29.
Ich leide unter Migräne.
In meiner Jugend bekam ich immer mal wieder, nicht regelmäßig, Kopfschmerzen, die meinen Alltag durcheinander brachten. Oft bin ich zur Schule gekrochen, mit einer ganz guten Dröhnung Schmerzmittel im Blut, um dann Zuhause mich ins Bett zu legen und dort vor mich her zu vegetieren.
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So ähnlich fühle ich mich jetzt. Zu beschreiben, wie man betrunken ist und darauf einen Kater zu haben, ist schwierig, vor allem so verständlich zu machen, dass jemand, der kein Alkohol angerührt hat, es nachvollzieht.
Betrunken war ich in Partystimmung und habe nicht weiter über die Dinge nachgedacht, die mir Falten bereiten. Mir ging es gut bis zu einem bestimmten Punkt.
Nüchtern fühle ich mich zerbrechlich und schwach. Mein Kopf der pocht, mein Mund ist trocken wie in der Sahara und meine Schuldgefühle verursachen mir Übelkeit. Und vielleicht auch mein Sodbrennen.
Sebastians Nähe ist mir bewusst, immerhin liege ich mehr oder weniger auf ihm drauf, und mir ist auch klar, wie es zu dieser Situation kam. Peinlich berührt lasse ich die Augen geschlossen und versuche langsam zu atmen. Erst mal muss ich alles ordnen und ja, den Augenblick noch kurz genießen.
Aber ich möchte nicht denken, denn es macht mich traurig und jetzt zu analysieren, was für einen Mist ich gebaut habe, ist wohl bescheuert.
Keine Ahnung, wie viel Uhr es ist, welcher Tag oder sogar welches Jahr wir schreiben, der einzige Gedanke ist Sebastian.
Sebastian.
Er berührt mein Inneres, so wie es niemand je zuvor gemacht hat und ich vertraue ihm. Obwohl ich noch immer misstrauisch bin, denn welcher Mann ist so zuvorkommend, außer denen in Büchern? Vielleicht spricht da auch nur mein Misstrauen gegenüber anderen Menschen, die mich immer verletzt haben.
"Ich weiß, dass du wach bist", flüstert Sebastian mir ins Ohr.
"Hi", krächze ich. Was für ein Wunder, dass meine Stimme sich nicht verbessert hat und ich mich anhöre wie ein Kettenraucher. Fürs Protokoll, geraucht habe ich nie. Habe ich auch nicht vor, aber ich fahre eine verrückte Schiene gerade. Meine Zukunft ist offen, vielleicht ist das Morgen genau mein Ding.
"Auf einer Skala von 1-10, wie schlimm ist dein Kater?", fragt er.
"So lange ich still liegen bleibe und niemand laut redet, ich glaube, eine gute elf."
Lautlos lacht er. Das bemerke ich, da sich sein Bauch und seine Brust, auf denen ich mit dem Kopf liege, auf und ab bewegen. Schmerzerfüllt stöhne ich und drehe mich weg von ihm. Kurzschlussreaktion. Sofort vermisse ich seine Wärme, aber zurück kann ich jetzt schlecht.
"Wie lange habe ich geschlafen?", nuschel ich in die Matratze. Draußen ist es hell, aber im Sommer bedeutet das wohl nichts.
"Nicht lange. Es ist gegen 18 Uhr und Milky ist auch noch nicht Zuhause, also können wir noch ganz viel Schwachsinn treiben, bis wir nicht mehr alleine sind", meint er verschmitzt.
"Falls du auf meine Aussage anspielst von vorhin, ich bin gerade nicht in der Lage Sex zu haben. Oder doch? Keine Ahnung. Geht das so verkatert? Macht das dann noch Spaß. Fragen über Fragen. Mein Kopf platzt gerade ein wenig und ich rede nur Scheiße."
"Ruhig Schöne. Stress dich nicht. Es war nur Spaß..."
Das ist mir auch klar und dass er noch was dazu sagen wollte. Bewusst ist mir auch, dass er mich Schöne genannt hat. Ich bin glücklich, auch wenn ich traurig bin.
Milky verlässt mich. Meine Eltern wollten heute noch kommen und ich habe mich betrunken. Aber Sebastian ist hier und flirtet mit mir. Er findet mich schön. Tatsächlich, er findet mich schön.
"Wenn Milky mich in diesem Zustand auffindet, kannst du meine Beerdigung planen. Schwarze Rosen wären schön und eine lockere aber formelle Rede wäre in Ordnung. Die vier Personen, die kommen, sollten aber trotzdem weinen, und ja. Kuchen, der muss das Beste von allem sein"
"Aye, Aye Capitano. Aber bevor das passiert, helfe ich dir lieber, sodass du deine Beerdigung umgehen kannst." Sebastian beugt sich über mich und greift unter mich, damit er mich hochheben kann. So langsam geht mir das Getrage auf die Nerven, aber beschweren tu ich mich trotzdem nicht. Immerhin muss ich nicht laufen.
Obwohl ich die Augen geschlossen halte, bemerke ich, dass er mich ins Bad trägt. Eine kleine Nervosität breitet sich in meiner Magengegend aus.
Bevor ich mich wehren kann, stellt er mich in der Duschkabine ab. Schlagartig wird mir bewusst was er vor hat. Ich starre ihn an, was jetzt da die Kabine höher gesetzt ist, sogar besser funktioniert. Wir sind fast auf Augenhöhe.
"Denke ich das, was du denkst, das ich denke, was du machst?"
Ich versuche ihn weg zu drücken um zu fliehen, aber Sebastian grinst mich nur an.
"Ja, ich denke genau das."
Mit einer raschen Bewegung betätigt er den Wasserhahn und stellt sich wieder zurück in den Weg, aber auch so, dass ich das Wasser nicht abstellen kann. Das eiskalte Wasser spritzt volle kanne auf mich. Schreiend vor der Kälte hüpfe ich auf einem Bein aufs andere um dem Strahl zu entkommen, aber es funktioniert nicht. Unangenehm stelle ich beim hopsen fest, dass ich keinen BH trage und ein wenig meine Brüste auch mit hopsen. In kürzester Zeit bin ich bis zur Haut nass und zittere.
"Bbbiiittee lass mich raus", klapper ich mit den Zähnen.
Sebastian bekommt sich nicht mehr ein vor Lachen. Zu seiner Verteidigung, es muss schon lustig aussehen, wie ich hier in der Dusche stehe, aber trotzdem finde ich es überhaupt nicht witzig. Deswegen komme ich auf eine Idee.
"Stehe deine Eier und komme auch rein. Du traust dich doch eh nicht. Dir wäre viel viel viel zu kalt", bibbere ich.
Schlagartig hört Sebastian auf zu lachen und sieht mich nachdenklich an.
"Du bist eine Memme und kein Gentlemen. Ein Angsthase.", mache ich weiter. "Würdest du mich mögen, würdest du dich mit mir drunter stellen."
Ich sehe, wie ich ihn geknackt habe. Sein Blick wird entschlossen und düster. Er zieht seine Jeanshose und Socken aus, was unfair ist, weil ich alles am Leib trage. Er sieht mir tief in die Augen, als er den Schritt nach vorne macht. Die Stimmung ist angespannt und mein Herz klopft wie verrückt, als würde es um sein Leben gehen.
Sebastian ist mir ganz nah. Sekundenschnell ist auch er vollkommen nass. Ich betrachte, wie ihm die Wasserperlen auf die Schultern prallen und die Brust herunter fließen. Er ist wunderschön, so wie er vor mir steht.
Mein Arm bewegt sich wie aus geisterhand und ich berühre ihn sachte. Ich fahre die Konturen seines Gesichtes nach, dabei schließt er die Augen, als würde er meine Berührungen genießen. Nach seinem weichen Gesicht, fahre ich runter an seinen breiten Schultern. Zu seinem knochigen Schlüsselbein und zur Brust. Mein Körper erschaudert und ich würde es am liebsten auf die Kälte schieben. Meine Finger verharren an seinen Narben und weiterhin tut es mir weh, diese Narben zu sehen. Aber erst die machen ihn perfekt, weil er dadurch unperfekt wirkt. Meine Hände lege ich an seine Hüftknochen. Seine rote Boxershorts sitzt tief und weit.
Mein Blick wandert nach oben zu seinen Augen und er schaut mich zurück an. Nun hebt Sebastian sein Arm und wie auch er zuvor, halte ich still. Er streichelt mir die Wange herunter, zieht meine Lippen nach und legt meine Haare zurück. Doch plötzlich hört er auf und sieht mich unsicher an. Erst bin ich verwirrt, aber schnell begreife ich. Mein Oberteil. Vielleicht ist es der Restalkohol, oder weil ich mich so wohl fühle, ich weiß es nicht. Aber ich gebe ihm ein Zeichen, dass es in Ordnung sei.
Vielleicht bilde ich es mir nur ein, aber es kommt mir so vor, als würden seine Hände zittern in dem Moment, als er zum Saum meines Oberteils greift. Behutsam zieht er es mir über den Kopf und wirft es hinter sich. Am liebsten würde ich meine Arme vor meiner entblößten Brust und Bauch verschränken, aber ich halte gegen den Drang an. Es ist in Ordnung.
Vor allem weil Sebastians Blick sanft ist und keineswegs begierig. Vorsichtig fährt er fort, dort wo er aufgehört hat. Leicht berührt er meine Brust und verweilt dort einen Moment oder auch zwei. Es ist schön. Aber bevor es mir unangenehm wird, zieht er weiter zu meiner Taille und Hüfte. Diesmal fragt er nicht nach meiner Erlaubnis und streift mir die Hose runter.
Meine Atmung ist schwer, das Herz rast noch mehr. Mir ist nicht mehr kalt, sondern warm.
Vorsichtig hilft Sebastian mir aus dem einen Hosenbein und aus dem zweiten zu kommen. Auch die Hose ist weg. Er zieht mir die Socken aus, dabei halte ich mich an ihm fest, weil ich Angst habe zu fallen. Nur noch im Slip stehe ich vor ihm und ich fühle mich gleichzeitig wohl und unwohl. Sebastian stellt sich wieder gerade hin, aber meine Hände liegen immer noch an ihm.
"Du bist wunderschön", murmelt er. Seine Stimme ist rau und angespannt. Auch seine Brust hebt sich schnell auf und ab.
"Danke", flüstere ich zurück. "Du auch"
Ich stelle mich auf die Fußspitzen und recke mich etwas nach oben. Wäre da noch Platz in meinen Gedanken, würde ich mich über meine Körpergröße beschweren.
Wir kommen uns immer näher, bis unsere Nasen sich berühren. Kurz verharren wir, bis ich die kleine Distanz überbrücke und meine Lippen auf seine drücke.
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