09. chapter
[ a d o r a ]
Meine Augen gehen zu Diego, als er aufgebracht den Raum betritt und sieht, wie mich Nathan gegen die Wand drückt. Als ich in die Augen von Nathan sehe, muss ich schwer schlucken.
Es passiert wirklich selten, aber er hat seine Kontrolle verloren. „Nathan..", sanft lege ich meine Hände auf seine Brust und als Diego realisiert, wer vor mir steht, zieht er scharf die Luft ein.
„Ich bringe ihn um...", knurrt mein Ex-Freund plötzlich gefährlich ruhig. Erschrocken klammere ich mich an seinem Shirt fest, doch befreit er sich überraschend sanft von meinen Griffen. Als der erste Schlag in das Gesicht von Diego trifft, zersplittert etwas in mir.
Eklige kleine Scherben dringen durch meine Brust und lassen mich von innen fast verbluten. Zu sehen, wie Nathan Diego auf den Boden prügelt, ist wie ein böser Albtraum.
Aggressiv und völlig benommen von Hass, bewegt er seine Faust geschmeidig immer wieder in Diegos Magengrube. Mein Herz schlägt immer hektischer in meiner Brust und ich will nicht begreifen, was hier gerade passiert.
„Nathan, N-Nathan bitte". Die ersten Tränen fließen über meine Wange und ich habe das Gefühl sie wollen mich verbrennen.
Diego fängt trotz der Schmerzen an, sich zu wehren und schlägt zurück. „Bastard! Hat sie dich verführt oder du sie?!", prustet Nathan gefühllos und mustert Diegos blutendes Gesicht, als er stoppt, aber trotzdem auf ihm sitzen bleibt.
„Nichts dergleichen! Wir sind nur Freunde", verteidigt Diego sich und will Nathan von sich runterschubsen. Doch ist dieser wie in einer Endlosschleife, gefangen von verbitterten Gefühlen, welche sich gnadenlos an die Oberfläche offenbaren.
„Du bist so ein Wichser", schmunzelt er hitzig. Kopf schüttelnd halte ich mir die Hand vor meinen Mund und als ich einen Blick in die Augen von Nathan erhasche, verschlägt es mir jeglichen glauben.
Pechschwarz. Getränkt von der Eifersucht, sind seine Augen nichts als schwarz. Wäre ich nicht so wütend, würde ich nur die nackte Angst fühlen. Mir wird fast schon schlecht, wenn ich dieses Bild weiter betrachten muss.
Meine Muskeln verkrampfen sich um meine Organe und ein großer dicker Kloß bleibt in meinem Hals stecken. Meine Fingerspitzen fangen an zu zittern, als ich mich zu den beiden runterbeuge und Nathans Faust in der Luft abfange.
„Noch ein Schlag und ich vergesse mich, Nathan Walker!", knurre ich drohend. Auch wenn ich nicht weiß, woher ich plötzlich Mut habe, ist er ziemlich überzeugend und Nathan geht schwer atmend und blutend von Diego runter.
„In meinem Zimmer findest du Verbandszeug. Geht es erstmal?". Besorgt beuge ich mich zu Diego runter und helfe ihm auf. Ich musterte seine blutende Nase und schluchze auf. Das ist alles meine Schuld. Hätte ich ihn nicht überredet mitzukommen, wäre das alles nie passiert.
„Alles gut, Guapa. Mach dir keine Sorgen", zischt er leise und haucht mir einen Kuss auf meine Wange, als die nächsten Tränen über sie laufen.
Hinter mir höre ich ein tiefes Knurren, doch ignorieren wir beide Nathan. Er hat genug angerichtet, um jetzt noch Aufmerksamkeit zu bekommen.
Ich schaue Diego hinterher und würde am liebsten mit. Allerdings bin ich kein Mensch ohne Herz. Auch wenn Nathan seine aufgeplatzte Lippe verdient hat, gehört er trotzdem verarztet.
Seufzend streiche ich mir meine Haare aus mein Gesicht und drehe mich um. Emotionslos betrachte ich Nathan. „Zufrieden, Arschloch?", bringe ich enttäuscht hervor.
Brummend lässt sich Nathan auf einen Stuhl fallen und lehnt sich nach vorne auf seinen Beinen ab. Ich schniefe und laufe danach in die Küche, um Desinfektionsmittel und ein Pflaster zu holen.
Ohne Reue lasse ich das Desinfektionsmittel über seine Lippe fließen und muss schelmisch grinsen, als er sich zischend in seiner Hose fest greift. „Schau mich an, Adora", wispert er möglich ruhig.
Ich halte meinen Emotionen stand und verarzte ihn weiter, ohne dabei in seine Augen zugucken. „Du sollst mich anschauen, Honey!". Gereizt packt er mein Kinn und drückt mein Gesicht zu sich nach oben.
Erschrocken schnappe ich hektisch nach Luft und lasse meine Arme sinken. Die Tränen fangen auf meiner Haut an zu trocken, stattdessen erwärmt sich meine Wange und Hitze schießt durch meine Adern.
„Lass mich los. Und hör auf mich so zu nennen", keife ich verärgert und schlage seine Hände von mir.
„Warum ist er hier?", entgegnet er mir mit tiefer Stimme und als ich nicht gleich antworte, schlägt er diesmal meine Hände von seiner Wunde und zwingt sie auf seine Oberschenkel. Ich räuspere mich und schlucke schwer.
Was soll der Mist von ihm? Kann er nicht einfach verschwinden und mich wieder ignorieren, wie davor die Tage? Er ist offensichtlich sauer auf irgendwas, doch hat er gar kein Recht dazu.
„Warum bist du hier? Wieso macht es dich so sauer mich mit Diego zu sehen, wenn du doch eigentlich nichts mehr von mir willst?", frage ich ihn mit hochgezogener Augenbraue. Murrend legt Nathan seinen Kopf in den Nacken und stößt mit einem Zittern die Luft aus.
„Weil es mich nun mal interessiert, das beantwortet aber nicht meine Frage, Adora". Provozierend tupfe ich das Desinfektionsmittel wieder über seine Wunde und lasse ihn auf zischen. „Meine auch nicht, mein lieber", wispere ich grinsend und klebe das Pflaster auf seine Lippe.
Seine Lippen wandern nach oben und ein teuflisches Grinsen ziert sich auf ihnen. „Du liebst es, zu provozieren. Genau wie damals...", haucht er mit amüsanter Stimme, welche mich augenblicklich zum Schweigen bringt.
Das war nicht mit Absicht. Ich hätte ihn schon längst nach Hause schicken sollen, stattdessen sitzen wir hier immer noch und grinsen uns, wie zwei Psychopathen, an.
Ich hätte nicht gedacht, dass ich mal so denken würde, aber zu sehen, wie er mit blutender Lippe und zerzausten Haaren vor mir sitzt, macht mich irgendwie an.
Schäm Adora. Du bist lächerlich.
„Woran denkst du, Honey?". Nathan merkt meinen Blick auf seinen Lippen und beugt seinen Kopf zu mir nach unten, damit er mir nah genug ist, um mich mit seinem Geruch um den Verstand zu bringen.
Ich beiße meine Zähne zusammen und lege meine Hände auf seine Brust. „Daran, wie ich dich hinausschmeißen werde...".
Ich weiß es nicht, aber sieht es so aus, als würde Nathan erst jetzt anfangen zu realisieren. Sein Blick verweilt auf meinem Gesicht, doch gilt seine Aufmerksamkeit nur meinen Augen, welche sich in seine Haut stechen. „Mach deine Augen auf, Bitte", wispere ich ihn flehend an und stehe danach auf.
Als seine Hände über meine Arme streichen, weil ich mich von ihm entferne, fühlt seine Haut sich nicht normal an.
Wie Feuer, ritzt sich jede Berührung in mich und verletzt mich nur noch tiefer. Es fällt mir so schwer stark zu bleiben in seiner näher — sich über Wasser zu halten und nicht einfach loszulassen, um endlich die Erlösung entgegenzutauchen.
Jeder Blick, jede Berührung, jede Erinnerung, alles könnte mich in mein Verderben ziehen. Es ist nur eine Frage der Zeit, ob ich von alleine aufgebe oder es doch ein Licht an der Klippe gibt, welche mich in der letzten Sekunde retten wird.
Ich könnte einfach meine Augen schließen und nicht sehen, wer mich verletzten will, aber niemals kann ich aufhören zu hören. Für meine Gedanken und Gefühle gibt es kein Schloss und das macht mich noch verrückt.
„Adora?".
Und da war sie wieder. Seine Stimme, welche ich liebte und vergöttere. Und wie sehr ich Diego versprochen hatte, ihn zu vergessen. So ist er doch meine Liebe und die kann ich nicht aufgeben.
„Verschwinde, Nathan".
Traurig blinzle ich zu ihm herab und nicke Richtung Tür. Nathan steht etwas schwankend auf und will nach meinen Händen greifen, doch weiche ich zurück und knalle gegen eine harte Brust. Keuchend drehe ich mich zu Diego und nehme schützend seine Hand in meine.
„Bevor du gehst, sollst du wissen, dass wir nur Freunde sind. Ich bin vergeben und dazu auch noch schwul, Nathan...", versichert Diego ihm. Ich sehe, wie bei dem Briten ein Licht aufgeht und sich seine Pupillen weiten.
„Sag einfach nichts. Mit Worten kannst du genug anrichten, das wissen wir beide". Ich löse mich von Diego und schiebe Nathan Richtung Tür. Übelkeit kommt in mir hoch und ein stechen durchfährt mein Kopf, als wir gefährlich nah an der Tür stehen und uns anstarren.
„Ich habe dich nie vergessen, Adora. Ob wir es wollen oder nicht, wir gehören einander", wispert er in mein Ohr und lässt absichtlich seine Lippen über meinen Hals streichen.
Ich ramme mir meine Fingernägel in meine Handflächen und spüre mein Herz kräftig gegen meine Brust hämmern.
„Das weiß ich. Das wusste ich schon immer".
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro