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Kapitel 1 Band 5

Schattenhafte Wellen

Der Nexus-Kanal glitzerte im sanften Morgenlicht, als Emilia und Gray das Wasserbezirk-Viertel von Eversum betraten. Der schwimmende Markt erstreckte sich vor ihnen wie ein Labyrinth aus Plattformen und Booten, die leise auf den sanften Wellen schaukelten. Händler riefen ihre Waren aus, der Geruch von frischen Kräutern, dampfenden Speisen und dem salzigen Wasser lag in der Luft. Kleine Laternen in schimmernden Blau- und Grüntönen spiegelten sich im Wasser wider und schufen eine zauberhafte Szenerie.

„Das hier ist wirklich beeindruckend", sagte Emilia und trat vorsichtig auf die nächste Holzplattform, die unter ihrem Gewicht kaum nachgab. Gray folgte ihr, den Blick skeptisch auf den Boden gerichtet.

„Beeindruckend? Nenn es, wie du willst. Ich nenne es rutschig und gefährlich", brummte Gray und wich geschickt einem kleinen Gefährten aus, der neugierig zwischen seinen Beinen hindurchhuschte. „Eins steht fest: Ich nehme keine Abkürzungen über die Boote."
Emilia lachte leise und hielt sich an einem Seil fest, das zwischen zwei Plattformen gespannt war. „Ach, Gray, wo bleibt dein Sinn für Abenteuer? Wir sind hier doch nicht auf einer gefährlichen Quest."
„Das sagst du. Ich wette, mindestens ein Händler versucht, uns übers Ohr zu hauen."
„Dann passen wir eben auf." Emilia blieb stehen und ließ den Blick schweifen. Die Plattformen waren ein buntes Durcheinander aus Ständen, Hängematten und schaukelnden Tischen, die von Seilen gehalten wurden. Ein paar geflügelte Gefährten flatterten über die Köpfe der Käufer hinweg, während Händler in singendem Ton ihre Angebote anpriesen.
„Oh, Gray, schau mal!" Emilia deutete zu einem Stand, an dem schillernde Glasgefäße ausgestellt waren, gefüllt mit glitzerndem Wasser aus dem Aquaris-Kanal. „Das würde in unser neues Haus passen! Stell dir vor, wie das Licht darin schimmert."

Gray zog eine Augenbraue hoch und schnaubte leise. „Freust du dich über das Haus oder darüber, dass du uns einrichten darfst?"
„Beides!", grinste Emilia und schob ihm eine Tasche in die Hand, die er widerwillig nahm. „Ich meine, habt ihr euch nicht auch gefragt, warum keiner von euch ein Konto mit einem Vermögen angelegt hat? So viele Leben ... keiner hat irgendwo etwas angehäuft?"
Gray verdrehte die Augen und wechselte die Tasche von einer Hand in die andere. „Emilia, wir waren immer auf Reisen. Wie stellst du dir unsere Vergangenheit eigentlich vor? In den meisten Leben haben wir alles unseren Nachkommen vermacht."

Emilia horchte auf und blieb abrupt stehen. „Nachkommen? Hatten wir ... also du und ich ... schonmal Kinder?"
Gray stöhnte auf und sah sie mit gespieltem Leid an. „Was soll eigentlich in letzter Zeit dieses ständige Gefrage über unsere Vergangenheit? Wir sind hier zum Einkaufen auf dem schwimmenden Markt. Fokussier dich, Emilia."
Doch Emilia lachte nur und schob sich in sein Sichtfeld, sodass er sie widerwillig direkt ansehen musste. „Oh nein, Gray, ich will jetzt Antworten. Du hast angefangen, also beantworte die Frage."
Gray sah genervt zu ihr hinunter und seufzte. „Ja, Emilia, wir hatten schon Kinder. Erst im letzten Leben, das wir geführt haben. Bist du nun glücklich?"

Emilias Augen funkelten vor Neugier, während sie ein zufriedenes Lächeln zeigte. „Oh ja, Gray, ich bin sogar sehr glücklich."
Gray schnaubte und setzte seinen Weg fort, während Emilia kichernd hinter ihm herlief. Sie schoben sich weiter durch das dichte Gedränge des Marktes, kauften Kräuter, ein paar Schriftrollen und ein schimmerndes Mana-Amulett, das Emilia begeistert in den Händen drehte.
„Trotzdem ...", begann sie leise und sah zu Gray, der die Einkäufe in seine Tasche schob. „Kinder. Es ist seltsam zu wissen, dass wir schon welche hatten. Ich frage mich, wie sie waren."
Gray hielt kurz inne, bevor er seine Tasche schloss und Emilia ansah. „Sie waren ... stark. Genau wie du. Aber jetzt lass uns weitergehen, bevor du noch mehr Fragen stellst, auf die ich keine Lust habe zu antworten."

