Kapitel 18 Band 8 zweite Hälfte
Die List räumt auf
Mio schritt mit einer präzisen Eleganz durch die marmorgepflasterten Hallen des Elysiums Forums. Seine Haltung war gelassen, fast spielerisch, doch in seinen Augen flackerte der Funke gezielter List. Jeder Schritt hatte ein Ziel, jeder Blick eine Wirkung. Die Aura seiner Sünde, der Bekehrung, schien subtil den Raum zu durchdringen, als hätte selbst der Marmor unter seinen Füßen sich seiner Präsenz gebeugt.
Seine Aufgabe war klar, seine Gedanken scharf wie eine frisch geschärfte Klinge. Tavion Areliths plötzliches Verschwinden hatte ein Misstrauen gesät, das sich wie giftige Ranken in den Köpfen der Ratsmitglieder ausbreitete. Zweifel, Gerüchte – das alles durfte nicht Fuß fassen. Nein, Tavion war lediglich im Urlaub. Das musste die einzige Wahrheit sein, die sie glaubten. Mio war bereit, alle Zweifel zu beseitigen, ihre Gedanken zu lenken, bis jeder von ihnen glaubte, dass es unmöglich war, anders zu denken.
Lenara Velithar, mit ihrem silbrigen Haar und ihrer streng geschwungenen Haltung, führte die kleine Gruppe an. Neben ihr schritten Iven Thariel, ein schlanker, kalkulierender Mann mit tiefbraunen Augen, und Sylara Velith, deren leuchtend grüne Roben sanft im Wind schimmerten. Sie alle waren wie Marionetten in einem Theaterstück, dessen Regisseur Mio war – auch wenn sie es noch nicht wussten.
„Der erste Anlaufpunkt ist General Kaelor Duras," erklärte Lenara sachlich, während sie die Gruppe durch einen Seitengang führte. „Er befindet sich im Gartenbereich, wo aktuell ein Training der Sicherheitskräfte stattfindet."
Mio nickte nur, ein leichtes Lächeln spielte um seine Lippen. Die Abteilung für Sicherheitsmanagement und Verteidigung – ein idealer Startpunkt. Kaelor Duras war bekannt für seine scharfe Wachsamkeit und seinen kompromisslosen Willen, doch Mio wusste, dass jeder Wille brechen konnte, wenn er nur die richtigen Worte fand.
Die Gruppe trat durch einen Torbogen in den Außenbereich, wo der Duft von frischem Gras und das metallische Echo von Übungsschwertern die Luft füllten. Der Garten war weitläufig, eine Mischung aus kunstvoll angelegten Blumenbeeten und weitläufigen Trainingsflächen. Rings um die Übungsplätze standen Wachen und Ausbilder, deren scharfe Rufe die Anweisungen über den Platz hallen ließen.
Kaelor Duras stand am Rand eines Trainingsbereichs, den Blick wachsam auf die Soldaten vor ihm gerichtet. Sein breiter, muskulöser Körper war in eine schlichte, aber praktische Uniform gehüllt, die Abzeichen seiner Stellung glänzten auf seiner Brust. Das Licht der Sonne schien auf seine bronzene Haut, während seine blauen Augen die Umgebung musterten wie die eines Raubtiers.
„General Duras," sprach Lenara und neigte respektvoll den Kopf. Der General wandte sich der Gruppe zu, seine Haltung aufrecht, sein Blick prüfend. „Wir danken Ihnen, dass Sie sich Zeit für uns nehmen. Dies ist Mio Rosavelle, der im Auftrag des Rates einige offene Fragen klären möchte."
Kaelor betrachtete Mio mit einem kurzen, skeptischen Blick, bevor er nickte. „Rosavelle. Ich habe von Ihnen gehört. Ein Experte für... sagen wir, delikate Angelegenheiten?"
Mio lächelte, sein Ton so sanft wie eine Sommerbrise. „Ich bevorzuge es, Probleme zu lösen, bevor sie entstehen, General. Und genau deshalb bin ich hier. Wir alle schätzen Ihre Wachsamkeit, und ich hoffe, auf Ihre Weisheit zählen zu dürfen."
Kaelors Blick blieb scharf, doch Mio konnte bereits das erste, kaum wahrnehmbare Zögern erkennen – ein kleines Sprungbrett für die Manipulation, die folgen würde. Die Bühne war bereitet, und Mios Sünde der Bekehrung begann, leise ihre Arbeit zu tun.
Mio blieb stehen, sein Blick unverwandt auf General Kaelor Duras gerichtet, während die Worte mit kühler Entschlossenheit aus ihm flossen. „Verschwenden wir keine Zeit. Pausieren Sie das Training."
Kaelor hob eine Augenbraue, seine Miene ließ keinen Zweifel daran, dass er diesen Befehl in Frage stellte. „Das Training pausieren? Ich fürchte, das ist etwas, dem ich nicht nachkommen kann."
Ein schärferes Lächeln legte sich auf Mios Gesicht, doch es war nichts Sanftes oder Einladendes daran – vielmehr war es ein Lächeln, das das Gewicht von Macht und Unumstößlichkeit in sich trug. Seine Stimme senkte sich, doch gerade diese Ruhe ließ sie wie eine Klinge klingen, die durch die Luft schnitt. „Doch, das werden Sie. Denn genau jetzt findet eine Pause statt. Wir haben einen Termin, General, und in diesem Termin haben Sie sich entschlossen, mir alles zu verraten, was ich wissen will. Ich stelle meine Fragen, und Sie werden großzügig und lückenlos antworten. Die Ratsmitglieder Lenara, Iven und Sylara werden diesem Treffen beiwohnen, und Sie werden absolut ehrlich zu mir sein. Es ist Zeit, Ihre Schüler in die Pause zu schicken. Jetzt."
Die Luft schien für einen Moment stillzustehen, als Kaelor die Worte verarbeitete. Seine Augen verengten sich, seine Haltung blieb widerstandsfähig. „Ich entscheide über den Ablauf meines Trainings. Sie mögen im Auftrag des Rates hier sein, aber ich..."
Doch Mios Präsenz wurde schwerer, wie eine unsichtbare Macht, die sich über den General legte. Es war, als würde jede Silbe, die er sprach, ein Netz um Kaelors Geist spannen. Seine Stimme versagte für einen Moment, sein Widerstand begann zu bröckeln.
Die Ratsmitglieder Lenara, Iven und Sylara beobachteten den Austausch mit wachsender Spannung. Lenara wirkte angespannt, ihre sonst so kühle Fassade zeigte Risse. Ivens Miene war von Verwunderung und Misstrauen gleichermaßen geprägt, während Sylara kaum ihren Blick von Mio lösen konnte, als sei sie von einer unsichtbaren Macht gebannt.
Nach einem langen Moment des Schweigens hob Kaelor schließlich die Hand, ein Signal an die Soldaten. „Pausiert das Training." Seine Stimme klang hohl, fast widerwillig, doch sein Körper folgte dem unausweichlichen Befehl.
