Kapitel 9 Band 5
Der Nachmittag hatte die Stimmung im Haus nicht beruhigt – im Gegenteil. Die Luft war wie elektrisiert, voll von unausgesprochenen Spannungen und brodelnder Energie. Draußen tobte die Stadt, und es schien, als ob die Unruhe auch die Essenzen der Gruppe infiziert hatte.
Im Keller arbeiteten Ash und Alex an der letzten Phase der Medikamentenherstellung. Die Prozedur war kompliziert und verlangte höchste Präzision.
„Reich mir die Phiolen, Ash," befahl Alex knapp, ohne den Blick von der Flüssigkeit in seinem Becherglas zu nehmen.
Ash, müde und mit dunklen Schatten unter den Augen, reichte sie ihm langsam. „Ich hab's kapiert, du bist der Boss," murmelte er, seine Stimme triefend vor Sarkasmus.
Alex warf ihm einen scharfen Blick zu. „Wenn du etwas konzentrierter wärst, könnten wir längst fertig sein. Ich weiß nicht, wie du mit so wenig Elan überhaupt überlebst."
Ash rieb sich die Stirn und unterdrückte ein Gähnen. „Weißt du, Alex, nicht jeder lebt nur für die Arbeit. Manche von uns brauchen auch Schlaf."
Alex hob spöttisch eine Augenbraue. „Schlaf? Ich wusste nicht, dass Faulheit ein Rezept gegen eine Epidemie ist."
Ashs Gesicht verzog sich vor Gereiztheit. „Pass auf, Hochmut. Noch ein Wort, und ich lass dich den Mist alleine fertigstellen."
Alex schnaubte nur und fuhr unbeirrt mit seiner Arbeit fort. Nach einer weiteren Stunde war es endlich soweit. „Das war's," sagte Alex und hielt das fertige Medikament hoch. Die Flüssigkeit schimmerte leicht bläulich.
Ash stand auf und streckte sich, während Alex das Medikament in einen speziellen Kühlbehälter legte. „Das Zeug muss jetzt ruhen," erklärte Alex. „Wir können morgen mit den Tests beginnen."
Im Wohnzimmer eskalierte die Situation. Felix und Jake standen sich mit finsteren Blicken gegenüber, die Spannung zwischen ihnen fast greifbar.
„Hör auf, dich wie ein verdammter Kontrollfreak aufzuführen!" fauchte Felix, während er Jake einen spöttischen Blick zuwarf. „Nur weil du dich für den Kopf von allem hältst, heißt das nicht, dass du uns befehligen kannst!"
Jake knurrte, seine Fäuste geballt. „Vielleicht solltest du mal lernen, Verantwortung zu übernehmen, anstatt dich ständig von deinem Hunger treiben zu lassen."
Felix trat einen Schritt näher, seine goldenen Augen funkelten. „Pass auf, Jake. Ich hab mehr Kontrolle, als du dir vorstellen kannst."
„Genug jetzt!" Chaid trat zwischen die beiden, seine Hände erhoben. „Könnt ihr euch nicht wenigstens für fünf Minuten zusammenreißen?"
„Oh, der moralische Vermittler meldet sich zu Wort," spottete Jake und stieß Chaid zur Seite.
Im gleichen Moment betrat Gray das Wohnzimmer, sein Gesicht eine Mischung aus Ärger und Frustration. „Ihr seid alle lächerlich!" rief er. Seine Stimme war scharf und vibrierte vor Neid und Selbsthass. „Jeder von euch denkt, er sei besser als der andere, aber in Wahrheit seid ihr genauso instabil wie ich!"
Alle drehten sich zu ihm um. Emilia trat näher und streckte ihre Hand aus, doch Gray schlug sie weg. „Hör auf, Emilia!" zischte er. „Ich brauche dein Mitleid nicht!"
Emilia zuckte zurück, sichtlich verletzt. Felix und Jake richteten ihren Zorn auf Gray.
„Reiß dich zusammen, Gray!" schnappte Felix. „Hör auf, sie so zu behandeln!"
Jake fügte hinzu: „Du hast kein Recht, sie zu verletzen, nur weil du dich selbst nicht im Griff hast!"
Gray lachte bitter. „Und ihr habt das Recht, mich rumzukommandieren? Ihr seid doch genauso außer Kontrolle! Schaut euch doch mal an!"
