. Jeder Kunde wusste genau, was er brauchte, und die Mitarbeiter arbeiteten unermüdlich, um den Andrang zu bewältigen.
Mio zog die Stirn in Falten, seine Stimme klang nachdenklich. „Ich werde mit Jake sprechen. Es wäre dringend nötig, dass wir für alle Mitarbeiter Ausweise oder zumindest ein paar gut sichtbare Schilder anfertigen lassen. Das, was vorhin passiert ist, darf sich nicht wiederholen."
Emilia nickte zustimmend. „Ja, das ist eine wirklich gute Idee. Es würde einiges erleichtern."
Während sie sprach, fiel ihr Blick auf die Mitarbeiter, die unermüdlich ihren Aufgaben nachgingen. Sara, eine Seraphyx-Dämonin, kümmerte sich mit beeindruckender Geduld um die Kundenbetreuung. Ihre Illusionen machten selbst komplizierte Erklärungen verständlich und sorgten dafür, dass jeder Kunde zufrieden den Tresen verließ.
Neben ihr arbeitete Sephina, eine Formwandlerin, mit charmanter Präzision an der Rezeption. Sie beantwortete Fragen, nahm Bestellungen auf und behielt auch im größten Trubel den Überblick. Ihre Bewegungen waren geschmeidig und fließend, als hätte sie sich perfekt an den Trubel angepasst.
Emilia entdeckte auch Jeane, eine Myrthilith, die gerade aus dem Labor trat. Sie war für die Koordination der Warenbestände und die Überprüfung der Kundenanforderungen verantwortlich. Mit einer Liste in der Hand kontrollierte sie Bestellungen und versorgte die Mitarbeiter mit den benötigten Produkten, bevor sie wieder in den hinteren Bereich verschwand.
„Sie leisten großartige Arbeit", sagte Emilia leise zu Mio, während sie die Szene beobachtete.
Mio schmunzelte und nahm Emilias Hand. „Komm, ich zeige dir das Labor. Du kannst die anderen später ausführlicher begrüßen. Sie sind gerade zu beschäftigt, um sich ablenken zu lassen."
Emilia lächelte, als sie mit Mio durch die Apotheke ging. Sie grüßte Sara, Sephina und Jeane kurz mit einem freundlichen Nicken, wollte sie jedoch nicht von ihrer Arbeit abhalten. Die Mitarbeiter erwiderten ihren Gruß mit einem respektvollen Lächeln, bevor sie sich wieder ihrer Arbeit widmeten.
Mio führte Emilia in den hinteren Bereich der Rosavelle-Essenz, wo die Magie wirklich greifbar wurde – das Labor. Hier war der Herzschlag des Geschäfts, und Emilia spürte, wie die Vorfreude in ihr wuchs, mehr von ihrem Traum wahr werden zu sehen.
...
Hinten im Labor angekommen, wurden Emilia und Mio sofort von einer vertrauten Stimme begrüßt.
„Emilia! Emilia ist da!" rief Ash, der gerade über einem der Tränketische stand, begeistert aus. Mit einem breiten Grinsen lief er auf sie zu und schloss sie in die Arme, so fest und herzlich, dass Emilia fast den Atem anhielt. „Es ist, als wärst du von den Toten zurückgekehrt!" fügte er mit übertriebener Dramatik hinzu, seine Stimme vor Freude überschlagend.
Bevor Emilia reagieren konnte, stürmte Gray aus einer Ecke des Labors heran, wo er offensichtlich gerade eine Mischung geprüft hatte. Seine Augen weiteten sich, als er Emilia erblickte, und ohne zu zögern, fiel auch er ihr in die Arme. „Du bist wirklich hier! Endlich! Emilia!" rief er mit fast schon wahnsinniger Erleichterung. „Wir haben dich so vermisst!"
Emilia lachte, überwältigt von der überschwänglichen Begrüßung, während sie beide nacheinander zu beruhigen versuchte. „Ich bin ja hier, ganz ruhig... ihr macht ja ein Aufheben, als wäre ich jahrelang weg gewesen!"
Doch die freudige Stimmung kippte augenblicklich, als Ash und Gray Mio ins Visier nahmen. Beide musterten ihn streng, als hätten sie ein gemeinsames Urteil gefällt, und bevor Mio überhaupt etwas sagen konnte, ergriff Gray das Wort. „Du gehst jetzt sofort in die Praxis zu Alex. Wir lassen nicht zu, dass du dich wieder überarbeitest, nachdem du kürzlich zusammengebrochen bist."
Ash nickte energisch, die Arme verschränkt. „Keine Widerrede. Wir wissen genau, dass du dich sonst wieder übergehst."
Mio hob beschwichtigend die Hände und seufzte. „Ihr müsst wirklich mal lernen, nicht so ein Drama aus allem zu machen. Ich bin in Ordnung." Doch bevor die beiden widersprechen konnten, fügte er gelassen hinzu: „Außerdem gehe ich sowieso gleich mit Emilia nach oben. Ich möchte ihr alles zeigen – dann kann Alex noch einen Moment warten."
Ash schnaubte leise, während Gray skeptisch blieb, doch beide ließen ihn vorerst ziehen. Emilia konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. Es war schön zu sehen, wie sehr sie sich um Mio sorgten – und wie sehr sie als Familie zusammenhielten. Mit Mio an ihrer Seite und den neugierigen Blicken von Ash und Gray sah sich Emilia im Labor um, gespannt darauf, was sie ihr noch alles zeigen würden.
Nach der überschwänglichen Begrüßung beruhigte sich die Stimmung im Labor langsam wieder, und Ash und Gray begannen stolz, Emilia ihre Arbeit zu zeigen. Beide führten sie durch den Raum und erklärten, wie sie ihre Mitarbeiter und Lehrlinge in die Abläufe einwiesen. Es war beeindruckend, mit welcher Präzision und Leidenschaft die beiden arbeiteten, und Emilia konnte deutlich sehen, wie gut ihre Methoden bei den anderen ankamen.
„Das hier ist Vayroth Emberflare", sagte Ash mit einem stolzen Lächeln, während er auf einen jungen Fengg deutete, dessen orangefarbenes, flammengleiches Haar sofort ins Auge fiel. „Mein Lehrling. Er unterstützt mich bei der Herstellung alchemistischer Produkte. Besonders bei Tränken zeigt er bereits ein echtes Talent."
Vayroth verbeugte sich respektvoll vor Emilia. „Es ist mir eine Ehre, Sie endlich richtig kennenzulernen, Frau Rosavelle. Ich habe schon viel über Sie gehört."
„Es freut mich, dich endlich persönlich kennenzulernen, Vayroth. Ash hat sicher gute Arbeit geleistet, dich auszubilden", erwiderte Emilia mit einem warmen Lächeln.
Gray übernahm und führte sie weiter, wo sie auf eine Undine stießen, die mit geschickten Händen Produkte verpackte. „Das ist Nymara Wavetide", erklärte er. „Sie ist für die hygienische und ordnungsgemäße Verpackung und den Vertrieb unserer medizinischen Produkte verantwortlich. Dank ihr läuft alles wie am Schnürchen."
Nymara sah auf, ihre wasserartigen Augen strahlten freundlich. „Frau Rosavelle, es ist schön, Sie endlich persönlich zu treffen. Ich hoffe, Sie sind mit der Arbeit hier zufrieden."
„Das bin ich", antwortete Emilia ehrlich. „Vielen Dank für deine Mühe, Nymara. Es ist beeindruckend, was du leistest."
Schließlich führte Mio Emilia zu einem Sternenwandler, der über eine Reihe von magischen Diagrammen gebeugt war. „Das hier ist Altharion Starveil. Er unterstützt mich bei der Entwicklung neuer Rituale und bei der magischen Infrastruktur, die wir hier nutzen. Ohne ihn wären viele unserer Systeme längst nicht so effektiv."
Altharion hob den Kopf und lächelte Emilia freundlich zu. Seine schimmernden, sternenartigen Augen schienen sie direkt zu durchdringen. „Frau Rosavelle, es ist mir eine Freude, Sie endlich kennenzulernen. Ich habe viel über Sie und Ihre Vision gehört. Es ist mir eine Ehre, daran mitzuwirken."
„Ich danke dir, Altharion", sagte Emilia mit einem Lächeln, das ihre Dankbarkeit widerspiegelte. „Es ist beruhigend zu wissen, dass Mio so einen fähigen Unterstützer an seiner Seite hat."
Nachdem sie sich bei allen richtig vorgestellt hatte, fühlte sich Emilia endlich vollständig in die Dynamik ihrer Familie und Mitarbeiter eingebunden. Sie hatten sich bisher nur flüchtig gesehen, und es war höchste Zeit gewesen, diese Lücke zu schließen. Jetzt, da sie alle besser kannte, fühlte sie sich stärker verbunden mit dem Ort und den Dämonen, die ihn zu dem machten, was er war.
—
Nachdem Emilia sich bei allen im Labor vorgestellt hatte und einen umfassenden Einblick in die Arbeit erhielt, war es an der Zeit, weiterzugehen. Ash und Gray verabschiedeten sich von ihr mit einem herzlichen Lächeln, während sie weiter ihrer Arbeit nachgingen.
„Viel Spaß da oben", rief Ash ihr hinterher. „Und Mio, mach keine Ausreden, Alex wird dich sowieso durchchecken!"
Mio winkte gelassen ab, während er Emilia hinausführte. „Ja, ja, ich lasse mich schon untersuchen. Ihr seid ja schlimmer als Alex."
Gray schmunzelte, sein Blick blieb kurz auf Mio haften. „Das meinen wir nur zu deinem Besten."
Mit einem letzten Lächeln verließ Emilia das Labor, gefolgt von Mio. Gemeinsam stiegen sie die Treppe hinauf in den ersten Stock, wo Alex' Praxis lag. Schon auf halber Strecke spürte sie die beruhigende Energie, die diesen Bereich durchzog. Es war eine Atmosphäre, die Heilung und Ruhe versprach.
Im Eingangsbereich der Praxis wurden sie von Lyriana Everbloom, einer Dryade, freundlich empfangen. Mit ihrem sanften Lächeln und ihrer ruhigen Ausstrahlung sorgte sie dafür, dass sich jeder sofort wohlfühlte. „Frau Rosavelle, Herr Rosavelle, willkommen. Alex wird sich freuen euch zusehen. Ich werde die Termine so organisieren, dass wir ungestört bleiben."
Emilia nickte dankbar. „Vielen Dank, Lyriana. Es ist schön, dich zu sehen."
Während sie weitergingen, begegneten sie Aelira, einer Sylphe, die sich gerade um einen Patienten kümmerte. Ihre Bewegungen waren fließend, fast tänzerisch, während sie mit beruhigender Stimme sprach und Verbände wechselte. Sie hob den Blick, als Emilia vorbeikam, und schenkte ihr ein respektvolles Lächeln. „Willkommen, Frau Rosavelle. Wenn Sie etwas brauchen, lassen Sie es mich wissen."
„Danke, Aelira. Du machst einen wunderbaren Job", sagte Emilia, während sie kurz stehen blieb.
Mio führte sie weiter zu Kaelin Snowdrift, Alex' Lehrling. Die junge Berg-Kitsune arbeitete konzentriert an einer Sammlung von Heilpflanzen, die fein säuberlich sortiert und katalogisiert waren. Sie war ganz in ihre Aufgabe vertieft, hob aber den Kopf, als sie näher kamen. „Frau Rosavelle, Herr Rosavelle. Es freut mich, Sie beide zu sehen. Wenn Dr. Alex mich braucht, stehe ich zur Verfügung."
„Es ist beeindruckend, wie engagiert du bist", lobte Emilia. „Ich bin sicher, Alex schätzt deine Arbeit sehr."
Schließlich betraten sie Alex' Behandlungsraum, wo Alex bereits wartete, die Arme verschränkt und mit einem unmissverständlichen Blick auf Mio gerichtet. „Da bist du ja endlich. Setz dich, Mio."
„Ja, ja, ich weiß", seufzte Mio, während er sich auf die Liege setzte. „Ihr alle tut ja so, als wäre ich zerbrechlich."
Alex ignorierte den Kommentar und begann, Mio zu untersuchen. Seine Bewegungen waren routiniert, aber dennoch fürsorglich, während er sich vergewisserte, dass es Mio wirklich gut ging. „Du hast dich in letzter Zeit überarbeitet", bemerkte Alex schließlich. „Ich will, dass du es langsamer angehen lässt. Deine Familie braucht dich – gesund."
Emilia stand ruhig daneben und beobachtete die Szene, spürte dabei eine Welle der Dankbarkeit. Es war beruhigend zu wissen, dass Alex sich so gut um alle kümmerte, und zu sehen, wie sehr sie sich gegenseitig unterstützten.
Nach der Untersuchung nickte Alex zufrieden. „Du bist in Ordnung, aber vergiss nicht, was ich gesagt habe, Mio."
„Ja, ja", murmelte Mio und stand auf. „Komm, Herzlicht, ich zeige dir den Rest, bevor jemand anderes versucht, mich in die Knie zu zwingen."
Emilia lachte leise und folgte ihm, während Alex ihnen nachsah, ein schmunzelndes Kopfschütteln auf den Lippen.
Im zweiten Stock angekommen, betraten Emilia, Chris und Mio die Gefährtenklinik von Felix. Die Luft war erfüllt von einem beruhigenden Duft nach Kräutern, und gedämpfte Gespräche zwischen den Angestellten sorgten für eine entspannte Atmosphäre.
Thalassa, die Nymphe, nickte ihnen freundlich zu, während sie eine Gefährtin sanft massierte, und Syrion Darkwhisper, der Schattenelf, begrüßte sie mit einem höflichen Lächeln vom Empfang. Felix trat aus einem der Behandlungsräume und blieb stehen, als er Emilia sah.
„Emilia," rief er aus, seine Stimme erfüllt von Freude. Mit wenigen Schritten war er bei ihr und schloss sie fest in die Arme. „Ich freue mich so, dich zu sehen! Es ist alles gut gegangen, und jetzt bist du hier. Du weißt gar nicht, wie sehr ich das vermisst habe."
Emilia ließ sich von ihm in die Arme nehmen, spürte die Wärme und Zuneigung in seiner Umarmung. Felix drückte einen sanften, langen Kuss auf ihre Stirn, seine Art, ihr zu zeigen, wie wichtig sie ihm war.
„Ich bin auch froh, hier zu sein," sagte Emilia mit einem sanften Lächeln.
Felix führte sie in eines der Behandlungszimmer und half ihr, sich auf der Untersuchungsliege bequem zu machen. Er war ganz der fürsorgliche Heiler, als er begann, sie zu untersuchen, während Mio sich dezent im Hintergrund hielt und beobachtete.
„Sag mal, Felix," begann Emilia schließlich, ihre Stimme leicht besorgt. „Wie lange wird es noch dauern, bis ich meine Tarnung wieder aufrechterhalten kann?"
Felix hielt inne, seine Hand über ihrer Schulter, während er nachdachte. „Dein Mana wurde durch die Geburt extrem beansprucht, Emilia. Während der Stillzeit könnte es schwierig sein, deine Valkyrien-Merkmale vollständig zu verbergen. Aber mach dir keine Sorgen – das wird irgendwann von selbst wiederkommen, wenn dein Mana sich regeneriert hat."
Bevor Emilia antworten konnte, erklang eine vertraute, beruhigende Stimme in ihrem Kopf, klarer als je zuvor: Meine Emilia, du bist stark und wunderschön. Du musst dich nicht tarnen. Ich bin immer da, um dich zu schützen.
Emilia blinzelte überrascht, setzte sich auf und sah sich um. „Da!" sagte sie plötzlich, ihre Stimme voller Verwunderung. „Jetzt hab ich es deutlich gehört!"
Felix und Mio sahen sie mit fragenden Blicken an. „Was hast du gehört?" fragte Mio, während Felix ebenfalls näher trat.
Emilia lächelte und erklärte, ihre Augen leuchteten vor Aufregung. „Ich konnte Saphira hören. Ihre Stimme, klar und deutlich. Sie hat mit mir gesprochen!"
Felix legte seine Hände in die Hüften und nickte langsam. „Ach so, das ist gut möglich," sagte er nachdenklich. „Vielleicht ist das eine neue Fähigkeit, die endlich ausgereift ist. Während der Schwangerschaft und Geburt war das Mana der Geisterwelt stark in dir präsent, besonders durch Eaden. Es hat in dir geschlummert und könnte jetzt aktiv geworden sein. Das hat wahrscheinlich deine natürliche Fähigkeit verstärkt, mit Gefährten zu kommunizieren."
„Und Saphira ist deine Gefährtin," fügte Mio hinzu. „Das erklärt, warum eure Bindung jetzt so stark ist, dass du ihre Stimme hören kannst. Herzlicht, das ist eine großartige Entwicklung."
Felix lächelte breit und legte eine Hand auf Emilias Schulter. „Glückwunsch, Emilia. Das ist ein weiterer Beweis für die Stärke deiner Verbindung zu Saphira."
Mio nickte zustimmend. „Herzlicht, du wächst immer weiter. Ich bin stolz auf dich."
Emilia strahlte vor Freude. Sie fühlte sich bestärkt, nicht nur als Mutter, sondern auch in ihrer wachsenden Verbindung zu Saphira und ihren Fähigkeiten. Sie wusste, dass dies erst der Anfang einer neuen Phase ihrer Reise war.
Mio führte Emilia weiter in den dritten Stock, wo er stehen blieb und sich umblickte. „Das hier wird mein Reich," sagte er leise, ein Hauch von Vorfreude in seiner Stimme.
Emilia sah sich neugierig um. „Hast du schon Pläne, was du mit diesem Ort machen willst?" fragte sie und musterte die leeren Räume und ungenutzten Flächen.
Mio nickte und ließ seinen Blick schweifen. „Ich habe viele Ideen, Herzlicht. So viele, dass ich sie gar nicht alle umsetzen kann. Aber meine liebste Idee würde meinen schlafenden Drachen einspannen."
„Ash?" fragte Emilia, ihre Augenbrauen leicht hochgezogen.
Mio grinste verschmitzt. „Genau. Aber ich will noch etwas warten. Bald werde ich die ganze Familie zusammenholen und es ihnen erklären. Vorerst bleibt es mein kleines Geheimnis."
Emilia schmunzelte und schüttelte leicht den Kopf. „Du und deine Geheimnisse, Glühwürmchen. Ich bin gespannt, was du dir ausgedacht hast."
Die beiden gingen weiter und erreichten schließlich den Pausenraum, dort sahen sie Niera, die entspannt eine Tasse Tee hielt. Der Empfang im Erdgeschoss wurde gerade von Marixa Duskveil, eine Nachtmahrin geregelt.
„Marixa hat Niera abgelöst?" fragte Emilia leise.
Mio nickte. „Ja, Marixa unterstützt Niera direkt am Empfangsschalter, bis Chris' Teestube eröffnet wird. Dann wird sie ihre Aufgaben dort übernehmen."
Emilia nickte und warf Niera einen freundlichen Blick zu, bevor sie weitergingen.
Sie erreichten schließlich Jakes Büro. Durch die geöffnete Tür sahen sie, wie Dorian konzentriert an einem Stapel Dokumente arbeitete, während Jake mit verschränkten Armen über seine Schulter schaute und gelegentlich Anweisungen gab.
Als Emilia und Mio eintraten, blickte Jake auf, ein warmes Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus. „Da seid ihr ja! Emilia, es ist schön, dich wieder hier zu sehen."
Emilia wurde herzlich empfangen, bevor Jake sie und Mio ins angrenzende Nebenbüro führte, das Niera zugeordnet war und gerade frei stand.
„Hier können wir in Ruhe reden," sagte Jake und schloss die Tür hinter ihnen, während er Emilia einen Platz anbot. Es war ein Raum, der nicht oft genutzt wurde, aber dennoch funktional und einladend eingerichtet war.
Mio lehnte sich entspannt gegen die Wand, während Emilia sich setzte, bereit, mit Jake und Mio über die nächsten Schritte zu sprechen.
Jake verschränkte die Arme und sah Mio mit einem leicht tadelnden Blick an. „Mio, es wird Zeit, dass du deiner Assistentin endlich eine Aufgabe gibst. Calythea Greentide, dein Elementargeist, hat bislang nur im Lager ausgeholfen – alles zusammen mit Iliana, die dort die Verwaltung übernimmt. Aber Calythea ist eigentlich für den dritten Stock vorgesehen, und du solltest langsam entscheiden, was es werden soll."
Mio hob eine Augenbraue, sichtlich genervt. „Was ist los mit euch? Erst wird mir unten gesagt, ich solle mich erholen und langsam machen. Und kaum komme ich hier hoch, heißt es plötzlich, ich soll alles mal fix erledigen. Entscheidet euch."
Emilia konnte sich ein Lachen nicht verkneifen. „Glühwürmchen, deine Gesundheit geht natürlich vor. Du weißt das."
Mio seufzte schwer, bevor er ein kleines Lächeln aufsetzte. „Ja, Herzlicht, das weiß ich. Aber ehrlich – es wäre nett, wenn ihr euch mal einig wärt."
Jake grinste und wandte sich Emilia zu. Ohne Vorwarnung zog er sie sanft in eine Umarmung. „Emilia, mach langsam, okay? Schau dir alles in Ruhe an, aber überanstrenge dich nicht."
Emilia schmiegte sich kurz an Jake und nickte. „Keine Sorge. Ich passe auf mich auf. Aber... ich würde mir gerne den Keller ansehen. Besonders Chaylins Detektei. Es reizt mich zu sehen, wie sie arbeitet."
Jake nickte zustimmend. „Geh nur. Viel Spaß dort unten. Ich bin sicher, Chaylin freut sich, dich zu sehen."
Mio verschränkte die Arme und sah Emilia nachdenklich an. „Eigentlich wollte ich dich führen, Herzlicht. Aber..."
Jake unterbrach ihn mit einem amüsierten Tonfall. „Du bleibst hier, Mio. Ich will noch ein paar geschäftliche Dinge mit dir klären."
Mio stöhnte laut und ließ den Kopf hängen. „Aber ich muss Herzlicht doch führen. Sie braucht mich."
Jake schüttelte den Kopf und legte eine Hand auf Mios Schulter. „Sie schafft das auch ohne dich. Sie ist stark, und Chris läuft sowieso irgendwo herum. Er wird sie finden."
Emilia hob eine Hand, um Mio zu beruhigen. „Alles gut, Glühwürmchen. Ich komme allein zurecht. Außerdem weiß ich, dass Chris uns früher oder später sowieso findet."
Mio rollte mit den Augen, warf Jake einen vielsagenden Blick zu und seufzte erneut. „Na schön. Aber wenn sie mir abhandenkommt, ist das eure Schuld."
Jake grinste zufrieden und nickte Emilia zu. „Dann geh ruhig, Emilia. Viel Spaß im Untergeschoss."
Mit einem Lächeln verließ Emilia das Büro, während Mio missmutig mit Jake an die Arbeit ging.
...
..
Im Untergeschoss, auch als Archivebene bekannt, herrschte eine ruhige, fast unheimliche Stille. Die düsteren Gänge waren von leisen Schritten und dem gelegentlichen Rascheln von Papier erfüllt, doch als Emilia tiefer in Shade's Basis vordrang, war sie allein. Keine Spur von Veyra oder Lyssa – nur Shade selbst, der über einem Tisch voller Dokumente und Karten gebeugt stand, vertieft in Analysen und Pläne.
Als er Emilias Schritte hörte, hob er den Kopf und seine gelben Augen leuchteten auf. Mit einem schnellen, lautlosen Schritt stand er vor ihr und zog sie in seine Arme. Seine Hände hielten sie fest, und bevor Emilia etwas sagen konnte, presste er seine Lippen auf ihre in einem tiefen, leidenschaftlichen Kuss.
Emilia schloss die Augen und erwiderte den Kuss, ließ sich von der Intensität seiner Berührung mitreißen. Nach einer Weile lösten sie sich voneinander, doch Shade hielt sie weiter in seinen Armen.
„Zuckerblume," murmelte er, seine Stimme leise, fast ein Flüstern, „was machst du hier unten allein? Ich dachte, du wärst oben bei den anderen."
Emilia lächelte und legte ihre Hände auf seine Brust. „Ich wollte dich sehen, Shade. Es ist so lange her, dass wir wirklich Zeit miteinander verbracht haben."
Shade erwiderte ihr Lächeln, ein seltener, warmer Ausdruck auf seinem sonst so düsteren Gesicht. „Ich freue mich, dass du hier bist. Aber ich hoffe, du überanstrengst dich nicht, Zuckerblume. Du hast genug durchgemacht."
Emilia schüttelte den Kopf. „Mir geht es gut, wirklich. Und was machst du hier so allein? Wo sind deine Mitarbeiter?"
Shades Blick wurde wieder geschäftsmäßig, aber er hielt ihre Hände weiterhin fest. „Ich habe sie losgeschickt. Sie arbeiten daran, Loreans Draeven und sein Lagerhaus auseinanderzunehmen. Wir sammeln Beweise, um ihn als Veruntreuer von Geld und Ressourcen des Rates zu entlarven."
Emilia runzelte die Stirn. „Das klingt nach einer großen Aufgabe. Muss ich mir Sorgen machen?"
Shade schüttelte den Kopf und zog sie wieder etwas näher. „Das muss dich nicht belasten, Zuckerblume. Wir haben alles im Griff. Vertrau mir – ich sorge dafür, dass wir ihn zu Fall bringen."
Emilia lehnte sich gegen ihn, ihre Arme noch um seine Taille geschlungen. „Ich vertraue dir, Shade. Immer."
Er strich ihr sanft über das Haar und flüsterte. „Das solltest du auch. Du bist meine Zuckerblume, und ich lasse nichts zu, das jemand dich oder unsere Familie bedroht. Aber jetzt, wo du hier bist, bleib einen Moment. Es tut gut, dich bei mir zu haben."
Emilia nickte, lehnte ihren Kopf an seine Brust und genoss die seltenen Momente der Ruhe und Nähe mit Shade, bevor die Welt draußen wieder ihren Lauf nahm.
Emilia ließ sich auf einem der Stühle nieder und beobachtete Shade, wie er über seine Papiere gebeugt arbeitete. Ihre Stimme war leise, aber gezielt, als sie sprach. „Mein Schatten, ich möchte dich schon lange etwas fragen. Sei ehrlich zu mir."
Shade hielt inne, blickte sie an und wartete.
Emilia fixierte ihn mit einem durchdringenden Blick. „Was sollte das damals, als ich das Geschlecht des Babys lüften wollte? Woher hast du gewusst, dass Eaden ein Junge wird? Und noch etwas: Woher wusstest du, dass das zweite Baby von Ash sein wird, wie meine Zukunftsvision es gezeigt hat? Du hast so gewirkt, als wäre das alles selbstverständlich."
Shade verkrampfte sich leicht bei ihrer Frage. Sein Blick wurde nachdenklich, und für einen Moment herrschte eine ungewohnte Stille zwischen ihnen. Schließlich griff er langsam nach einem unscheinbaren Notizbuch, das in seiner Nähe lag. Er hielt es einen Moment in der Hand, bevor er es Emilia hinhielt.
„In dieses Notizbuch," begann Shade, seine Stimme ruhig, aber schwer mit Bedeutung, „habe ich mein Mana eingebettet. Es wird dich auf jeder spirituellen Reise begleiten können, wenn du es nur lange genug bei dir trägst – und immer ganz nah an dir hältst."
Er legte das Buch vorsichtig in ihre Hände. Die Oberfläche war von einem leichten, pulsierenden Schimmer durchzogen, durchtränkt von seiner Essenz.
„Ich möchte, dass du es geschlossen hältst, bis der Moment kommt, an dem es Zeit ist, es zu lesen," fuhr Shade fort. „Dieses Notizbuch wird dich immer zu mir führen können. Es ist mehr als nur ein Buch – es ist eine Anleitung, wie du mich finden kannst, selbst wenn du verloren bist. Und wenn der richtige Moment kommt, wirst du es mir zurückgeben, und alles wird sich fügen."
Emilia betrachtete das Notizbuch mit gerunzelter Stirn. Ihre Verwirrung war deutlich. „Aber das beantwortet meine Frage nicht," sagte sie schließlich und blickte ihn an.
Shade hielt ihrem Blick stand, sein Gesicht ausdruckslos, aber seine Augen voller Tiefe. „Deine Frage wird sich irgendwann beantworten, Zuckerblume," sagte er leise. „Aber erst, wenn der Tag kommt, an dem du den Inhalt dieses Buches öffnest."
„Wenn du dich jemals verloren fühlst, an einem Ort, den du nicht kennst – weit weg von hier und jetzt – dann hol dieses Notizbuch hervor," erklärte Shade weiter. „Wenn du es immer bei dir hast, wirst du den Weg zurück finden. Es wird dich heimführen, ganz gleich, wo du bist. Du musst dir keine Sorgen machen."
Emilia betrachtete ihn skeptisch, aber auch fasziniert. „Das klingt alles so mysteriös," murmelte sie.
Shade hob leicht die Schultern, ein Hauch von einem Lächeln auf seinen Lippen. „Das Leben ist unergründlich, Zuckerblume," sagte er schlicht.
Emilia hielt das Notizbuch fest in ihren Händen, unsicher, ob sie beruhigt oder noch verwirrter sein sollte. Aber eins wusste sie: Shade hatte etwas Besonderes für sie vorbereitet – etwas, das weit über das Jetzt hinausging.
Emilia drückte Shade einen letzten, sanften Kuss auf die Lippen, bevor sie sich von ihm löste. „Mein Schatten, nimm dir die Zeit, Eaden in den Arm zu nehmen. Er wird sich freuen. Er ist dein Sohn – unser aller Kind."
Shade hielt ihren Blick für einen Moment, sein Ausdruck blieb ruhig, doch seine Augen zeigten eine sanfte Wärme. „Ich weiß, Zuckerblume. Ich werde es tun."
Mit einem leichten Lächeln wandte sich Emilia ab und ging in Richtung des Hofes. Shades Anweisungen führten sie die Treppe hinauf und ein Stück geradeaus, bis sie den weitläufigen Bereich erreichte.
Der Anblick des großen Gewächshauses ließ sie kurz innehalten. Es war ein Meisterwerk der Natur, das von Nadine, der Luminari, mit Hingabe gepflegt wurde. Die verschiedenen Pflanzen und Kräuter schimmerten im Licht, jede Ecke des Gewächshauses erzählte von Sorgfalt und Liebe zur Natur.
Doch Emilia hatte ein anderes Ziel. Sie bewegte sich weiter in Richtung des Dämonischen Observatoriums, Chaylins Reich, das am Rand des Hofes lag. Als sie eintrat, bemerkte sie, dass Chaylin selbst nicht anwesend war. Stattdessen traf sie auf Lyanna, die Schwester von Ragnar, die am Empfang der Detektei saß.
Lyanna, mit ihrem hellbraunen Zopf und den sanften grünen Augen, hob den Kopf, als Emilia näher trat. Sie begrüßte sie mit einem warmen Lächeln. „Willkommen, Emilia. Es ist schön, Sie hier zu sehen."
Emilia nickte und ließ ihren Blick durch den Raum schweifen. „Chaylin ist nicht da?"
Lyanna schüttelte den Kopf. „Chaylin ist momentan in der Dämmerwacht. Sie koordiniert dort wichtige Pläne und führt einige unserer laufenden Ermittlungen zusammen. Aber wenn Sie möchten, kann ich Ihnen alles zeigen und Ihnen berichten, was hier gerade vor sich geht."
Emilia lächelte. „Das wäre schön, danke, Lyanna."
Lyanna nickte und begann, Emilia durch die Räume zu führen, während sie die verschiedenen Aspekte der Detektei erklärte. Emilias Gedanken wanderten jedoch immer wieder zu Chaylin, ihrer Luna, und sie konnte es kaum erwarten, sie wiederzusehen.
♾️
Emilia ging zurück ins Erdgeschoss, wo sich Chris' Teestube „Tee im Rosenschimmer" befand. Die Türen waren noch geschlossen, doch als sie eintrat, sah sie Chris drinnen, der den Raum sorgfältig reinigte und aufräumte. Sein weißes Fuchsfell schimmerte im sanften Licht, während er summend arbeitete.
„Schneeherz," rief Emilia sanft, als sie näher trat.
Chris blickte auf und schenkte ihr ein liebevolles Lächeln. „Herzglanz, was für eine Freude, dich zu sehen. Was verschafft mir die Ehre?"
„Ich wollte sehen, wie es deinem Teeladen geht," antwortete Emilia und schaute sich um. Der Raum wirkte einladend, mit zarten Rosentönen und verspielten Details, die eindeutig Chris' Handschrift trugen. „Wann hast du vor, hier zu eröffnen?"
Chris legte das Tuch, mit dem er gerade den Tresen polierte, beiseite und lehnte sich an die Theke. „Ich habe es nicht eilig," sagte er entspannt. „Ich habe gerade ein Kind bekommen – einen Fenrir Fuchsgeist-Sohn. Und im Moment möchte ich einfach für ihn da sein. Die Teestube läuft mir nicht weg."
Emilia lächelte warm und nickte verständnisvoll. „Das klingt sehr weise, Schneeherz. Eaden wird es guttun, dich so oft wie möglich um sich zu haben."
Chris' Blick wurde weich. „Vielleicht öffne ich bald, wenn sich alles etwas eingependelt hat. Aber bis dahin hat mein kleiner Fuchs meine volle Aufmerksamkeit."
Emilia legte sanft eine Hand auf seine Schulter. „Das ist genau das Richtige, Chris. Eaden hat wirklich Glück, dich als Vater zu haben."
Chris schmunzelte und zwinkerte ihr zu. „Und Glück, dich als Mutter zu haben, Herzglanz."
Emilia trat näher an Chris heran, ihre Stimme sanft und voller Dankbarkeit. „Ich danke dir, dass du während des gesamten Geburtsprozesses bei mir geblieben bist, Schneeherz. Du hast mich nie allein gelassen. Wie geht es dir?"
Chris hielt inne, sah sie mit seinen aquamarinfarbenen Augen an, und ein Hauch von Traurigkeit lag in seinem Blick. „Herzglanz," begann er leise, seine Stimme weich und doch von Emotionen durchzogen, „mein Glühwürmchen ist zusammengebrochen. Mio... Er hat so sehr gelitten, und das... das hat mir wehgetan."
Er hielt inne, seine Worte fast wie ein Flüstern. „Ich habe nicht gemerkt, wie einsam er sich gefühlt hat. Wie sehr er sich nach mir, nach uns, gesehnt hat. Er hatte wirklich Liebeskummer. Es hat mir das Herz zerrissen, ihn so zu sehen. Und ich... ich will das nie wieder erleben. Nicht bei ihm, nicht bei dir, nicht bei irgendjemandem, den ich liebe."
Chris ließ seinen Blick durch die Teestube schweifen, seine Gedanken offensichtlich weit entfernt. „Die letzten Wochen... sie waren eine Mischung aus unendlicher Freude und leiser Verzweiflung. Eaden ist ein Wunder, unser kleines Wunder. Aber gleichzeitig habe ich gesehen, wie unsere Familie... wie wir uns alle ein wenig verloren haben. Jeder war so beschäftigt, so in sich selbst gefangen, dass wir vergessen haben, dass wir einander brauchen."
Sein Blick kehrte zu Emilia zurück, und ein schwaches Lächeln schlich sich auf seine Lippen. „Ich habe dir immer gesagt, dass du unser Herzglanz bist. Aber ich glaube, wir alle – auch ich – müssen besser darin werden, unsere Rollen füreinander zu erfüllen. Ich will, dass du, Mio, Eaden... dass ihr alle glücklich seid. Dass ihr nie das Gefühl habt, allein zu sein."
Chris nahm Emilias Hand in seine, seine Finger streichelten sanft ihre Handfläche. „Es ist viel passiert, Herzglanz. Und es wird noch viel passieren. Aber was auch immer kommt, ich werde immer da sein. Für dich, für Glühwürmchen, für Eaden, für unsere Familie. Das ist mein Versprechen."
Er sah sie fest an, seine Stimme nun entschlossen. „Und ich werde dafür sorgen, dass wir nie wieder vergessen, warum wir eine Familie sind. Das verspreche ich dir."
Emilia lächelte liebevoll und legte ihre Hand sanft auf Chris' Arm. „Kaum bist du Vater, Schneeherz, und schon wirkst du so erwachsen. Fast, als hättest du dich verändert."
Chris winkte ab, ein verspieltes Lächeln auf seinen Lippen. „Ach, Herzglanz, das ist doch nur Einbildung. Ich bin immer noch der verträumte, poetische Fuchsgeist, der ich immer war. Vater sein ändert daran nichts."
Emilia schmunzelte. „Vielleicht nicht, aber ich sehe es in deinen Augen. Du bist ernster geworden, nachdenklicher. Aber keine Sorge, ich mag diese Seite an dir. Es steht dir."
Chris legte den Kopf schief, seine aquamarinfarbenen Augen funkelten schelmisch. „Na, wenn du das sagst, Herzglanz. Vielleicht bin ich ja nur erwachsen, wenn du oder Glühwürmchen in der Nähe seid. Ohne euch bin ich sicher wieder derselbe Flauscheball wie immer."
Emilia lachte und drückte leicht seinen Arm. „Flauscheball oder nicht – ich finde, du machst das großartig. Eaden hat den besten Vater, den er sich wünschen könnte."
Chris' Gesicht wurde weicher, und sein Blick flackerte einen Moment lang in zarter Dankbarkeit. „Danke, Herzglanz. Aber ich bin nur so gut, weil ich euch habe – dich, Glühwürmchen, und unsere ganze Familie. Ihr macht es mir leicht, besser zu sein."
Emilia lächelte sanft und trat näher an Chris heran. „Mein Schneeherz, ich muss zurück zu Eaden. Er wird bald Hunger haben." Sie legte eine Hand an seine Wange, bevor sie ihm einen sanften, liebevollen Kuss gab. „Bleib ruhig noch hier und räume auf. Vielleicht haben wir bald wieder Zeit, etwas nur für uns zu machen. Etwas Romantik, nur wir beide."
Chris hob eine Augenbraue, ein schelmisches Funkeln in seinen aquamarinfarbenen Augen. „Meinst du etwa... etwas Intimes?"
Emilia lachte leise und nickte. „Ja."
Chris grinste breit und ließ ein leises Lachen erklingen. „Gern! Darauf freue ich mich jetzt schon."
Mit einem letzten Lächeln wandte sich Emilia ab und machte sich bereit, nach Hause zu gehen. Doch Chris rief ihr hinterher. „Warte! Wo ist Glühwürmchen? Ich lasse dich nicht allein nach Hause gehen!"
Emilia drehte sich um, ihre kastanienbraunen Augen strahlten vor Zuversicht. „Keine Sorge, Schneeherz. Saphira ist doch bei mir. Sie wird mich sicher nach Hause bringen."
Chris verschränkte die Arme und musterte sie skeptisch. „Direkt nach Hause, ohne Umwege, verstanden? Keine Abenteuer, keine Risiken, Herzglanz."
Emilia lächelte verschmitzt und nickte. „Ich passe auf, versprochen. Bis dann, Schneeherz."
Chris beobachtete sie noch einen Moment, bevor er seufzend zu seinem Aufräumen zurückkehrte. „Pass wirklich auf dich auf," murmelte er leise.
Emilia machte sich auf den Weg nach Hause, das erste Mal seit langer Zeit allein. Doch sie war nicht wirklich allein. An ihrer Seite schritt Saphira, ihre treue Gefährtin, und spendete ihr Sicherheit und Stärke, während die Stille der Straßen sie umgab.
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