Kapitel 4 Band 5
Die Jungs traten nacheinander ins Zimmer. Die Stimmung war angespannt, und die ernsten Gesichter spiegelten die Unsicherheit wider, die über ihnen schwebte. Alex stand am Tisch, sein Blick scharf, seine Haltung straff und autoritär. Mit einer festen Stimme begann er:
„Keiner von euch küsst sich. Kein Sex. Vermeidet jeglichen intimen Kontakt. Jake ist aktuell in Quarantäne, und ich werde seinen Zustand weiterhin beobachten."
Während er sprach, wanderte sein Blick eindringlich über die Anwesenden, bis er schließlich bei Chaid hängen blieb. Er verschränkte die Arme vor der Brust und lehnte sich leicht vor. „Chaid, du hältst dich besonders zurück. Hast du Emilia kürzlich geküsst? Hattet ihr Verkehr? Ich brauche Details – wer hatte mit wem Kontakt, wann und wie lange ist es her?"
Ein genervtes Schnaufen ging durch die Gruppe. Augen wurden verdreht, und ungläubige Blicke wechselten die Richtung, bevor Chaid mit einem sarkastischen Lächeln die Stille durchbrach.
„Weißt du, Alex, mag sein, dass du dir vieles erlauben kannst, Herr Doktor, aber könntest du solche Fragen vielleicht etwas ... behutsamer stellen? Nicht so forsch?" Chaid ließ sich in einen der Sessel fallen und verschränkte die Hände hinter dem Kopf.
Alex seufzte, sein Geduldsfaden war sichtbar dünn. Er rieb sich die Stirn und richtete sich dann wieder auf. „Chaid, spuck es einfach aus. Wann hattest du mit wem Kontakt? Ich brauche keine pikanten Details, nur die Fakten."
Chaid hob eine Augenbraue und neigte sich nach vorne. „Also gut. Beruhig dich, Alex. Mit Emilia seit zwei Tagen nichts mehr. Ich habe es heute Morgen versucht, aber sie sagte, sie sei nicht in Stimmung." Sein Tonfall war gespielt gleichgültig, doch sein Grinsen deutete auf eine Spur von Stolz hin.
Alex nickte knapp und kritzelte etwas auf ein Pergament, seine Haltung weiterhin professionell. „Heute Morgen also? Habt ihr euch geküsst?"
Chaid hob die Schultern und schnaubte. „Ja, vielleicht. Aber nur kurz. Und falls du es wissen willst, nein, sie hat mich nicht zum Zug kommen lassen."
Felix grinste breit, lehnte sich gegen die Wand und warf einen spöttischen Kommentar ein. „Oder anders gesagt: Du hast einfach versagt, Chaid."
„Wovon träumst du nachts?" konterte Chaid, wobei sein Grinsen ein wenig breiter wurde.
„Bleibt ernst", unterbrach Jake die Neckerei, seine Arme verschränkt und die Stirn in Falten gelegt. „Alex, hast du noch weitere Fragen?"
Alex sah von seinem Pergament auf, seine Miene unverändert streng. „Nur das eine. Chaid, war das wirklich alles? Wer hatte sonst noch Kontakt zu Emilia?"
Ash hob langsam die Hand, wollte etwas sagen, doch Alex stand abrupt auf und senkte Ashs Hand dramatisch. „Ash, das weiß ich. Ich war dabei."
Ein leichtes Gelächter ging durch die Gruppe, doch Alex ließ sich nicht ablenken. „Gibt es etwas, wovon ich nicht weiß? Irgendetwas, das ihr mir nicht gesagt habt?"
Ein kollektives Schweigen senkte sich über den Raum. Die Jungs schauten einander an, bevor Chaid schließlich in gewohnt sarkastischem Ton sagte: „Alex, du solltest wirklich ein bisschen entspannen. Wir sind hier doch alle gesund und munter."
Alex richtete sich auf, legte die Notizen beiseite und verschränkte die Arme. Sein Blick wanderte zu Chaid, dessen gewohnt entspannte Haltung langsam bröckelte.
„Chaid, angesichts deines Kontakts zu Emilia werde ich dich ebenfalls in Quarantäne setzen müssen."
Chaid starrte Alex ungläubig an, bevor er lautstark protestierte. „Was? Jetzt mal langsam, Alex. Mir geht's blendend, ich bin kerngesund!"
„Du bist gesund – noch," erwiderte Alex ruhig, doch die Schärfe in seiner Stimme ließ keinen Widerspruch zu. „Aber wenn du mit Emilia heute Morgen Kontakt hattest, reicht das. Die Dämonengrippe breitet sich schnell aus, und ich kann kein Risiko eingehen."
Felix ließ ein leises Pfeifen hören und verschränkte die Arme. „Tja, Chaid, sieht so aus, als hättest du dich selbst ins Aus geschossen. Vielleicht solltest du das Küssen überdenken."
„Felix, ich schwöre, wenn du noch ein Wort sagst ..." knurrte Chaid, doch Jake legte ihm eine Hand auf die Schulter, um ihn zu beruhigen.
„Lass es gut sein, Chaid", meinte Jake mit ruhiger Stimme. „Alex hat recht. Wir können kein Risiko eingehen, und du willst doch nicht, dass Emilia oder irgendjemand anderes noch kränker wird, oder?"
Chaid schnaufte, zog seine Hände durch die Haare und ließ sich schließlich auf einen der Stühle fallen. „Fein. Aber ich bin nicht krank."
Alex nickte knapp. „Das hoffe ich. Aber bis wir sicher sind, bleibst du auf Abstand. Keine Diskussion."
Ash schüttelte leicht den Kopf, lehnte sich gegen die Wand und verschränkte die Arme. „Was machen wir dann jetzt? Warten, bis noch einer zusammenbricht?"
Alex warf ihm einen ernsten Blick zu. „Wir tun das, was ich gesagt habe. Jeder bleibt vorsichtig, und wir beobachten uns gegenseitig. Ich werde Chaid und Jake engmaschig überwachen, ebenso Emilia und Gray."
„Und wenn es schlimmer wird?" fragte Jake.
„Dann finde ich eine Lösung", erwiderte Alex mit einer Festigkeit, die keine Zweifel zuließ. „Aber jetzt haltet euch an die Anweisungen. Keine Ausnahmen."
Die Jungs sahen einander kurz an, und obwohl keiner widersprach, lag die Spannung weiterhin schwer im Raum.
....
Die Anspannung im Raum war greifbar, und Felix brach schließlich das Schweigen, indem er das aussprach, was alle beschäftigte. „Alex, was passiert, wenn Grays Neid unkontrolliert ausbricht? Er schwankt so instabil – sein Zustand ist zu kritisch, um ihn aus Eversum zu bringen. Aber wenn wir ihn hier lassen, könnte er das ganze Viertel ins Chaos stürzen."
Die Worte hallten nach, während alle anderen sich angespannt musterten.
Alex nickte, seine Stimme ruhig, aber ernst. „Ich habe nicht vergessen, wozu wir imstande sind, wenn unser Mana außer Kontrolle gerät. Grays Zustand macht mir Sorgen, aber wir können ihn nicht einfach bewegen. Wir müssen einen Weg zur Heilung finden, bevor er beginnt, auf seine Umgebung Einfluss zu nehmen."
Er wandte sich an Ash, als dieser das Wort ergriff. „Ich habe eine Probe aus dem Aquaris-Viertel, die ich näher betrachten werde. Wir arbeiten zusammen, um die Ursache und eine Heilung zu finden. Es ist unsere einzige Chance, die Situation rechtzeitig unter Kontrolle zu bringen."
Chaid verschränkte die Arme und schnaubte ungläubig. „Wie kann es sein, dass wir überhaupt krank werden? Dieses Virus – was ist das? Wir werden nie krank. Unsere Essenz durchtränkt unser Mana und bietet uns einen natürlichen Schutz. Es ist einfach unmöglich, dass uns eine gewöhnliche Grippe erwischt."
Jake blickte Chaid ruhig an. „Es ist nicht unmöglich, Chaid. So etwas ist schon einmal passiert."
Chaid funkelte ihn an, sein Tonfall scharf. „Ja, und damals ist alles eskaliert. Eine ganze Stadt wurde in den Abgrund gerissen, weil wir die Kontrolle verloren haben. Grays Neid könnte Eversum verschlingen."
Felix knurrte leise, um die Gruppe zu beruhigen. „Beruhigt euch. Panik bringt uns nicht weiter. Ja, Gray ist eine tickende Zeitbombe, aber seine Gesundheit hat Priorität."
Jake schüttelte den Kopf, seine Stimme wurde lauter. „Ihr habt nicht gesehen, wie er heute war. Er hat sich selbst innerlich aufgefressen. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis das nach außen dringt. Und Emilia – sie ist bei ihm im Zimmer. Das ist keine gute Idee. Ich will nicht, dass sie zu Schaden kommt. Gray ist unberechenbar, wenn er so drauf ist."
Felix hob drohend eine Augenbraue. „Hör auf, Emilia ständig beschützen zu wollen. Sie ist unsere Hüterin. Es ist ihre Aufgabe, an seiner Seite zu sein. Ihr Mal kann seine Essenz stabilisieren – dafür muss sie nah bei ihm sein."
„Ich möchte trotzdem nicht, dass sie verletzt wird", konterte Jake heftig. „Ich liebe sie, Felix. Es ist nur normal, dass ich sie beschützen will."
Felix trat einen Schritt nach vorn, sein Tonfall rau. „Und ich liebe sie auch. Aber ich entscheide nicht für sie, was das Beste ist. Sie trägt dieses Mal, das uns schützt, und das bedeutet, dass sie auch die Verantwortung trägt, die schlechten Seiten unserer Essenzen zu ertragen."
Alex klatschte laut in die Hände und schrie: „Ruhe!"
Die Stimmen verstummten sofort, und Alex sprach weiter, seine Stimme scharf, aber gefasst. „Emilia und Gray bleiben im selben Zimmer. Sie haben das gleiche Virus. Sie können sich gegenseitig nicht mehr schaden. Und emotional ist Emilia stärker geworden, als ihr zugeben wollt."
Er hielt kurz inne, um sicherzugehen, dass ihn alle aufmerksam ansahen. „Es ist ihr gutes Recht, auch in den Abgrund unserer Essenzen zu blicken. Zu verstehen wie gefährlich wir sind, wenn wir außer Kontrolle geraten. Sie muss das erleben – auch die schlechten Seiten von uns. Dazu gehört, dass Grays Neid und seine Worte sie vielleicht verletzen. Aber ihre Liebe ist nicht so oberflächlich, wie ihr anscheinend denkt."
Alex fuhr fort, seine Stimme wurde ruhiger. „Wir müssen sie nicht nur beschützen. Sie ist unsere Hüterin, nicht unser zerbrechliches Spielzeug. Und ich habe lange gebraucht, um das endlich zu verstehen. Wenn wir sie weiterhin so einengen, treiben wir sie von uns weg."
Er verschränkte die Arme und warf den Jungs einen durchdringenden Blick zu. „Außerdem sind beide krank. Sollen sie sich doch gegenseitig im Auge behalten. Ich habe alle Hände voll zu tun."
Alex ließ sich schwer in einen Stuhl fallen und massierte sich die Schläfen, während er die Gedanken sortierte. „Ich will die Ursache finden. Dazu gehört, herauszufinden, wo das alles angefangen hat und was dieses Virus ist. Aber eines ist klar – es betrifft uns stärker, als ich erwartet hätte."
Felix lehnte sich gegen die Wand, die Arme verschränkt. „Emilia ging es vorhin noch gut. Sie hat ihr Mana für diesen Auftrag genutzt, und jetzt? Ich verstehe das nicht."
Ash nickte nachdenklich. „Vielleicht hat sie zu hart gearbeitet. Ich hab ihr immer wieder gesagt, sie soll langsamer machen. Aber sie fühlt sich schlecht, weil sie nicht so viel zu unseren Ausgaben beitragen kann. Sie setzt sich selbst zu sehr unter Druck."
„Das stimmt", mischte sich Chaid ein und fuhr sich durch die Haare. „Heute Morgen hat sie sich schon nicht wohlgefühlt. Ich dachte, das Gasthaus und der ganze Stress setzen ihr zu. Hätte ich gewusst, dass es so schlimm wird, hätte ich sie nicht allein gelassen."
Jake seufzte schwer, seine Stirn in Falten gelegt. „Und Gray ... Seine Symptome sind in einem beängstigenden Tempo fortgeschritten. Heute Vormittag schien er noch in Ordnung, und dann ... so schnell. Es macht keinen Sinn."
Alex hob müde die Hand, um die aufkommenden Stimmen zu beruhigen. „Ich denke, ich weiß, warum Emilia und Gray so unterschiedlich reagieren – und warum es sie beide so stark trifft."
Die anderen schwiegen, als Alex aufstand und einen kritischen Blick auf die Gruppe warf.
„Emilia hat ihr Mana genutzt", begann er und sprach mit ruhiger, aber ernster Stimme. „Jedes Mal, wenn wir unser Mana aufwenden, schwächt das vorübergehend unser Immunsystem. Es ist wie eine Reserve, die unser Körper aufbraucht. Wenn Emilia heute während ihres Auftrags Mana verbraucht hat, hat das ihre Symptomatik beschleunigt. Ihr Körper war angreifbarer – und das Virus hat diese Schwäche ausgenutzt."
Ash runzelte die Stirn und nickte langsam. „Das würde erklären, warum es so plötzlich bei ihr losging. Sie hat es sich selbst schwerer gemacht, ohne es zu merken."
Alex wandte sich zu Jake. „Und was Gray angeht – seine Situation ist anders. Er ist ein Wassergeist. Das Virus scheint auf Mana und Essenzen zu reagieren, und Wasseressenzen könnten besonders anfällig sein. Wasser ist von Natur aus reinigend und zirkulierend. Wenn ein Virus sich an eine solche Essenz anpasst, kann es sie schneller durchdringen und verbreiten."
Jake sah Alex mit ernster Miene an. „Das macht Sinn. Gray hat ständig versucht, seinen Neid unter Kontrolle zu halten. Wenn das Virus das Mana beeinflusst, könnte es seine Emotionen noch weiter destabilisieren."
Felix hob eine Augenbraue. „Das heißt also, je nachdem, wie unsere Essenzen arbeiten, könnte das Virus uns unterschiedlich angreifen?"
Alex nickte. „Genau. Wir sind keine normalen Dämonen. Unsere Essenzen machen uns einzigartig, aber sie machen uns auch anfällig für gezielte Angriffe. Dieses Virus scheint speziell darauf abgestimmt zu sein, unsere Schwächen auszunutzen."
Eine bedrückende Stille legte sich über den Raum, während die Worte von Alex nachhallten.
„Das erklärt vieles", murmelte Chaid schließlich. „Aber was machen wir jetzt?"
Alex richtete sich auf, seine Augen funkelten entschlossen. „Wir arbeiten zusammen. Wir untersuchen das Virus, finden die Ursache und entwickeln eine Heilung. Und wir halten Gray und Emilia stabil – um jeden Preis."
Ash starrte auf die Phiole in seiner Hand, die in einem leichten, unheimlichen Schimmer erstrahlte. Die Flüssigkeit wirkte unscheinbar, fast harmlos, doch Ash konnte die magische Resonanz spüren, die von ihr ausging. Er murmelte leise: „Das Aquaris-Viertel ..."
Chaid hob eine Augenbraue und sah ihn aufmerksam an. „Ash?"
Ash blickte auf, seine Gedanken sichtbar in Bewegung. „Gray und Emilia waren dort. Emilia hat berichtet, dass es dort bereits viele Kranke gab."
Er hielt die Phiole hoch, das Licht reflektierte sich in seinen Augen. „Die Probe stammt von dort. Hat es in diesem Viertel begonnen?"
Alex trat näher und musterte die Phiole mit einem kritischen Blick. „Gut möglich", sagte er und nickte langsam. „Viele Dämonen aus dem Aquaris-Viertel befinden sich aktuell in der Klinik – in einem erschreckend schlechten Zustand. Das Virus breitet sich rasant aus."
Alex wandte sich an Ash. „Untersuche die Probe so schnell wie möglich. Wir brauchen Antworten."
Dann sah er zu Felix. „Du gehst ins Viertel und untersuchst die Gegend nach Hinweisen. Vielleicht finden wir die Ursache."
Felix nickte, seine goldenen Augen funkelten entschlossen. „Klar, ich mache mich sofort auf den Weg."
„Chaid, du gehst mit Felix", fügte Alex hinzu und fixierte ihn mit einem ernsten Blick. „Aber haltet Abstand voneinander. Und Chaid, bitte – sei vorsichtig. Wenn du krank wirst, verlieren wir nicht nur deine scharfen Sinne, sondern riskieren noch mehr Chaos."
Chaid nickte, seine Haltung ungewöhnlich ruhig. „Verstanden. Ich werde aufpassen."
Jake trat näher, die Arme verschränkt. „Wenn beide, Gray und Emilia, dort waren, ergibt es Sinn, dass sie sich genau dort infiziert haben. Das könnte der Anfangspunkt sein."
Alex fuhr sich nachdenklich durch die Haare. „Sie waren öfter dort, gerade zusammen einkaufen. Und wir alle waren dort, als Emilia ihren Geburtstag gefeiert hat. Wir wissen nicht, wann genau es begonnen hat."
Chaid, der bislang geschwiegen hatte, stockte und blickte auf die Phiole in Ashs Hand. Seine Miene verdüsterte sich.
„Schon seltsam, findet ihr nicht?" Seine Stimme war ruhig, doch seine Worte ließen die Anwesenden innehalten.
Alle sahen ihn an. Jake trat näher, seine Stirn in Falten gelegt. „Woran denkst du, Chaid? Sag es."
Chaid seufzte und dachte nach. „Zufälle ... daran glaube ich nicht." Er hob den Blick, seine Augen blitzten vor Schärfe. „Erst dieser seltsame Zettel mit der Warnung – und jetzt werden ausgerechnet Gray und Emilia krank?"
Jake verschränkte die Arme. „Du meinst, wir werden beobachtet?"
Chaid nickte langsam. „Ich weiß es nicht, aber wenn ja, müssen wir Maßnahmen treffen. Aber zuerst müssen wir herausfinden, was die beiden krank gemacht hat und ein Heilmittel finden."
Alex nickte zustimmend. „Das ist unser vorrangiges Ziel. Ash, ich brauche deine Unterstützung bei der Analyse."
Ash hob die Phiole, sein Gesicht konzentriert. „Verlass dich auf mich."
Alex packte seine Materialien zusammen, bereit, den Raum zu verlassen. „Ich gehe jetzt nach Sei sehen. Der Kontakt zu Gray könnte ihn gefährdet haben. Ihr anderen seid vorsichtig und bleibt wachsam."
Er wandte sich zur Tür, hielt jedoch inne und drehte sich noch einmal um. Sein Blick war durchdringend, die Stimme fest. „Bleibt diskret. Ich will keine Schwierigkeiten mit dem Gasthaus. Und seid auf der Hut – das hier fühlt sich falsch an."
Jake wandte sich an Ash, seine Stimme ruhig, aber entschlossen. „Ash, ich brauche, dass du Sei informierst. Sag ihm, dass Alex auf dem Weg ist und er sich bereitmachen soll. Am besten tritt er aus dem Kolosseum heraus, damit wir keine Probleme mit den Wachen bekommen."
Ash hob eine Augenbraue, den Schimmer der Phiole in seiner Hand betrachtend. „Die Wachen? Was ist mit denen?"
Jake seufzte und verschränkte die Arme. „Katastrophal. Die lassen uns kaum rein oder raus, geschweige denn jemanden sprechen. Es ist verschwendete Zeit, mit denen zu verhandeln. Sei muss draußen sein, wenn Alex ihn aufsucht."
Ash nickte nachdenklich, griff nach einem kleinen Stück Pergament und begann, eine Nachricht zu schreiben. Seine Handschrift war präzise, klar und ohne Schnörkel.
„Ich schicke ihm einen Zettel", murmelte er, während er schrieb.
Als Ash den Zettel fertig geschrieben hatte, hielt er ihn hoch und flüsterte eine kurze, magische Formel. Ein winziger Riss öffnete sich in der Luft, wie ein Dimensionsportal, das sich mit einem leichten Schimmer präsentierte. Ash warf den Zettel hinein, und der Riss verschwand augenblicklich, als ob er nie da gewesen wäre.
„Er hat's jetzt", erklärte Ash schlicht und legte die Phiole auf den Tisch.
Jake nickte langsam, sichtlich beeindruckt. „Ich hoffe, du hast recht. Alex hat keine Zeit, dort zu warten."
———
Alex kam zügig am Kolosseum an, wo Sei bereits mit verschränkten Armen an einer der massiven Säulen lehnte. Sein Blick war ruhig, fast gelangweilt, doch als er Alex sah, richtete er sich auf.
„Da bist du ja", sagte Sei, ohne sich zu bewegen. „Die Wachen haben mich fast genervt mit ihrem ‚Wo wollen Sie hin?' Aber ich hab sie abgewimmelt. Also, komm rein, Doktor."
Alex nickte knapp, die Stirn leicht gerunzelt. „Gut. Ich will keine Verzögerungen. Zeig mir deinen Raum."
Sei drehte sich um und führte Alex wortlos durch die langen Gänge des Kolosseums. Die Atmosphäre war angespannt; man hörte die Geräusche von Kämpfen und das Raunen des Publikums in der Ferne. Schließlich öffnete Sei eine schwere Tür und ließ Alex eintreten.
„Hier", sagte Sei und schloss die Tür hinter ihnen. Der Raum war schlicht, aber großzügig. Eine robuste Liege, ein Schreibtisch und Regale, die ein paar persönliche Gegenstände enthielten, gaben dem Raum einen funktionalen, aber komfortablen Charakter.
Sei lehnte sich gegen die Wand, die Arme wieder verschränkt. „So, Doktor. Was führt Sie her? Wollen Sie mich wirklich nur untersuchen, oder haben wir auch ein bisschen Zeit für Smalltalk?"
Alex warf ihm einen scharfen Blick zu und legte seinen medizinischen Beutel auf den Tisch. „Zieh dich aus", sagte er knapp.
Sei hob eine Augenbraue, ein leichtes Grinsen umspielte seine Lippen. „Mhm? Herr Doktor, Sie fackeln nicht lange, was? Warum seid ihr heute alle so ungeduldig?"
Alex schüttelte nur leicht den Kopf und verdrehte die Augen. „Sei, ich habe keine Zeit für Spielchen. Willst du die Untersuchung oder nicht?"
Sei stieß sich von der Wand ab und trat einen Schritt näher. „Weißt du, Alex, wenn du immer so ernst bist, bekommst du im hohen Alter noch Probleme mit dem Herz. Du solltest es etwas langsamer angehen lassen."
Alex schenkte ihm einen scharfen Blick. „Hast du eine neue Berufung gefunden? Psychologe? Oder willst du dich jetzt über meine Arbeitsweise beschweren?"
Sei grinste kurz, dann zog er sich langsam das Oberteil aus. „Ob du es glaubst oder nicht, ich habe auch eine sensible Seite. Und die hat sich heute wahnsinnige Sorgen gemacht, als ich Gray so gesehen habe. Glaub mir, es war schwer, nicht einfach zu euch zu rennen, aber stattdessen bin ich hier und kämpfe, um uns alle finanziell über Wasser zu halten."
Alex griff nach einem kleinen, magisch verstärkten Stethoskop und begann, Seis Brust abzuhören. „Atme tief ein", wies er an, ohne auf Seis Worte einzugehen.
Sei gehorchte, sprach aber weiter. „Ich bin verdammt genervt, Alex. Was ist eigentlich bei euch los? Jake sah heute auch gestresst aus – und wir reden von Jake. Der Typ ist normalerweise unerschütterlicher als jeder Zement. Selbst ich habe hohen Respekt vor ihm."
Alex nickte leicht, während er Seis Rücken abhörte. „Jake macht sich Sorgen um Gray. In letzter Zeit war es ein ständiges Auf und Ab für uns alle. Aber ich denke, das wird sich einpendeln. Wir fassen bald wieder Boden."
Sei schüttelte den Kopf, als Alex ihm in die Augen leuchtete, um seine Pupillen zu überprüfen. „Wenn ihr Hilfe braucht, lasse ich die Kämpfe sausen. Aber ehrlich gesagt, würden Jake und Schade mich wahrscheinlich eigenhändig durch die Arena schleifen, wenn ich das täte."
„Richtig", brummte Alex und trat zurück, um eine Notiz zu machen. „Du bleibst hier. Wenn du ausfällst, haben wir ein noch größeres Problem. Und was Emilia angeht, du lässt sie vorerst in Ruhe. Sie ist jetzt auch erkrankt."
Seis Haltung versteifte sich, und sein Gesicht wurde ernst. „Wie meinst du das – sie ist erkrankt?"
„Bleib locker", sagte Alex, während er Seis Arm hob, um seinen Puls zu überprüfen. „Ich habe alles im Griff. Es bringt nichts, wenn du jetzt bei ihr auftauchst. Sie braucht Ruhe und keine neue Essenz, die ihre Aufmerksamkeit erfordert. Sie konzentriert sich auf Gray, und du hältst dich fern, bis sich ihre Situation stabilisiert."
Sei knurrte leise, entspannte sich aber schließlich. „Ich verstehe. Aber wenn ihr mich braucht, ruft mich."
Alex notierte abschließend etwas in seinem Block und trat zurück. „Sieht gut aus. Du bist gesund. Ich werde dich alle paar Tage untersuchen. Bleib einfach gesund und halte dich an die Regeln."
Während Sei sich wieder anzog, fragte er beiläufig: „Habt ihr mittlerweile etwas von Schade gehört?"
Alex horchte auf. „Wer?"
Sei seufzte genervt. „Muss ich wirklich alles erklären?" Er machte eine symbolische Geste. „Groß, dunkle Augen, schwarzes Haar, Schattenwandler. Liebt Geheimnisse und spielt immer den großen Unbekannten. Er taucht nur auf, wenn er was braucht oder Befehle hat."
Alex schüttelte den Kopf, genervt. „Ich habe keine Zeit für Ratespiele. Du meinst also die Essenz von Gräuel und Dunkelheit? Nein, ich habe nichts von ihm gehört."
Sei seufzte erneut. „Das heißt, er hat sich nicht gemeldet."
„Richtig", sagte Alex fest. „Aber wenn er es tut, sag ihm, er soll herausfinden, was es mit diesem Virus auf sich hat. Und er soll sich beeilen. Emilia und Gray sind gerade nicht stabil."
Sei nickte langsam, sein Gesicht nachdenklich, während Alex seine Sachen packte.
Alex sah Sei an und fragte nüchtern: „Also, Sei, was für Kämpfe stehen dir noch bevor? Wo stehst du gerade im Turnier?"
Sei hob eine Augenbraue und lehnte sich entspannt gegen die Wand. „Oh, endlich Interesse an meiner Arbeit? Dachte schon, keiner von euch würde fragen."
Alex verdrehte die Augen. „Ich bereue schon, dass ich gefragt habe."
Sei grinste schief. „Ich stehe kurz vorm Halbfinale. Mein nächster Gegner ist ein Schattenwandler – einer von der schwierigen Sorte. Aber wenn ich ihn besiege, bin ich im Halbfinale. Und ich spekuliere, dass mein Gegner im Finale die Eiserne Klinge sein wird. Er hat heute seinen Kampf gewonnen."
Alex reinigte ruhig seine Instrumente, hörte aber aufmerksam zu. „Eiserne Klinge? Klingt fast so bescheuert wie Taurus Rex. Warum immer diese idiotischen Namen?"
Sei stieß ihn leicht mit der Schulter an. „Schnauze, ich mag diesen Namen."
Alex hob eine Augenbraue und setzte ein schiefes Grinsen auf. „Tzz. Ich habe es nur mit Idioten zu tun. Wenn du dir schon einen Namen aussuchst, nenn dich doch ‚Blutrichter' oder ‚Der Unnachsichtige' – irgendwas mit Substanz. Aber Taurus Rex? Das klingt nach einem Gefährten im Zirkus."
Sei schnaubte und stieß ihn erneut leicht an. „Pass auf, Alex. Ich mag diesen Namen, und ich bin nicht in Stimmung für deine Kommentare."
Alex lachte leise. „Wie auch immer. Erzähl mir mehr über diese ‚Eiserne Klinge'. Wer oder was ist das?"
Sei wurde ernst und verschränkte die Arme. „Ein respektabler Kämpfer. Halb-Ork, halb-Dämon. Groß, muskulös, mit einer Vorliebe für Zweihänder. Er ist bekannt für seine unerschütterliche Verteidigung und seine brutale Kraft. Jeder Schlag von ihm fühlt sich an, als würde er eine ganze Burgmauer einreißen. Aber er ist nicht nur stark – er ist auch schlau. Analysiert seine Gegner, wartet auf Schwächen und schlägt dann mit voller Wucht zu."
Alex nickte, während er sein Stethoskop in die Tasche packte. „Klingt wie ein netter Typ. Ich bin sicher, du findest einen Weg, ihn zu erledigen. Aber jetzt muss ich zurück zur Klinik."
Sei klopfte ihm auf die Schulter, ein selten ernster Ausdruck auf seinem Gesicht. „Pass auf dich auf, Alex. Und wenn irgendwas ist – meldet euch."
Alex drehte sich zur Tür, warf Sei aber noch einen Blick über die Schulter zu. „Vergiss nicht, gesund zu bleiben. Ich will dich nicht auch noch in meiner Klinik sehen."
Sei grinste leicht. „Keine Sorge, Doktor. Ich bleib am Leben."
Alex verließ den Raum, sein Schritt bestimmt, und verschwand wieder im Gedränge des Kolosseums.
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