Die Atmosphäre im Raum wurde immer dichter, die Essenzen begannen, sich aufzuladen. Es war Chaid, der schließlich die Kontrolle behielt. Er versuchte erneut, die anderen zu beruhigen, doch Jake, von seiner eigenen instabilen Essenz getrieben, klatschte ihm plötzlich mit der Hand ins Gesicht.
Chaid taumelte zurück, seine Hand an der Wange. Für einen Moment war er sprachlos. Doch dann richtete er sich auf, sein Blick entschlossen.
Chaid wandte sich an Emilia, die mit zitternden Händen und blassem Gesicht dastand. „Kleine Sonne," begann er, seine Stimme ruhig, aber drängend. „Du bist die Einzige, die uns aufhalten kann. Dein Mal – es ist dafür gemacht, uns zu stabilisieren."
Emilia schüttelte den Kopf. „Chaid ... ich ... ich bin zu schwach. Ich weiß nicht, ob ich das schaffe."
Chaid trat näher und legte vorsichtig eine Hand auf ihre Schulter. „Du bist stärker, als du denkst. Ich weiß, dass du uns retten kannst. Bitte, Emilia."
Emilia zögerte, ihre Beine fühlten sich schwer an, als sie einen Schritt nach vorne machte. Die Anspannung im Raum war beinahe greifbar. Jeder Atemzug war schwer, die Essenzen der Jungs prallten unsichtbar wie Wellen gegeneinander. Ihre eigenen Glieder zitterten vor Erschöpfung, doch sie wusste, dass sie die Einzige war, die die Situation unter Kontrolle bringen konnte.
Mit einem tiefen Atemzug trat sie in die Mitte des Raumes. Ihr Mal, das tief in ihre Brust eingebrannt war, begann zu glühen, ein sanftes, warmes Licht, das sich langsam ausbreitete. Ihre Hände zitterten, als sie sie ausstreckte, ihre Augen schlossen sich, und sie konzentrierte sich auf das, was in ihr aufstieg: eine Mischung aus Stärke, Liebe und Entschlossenheit.
Die Energie floss aus ihr heraus, ein goldenes, pulsierendes Licht, das die scharfen Kanten der Essenzen der Jungs zu glätten begann. Das Chaos, das wie ein Sturm über ihnen geschwebt hatte, begann zu verblassen. Doch der Prozess war nicht leise oder sanft. Die Jungs spürten es, wie ein schmerzhaftes Ziehen, ein Druck in ihren Herzen, als Emilias Energie auf ihre Essenzen traf.
Jake hielt plötzlich inne, seine geballte Faust zitterte, als die Wahrheit ihn traf. Sein Blick wanderte zu Chaid, dessen Gesicht er vor wenigen Augenblicken mit seiner eigenen Wut verletzt hatte. Schuldgefühle durchzogen ihn wie ein Messer. „Chaid ...", murmelte er, doch seine Stimme brach. Die Erkenntnis traf ihn mit voller Wucht: Er hatte denjenigen verletzt, den er liebte, den er beschützen wollte.
Felix, der ebenfalls innehielt, spürte, wie die glühende Hitze seiner Völlerei nachließ. Der Drang, alles und jeden um sich herum zu verschlingen, wurde zu einem flüchtigen Echo. Zum ersten Mal seit Stunden spürte er Klarheit. Er ließ seinen Kopf sinken, während sein Brustkorb schwer hob und senkte. „Verdammt ...", flüsterte er, „sie ... sie hat es getan."
Ash, der zuvor müde und gleichgültig gewirkt hatte, fühlte eine neue Welle von Wachheit in sich aufsteigen. Sein Geist wurde klarer, die lähmende Trägheit wich einem Bewusstsein, das ihm fast unangenehm war. Er warf Alex einen Blick zu, dessen hochmütige Miene einem Ausdruck von Überraschung und schließlich Einsicht gewichen war.
„Ash", begann Alex zögernd, seine Stimme leiser als gewöhnlich. „Es tut mir leid ... Ich hätte nicht so mit dir reden sollen." Er sah auf seine Hände, dann zurück zu Ash. „Ich respektiere dich. Mehr, als ich zugeben wollte."
Gray saß zusammengesunken auf dem Sofa, seine Hände zitterten, während er seine eigenen Worte im Kopf widerhallen hörte. Die verletzenden Bemerkungen, die er gegen Emilia und die anderen geschleudert hatte, brannten wie Feuer in seiner Brust. Sein Blick traf Emilias für einen Moment, ihre Gestalt von goldenem Licht umhüllt, bevor sie schwankte.
Das Licht, das von Emilias Mal ausstrahlte, wurde intensiver, bis es den gesamten Raum erfüllte. Die Dunkelheit in den Herzen der Jungs wich nach und nach einer warmen, beruhigenden Klarheit. Ihre Gedanken klärten sich, ihre Essenzen stabilisierten sich, und die zuvor unkontrollierte Energie glitt wie Wasser zurück in ihre Quellen.
Doch Emilia zitterte am ganzen Körper. Ihre Knie gaben nach, und Chaid sprang sofort vor, um sie aufzufangen. „Kleine Sonne ..." Seine Stimme war leise, fast ein Flüstern, während er sie in seinen Armen hielt.
Emilia öffnete ihre Augen schwach, ihr Blick suchte Gray. Für einen Moment war ihre Schwäche vergessen, als sie ihm direkt in die Augen sah. Ihr Blick war voller Liebe, aber auch voller Schmerz. „Gray ..." flüsterte sie, bevor ihre Stimme versagte.
Gray stand auf, seine Beine schwer, und trat langsam näher. Die Schuld in seinen Augen war unverkennbar. „Ich ... ich bin so ein Idiot ..." Er wollte mehr sagen, doch die Worte blieben ihm im Hals stecken.
Emilias Augen schlossen sich schließlich, und ihr Körper wurde schlaff in Chaids Armen. Die Jungs erstarrten für einen Moment, bevor sich alle um sie scharten.
Felix kniete sich neben Chaid. „Ist sie ...?" Seine Stimme war voller Sorge, doch Chaid schüttelte den Kopf.
„Sie hat uns gerettet", sagte er leise. „Aber sie braucht jetzt Ruhe. Sie hat alles gegeben ... für uns."
Jake rieb sich die Schläfen, seine Stimme rau vor Schuldgefühlen. „Wir haben sie überfordert ... Sie hat mehr für uns getan, als wir verdient haben."
Alex war bereits zur Tür gestürzt. „Ich hole das Medikament. Wir müssen sie stabilisieren, bevor ihr Zustand sich verschlechtert."
Ash nickte stumm und folgte ihm, während Chaid Emilia sanft in seine Arme hob. „Du bist unsere Sonne, Emilia", murmelte er. „Und du wirst wieder strahlen."
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Während die Jungs sich in Scham und Reflexion über ihr Verhalten verloren, glitt Emilia in die Tiefen ihrer eigenen Gedanken. Es war, als ob sie in einen Abgrund ihrer Erinnerungen gezogen wurde, ein Sog, der sie zu einem Fragment der Vergangenheit führte. Ein leises Flüstern, kaum greifbar, lockte sie, und sie war kurz davor, in eine Vision einzutauchen – eine, die ihre frühere Existenz offenbaren sollte.
Die Jungs standen um das Sofa versammelt, auf dem Emilia ruhte. Chaid hatte sie mit einer weichen Decke zugedeckt, ihre schmale Gestalt wirkte zerbrechlich. Saphira lag treu zu ihren Füßen, den Kopf wachsam auf ihren Pfoten. Die Luft im Raum war schwer, nicht mehr vor Instabilität, sondern vor Selbstvorwürfen.
Jake brach das Schweigen: „Was haben wir da gerade getan?" Seine Stimme klang rau, fast gebrochen. „Wie konnten wir so weit kommen?"
Chaid, der neben Emilia saß, legte sanft eine Hand auf ihre Stirn. „Weil wir es zugelassen haben," sagte er leise. „Unsere Essenzen sind gefährlich, wenn wir sie nicht kontrollieren."
Jake senkte den Blick, dann hob er ihn wieder und sah Chaid direkt an. „Ich ... ich habe dich geschlagen. Es tut mir leid, Chaid. Ich habe dich enttäuscht."
Chaid lächelte schwach, zog ihn in eine Umarmung und flüsterte: „Ich bin dir nicht böse, Jake. Aber schlag mich noch einmal, und ich werde dich beißen. Mein Biss eines Untoten wird dich Lähmen, wenn ich es will." Sein Ton war sanft, aber die Andeutung deutlich. „Mach das noch einmal, und ich werde nicht zögern, mich zu verteidigen."
Jake nickte, seine Reue greifbar. „Das wird nicht wieder passieren."
Felix verschränkte die Arme und wandte sich an Alex und Ash, die in einer Ecke des Zimmers standen. „Und? Ist die Medizin fertig? Können wir ihr helfen?"
Ash rieb sich die Stirn, während Alex kurz auf die Flaschen deutete, die vorsichtig in einem Behälter ruhten. „Es ist ... fertig genug," begann Alex. „Wir haben keine Zeit mehr, um es länger zu testen. Die Symptome verschlechtern sich. Wenn wir jetzt nichts tun, könnte es zu spät sein."
Jake sah skeptisch zu Alex. „Aber ihr seid euch nicht sicher, ob es sicher ist?"
Ash hob müde die Hände. „Es ist das Beste, was wir aktuell haben. Die Essenz von Gray destabilisiert die Umgebung weiterhin. Und Emilia ... sie braucht es dringend."
Chaid nickte, seine Stimme ruhig: „Wir alle brauchen es. Egal, ob es perfekt ist oder nicht."
Alex seufzte, griff nach einer der Phiolen und begann, die Dosierungen vorzubereiten. „Wir verabreichen es allen. Niemand ist immun gegen diese Krankheit."
Felix trat zu Emilia und streichelte ihre Hand. „Sie hat uns alle stabilisiert, obwohl sie selbst schon so schwach war. Wenn dieses Medikament nicht wirkt ..." Er hielt inne, schloss die Augen und nahm einen tiefen Atemzug. „Es wird wirken. Es muss einfach."
Nach der Verabreichung der Medizin setzten sich alle schweigend in die Nähe von Emilia. Jeder reflektierte über die letzten Stunden, ihre Worte und Taten. Gray, der sich zurückgezogen hatte, rieb sich die Schläfen und sprach leise: „Ich hätte sie fast verloren. Durch meinen Neid. Ich ... ich wollte ihr wehtun, um meine eigenen Unsicherheiten zu überdecken. Wie dumm bin ich eigentlich?"
Jake legte ihm eine Hand auf die Schulter. „Du bist nicht dumm, Gray. Aber du bist ein Idiot, wenn du weiterhin so mit dir selbst umgehst. Emilia liebt dich. Uns alle. Wir sollten sie nicht verletzen, sondern beschützen."
Gray nickte zögernd. „Ich werde daran arbeiten. Ich kann sie nicht noch einmal enttäuschen."
Die Szene endete mit einer spürbaren Ruhe im Raum. Die Jungs begannen, sich wieder zusammenzufinden, und die Scham, die sie über ihre Instabilität fühlten, wich einer Entschlossenheit, stärker und besser zu werden – für Emilia und für sich selbst.
——
In der Dunkelheit ihrer Bewusstlosigkeit wurde Emilia in einen Traum gesogen, der sich echter anfühlte als alles, was sie bisher erlebt hatte. Sie war keine Beobachterin, sondern ein Teil davon – ein Fragment ihrer Seele, das durch die Zeit zurückgeführt wurde. Sie war wieder Ari, oder vielmehr Arianne, in einem anderen Leben.
Emilia – oder Ari – stand in einem hell erleuchteten Saal, dessen weiße Marmorsäulen in den Himmel reichten. Ihr Spiegelbild zeigte eine Frau von außerordentlicher Schönheit: silbernes Haar, das in sanften Wellen über ihre Schultern fiel, violette Augen, die Weisheit und Liebe zugleich ausstrahlten. Ihr anmutiges, schimmerndes Kleid umschloss ihren hochschwangeren Bauch, und ihre Hände ruhten sanft darauf.
Die Tür öffnete sich, und eine beeindruckende Gestalt trat ein: Chuck. Er war ein Teufel in jeder Hinsicht, mit einer Aura, die gleichzeitig Ehrfurcht und Ruhe ausstrahlte. Sein scharfer Blick, tiefrote Augen, die wie glühende Kohlen wirkten, fesselten jeden, der ihn sah. Seine pechschwarzen Haare waren perfekt gekämmt, sein maßgeschneiderter Anzug schmiegte sich an seinen muskulösen, doch eleganten Körper. Aber was ihn wirklich auszeichnete, war sein Lächeln – warm, beruhigend, voller Liebe, nur für sie bestimmt.
„Ari," sagte er, und seine Stimme war wie ein tiefes, samtenes Flüstern. Er trat an ihre Seite, seine Hand glitt sanft über ihren Bauch. „Du bist so stark. Unser Kind wird das Beste von uns beiden in sich tragen."
Arianne lächelte und legte ihre Hand auf seine. „Es wird unser größtes Geschenk an diese Welt sein, Chuck."
Der Raum wechselte, und Emilia fand sich in einer intimen Kammer wieder. Der Schmerz war intensiv, aber Arianne blieb stark. Ihre Hände krallten sich in die Laken, und die Stimmen der Hebammen hallten um sie herum. Chuck war bei ihr, seine Hände hielten ihre fest. Er flüsterte ihr Worte der Ermutigung zu, sein Gesicht voller Sorge und Liebe.
„Du schaffst das, Ari," sagte er. „Ich bin hier, immer."
Mit einem letzten Schrei und unter Tränen wurde das Kind geboren. Es war ein Junge, mit silbernem Haar wie seine Mutter und den glühenden roten Augen seines Vaters. Die Hebamme legte ihn sanft in ihre Arme.
„Sorin," flüsterte Ari, Tränen der Freude strömten über ihr Gesicht. „Willkommen, mein kleiner Stern."
Chuck setzte sich neben sie, seine Hand schützend auf ihre. „Sorin," wiederholte er, seine Stimme voller Ehrfurcht. „Er wird stark sein. Genau wie du."
Emilias Herz war erfüllt von einer Wärme, die sie nie zuvor gespürt hatte. Es war Liebe, pur und unverfälscht, und sie durchströmte sie wie ein Fluss. Es war, als ob Ari ihre Emotionen mit ihr teilte, und Emilia konnte nicht anders, als zu lächeln.
..
Die Vision wechselte, und Emilia sah sich in einem prächtigen Garten unter einem Baldachin aus Blumen. Chuck stand vor ihr, in einem königlichen Gewand, und sah sie an, als wäre sie das Einzige, was für ihn existierte. Sie tauschten Gelübde aus, ihre Stimmen fest und voller Liebe.
„Ich verspreche dir, dich zu schützen, so wie du mich schützt," sagte Chuck. „Du bist mein Licht, Ari. Für immer."
Doch dann brach die Vision. Die Farben verblassten, und die Szenen wurden dunkler. Emilia sah, wie Sorin in ihren Armen lachte, ein fröhliches Baby. Doch plötzlich brach ein Schatten durch die Tür, und das Kind wurde ihr entrissen. Sie schrie, ihre Arme ausstreckend, doch es war zu spät.
Blut bedeckte den Boden. Chuck kämpfte, sein Schwert schwang mit unermüdlicher Kraft, aber er erreichte Sorin nicht rechtzeitig. Der Schrei von Ari – von Emilia – hallte durch den Raum, ein Schrei, der Herz und Seele zerriss.
Emilia sah sich selbst, allein auf dem Boden kniend, das kleine, reglose Bündel in ihren Armen haltend. Ihre Schreie waren still geworden, doch die Tränen flossen unaufhörlich.
Mit einem Ruck erwachte Emilia aus ihrer Vision. Ihr Atem war schwer, Tränen liefen über ihr Gesicht, doch ihr Herz fühlte sich ... stark an. Trotz des Schmerzes, den sie gerade erlebt hatte, wusste sie eines mit Gewissheit: Sie hatte geliebt, verloren, und doch überlebt. Und sie würde es wieder tun.
Die Jungs, die um sie herum standen, sahen sie an, ihre Sorgen offensichtlich. Chaid flüsterte: „Kleine Sonne, bist du bei uns?"
Emilia nickte schwach, ihre Augen glänzten vor Entschlossenheit. „Ich bin hier," sagte sie, ihre Stimme ruhig, aber fest. „Ich werde immer hier sein."
Die Jungs versammelten sich leise um das Sofa, auf dem Emilia noch ruhte. Ihre Gesichter waren von Erleichterung, aber auch von einer stillen Entschlossenheit geprägt. Die Vision, die sie erlebt hatte, blieb für sie ein Geheimnis, doch ihre sanfte Atmung beruhigte alle. Es war ein stilles Versprechen in der Luft: Sie würden sie besser schützen und darauf achten, ihre Kräfte nie wieder so leichtfertig zu überstrapazieren.
Gray kniete neben dem Sofa, den Kopf gesenkt, seine Hände unsicher auf die Polster gestützt. „Es tut mir leid", flüsterte er. Seine Stimme war brüchig, als wäre er selbst von den Worten überrascht. „Ich habe dich verletzt ... alle von euch ..."
Emilia öffnete langsam die Augen und schenkte Gray ein sanftes, verzeihendes Lächeln. Sie richtete sich vorsichtig auf und streckte die Arme aus. „Komm her", sagte sie leise. Ohne zu zögern ließ Gray sich in ihre Umarmung fallen. Seine Schultern bebten, und für einen Moment schien die Last seiner Essenz nicht mehr ganz so schwer.
Felix und Jake traten näher, und bevor jemand etwas sagen konnte, zog Emilia sie beide ebenfalls in eine Umarmung. „Ich liebe euch alle", flüsterte sie, ihre Stimme war sanft, aber voller Kraft. „Wir schaffen das nur zusammen."
Alex stand etwas abseits, die Arme verschränkt, doch ein kleines Lächeln spielte um seine Lippen. Ash, der neben ihm lehnte, murmelte leise: „Wir sind eine chaotische Truppe, was?"
„Ja", stimmte Alex zu, „aber wir halten zusammen. Das ist das Einzige, was zählt."
Chaid schloss schließlich den Kreis, drückte Emilia vorsichtig an sich und meinte mit einem schelmischen Grinsen: „Na, kleine Sonne, jetzt haben wir dich wieder. Und ich glaube, wir schulden dir mehr als nur eine Entschuldigung."
Die Jungs nickten alle. Es war mehr als nur eine einfache Versöhnung – es war ein stiller Schwur, stärker, vereinter und achtsamer zu sein.
Die Gruppe versammelte sich im Wohnzimmer des neuen Hauses. Emilia lag noch auf dem Sofa, zugedeckt mit etwas Tee und ruhig atmend, während die Jungs sich um den großen Tisch setzten. Die Stimmung war gedämpft, aber bestimmt. Es war klar, dass der Vorfall mit der Krankheit kein Zufall gewesen war – und Alex war der Erste, der das aussprach.
„Es gibt zu viele Zufälle," begann Alex und verschränkte die Arme vor der Brust. „Dass das Virus ausgerechnet uns so stark trifft, dass Gray und Emilia als Erste destabilisiert werden – das kann kein natürlicher Verlauf sein. Nox Vigilia steckt dahinter."
„Meinst du wirklich?" fragte Chaid skeptisch, lehnte sich aber interessiert nach vorne. „Ich meine, klar, es passt zu denen, aber wie hätten sie so etwas orchestrieren können?"
„Das Wasser," warf Ash ein und tippte auf den Tisch. „Das Virus war im Wasser, in den Nexus Kanälen des Aquaris-Viertels. Sie wussten, dass wir dort sind, und sie wussten, dass Gray als Wassergeist ständig damit in Kontakt kommt."
Felix nickte langsam. „Das ergibt Sinn. Sie kennen unsere Essenzen besser, als uns lieb ist. Sie versuchen, uns auf allen möglichen Wegen zu schwächen – zuerst emotional, jetzt körperlich."
„Und das bedeutet," fügte Jake mit ernster Stimme hinzu, „dass sie uns beobachten. Sie wissen, wo wir sind und was wir tun. Wir können uns keine Fehler erlauben."
Chaid fuhr sich durch die Haare. „Was schlägst du vor? Sollen wir sie direkt konfrontieren? Oder erstmal ihre Spielchen aufdecken?"
„Wir sind noch nicht stark genug," sagte Alex nüchtern. „Emilia hat uns gerade noch gerettet, aber wir müssen uns besser vorbereiten. Und dafür brauchen wir Informationen – wer sie sind, wo sie agieren, und wie wir sie stoppen können."
Emilia regte sich auf dem Sofa und öffnete langsam die Augen. Ihre Stimme war leise, aber fest: „Wir schaffen das nur zusammen. Egal, was sie planen, wir sind stärker, wenn wir vereint sind."
Gray nickte, obwohl seine Miene von Selbstzweifeln gezeichnet war. „Das stimmt. Ich habe Mist gebaut ... aber ich werde das wieder gutmachen. Wir alle müssen unser Bestes geben."
Ash lehnte sich zurück und seufzte. „Na toll, das heißt, noch mehr Arbeit." Sein trockener Ton lockerte die Stimmung ein wenig, und ein leichtes Lächeln ging durch die Runde.
„Dann fangen wir an," sagte Jake entschlossen. „Wir werden herausfinden, was sie vorhaben, und dafür sorgen, dass sie uns nie wieder so erwischen."
Felix grinste. „Klingt nach einem Plan. Aber zuerst – ich verhungere. Wer macht was zu essen?"
Die Gruppe lachte leise, aber die Entschlossenheit in ihren Augen war unverkennbar. Sie hatten gerade erst begonnen, sich als Team neu zu definieren – und sie wussten, dass die Herausforderungen erst anfingen.
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