„Feigling."

„Neugieriges Kind."

Beide tauschten ein amüsiertes Lächeln und folgten dem Kanal tiefer in das Herz des Marktes, wo die Stimmen der Händler lauter und das Licht des Wassers stärker schimmerte.
„Ich finde es seltsam, dass Felix und Chaid noch keine Spur gefunden haben, wer uns damals diesen Zettel an die Bootstür gebracht hat."
Gray hielt inne, ein Obststück halb in der Hand. „Mhmm?" Er schnippte eine Münze dem Händler zu und nahm das Obst. „Wahrscheinlich kommen sie nicht voran, weil sie sich ständig in die Haare kriegen."
Emilia hob fragend die Brauen.
„Felix ist nicht gerade geduldig, wenn es um Chaid geht." Gray biss in das Obst. „Und Chaid ... naja, er ist ..."

„Er ist Chaid", ergänzte Emilia lachend.
„Eben." Gray zuckte die Schultern, seine Stimme vibrierte leicht vor Ironie. „Aber immerhin hast du deinen Geburtstag unvergesslich abschließen können."
Emilia schaute auf. Ihre Wangen liefen rot an. „Oh ja ... unvergesslich war die Nacht wirklich."

Gray hielt mitten im Kauen inne, hob nur eine Augenbraue und grinste schief. „Will ich das wissen?"
„Nein", schnitt Emilia schnell ein. Sie schob ihm die nächste Tasche in die Arme und drehte sich weg, ihre Röte versteckend. „Definitiv nicht."

„Gut." Gray balancierte die Tasche, das Grinsen unverkennbar. „Sonst fällst du mir hier noch in Ohnmacht. Wär' schlecht fürs Geschäft."
„Unmöglich." Emilia knuffte ihn in die Seite, konnte sich das Lächeln aber nicht verkneifen.
„Ich weiß", gab Gray trocken zurück.

Sie gingen weiter.

Emilia blieb vor einem kleinen Stand stehen, an dem bunte Stoffe wie schimmernde Wasserflächen im sanften Licht des Marktes ausgebreitet waren. Sie strich über einen himmelblauen Stoff, der ihre Aufmerksamkeit gefangen hatte. „Dieser schwimmende Markt ist wirklich beeindruckend ..." murmelte sie leise und ließ den Stoff zwischen ihren Fingern gleiten.

Ein lautes Husten direkt hinter ihr ließ sie aufschrecken. Emilia drehte sich rasch um und sah eine ältere Dämonin, die sich an einem Pfosten abstützte und schwer nach Luft schnappte. Ohne zu zögern, zog Emilia ihre Wasserflasche hervor und reichte sie der Frau. „Geht's Ihnen besser? Bitte, trinken Sie etwas."

Die Dämonin nahm die Flasche dankbar entgegen und nickte schwach, obwohl ein weiterer Hustenanfall sie schüttelte. „Mach dir keine Sorgen, Fräulein," keuchte sie und wischte sich mit einem Tuch über den Mund. „Aktuell geht wohl irgendwas rum. Pass gut auf dich auf ..."

Emilia runzelte die Stirn und sah die Frau besorgt an. Bevor sie etwas erwidern konnte, trat Gray zu ihr. Sein Blick war streng und misstrauisch, während er die hustende Dämonin musterte. „Emilia, bist du fertig? Wir sollten weiter. Mir gefällt das nicht."

„Was nicht?" fragte Emilia verwundert, während sie zu ihm aufblickte.

Gray zeigte unauffällig mit einem Nicken auf die Menge. „Sieh dich mal um. Überall Dämonen, die husten, keuchen und schniefen. Ich will nicht, dass wir uns irgendwas einfangen."

Emilia schaute sich um, diesmal mit einem wachsameren Blick. Tatsächlich bemerkte sie, dass viele Dämonen Anzeichen von Krankheit zeigten. Einige hielten sich Tücher vor die Münder, während andere erschöpft an ihren Ständen lehnten. Das zuvor geschäftige Stimmengewirr klang gedämpfter, unruhiger.

„Gray ... stell dich nicht so an." Sie lachte auf und drehte sich wieder zu den Stoffen. „Es ist Winter. Da sind eben viele Dämonen krank. Deswegen musst du nicht gleich in Panik geraten."

Gray zog die Augenbrauen zusammen und verdrehte die Augen. „Vorsicht ist die Mutter der Porzellan ..." Er stoppte, blickte kurz nachdenklich drein und murmelte dann resigniert: „... ach, was weiß ich. Jedenfalls ist Vorsicht besser, als sich in irgendeinem Bett wiederzufinden und um Luft zu ringen."

„Oh, das sagst du so sicher", erwiderte Emilia neckisch und sah ihn über ihre Schulter an. „Wenn jemand wie du krank wird, dann stirbt die ganze Welt fast an deinem Gejammer."

Gray schnaubte gespielt empört. „Ich bin selten krank. Und falls doch, jammere ich gar nicht! Ich nehme das ... ehrenhaft."

„Ehrenhaft?", wiederholte Emilia und brach in ein Kichern aus. „Du würdest Felix wahrscheinlich darum bitten, dir Tag und Nacht Suppe zu kochen und Chaid damit beauftragen, dir Geschichten vorzulesen, während du jammerst wie ein Welpe."

„Emilia, wir gehen jetzt." Gray schnappte sich kurzerhand ihre Einkaufstasche und zog sie sanft, aber bestimmt vom Stand weg.

„Aber der Stoff—"

„Kann warten. Deine Gesundheit nicht."

Emilia rollte die Augen und ließ sich von ihm führen, während sie sich noch einmal über die Schulter umsah. Der Markt schien in diesem Moment weniger farbenfroh, weniger lebendig. Eine diffuse Unruhe lag in der Luft, ein leises Unbehagen, das selbst Emilia nicht ganz abschütteln konnte.

„Du bist paranoid, Gray", sagte sie leise, obwohl ihre Stimme den üblichen neckenden Unterton verlor.

Gray warf ihr einen Seitenblick zu. „Und du bist zu sorglos. Das ist keine gute Kombination."

„Stimmt. Aber sie macht uns zu einem guten Team."

Er schnaubte leise, konnte ein Grinsen aber nicht unterdrücken. „Na toll. Dann hoffe ich, dass unser Team nicht bald im selben Graben landet."

♾️

Der Raum war erfüllt von einem leichten, schimmernden Licht, das von den arkanen Essenzen in den Kolben und Phiolen ausging. Das Klirren von Glas, leises Murmeln und das Kratzen von Federn über Pergamenten bildeten einen ruhigen Hintergrund, während die Alchemisten konzentriert arbeiteten. In der Mitte des Raumes jedoch, zwischen experimentierenden Dämonen und rauchenden Apparaturen, stand Ash.

Ash sah so entspannt aus, als hätte er sich nur zufällig in die Szene verirrt. Die Ärmel seines schwarzen Kittels waren bis zu den Ellbogen hochgekrempelt, und er wirkte mit seiner lässigen Haltung völlig fehl am Platz. Doch alle Blicke waren auf ihn gerichtet. In seinen Händen schwebte ein kleine, kristallklare Phiole, die von innen heraus wie ein Stern pulsierte. Die Essenz des Sterns.

„Und damit ...", erklärte Ash mit seiner üblichen Trägheit in der Stimme, „habt ihr den letzten Schritt erfolgreich gesehen. Die Essenz ist sicher extrahiert. Ein wenig Fingerspitzengefühl, ein bisschen Mana und ... voilà."

Ein anerkennendes Murmeln ging durch die Menge. Die Dämonen um ihn herum – allesamt Alchemisten mit Rang und Namen – wirkten beeindruckt, einige schrieben hastig Notizen.

„Ein Meisterwerk", flüsterte ein jüngerer Alchemist ehrfürchtig. „Wie präzise er die Arkane Strömung gelenkt hat ..."

Ash verdrehte kaum merklich die Augen, aber ein kleines, zufrieden wirkendes Grinsen huschte über seine Lippen. Respekt hatten sie also genug. Er hob die Phiole in die Höhe, wo sie das Licht einfing und den Raum für einen Moment erleuchtete.

„Die Essenz zu extrahieren ist eine Kunst", fuhr Ash fort, während er die Phiole vorsichtig einem der Alchemisten reichte. „Und Kunst sollte man ... nun ja, nicht überstrapazieren. Wenn ihr euch nicht sicher seid, lasst es lieber bleiben."

„Meister Ash", meldete sich eine Stimme aus der Ecke. Der Gildenmeister der Alchemie-Gilde trat hervor. Er war ein älterer Dämon mit weißem Haar und goldenen Runen auf seinen Händen, die im schwachen Licht schimmerten. Seine Robe sprach von Autorität, doch sein Lächeln war warm. „Ihr habt einmal mehr bewiesen, warum euer Arkaner Rang unübertroffen ist."

Ash seufzte innerlich. Lob. Das bedeutete meistens nur eins: Arbeit.

„Wir sind beeindruckt von eurer Fähigkeit, nicht nur selbst zu meistern, sondern auch zu unterweisen", fuhr der Gildenmeister fort. „Es wäre uns eine Ehre, euch als Aufseher für Rangaufstiege zu ernennen. Ein fester Posten bei uns. Ihr würdet nicht nur zukünftige Alchemisten unterrichten, sondern auch die Prüfungen beaufsichtigen."

Ein erwartungsvolles Schweigen legte sich über die Anwesenden. Alle starrten Ash erwartungsvoll an.

Ash blinzelte. „Ein fester Posten? Klingt nach viel ..." Er zog das Wort in die Länge und betrachtete demonstrativ die Decke. „... Verantwortung. Und Stress."

Der Gildenmeister nickte geduldig. „Es ist eine große Ehre und wird großzügig vergütet. Ein fester Platz in der Gilde bedeutet Einfluss und Stabilität."

Ash ließ den Blick zu einem der überladenen Arbeitstische schweifen, wo Schriftrollen, Pergamente und alchemistische Werkzeuge nur darauf warteten, benutzt zu werden. Dann zu den Alchemisten, die alle erwartungsvoll auf seine Antwort warteten.

„Hört sich an wie ein langer Tag ohne Nickerchen", sagte Ash trocken und ließ die Hände in seine Kitteltaschen gleiten. „Ich lehne dankend ab."

Ein entsetztes Raunen ging durch die Menge, doch der Gildenmeister blieb gelassen. „Ihr braucht nicht sofort zu entscheiden, Meister Ash. Das Angebot bleibt offen. Ihr könnt jederzeit zu uns kommen, wenn ihr es euch anders überlegt."

Ash zuckte gleichgültig mit den Schultern. „Ich halte euch auf dem Laufenden."

Ein anderer Alchemist räusperte sich und trat nervös an den Gildenmeister heran. „Herr, Meister Ash sollte vielleicht sofort den nächsten Auftrag übernehmen. Es betrifft etwas Dringendes ..."

Der Gildenmeister drehte sich zu Ash zurück, seine Miene nun ernster. „Meister Ash, ich fürchte, wir haben ein neues Problem. Es scheint, dass derzeit seltsame Viren im Umlauf sind. Dämonen aus verschiedenen Bezirken klagen über Symptome, die wir bisher nicht zuordnen können."

Ash hob eine Augenbraue. „Viren? Also ... winzige, unsichtbare Plagegeister?"

„Etwas in der Art. Eure Expertise in Extraktionen und Analysen könnte uns helfen, die Ursache zu finden. Das Gildenhaus wird euch natürlich entsprechend entlohnen."

Ash dachte einen Moment lang nach. Das klang zwar nach Arbeit, aber immerhin nicht nach einem Haufen Schülern, die er beaufsichtigen musste. „In Ordnung", sagte er schließlich mit einem Seufzen. „Schickt mir die Proben. Ich sehe sie mir an."

Ein erleichtertes Nicken ging durch den Raum, und der Gildenmeister legte ihm eine Hand auf die Schulter. „Danke, Meister Ash. Eure Fähigkeiten sind unverzichtbar."

„Ja, ja", murmelte Ash, während er die Phiole in einer seiner Taschen verstaute und Richtung Ausgang schlenderte. „Aber wenn das zu viel Aufwand wird, suche ich mir einfach eine Ausrede."

„Ich habe euch gehört, Meister Ash", rief der Gildenmeister ihm hinterher.

Ash winkte nur träge über die Schulter. „War auch Absicht."

♾️

Der Geruch von Heiltränken und antiseptischen Kräuterdämpfen hing schwer in der Luft, vermischt mit dem Klang von hustenden Patienten und hektisch eilenden Schritten. Die Klinik von Eversum war normalerweise ein Ort der Ruhe und Heilung, doch heute schien sie wie ein Bienenschwarm voller Chaos.

Alex stand mit verschränkten Armen mitten im Hauptsaal der Station und musterte die Szenerie mit seinem gewohnten, arroganten Blick. Sein makelloses weißes Kittelgewand ließ ihn wie eine Autoritätsperson wirken, und das war er auch – zumindest in seinen eigenen Augen.

„Was zum Abyss passiert hier eigentlich?" Seine Stimme war kühl und durchdringend. „Wie kann man es schaffen, in einem einzigen Morgen drei Patienten zu verlieren, und das Desinfektionsmittel leer zu spritzen?"

Zwei junge Mediziner – kaum aus ihrer Ausbildung heraus – sahen schuldbewusst zu Boden. Einer von ihnen hielt noch halbherzig einen blauen Kräutertrank in der Hand, dessen Inhalt längst verdorben war.

„Das da ist Schimmel, nicht Medizin, du inkompetenter Flohteppich!", schnappte Alex und schnipste den Trank aus der Hand des Medikers. „Wisst ihr, was Schimmel in einem geschwächten Dämonenkörper macht? Ich kann es euch erklären, aber dafür müsste ich euch erst aus eurer törichten Existenz herausprügeln."

Die beiden zuckten zusammen, während ein leises Kichern von einem älteren Heiler weiter hinten zu hören war.

Alex rollte mit den Augen. „Hände waschen! Magische Barrieren kontrollieren! Ein Hauch von Hygiene wäre wünschenswert. Ich schwöre, ich habe mehr Verstand in einem Blätterhaufen gesehen als in dieser Truppe heute."

Er drehte sich um und ging weiter zu einer der provisorischen Bettenreihen, wo die schwereren Fälle untergebracht waren. Die Dämonengrippe – so nannten sie es bereits. Und es war definitiv mehr als nur eine harmlose Erkältung.

Die Symptome:

Nebelatem – Betroffene atmen eine dünne, silbrige Dunstwolke aus, die in der Luft schwebt und sich langsam auflöst. Ein klares Anzeichen der Grippe.

Eisfieber – Trotz extremer Hitzeentwicklung fühlen sich die Körper der Patienten eiskalt an, als würde ihr Blut gefrieren.

Splitterhusten – Ein trockener, schmerzhaft keuchender Husten, der wie kleine, scharfe Kristalle im Hals brennt.

Alex beugte sich über einen Patienten, der im Fieberwahn zitterte. Sein Atem schwebte in Form eines silbrigen Nebels über den Lippen, und Alex berührte kurz dessen Stirn. „Eisfieber", murmelte er. Seine scharfen Augen musterten den Dämon, während er die Symptome analysierte.

Ein junges Mädchen, kaum älter als fünfzig, zog an seinem Ärmel. „Meister Alex, der Trank, den ihr gestern angesetzt habt – er funktioniert, aber nicht bei allen Fällen ... was tun wir?"

Alex hob langsam den Blick und sah sie an, als hätte sie gerade das Offensichtlichste der Welt gesagt. „Wir analysieren die Proben, machen Anpassungen und dann handeln wir. Medizin ist kein Glücksspiel, Fräulein. Es ist Präzision."

Ein weiterer junger Mediziner kam zu ihm gestolpert und ließ beinahe ein Tablett mit Phiolen fallen. „Die Symptome werden schlimmer. Zwei neue Patienten im Nebenflügel, sie atmen kaum noch ..."

„Beruhige dich", sagte Alex scharf, seine kühle Stimme wie ein Schnitt durch das Chaos. „Lass mich arbeiten."

Ein paar Stunden später

Alex stand im Besprechungsraum der Klinik. Um ihn herum saßen ältere Heiler und der Klinikmeister selbst, der ihn mit einem prüfenden, aber anerkennenden Blick bedachte.

„Ihr habt heute den Überblick behalten und Ordnung in dieses Chaos gebracht", sagte der Meister schließlich. „Eure Expertise und euer scharfsinniges Handeln haben uns vor Schlimmerem bewahrt."

Alex hob eine Augenbraue. „Nun, irgendjemand musste es tun. Die halbe Belegschaft hier würde ohne Anleitung einen Fluch nicht von einer Erkältung unterscheiden."

Ein Raunen ging durch die Runde, einige schmunzelten leise. Der Meister nickte. „Deswegen möchte ich euch hiermit eine feste Stelle als Oberarzt der Abteilung anbieten. Eure Kompetenz ist unverkennbar, und wir brauchen jemanden, der Verantwortung übernehmen kann."

Alex hielt inne, überrascht, wenn auch nur für den Bruchteil einer Sekunde. Dann hob er das Kinn und lächelte leicht. „Nun, wenn es so offensichtlich ist, kann ich ja kaum ablehnen."

„Hervorragend", sagte der Meister zufrieden. „Ihr tretet sofort an."

Noch bevor Alex seinen neuen Titel genießen konnte, klopfte es an der Tür. Ein älterer Heiler trat ein und reichte ihm einen Stapel Schriftrollen und Phiolen. „Meister Alex, das hier wurde aus dem Aquaris-Viertel geliefert. Einige Proben müssen analysiert werden. Es scheint, dass ... eine unbekannte Grippe in den Außenbezirken kursiert."

Alex nahm die Phiolen und betrachtete die silbrige Substanz, die im Inneren schimmerte. „Interessant ..." Er lächelte kühl. „Na dann, bringen wir das Rätsel ans Licht.

♾️

Emilia lehnte sich gegen den Küchentresen des Gasthauses und beobachtete, wie Gray geschickt die Einkäufe auspackte und in Windeseile Gemüse schnitt. „Beeindruckend", murmelte sie und schnippte einen Apfelkern weg, der vom Schneidebrett gerutscht war.

„Man nennt es Effizienz", erwiderte Gray, ohne aufzusehen. „Geld wächst nicht auf Bäumen. Und ich helfe gerne, solange ich nicht in den Abgrund dieser ‚Grippe-Geschichten' gezogen werde."

Emilia schnaubte und zog einen kleinen Notizblock aus ihrer Tasche. Ihre Finger schrieben fast automatisch, während sie nachdachte. Schnell Geld verdienen ... leicht gesagt. Sie hatte in letzter Zeit kaum Atempausen gehabt. Ihre Schamanenaufträge in der Gilde brachten etwas ein, aber es war nicht genug, um mitzuhalten.

Sie war derzeit Neumond-Schamanin – der erste Rang. Um zum Sichel-Schamanen aufzusteigen, musste sie ihre Fähigkeit zur Mana-Kontrolle unter Beweis stellen. Präzise Mana-Aufnahme und -Umwandlung bei verschiedenen Energiequellen. Und das bedeutete nur eines: noch mehr Aufträge. Gleichzeitig.
„Du hast schon wieder dieses angespannte Gesicht", bemerkte Gray und schob eine Zwiebel in die Pfanne. „Zu viel über Zahlen nachgedacht?"

„Eversum frisst Geld wie ein hungriger Drache", murmelte Emilia und seufzte. „Ich weiß, dass ihr alle sagt, ich soll mich nicht stressen. Aber ... ich will nicht abhängig von euch wirken."
Gray hielt inne und sah sie über die Schulter hinweg an. „Du bist nicht abhängig. Du bist Teil des Teams."

„Teams müssen ihren Beitrag leisten." Emilias Stimme war leise, aber bestimmt. „Mein Problem ist ... ich komme kaum voran. In der Schamanengilde verdiene ich nur ein paar Silberkronen. Und bei der Wanderflamme bin ich ..."
„Neulicht", ergänzte Gray trocken und drehte die Hitze herunter. „Der unterste Rang. Es dauert eben. Der Aufstieg zum Schattenglanz kostet Zeit."

„Zwei Monate mindestens", murmelte Emilia und kritzelte ein paar Zahlen auf ihr Blatt. Die Kosten für ihr neues Haus – die sie natürlich aufteilen wollten –, die Kronen für Essen und Vorräte, und dann noch ihre üblichen Ausgaben. Am Ende kam sie kaum auf einen grünen Zweig. „Wenigstens habe ich gelernt, sparsamer zu sein. Aber das reicht nicht."

Gray zuckte die Schultern. „Dann mach, was du am besten kannst. Nimm mehr Aufträge an. Spar dir die Grübelei. Du wirst es schaffen, Emilia."

Werde es schaffen. Die Worte hallten in ihrem Kopf nach, während sie die Kladde schloss. Gray war immer direkt, aber er hatte recht. Sie musste sich mehr Aufträge schnappen. Sichel-Schamane zu werden war ihr nächstes Ziel – sie würde ihre Fähigkeiten trainieren, auch wenn sie dafür Tag und Nacht schuften musste.
Sie dachte an die Gilde. Als Neulicht konnte sie kaum an lukrative Quests kommen. Bronzethaler oder maximal zwei Silberkronen – das war der Standard. Kaum genug, um in Eversum zu überleben. Emilia ballte die Hände zu Fäusten und atmete tief durch.
„Ich werde das hinkriegen", sagte sie entschlossen, mehr zu sich selbst als zu Gray. „Und nicht nur irgendwie. Ich werde besser sein. Bald."

Gray schmunzelte. „Ich bezweifle nicht, dass du das wirst. Aber tu mir einen Gefallen: Streich ‚bald' und fang einfach an."
Emilia grinste und schnappte sich einen Apfel aus der Schale. „Das werde ich. Vertrau mir."
Gray schüttelte lachend den Kopf und wandte sich wieder der Pfanne zu. „Du bist ein Dickkopf. Aber ein guter Dickkopf."

„Danke, nehme ich als Kompliment."
Sie ließ den Notizblock sinken und starrte einen Moment aus dem kleinen Küchenfenster. Der Nachmittagshimmel über Eversum war klar, das Licht der Portale schimmerte in der Ferne. Eversum mochte teuer sein, doch hier zu bestehen war ihre Art, sich selbst zu beweisen.

Sichel-Schamane. Schattenglanz. Zwei Ziele, die sie im Kopf behielt. Und dafür würde sie kämpfen – Schritt für Schritt, Auftrag für Auftrag.
——

Am Abend saß Emilia in ihrem Zimmer im Gasthaus mit Ash. Sie teilte sich das Zimmer aktuell mit Alex und Ash, doch Alex war noch in der Klinik, was ihnen beiden einen Moment der Ruhe bescherte.

Ash lag hinter Emilia auf dem Bett, hielt sie behutsam im Arm und strich ihr beruhigend über die Arme. Der Raum war klein, aber in diesem Moment fühlte er sich für sie wie eine kleine Wohlfühloase an.

„Ash, ich freue mich so, dass es im Moment so gut für dich läuft," begann Emilia leise, während sie sich an ihn schmiegte. „Du bist von uns derjenige, der am meisten verdient. Ich fühle mich so nutzlos. Ich kann einfach nichts beisteuern. Das Haus ist zum Greifen nah, und ich kann nicht einmal unseren täglichen Lebensmittelbedarf mitfinanzieren."

Ash strich ihr sanft über die Arme und sprach mit ruhiger Stimme: „Amy, ich finde, du arbeitest schon mehr als genug. Du solltest dich nicht so stressen. Es hilft keinem von uns, wenn du vor Erschöpfung zusammenbrichst. Achte auf deine Gesundheit."

Er hielt kurz inne und fügte nachdenklich hinzu: „Im Moment kursieren merkwürdige Keime. Selbst Alex hat alle Hände voll zu tun in der Klinik."

Emilia drehte sich zu ihm um und sah ihn an. „Schau, sogar er arbeitet Tag und Nacht, um das auszugleichen, was ich nicht schaffe zu verdienen."

Ash legte ihr eine Hand auf den Mund und schüttelte den Kopf. „Du musst auf dich achten. Vergleich dich nicht mit Alex. Er ist ein Arbeitstier – ich verstehe ehrlich gesagt nicht, wie man sich so auf eine Arbeit stürzen kann."

Emilia lachte leise. „Du bist lustig. Du selbst arbeitest jeden Morgen und bist immer früh weg."

Sie beugte sich vor und gab Ash zwei schnelle Küsse auf die Wange und einen auf die Nase. „Ich muss dich loben. Du bist so fleißig. Das macht mich ... irgendwie an."

Ash grinste und lallte: „Oh, Emilia, ich hätte nichts dagegen, ein bisschen mehr Aufmerksamkeit zu bekommen. Mein letzter Auftrag war so anstrengend."

Emilia kam näher und sah ihn mit einem kleinen Grinsen an. „Du meinst den Auftrag, bei dem du das Jobangebot abgelehnt hast, weil es dir zu viel Verantwortung war?"

Ash nickte und lachte leise. „Ja, genau der."

Bevor sie sich küssen konnten, flog die Tür plötzlich auf, und Alex trat mit gestresster Miene ins Zimmer. Sein Mantel wehte hinter ihm her, und er wirkte, als hätte er gerade eine weitere anstrengende Schicht hinter sich.

Alex ging rasch ins Badezimmer, spritzte sich kaltes Wasser ins Gesicht und wechselte seine Kleidung, bevor er zurück ins Zimmer kam. Kaum hatte er die Tür geschlossen, ließ er sich wie ein schwerer Sack Kartoffeln aufs Bett fallen. Seine Arme lagen seitlich ausgestreckt, und sein Gesicht war halb im Kissen vergraben.

Emilia lächelte ihn liebevoll an und rutschte zu ihm herüber. „Oh, mein süßer Vampir", schnurrte sie leise und strich ihm sanft durch das Haar.

Alex murmelte ins Kissen, seine Stimme war gedämpft und erschöpft. „Ich sollte einfach in der Klinik schlafen. Es gibt so viel zu tun ..."

Emilia setzte sich behutsam auf seinen Rücken und begann, seine Schultern zu massieren. „Beruhige dich, Alex. Ich und Ash sind ganz für dich da und werden dafür sorgen, dass du wieder zu Kräften kommst." Sie beugte sich hinunter und gab ihm einen sanften Kuss auf das Ohr.

Alex atmete tief ein, sein Körper schien sich unter Emilias Berührung leicht zu entspannen. Die Massage dauerte jedoch nicht lange, denn Emilia zog sich bald zurück. Sie ließ ihre Hände sanft von seinen Schultern gleiten und sank selbst erschöpft ins Bett neben Ash.

Alex murmelte verträumt, ohne das Gesicht vom Kissen zu heben: „Warum hast du aufgehört? Deine Massage war gerade so schön ..."

Emilia lehnte sich an Ash, ihre Augen halb geschlossen. „Ich glaube, die Kraft hat mich verlassen. Tut mir leid, Alex, ich muss kurz etwas trinken."

Ash legte seinen Arm um sie und musterte sie nachdenklich. Doch bevor er etwas sagen konnte, richtete sich Alex leicht auf und sah zu Emilia. „Mach langsam, Emilia. Hör auf, dich zu verausgaben. Dein kleiner, zierlicher Körper hat Energie, aber wenn du dich bis zur Erschöpfung treibst, hilft das keinem."

Emilia nickte schwach, griff nach ihrem Wasserglas und trank langsam. Ihre Bewegungen wirkten etwas schwerfälliger als sonst, doch die Jungs schienen es nicht weiter zu bemerken.

Als Emilia ihr Glas abstellte und sich wieder ins Bett legte, drehte sich Ash zu Alex, sein Blick ernst.

„Alex", begann er, „du bist völlig am Ende. Das sieht sogar ein Blinder. Warum machst du nicht, was nötig ist, um wieder zu Kräften zu kommen?"

Alex hob kaum den Kopf. „Ash, ich kann jetzt nicht ... ich will niemanden ..."

„Niemanden verletzen?", unterbrach Ash. „Du verletzt dich selbst, wenn du so weitermachst. Du bist ein Vampir, Alex. Du brauchst Blut, und ich bin hier. Also hör auf, dich zu verweigern, und tu, was getan werden muss."

Alex hob den Kopf und sah Ash direkt an, seine goldenen Augen schmal vor Widerwillen. „Ash, ich ..."

„Kein aber", sagte Ash entschlossen und beugte sich vor. „Du bist unser Anführer, unser Hochmut. Du kannst nicht stark sein, wenn du dich selbst zerstörst. Trink. Es ist nicht das erste Mal, dass du mich beißt."

Emilia beobachtete die beiden, ihre Augen voller Zuneigung. „Alex, es ist in Ordnung. Ash hat recht. Du kannst nicht für uns sorgen, wenn du dich selbst nicht pflegst."

Alex zögerte noch einen Moment, bevor er schließlich seufzte und sich zu Ash drehte. „Wenn du das wirklich willst."

Ash nickte und hielt seinen Arm hin. „Mach schon, bevor du dir's anders überlegst."

Alex griff vorsichtig nach Ashs Arm, und mit einer schnellen Bewegung senkte er seine Zähne in Ashs Haut. Ash zuckte leicht zusammen, aber sein Gesicht blieb ruhig, während Alex trank.

Die Atmosphäre im Raum änderte sich, als Alex' Atmung sich beruhigte und seine Haltung entspannter wurde. Ash grinste leicht und legte eine Hand auf Alex' Schulter. „Fühlt sich schon besser an, oder?"

Alex ließ langsam von Ashs Arm ab, seine Lippen noch leicht gerötet vom Blut. Er leckte sich die Lippen und sah Ash dankbar an. „Danke. Das ... hat geholfen."

Ash grinste breiter, beugte sich vor und küsste Alex auf die Lippen, kurz, aber voller Wärme. „Kein Problem, Boss."

Emilia, die das alles beobachtet hatte, rückte näher und legte sanft ihre Hände auf beide. Sie strich Ash über die Wange und Alex durch das Haar. „Ihr seid so stur, aber ihr kümmert euch so gut umeinander. Das liebe ich an euch."

Alex legte eine Hand auf Emilias, und Ash tat es ihm gleich. Die drei saßen für einen Moment einfach so da, bis Alex leise murmelte: „Danke ... euch beiden."

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