Mio nickte zufrieden, als das Training auf den Plätzen zum Stillstand kam. „Gut." Seine Stimme war wieder samtweich, doch die Macht dahinter blieb spürbar. „Führen Sie uns durch den Garten, General. Ich bevorzuge stille Plätzchen, an denen wir unseren Termin wahrnehmen können."
Kaelor sagte nichts, sondern drehte sich um und führte die Gruppe tiefer in den Garten. Der Kies knirschte unter ihren Füßen, und die Geräusche des Trainingsplatzes verklangen hinter ihnen.
Lenara, Iven und Sylara folgten, ihre Gedanken ein Wirbel aus Ehrfurcht und Unbehagen. Noch nie hatten sie gesehen, dass General Kaelor sich jemandem so widerspruchslos fügte. Mios Aura, diese kaum greifbare, aber furchteinflößende Essenz, die zweifellos von seiner Verbindung zu den Todsünden herrührte, schien alles und jeden in ihrer Nähe zu beeinflussen.
Sie hatten den Eindruck, nicht mit einem Ratshändler oder Diplomaten zu gehen, sondern mit einer Kraft, die in der Lage war, Gedanken zu formen und ganze Entscheidungen zu beugen – und das alles mit nichts als Worten und Blicken.
Die Gruppe ließ sich in einem abgeschiedenen Teil des Gartens nieder, wo eine steinerne Bank und ein kleiner Tisch von hohen, üppig blühenden Büschen umgeben waren. Der Duft von Jasmin lag in der Luft, doch die Atmosphäre war alles andere als friedlich. General Kaelor Duras saß angespannt, seine Haltung steif, seine Augen jedoch seltsam leer, als hätte er jegliche Kontrolle über sich selbst verloren.
„Herr Rosavelle, was möchten Sie wissen?" fragte er schließlich, seine Stimme monoton, wie ein Echo seines früheren Widerstands.
Mio lehnte sich zurück, ein listiges Lächeln umspielte seine Lippen. Seine Stimme trug den seidigen Ton der Verführung und die scharfe Kante der Macht zugleich. „Gestehe, ein Feind der Familie Rosavelle zu sein. Sollte es nicht zutreffen, darfst du auch die Wahrheit sagen."
Kaelor Duras, wie ein Marionettenspieler seinem Puppenstück, antwortete ohne Zögern: „Ich gestehe, dass die Familie Rosavelle mir ein Dorn im Auge ist."
Mios Augen blitzten auf, doch er behielt die Ruhe. „Warum?"
„Die Familie Rosavelle besteht aus den 12 Essenzen der Unterwelt, die es zu vernichten gilt," kam die Antwort, die trocken und klar in die Stille fiel.
Mios Ton wurde schärfer, seine listige Maske schien einen Hauch von Zorn zu offenbaren. „Hältst du dich für stärker als die Todsünden? Denkst du, du könntest ihnen Kontra geben?"
Der General, nun völlig im Bann von Mios Macht, sprach unerschrocken weiter. „Die 12 Essenzen stehen schon zu lange an der Machtspitze. Sie stehen für Verderben und Unheil. Ihre Macht kann man brechen. Sie sind nicht übermächtig. Ich fürchte mich nicht vor ihnen."
Ein kaltes Lächeln umspielte Mios Lippen, während er sich leicht nach vorn lehnte. Seine Stimme war ruhig, doch jede Silbe triefte vor unterschwelligem Spott. „Wie ironisch. Dabei bin doch ich eine von ihnen. Sag, fürchtest du dich nicht vor mir?"
Kaelor Duras, gefangen zwischen Stolz und Gehorsam, erwiderte: „Mio Rosavelle ist ein Irrlicht-Dämon. Er ist bekannt als die Sünde der Bekehrung und der List. Über seine genauen Fähigkeiten ist bisher nicht viel bekannt, aber man sagt, er habe Fertigkeiten im Bereich der Illusionen."
Ein gefährliches Zischen drang aus Mios Kehle. „Hör auf, wie eine Maschine zu antworten. Sieh mich an." Sein Blick wurde intensiver, und die Luft um ihn herum schien sich zu verdichten, als ob eine unsichtbare Macht den Raum erfüllte. „Jetzt sag noch einmal, du hast keine Angst vor mir."
Kaelor zögerte, ein Anzeichen von Widerstand blitzte kurz auf, doch es verschwand, als Mios Präsenz wie ein unsichtbarer Schatten auf ihn fiel. „Ich gebe zu, Sie haben eine beeindruckende Aura. Furcht ist aber keine Option."
Ein eisiges Lächeln legte sich auf Mios Gesicht. „Das also hat Nox Vigilia mit dir gemacht. Sie haben dir sogar die Furcht ausgetrieben. Dir ist nicht mehr zu helfen. Jemand, der keine Furcht vor mir verspürt, ist nicht bei klarem Verstand." Er lehnte sich zurück, seine Stimme nun kühl und endgültig. „Ich habe genug gehört. General Kaelor Duras, ich erkläre dich zum Feind der 12 Todsünden. Ich werde dich heute in Frieden lassen, aber du hast dein Schicksal besiegelt."
Die Luft schien schwerer zu werden, als Mio seinen nächsten Satz sprach, seine Stimme wie ein schneidender Wind. „Meine Aufgabe ist es nicht, dir deine... Essenz zurückzugeben. Du steckst schon zu tief in Nox Vigilias Machenschaften. So ist es doch, Duras?"
Der General nickte mechanisch. „Jawohl. Ich bin tief in ihre Machenschaften verstrickt. Der Feind von Nox Vigilia ist auch mein Feind."
Mio stand langsam auf, sein Blick unergründlich. „So ist es. Deine Stunde wird kommen, Duras. Aber du hast Glück. Ich habe genug zu tun, als dass ich mich jetzt um dich kümmern würde."
Er wandte sich zu den drei Ratsmitgliedern, die ihn stumm und mit geweiteten Augen anstarrten, ihre sonst so beherrschten Mienen von einer Mischung aus Faszination und Schrecken geprägt.
„Was wollt ihr von ihm wissen?" fragte Mio mit einer Ruhe, die wie eine gespannte Saite wirkte. „Sagt es mir, und ich stelle die Frage."
Die Szene verharrte in einem Moment der geladenen Stille, die nur von dem sanften Rascheln der Blätter im Wind durchbrochen wurde...
Lenara lehnte sich vor, ihre Augen fest auf General Kaelor Duras gerichtet, während ihre Stimme mit kühler Präzision den Raum durchbrach. „Ich will wissen, ob er seine Position als Sicherheitsverantwortlicher im Rat ausgenutzt hat."
Mio nickte kaum merklich und wandte sich an den General, seine Stimme schneidend und doch von einer unheimlichen Ruhe durchdrungen. „Beantworte ihre Frage. Inwieweit hat sich deine Position im Rat mit Nox Vigilia oder deinem persönlichen Interesse vermischt?"
Duras, von Mios Einfluss gebändigt, antwortete mit monotoner Klarheit, doch seine Worte enthüllten einen tief sitzenden Verrat. „Meine Aufgabe war es, gezielt Lücken im Sicherheitsnetz zu schaffen, um die Maulwürfe von Nox Vigilia in den Rat hereinzulassen. Ich habe die Schutzsiegel des Rates bewusst manipuliert, sodass sie unbemerkt hindurchschlüpfen und ihre Rolle spielen konnten, ohne Verdacht zu erregen."
Er hielt kurz inne, doch seine Stimme blieb unverändert, als er fortfuhr. „Mein persönliches Interesse lag darin, fähige Mitstreiter für Nox Vigilia ausfindig zu machen, sie zu prüfen und sie schließlich der Organisation vorzustellen. In dieser Aufgabe sehe ich einen besonderen Wert, der den Plänen der Organisation dient."
Ein feines, gefährliches Lächeln umspielte Mios Lippen, bevor er eine weitere Frage stellte, sein Tonfall so scharf wie eine Klinge. „Was kam zuerst? Nox Vigilia oder der Rat? Wem warst du zuerst loyal?"
Kaelor hielt Mios Blick, seine Antwort war klar und endgültig. „Ich war dem Rat nie loyal. Es bereitet mir Freude, meine Rolle als Sicherheitsbeauftragter auszuführen und die Jugend zu trainieren – eine Rolle, die ich mit Perfektion erfüllen kann. Aber nichts, wirklich nichts, geht über die Pläne von Nox Vigilia."
Die Worte hallten in der stillen Atmosphäre des Gartens nach, ihre Schwere ließ selbst die umstehenden Ratsmitglieder verstummen. Iven runzelte die Stirn, sein Ausdruck von Misstrauen und Ärger geprägt.
„Du hast die Schutzsiegel manipuliert," begann Iven, seine Stimme leise und drängend, „aber wie tief reichen die Wurzeln von Nox Vigilia in den Rat? Wie viele von uns stehen bereits unter ihrem Einfluss?"
Kaelor zögerte nicht. „Nox Vigilia ist geschickter als ihr alle glaubt. Ihre Präsenz ist subtil, aber effektiv. Ihre Agenten befinden sich an Schlüsselpositionen, einige belegen hohe Positionen."
Lenara ballte ihre Hände zu Fäusten, ihr kühler Ausdruck war einer sichtbaren Anspannung gewichen. „Warum sollte Nox Vigilia den Rat infiltrieren? Was ist ihr endgültiges Ziel?"
Kaelor neigte leicht den Kopf, als überlege er, wie viel er preisgeben durfte. Schließlich sprach er: „Ihr Ziel ist es, die Grundpfeiler der Unterwelt zu destabilisieren. Chaos zu säen. Und die Essenzen der Unterwelt – die Todsünden – zu vernichten. Dafür brauchen sie den Rat. Er ist der Schlüssel, um euer Netz der Kontrolle zu zerreißen."
Sylara trat vor, ihre Stimme zitterte leicht, doch sie war fest entschlossen. „Was ist mit den Schutzmechanismen des Rates? Hast du sie alle sabotiert?"
Kaelor nickte. „Fast alle. Doch es gibt alte Mechanismen, die ich nicht umgehen konnte. Sie sind zu tief in der Architektur des Forums verwurzelt."
Mio betrachtete den General mit einer Mischung aus kühler Überlegenheit und latenter Verachtung. „Was für ein jämmerliches Spiel du hier gespielt hast, Duras. Du bist ein Werkzeug, und du bist dir dessen bewusst. Doch selbst Werkzeuge werden stumpf."
Er ließ seinen Blick langsam zu Lenara, Iven und Sylara gleiten, die ihn immer noch fassungslos ansahen. „Was wollt ihr noch von ihm wissen?" fragte er mit einer gefährlichen Ruhe.
Die Spannung im Garten schien sich zu verdichten, die leise brummende Präsenz von Mios Macht hing schwer in der Luft. Die Ratsmitglieder tauschten einen Blick, dann öffnete Lenara den Mund, um die nächste Frage zu stellen...
Lenara verschränkte die Arme vor der Brust, ihre Stimme kalt und schneidend, als sie Duras ins Auge fasste. „Die anderen Ratsmitglieder und Lorean – sind sie ebenfalls so tief in diese Machenschaften verstrickt?"
Mio richtete seinen durchdringenden Blick auf den General und nickte leicht. „Beantworte die Frage."
Duras schien für einen Moment zu zögern, doch die Macht von Mios Aura zwang die Wahrheit aus ihm heraus. „Einige, ja. Einige weniger. Tavion Arelith, der abgetaucht ist, war definitiv ein Teil davon."
Iven hob eine Augenbraue, seine Stimme wurde schärfer. „Warst du es, der Tavion in diese Sache hineingezogen hat?"
Duras' Gesicht blieb ausdruckslos, als er antwortete. „Ich habe dazu beigetragen."
Mio schloss die Augen für einen Moment und seufzte, ein Ausdruck von Frustration legte sich auf seine sonst so kühle Miene. „Ich werde hier echt wütend." Seine Stimme wurde kälter, als er seine nächste Frage stellte. „Duras, sag mir – ist Lorean ein Teil dieses Wahnsinns?"
Duras neigte leicht den Kopf, als ob er über die Frage nachdachte. „Das ist eine schwer zu beantwortende Frage. Theoretisch nein. Praktisch... unschlüssig. Er hat seine eigenen Pläne, aber er ist kein offizielles Mitglied von Nox Vigilia."
Mio schnaubte leise, bevor er fortfuhr. „Die Basis von Nox Vigilia befindet sich im Nachtnebel-Quartier. Wo genau?"
Duras' Stimme war ruhig, beinahe mechanisch. „Hinter einer verlassenen Fabrik. Sie wird streng bewacht. Die Fabrik selbst ist ein alter Ort, der für Treffen verschiedener Art genutzt wird."
Mio stand auf, seine Haltung unverändert elegant, doch seine Augen blitzten gefährlich. „Du bist eine Schande, Duras. Ich habe dem nichts mehr hinzuzufügen."
Lenara, Iven und Sylara nickten stumm, ihre Mienen angespannt. Lenara sprach schließlich leise: „Wir auch nicht."
Mio wandte sich wieder an Duras, seine Stimme wurde messerscharf, jedes Wort ein unnachgiebiger Befehl. „Duras, führe mich zu deinen Truppen. Ich will, dass du alle versammelst. Ich habe eine Ankündigung zu machen."
Er trat einen Schritt näher, seine Präsenz drückend und unerbittlich. „Und noch etwas: Du wirst deine Kündigung im Rat einreichen. Noch diese Woche. Mir ist egal, was Nox Vigilia mit dir macht oder was sie dir sagen. Du wirst offiziell kündigen. Und du wirst zur Presse gehen und mitteilen, dass du zurücktrittst, weil du deiner Verantwortung nicht gerecht wirst. Du wirst jeden, den du kennst – seien es deine Schüler, deine Familie, falls du eine hast, oder die anderen Ratsmitglieder – informieren. Jeder wird wissen, dass du gekündigt hast, weil du deine Pflichten nicht erfüllen konntest."
Mios Stimme wurde dunkler, seine Worte wie ein Urteil. „Deine Kündigung wird spätestens morgen offiziell sein. Und du wirst dich dem Rat des Elysiums Forums nie wieder nähern. Solltest du es dennoch tun, wird das strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen, und jeder, der hier arbeitet, wird befugt sein, dich festzunehmen. Hast du das verstanden? Der Rat wird dafür sorgen, dass dein Ausweis schnellstmöglich außer Kraft gesetzt wird und dir nach deiner Kündigung der Zugang verwehrt bleibt."
Duras nickte steif. „Ja, Herr Rosavelle."
Mio wandte sich ab, seine kühle Stimme war wieder mit ihrem listigen Unterton durchzogen. „Gut. Führe mich nun zu deinen Assistenten und deinen Schülern. Ich will, dass sie ebenfalls anwesend sind, wenn ich meine Ankündigung mache."
Die Luft um sie herum blieb angespannt, während Duras sich erhob und wortlos begann, die Gruppe tiefer in den Garten zu führen. Hinter ihm folgte Mio, gefolgt von den stillen, aber sichtlich beeindruckten Ratsmitgliedern.
Als sich die Gruppe im Hof versammelte, standen Duras' Schüler, Assistenten und Soldaten in stiller Verwirrung beisammen. Die plötzliche Unterbrechung des Trainings und die ungewohnte Versammlung hatten eine spürbare Unruhe ausgelöst. Mio trat vor, seine Haltung gelassen, doch seine Aura ließ keinen Zweifel daran, dass er die Kontrolle über die Situation hatte.
„Es geht das Gerücht um, dass General Duras abdanken will," begann Mio mit einer Stimme, die wie eine sanfte, aber unnachgiebige Welle durch die Menge glitt. „Dieses Gerücht schwebt schon seit geraumer Zeit im Raum. Dass er seine Verantwortung nicht gerecht wird, ist kein Geheimnis. Wenn er morgen kündigt, wird das niemanden überraschen."
Sein Blick glitt langsam über die versammelten Gesichter, seine Worte gewannen an Schärfe. „Ihr werdet eure Gedanken dazu für euch behalten. Niemand von euch wird dieses Thema weiter verbreiten. Verstanden?"
Die Menge nickte langsam, die Spannung in der Luft war greifbar.
Mio setzte fort, ohne die Stille zu brechen. „Nun zu einem anderen Thema: Was Tavion Arelith angeht. Er befindet sich derzeit im Urlaub. Nachdem er unermüdlich zur Aufrechterhaltung der Ordnung beigetragen hat, hat der Rat beschlossen, ihn und seine Familie in den Urlaub zu schicken. Deswegen ist er aktuell nicht vor Ort."
Er ließ die Worte für einen Moment sacken, bevor er weitersprach. „Er hat sich zurückgezogen, um seine Energien aufzufüllen. Und irgendwann wird er aus seinem Urlaub zurückkehren, um seine Arbeit wieder aufzunehmen. Keiner von euch darf sich darüber wundern. Tavion Arelith war bekannt für seinen unermüdlichen Arbeitseifer."
Mios Ton wurde kälter, bestimmender. „Es wird keine weiteren Fragen oder Verdächtigungen dazu geben. Dieses Thema ist abgeschlossen."
Seine Augen verengten sich leicht, als er erneut die Menge musterte. „Ihr werdet außerdem vergessen, dass ich heute hier war. Und ihr werdet alles Unannehmliche, was mit meinem Besuch in Verbindung steht, ebenfalls vergessen. Ihr werdet meine Worte bedenken und entsprechend handeln. Das ist alles, was ihr tun müsst."
Mio trat einen Schritt zurück, sein Blick richtete sich auf die Gruppe. „Nun soll der persönliche Assistent von General Duras vortreten. Ich möchte mit ihm sprechen."
Ein Mann aus der Menge trat vor, seine Haltung war nervös, doch er hielt den Kopf gesenkt. „Das wäre ich."
Mio betrachtete ihn mit kühlem Interesse. „Name?"
Der Assistent hob den Kopf und antwortete leise: „Ich bin Raquel."
Mio nickte leicht. „Gut, Raquel. Folge mir. Ich habe ein paar Fragen an dich."
Ohne weitere Worte wandte sich Mio ab und begann, in Richtung des Ausgangs zu schreiten, gefolgt von Raquel. Er drehte sich noch einmal kurz um und ließ seine abschließenden Anweisungen erklingen. „Der Rest von euch – weitermachen. Ihr habt Arbeit zu erledigen."
Die Menge löste sich langsam auf, immer noch verwirrt, aber unfähig, sich gegen Mios Einfluss zu wehren. Die Stille des Hofes kehrte zurück, durchbrochen nur vom leisen Knirschen des Kieses unter den Schritten von Mio und Raquel, die sich entfernten.
Die Gruppe hatte wieder im Garten Platz genommen – Raquel, die drei Ratsmitglieder Lenara, Iven und Sylara, und Mio, dessen durchdringender Blick unverwandt auf den jungen Hybriden gerichtet war. Die Spannung in der Luft war fast greifbar, während Mio begann, Raquel zu mustern.
„Zu welcher Rasse gehörst du?" fragte Mio, seine Stimme ruhig, aber mit einem scharfen Unterton. „Du bist eindeutig ein Hybrid."
Raquel hob den Kopf, seine Augen leuchteten leicht im Schatten des Gartens. „Ich bin ein halber Noctivara und ein halber Schattengänger."
Mio hob eine Augenbraue, ein Hauch von Belustigung zeigte sich in seinem Blick. „Interessante Konstellation. Was es nicht alles gibt." Seine Stimme wurde schärfer. „Du hast Sei Rosavelle beschattet. Du hast ihn angesprochen. Warum?"
Raquel räusperte sich leicht, bevor er antwortete. „Sei Rosavelle ist stark. Er ist der Champion der letzten Kolosseums-Liga und ein Vorbild."
Mio neigte den Kopf, seine Augen verengten sich. „Du hast ihn in der Untergrund-Arena angesprochen. Warum? Du bist mit ihm ins Finale gekommen und hast verloren. Gab es einen besonderen Grund für dein Interesse an ihm?"
Raquel nickte leicht. „Ich hatte Sei Rosavelle studiert. Seine Stärke. General Kaelor Duras meinte, ich solle mir ein Bild von ihm machen und ihn analysieren. Ich hatte seine Kampfweise studiert. Als ich bemerkte, dass in der Untergrund-Arena ein Kämpfer auffällig wurde, habe ich schnell erkannt, dass es sich um Herrn Rosavelle handelt – um den Champion."
„Also hast du nur im Auftrag des Generals gehandelt?" Mios Stimme wurde kühler. „Gab es ein persönliches Interesse?"
Raquel zögerte kurz, dann sprach er offen. „Ich wollte mich von seiner Stärke selbst überzeugen. Ich bin ein Fan. Ich wollte herausfinden, wie viel ich noch zu lernen habe und wie weit ich davon entfernt bin, mich wirklich mit ihm zu messen. Aber es hat sich herausgestellt – eine Menge. Er hat mich in Grund und Boden gestampft. Anfangs dachte ich, unser Kampf wäre ausgeglichen. Aber ich habe mich geirrt. Er hat mich nur getestet."
Mio seufzte leise, als würde die Antwort ihn ermüden. „Du hast also im Auftrag des Generals gehandelt. Weißt du, dass Duras ein Mitglied von Nox Vigilia ist? Bist du selbst ein Mitglied?"
Raquel wirkte verwirrt. „Nox Vigilia? Die aus der Zeitung? Sind die eine echte Bedrohung? Ich habe keine Verbindung."
Mio musterte ihn einige Sekunden schweigend, bevor er nickte. „Gut. Dein Glück. Meine Geduld ist heute nämlich schon aufgebraucht." Seine Stimme nahm einen forschenden Ton an. „Musstest du jemals etwas Seltsames für Duras erledigen? Oder etwas Verdächtiges, das ihn als Maulwurf für Nox Vigilia entlarven könnte? Duras meinte, er würde Sicherheitslücken im System schaffen und Interessenten oder neues Personal beobachten und an Nox Vigilia liefern. Hat er dich jemals damit beauftragt, etwas in der Art zu tun?"
Raquel dachte kurz nach, dann schüttelte er den Kopf. „Nicht, dass ich wüsste. Er wollte, dass ich ihm eine Liste mache – von den Stärken und Schwächen jedes neuen Mitarbeiters im Rat. Einige dieser Personen hat er näher betrachtet."
Mio schürzte die Lippen, sein Blick wurde prüfend. „Kannst du eine Liste dieser Leute anfertigen? Diskret. Eine Liste mit allen Personen, auf die Kaelor Duras ein besonderes Auge geworfen hat oder zu denen er seltsame Fragen gestellt hat. Alles, was darauf hindeuten könnte, dass sie verdächtig sind."
Raquel nickte langsam, seine Haltung unterwürfig. „Ich verstehe. Ich werde die Liste anfertigen."
Mio wies mit einer Handbewegung auf Lenara. „Gut. Gib diese Liste, sobald sie fertig ist, Lenara Velithar. So diskret wie möglich."
Er wandte sich an Lenara, Iven und Sylara, sein Ton wurde befehlend. „Lenara, ich will, dass du mit den anderen vertrauenswürdigen Ratsleitern alle Mitarbeiter auf dieser Liste durchleuchtest. Ihr müsst nicht sofort Maßnahmen ergreifen. Ich will nur wissen, wie viele Maulwürfe es tatsächlich gibt. Wenn sie zu euren Abteilungen gehören, könnt ihr sie kündigen, wie ihr es für richtig haltet. Oder wartet, bis Nox Vigilia Rückschläge erlitten hat. Wie ihr mit euren Mitarbeitern verfahrt, überlasse ich euch. Macht es nur clever."
Mio richtete seinen Blick wieder auf Raquel. „Du kannst gehen. Du wirst für Duras nie wieder etwas dergleichen erledigen. Egal, wann er dich um Hilfe bittet – du wirst Nein sagen. Wenn es Probleme gibt, gehst du zu Lenara, Iven oder Sylara. Keine weiteren Anliegen. Geh und vergiss alles Unangenehme, was mit diesem Treffen verbunden war."
Raquel stand auf, verbeugte sich knapp und verschwand schnell in den Schatten des Gartens. Mio blieb sitzen, seine Haltung ruhig, doch seine Augen verrieten, dass die Sitzung noch nicht vorbei war.
Mio seufzte tief und lehnte sich in seinem Stuhl zurück, ein genervtes Stöhnen entkam ihm, als er die Anspannung des Gesprächs losließ. Die leisen Geräusche des Gartens schienen in die Stille zu kriechen, die sich nach Raquels Abgang breitgemacht hatte.
Lenara sprach als Erste, ihre Stimme scharf und gefasst, doch ein Hauch von Unsicherheit schwang darin mit. „Das war... aufschlussreich. Aber auch alarmierend. Wenn Duras tatsächlich so tief in die Machenschaften von Nox Vigilia verstrickt ist, wie wir jetzt wissen, was bedeutet das für den Rest des Rates? Wie viele weitere Maulwürfe sitzen in unseren Reihen?"
Iven runzelte die Stirn und fuhr sich nachdenklich mit der Hand über das Kinn. „Es ist nicht nur Duras, der ein Problem darstellt. Diese Liste – wenn sie wirklich Namen enthält, die auf Nox Vigilia hinweisen, dann könnte das unsere gesamte Struktur ins Wanken bringen. Wir reden hier nicht nur von Verrat, sondern von systematischer Unterwanderung. Der Schaden könnte bereits größer sein, als wir es uns vorstellen können."
Sylara schüttelte den Kopf, ihre smaragdgrünen Augen funkelten vor unterdrückter Wut. „Ich frage mich, wie lange das schon läuft. Wie lange hat Duras mit dieser Organisation zusammengearbeitet? Und wie viele andere Ratsmitglieder – oder sogar Abteilungen – wurden bereits manipuliert oder kompromittiert?"
Mio öffnete die Augen und blickte Sylara an, seine Stimme klang trocken. „Die Antwort auf all diese Fragen werdet ihr herausfinden müssen. Ich bin hier, um die ersten Steine ins Rollen zu bringen, nicht, um den gesamten Berg abzutragen. Eure Aufgabe ist es, diese Liste zu prüfen, eure Leute zu durchleuchten und die richtigen Schlüsse zu ziehen. Ich habe genug damit zu tun, meine Liebsten zu schützen und diesen Maulwurf, den ihr General nennt, in seine Schranken zu weisen."
Lenara atmete tief durch und sah Mio an. „Das mag stimmen, aber selbst mit dieser Liste stehen wir vor einer heiklen Aufgabe. Wenn wir zu voreilig handeln, könnten wir mehr Schaden anrichten, als wir verhindern wollen. Wenn wir zu lange warten, riskieren wir, dass Nox Vigilia uns noch weiter infiltriert. Das ist eine Gratwanderung."
Iven nickte zustimmend. „Ich werde meine Abteilung sofort verstärken und meine vertrauenswürdigsten Leute einsetzen, um die Liste zu überprüfen, sobald wir sie haben. Aber wir sollten uns darauf einstellen, dass Nox Vigilia bereits mit einem Gegenschlag rechnet. Wenn sie so geschickt sind, wie wir es jetzt vermuten, werden sie nicht tatenlos zusehen, wie wir ihre Pläne aufdecken."
Mio seufzte erneut und schloss für einen Moment die Augen, bevor er ruhig, aber mit Nachdruck sprach. „Das ist genau der Grund, warum ihr klug handeln müsst. Keine impulsiven Entscheidungen, keine unnötigen Verdächtigungen. Ihr müsst unauffällig vorgehen, bis wir sicher sind, wie tief dieser Schaden reicht."
Sylara lehnte sich in ihrem Stuhl zurück und verschränkte die Arme vor der Brust, ihr Blick war kühl. „Unauffällig oder nicht – wenn Nox Vigilia so stark ist, wie wir es vermuten, stehen wir vor einem Krieg. Es ist keine Frage des Ob, sondern des Wann."
Mio stand schließlich auf, seine Aura wirkte drückender als zuvor. „Euer Krieg ist bereits hier, Sylara. Ihr habt ihn nur nicht kommen sehen. Duras war nur der Anfang. Es wird weitere geben, und ihr werdet vorbereitet sein müssen."
Lenara nickte, ihr Blick war entschlossen. „Dann lasst uns diesen Anfang nutzen. Sobald wir die Liste haben, setzen wir unsere Ressourcen ein, um so viel wie möglich zu erfahren – und so leise wie möglich zu handeln."
Iven fügte leise hinzu: „Wir werden unsere Schritte mit Bedacht wählen. Wenn wir diese Situation falsch angehen, könnten wir nicht nur den Rat verlieren, sondern auch das Vertrauen der Unterwelt."
Mio ließ seinen Blick über die drei Ratsmitglieder wandern, sein Ausdruck hart und undurchdringlich. „Sorgt dafür, dass dieser Anfang nicht euer Ende wird. Die nächsten Schritte sind entscheidend. Ihr müsst mit Bedacht handeln, wenn ihr die Wahrheit ans Licht bringen wollt."
Die Worte hingen schwer in der Luft, während Lenara, Iven und Sylara sich schweigend ansahen. Die Last der Enthüllungen lag spürbar auf ihnen, doch keiner wagte es, etwas zu sagen.
Mio wandte sich schließlich ab und ließ seine Stimme mit einem letzten, eindringlichen Unterton erklingen. „Das war erst der erste Schritt. Es wird weitere geben. Und wenn sie kommen, will ich sehen, dass ihr bereit seid."
Die Stille im Garten wurde drückend, jeder schien in Gedanken verloren, die Schwere der Situation erdrückte jegliche Gespräche. Doch Mio wirkte unbeeindruckt, seine Haltung war ruhig, fast entspannt – wie jemand, der genau wusste, dass dies nur der Anfang einer viel größeren Offenbarung war.
Mio ließ sich entspannt zurücksinken, doch seine Augen behielten ihre scharfe Wachsamkeit. Ein leichtes Lächeln zog über seine Lippen, doch es wirkte nicht freundlich – vielmehr war es ein Ausdruck von Berechnung. „Ich könnte mit Leichtigkeit alle Maulwürfe auf einmal aus ihren Löchern kriechen lassen," begann er, seine Stimme ruhig, aber durchdrungen von unterschwelliger Macht. „Aber das ist nicht der Plan. Es geht nicht darum, sie alle blindlings zu überrumpeln, sondern darum, sie gezielt auflaufen zu lassen."
Er lehnte sich ein Stück vor, und sein Blick durchbohrte die Ratsmitglieder wie eine scharfe Klinge. „Ich bin mächtig, das wisst ihr alle. Aber ich übertreibe nicht. Wir machen das klug, strategisch. Zuerst sorgen wir dafür, dass wir uns ein klares Bild von jedem Einzelnen machen, bevor wir sie alle vor versammelter Mannschaft aussieben."
Mio ließ seine Worte für einen Moment wirken, bevor er leise fortfuhr: „Wir gehen das Schritt für Schritt an. Kein Chaos, kein unnötiger Lärm. Also... wer ist der Nächste?"
Er erhob sich langsam, ließ seinen Blick über Lenara, Iven und Sylara wandern, bevor er mit einem scharfen Tonfall fortfuhr: „Wie wäre es mit Marcelo Martel?"
Lenara hob eine Augenbraue. „Marcelo Martel? Abteilung für Informationsprozesse und Verwaltung?"
Mio nickte, seine Miene ungerührt. „Genau der. Seine Abteilung ist entscheidend – sie verwaltet sensible Daten, dokumentiert Ratsentscheidungen und schützt interne Informationen. Wenn jemand Zugang zu den innersten Geheimnissen des Rates hat, dann ist er es."
Sylara wirkte nachdenklich. „Marcelo ist bekannt für seine Unauffälligkeit. Er hält sich meist im Hintergrund und ist... effizient."
„Effizient oder zu unauffällig?" entgegnete Mio spitz. „Wir werden es herausfinden."
Iven lehnte sich vor, seine Stimme ruhig, aber skeptisch. „Und sein Assistent? Kalek, nicht wahr? Wird er ebenfalls befragt?"
„Natürlich," sagte Mio mit einem sachten Lächeln, das keinen Widerspruch duldete. „Wo Marcelo ist, da ist auch Kalek. Assistenten wissen oft mehr, als sie sollten. Ich nehme an, sie teilen sich mehr, als nur einen Arbeitsplatz."
Er stand auf, seine Gestalt wirkte in der zunehmenden Dämmerung des Gartens fast wie ein drohender Schatten. „Bereitet alles vor. Wir nehmen uns Marcelo Martel und seinen Assistenten als Nächstes vor. Ich will mit beiden gleichzeitig sprechen. Es ist immer interessant zu sehen, wie Dämonen aufeinander reagieren, wenn sie unter Druck stehen."
Er wandte sich um und begann langsam in Richtung des nächsten Versammlungsortes zu schreiten. „Lasst uns sehen, welche Geheimnisse Marcelo und Kalek zu bieten haben. Es wird Zeit, das Netz weiter zu entwirren."
Das Treffen mit Marcelo Martel und Kalek
Die Gruppe betrat einen weiteren Bereich des Elysiums Forums – einen großzügigen Raum, der für Besprechungen und Archivarbeiten vorgesehen war. Die hohen Wände waren mit Regalen gesäumt, gefüllt mit Tausenden von Schriftrollen und Dokumenten, die das Wissen und die Entscheidungen des Rates über Jahrhunderte hinweg bewahrten. Die Luft roch nach altem Papier und Tinte, eine kühle Stille lag über dem Raum, durchbrochen nur vom leisen Knistern einer einzelnen Laterne, die über einem langen Tisch hing.
Marcelo Martel saß am Kopfende des Tisches, seine Haltung war aufrecht, doch in seinen Augen lag eine flackernde Unruhe. Er war ein schlanker Dämon mit aschfarbenem Haar und dunklen, durchdringenden Augen, die hinter einer Fassade von Gelassenheit eine nervöse Wachsamkeit verbargen. Neben ihm stand Kalek, ein junger Dämon mit wachsamer, aber unsicherer Haltung. Sein schwarzes Haar fiel ihm in die Augen, und er warf immer wieder Blicke zu Marcelo, als suche er bei ihm nach Orientierung.
Mio betrat den Raum mit einer Präsenz, die den Raum sofort füllte, als ob die Luft schwerer geworden wäre. Hinter ihm folgten Lenara, Iven und Sylara, ihre Schritte leise, doch ihre Blicke wachsam. Marcelo und Kalek erhoben sich respektvoll, doch Marcelo wirkte angespannt, während Kalek sich fast schüchtern verhielt.
Mio nahm am Tisch Platz und legte die Hände locker vor sich zusammen. Sein Blick wanderte zwischen den beiden hin und her, bevor er ruhig sprach. „Marcelo Martel, Leiter der Abteilung für Informationsprozesse und Verwaltung. Und Kalek, sein Assistent. Ich bin hier, um Klarheit zu schaffen." Seine Stimme war sanft, doch sie trug eine Schärfe in sich, die keine Widerrede duldete.
Marcelo räusperte sich und setzte ein höfliches Lächeln auf. „Ah, sie sind Herr Rosavelle, ich stehe natürlich für alle Fragen zur Verfügung. Was kann ich für Sie tun?"
Mio ignorierte die gespielte Höflichkeit und richtete seine volle Aufmerksamkeit auf ihn. Seine Aura verstärkte sich, ein unsichtbarer Druck legte sich auf den Raum, der Marcelo dazu brachte, unruhig auf seinem Stuhl hin und her zu rutschen. Kalek hingegen wirkte wie erstarrt, seine Augen starrten auf den Tisch, als ob er den Blickkontakt mit Mio um jeden Preis vermeiden wollte.
„Die Frage ist nicht, was du für mich tun kannst, Marcelo," begann Mio langsam, „sondern was du bereits getan hast." Er lehnte sich leicht nach vorne, sein Blick bohrte sich in Marcelos. „Sag mir, wie tief du in die Machenschaften von Nox Vigilia verwickelt bist."
Marcelo blinzelte, seine Hände verkrampften sich leicht auf der Tischplatte. „Ich... ich weiß nicht, wovon Sie sprechen. Meine Abteilung arbeitet loyal und gewissenhaft für den Rat."
Ein kaltes Lächeln spielte um Mios Lippen, als seine Stimme kälter wurde. „Lüg mich nicht an. Du hast Informationen manipuliert, hast Daten über Ratsmitglieder gesammelt und weitergegeben. Du hast Interna missbraucht, um Nox Vigilia Zugang zu gewähren. Sag mir, wie oft hast du die Entscheidungen des Rates zu deinem Vorteil korrumpiert?"
Marcelo schien zusammenzusacken, seine Maske von Gelassenheit begann zu bröckeln. „Ich... ich habe nur das getan, was nötig war. Einige Entscheidungen mussten... angepasst werden, um Stabilität zu wahren."
„Stabilität?" Mios Stimme triefte vor Spott. „Du hast Dokumente gefälscht, Sicherheitsprotokolle umgangen und Nox Vigilia die Kontrolle über vertrauliche Informationen gegeben. Das nennst du Stabilität?"
Marcelo begann zu schwitzen, seine Augen zuckten unruhig. „Es war nicht meine Schuld! Sie haben Druck ausgeübt. Wenn ich nicht kooperiert hätte, hätten sie alles zerstört."
Mio richtete seinen Blick auf Kalek, der immer noch stumm dasaß. „Und du, Kalek? Wie sehr warst du in diese Korruption verwickelt?"
Kalek sah auf, seine Augen weiteten sich vor Furcht. „Ich... ich habe nichts davon gewusst! Meister Marcelo hat mich nur gebeten, Daten zusammenzustellen und Berichte zu sortieren. Ich wusste nicht, dass er sie..."
„...weitergegeben hat?" Mio unterbrach ihn und ließ den Satz wie eine Falle wirken. „Wirklich, Kalek? Oder hast du einfach weggesehen?"
Kalek schüttelte heftig den Kopf. „Ich schwöre, ich habe nichts gewusst! Ich habe nur getan, was er mir aufgetragen hat. Marcelo hat mich manipuliert! Ich dachte, ich arbeite für den Rat!"
Mio ließ seine Aura noch schwerer werden, die Luft schien sich zu verdichten. Marcelo begann unter dem Druck zu zittern, seine Worte kamen stockend. „Ich... ich hatte keine Wahl. Nox Vigilia hat mir gedroht. Wenn ich nicht kooperiere, zerstören sie meine Abteilung... und mich."
„Und dennoch hast du es getan," sagte Mio kalt. „Du hast vertrauliche Daten verkauft, hast dir Macht erkauft, indem du die Informationen des Rates genutzt hast. Und dabei hast du deinen Assistenten ausgenutzt und ihm Lügen aufgetischt."
Mio richtete sich langsam auf und warf einen Blick auf Lenara, Iven und Sylara. „Wir haben unseren zweiten Maulwurf gefunden. Die Frage ist nur, wie wir jetzt vorgehen."
Die Stille im Raum war drückend, die Spannung greifbar, während alle auf Mios nächste Worte warteten.
Lenara, Iven und Sylara sahen einander an, die Schwere der Situation lag wie ein unsichtbares Gewicht auf ihren Schultern. Lenara war die Erste, die sprach, ihre Stimme angespannt, aber gefasst. „Das ist ein gewaltiges Problem. Nicht nur ein Datenleck, sondern auch ein weiteres Ratsmitglied, das tief verstrickt ist. Wenn das so weitergeht, bricht unser ganzes Forum zusammen."
Iven nickte langsam, seine Stirn in tiefe Falten gelegt. „Wir können ihn nicht einfach kündigen lassen. Das Vertrauen der Bürger in den Rat schmälert sich immer mehr. Erst Duras, der geht, dann Arelith im Urlaub – und wer weiß, wie es mit den anderen weitergeht. Wenn wir jetzt noch Marcelo verlieren, könnte das wie ein Eingeständnis der Instabilität wirken."
Sylara schüttelte den Kopf, ihre smaragdgrünen Augen funkelten vor Nachdruck. „Aber hier weiterarbeiten kann er auch nicht. Er hat zu viel Unruhe gestiftet. Es tut mir leid für ihn, da ich weiß, dass ihm die Abteilung am Herzen liegt. Aber wie können wir ihm nach all dem noch vertrauen?"
Mio seufzte leise, seine Stimme kalt und unnachgiebig, als er sprach. „Gar nicht. Er ist ein Maulwurf. Jemand, der sein Leben lang Spionage betrieben hat, der weiß, wie man Täuschung perfektioniert und sich aus Verhören herauswindet. Er täuscht euch und spielt euch etwas vor, aber mich kann er nicht täuschen. Mitleid ist hier fehl am Platz."
Mio wandte sich direkt an Marcelo, dessen Gesicht blass geworden war, seine Augen voller Angst und Reue. „Marcelo, du wirst für deine Vergehen büßen. Du wirst zur Stadtwache gehen und dich unter Varion Morgengrad verantworten. Sag ihm, Mio Rosavelle schickt dich. Du wirst rechtliche Konsequenzen fürchten müssen. Und du wirst dafür sorgen, dass die Presse nichts von deiner Korruption erfährt. Das gehst du subtil an – darin bist du schließlich ein Meister."
Marcelo öffnete den Mund, als wollte er protestieren, doch Mios durchdringender Blick brachte ihn zum Schweigen.
„Du wirst den Rat offiziell verlassen," fuhr Mio fort. „Lenara, ihr müsst selbst entscheiden, wie ihr mit Marcelo umgehen werdet. Aber ich sage euch eines: Ich will keine Unruhen. Marcelo wird sich verantworten, das ist unumgänglich, aber wie das geschieht, liegt in eurer Hand."
Mio wandte sich an Kalek, dessen Unsicherheit deutlich spürbar war. „Kalek, du darfst hier weiterarbeiten, aber du wirst Wiedergutmachung leisten. Deine Arbeit wird unter strenger Aufsicht eines anderen Ratsmitglieds stehen."
Kalek nickte eilig, seine Stimme bebte leicht, als er antwortete. „Ich verstehe, Herr Rosavelle. Ich werde alles tun, was nötig ist."
Mio ließ seinen Blick erneut über die drei Ratsmitglieder schweifen. „Kümmert euch um Kalek. Marcelo – früher oder später wird dein Austritt offiziell, das lässt sich nicht vermeiden. Wer weiß, was die Zukunft bringt. Vielleicht erhältst du eines Tages die Gelegenheit, wieder rechtschaffen zu handeln. Aber unter den jetzigen Umständen kannst du deinen Platz im Rat nicht weiterführen."
Die drückende Stille füllte den Raum, während jeder die Tragweite von Mios Worten verarbeitete. Marcelo sank in sich zusammen, während Kalek erleichtert, aber dennoch beschämt wirkte. Lenara, Iven und Sylara nickten schließlich, wissend, dass die Entscheidungen, die sie treffen mussten, die Zukunft des Rates beeinflussen würden. Doch Mio machte keine Anstalten, ihre Last zu mildern.
Mio stand auf, seine Bewegung geschmeidig und voller Entschlossenheit. Sein Blick wanderte über die anwesenden Ratsmitglieder, bevor er sprach, seine Stimme klar und schneidend. „Ich weiß, ihr seid es nicht gewohnt, dass mit solcher Härte durchgegriffen wird. Aber es ist an der Zeit für Taten. Kein Spekulieren mehr, kein Abwarten, bis alle überzeugt sind. Die Zeit für Zögern ist vorbei."
Seine Worte ließen die Luft im Raum schwerer wirken, und die Ratsmitglieder, die bereits von den vorangegangenen Enthüllungen erschüttert waren, nickten langsam, auch wenn sie die Tragweite noch nicht vollständig begreifen konnten.
Mio wandte sich an Kalek, seine Stimme ein wenig weicher, aber immer noch von Autorität durchdrungen. „Kalek, du wirst dafür sorgen, dass alles über Herrn Areliths zeitweilige Beurlaubung in den Akten ordentlich vermerkt wird. Lückenlos. Ich will keine Schwierigkeiten sehen, weder im Rat noch anderswo. Das verstehst du?"
Kalek nickte eifrig, seine Stimme bebte leicht vor Anspannung. „Jawohl, Herr Rosavelle. Ich werde es sofort in die Akten eintragen."
Mio nickte zufrieden und richtete sich auf, seine Haltung strahlte unverhohlene Dominanz aus. „Gut." Sein Blick wanderte über die Anwesenden, bevor er knapp hinzufügte: „Wir gehen. Das Nächste ist bereits überfällig."
Er drehte sich um und bewegte sich in Richtung Ausgang, gefolgt von Lenara, Iven und Sylara, die sich schnell erhoben, um ihm zu folgen. Während sie den Raum verließen, sprach Mio mit einem leichten, aber spöttischen Unterton.
„Als Nächstes nehmen wir uns den Kotzbrocken Elarion Vaelthar vor. Abteilung für Gewerkschafts- und Handelsressourcen." Er schüttelte leicht den Kopf, seine Augen verengten sich vor Verachtung. „Der steckt ja sowieso schon tief genug in dem Wahnsinn von Nox Vigilia. Mal sehen, was für ein Schauspiel er uns liefert."
Die Gruppe verschwand im Schatten der breiten Korridore des Forums, bereit, sich der nächsten Enthüllung zu stellen.
♾️
Auf dem Weg durch die breiten Flure des Elysiums Forums stießen Mio und die Ratsmitglieder auf eine freundliche Dämonin, die ihnen entgegenkam. Ihr langes, blondes Haar war elegant zu zwei Zöpfen geflochten, und ihre violetten Augen funkelten vor Fröhlichkeit. Ihre Haltung war aufrecht und voller Anmut, ihre Schritte federnd.
„Meisterin Sylara, ich freue mich, Sie gesund zu sehen," begann die Dämonin mit einem warmen Lächeln, das die düstere Atmosphäre des Tages fast für einen Moment zu vertreiben schien.
Sylara erwiderte das Lächeln und nickte. „Ah, Kelly." Sie drehte sich leicht zu Mio um und fügte hinzu: „Herr Rosavelle, darf ich Ihnen meine persönliche Assistentin Kelly vorstellen? Sie gehört zu meiner Abteilung und ist mir eine große Hilfe."
Mio musterte Kelly, sein Blick scharf und durchdringend, doch als er sie näher betrachtete, schien sein Gesicht sich zu entspannen. Ein leichtes Grinsen legte sich auf seine Lippen, und die bedrohliche Aura, die ihn umgab, schwand für einen Moment. Er streckte ihr respektvoll die Hand entgegen.
„Kelly, ich freue mich, dich kennenzulernen," sagte Mio, seine Stimme sanft und freundlich, was die anderen überraschte. „Ich bin Mio Rosavelle. Es ist mir eine Freude, dich zu treffen."
Kelly nahm seine Hand, ihre Berührung fest, aber höflich. „Die Freude ist ganz meinerseits, Herr Rosavelle. Ich habe bereits viel von Ihrer Familie gehört."
Mio ließ ihre Hand los und nickte leicht. „Ich bin sicher, wir werden uns öfter begegnen. Sylara scheint dich sehr zu schätzen."
Kelly lächelte und wandte sich mit einem fröhlichen Nicken wieder Sylara zu. „Wenn ich etwas für Sie tun kann, lassen Sie es mich wissen."
Sylara dankte ihr, bevor Kelly weiterging, ihre fröhliche Ausstrahlung hinterließ eine sanfte Leichtigkeit im Raum. Mio sah ihr kurz nach, sein Blick wurde wieder etwas ernster, als er sich wieder der Gruppe zuwandte. „Eine interessante Assistentin. Sie hat eine beeindruckende Ausstrahlung."
„Das hat sie," stimmte Sylara zu, bevor sie ihren Weg fortsetzten. Der kurze Moment der Freundlichkeit verblasste jedoch schnell, als sie sich auf ihr nächstes Ziel konzentrierten: Elarion Vaelthar.
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro