⛓️Sweet Reward⛓️
Die Tür stand vor mir wie ein Versprechen. Ein Ausweg. Eine Rettung.
Meine Finger lagen auf der kalten Klinke, doch ich drückte sie nicht herunter. Ich konnte es. Ich sollte es.
Doch ich tat es nicht.
Meine Atmung ging flach. Mein Blick war verschwommen, nicht von Erschöpfung, sondern von Tränen, die sich in meinen Augenwinkeln sammelten. Warum zögerte ich? Warum stand ich einfach nur da, während mein Körper sich hätte bewegen sollen?
Die Tür war nichts als Holz. Sie war keine Wand, keine Kette. Und doch fühlte es sich an, als würde sie mich nicht gehen lassen.
Nein. Nicht die Tür.
Ich.
Mein Herz pochte schmerzhaft, als mir die Erkenntnis ins Bewusstsein sickerte. Ich wollte nicht gehen.
Der Gedanke traf mich wie ein Schlag. Ich schüttelte den Kopf, biss mir auf die Lippe, als könnte der Schmerz mich in die Realität zurückholen. Es war falsch. Ich war hier gegen meinen Willen. Ich sollte fliehen.
Und trotzdem …
Ich dachte an Minho. An seine kalte Stimme, an seinen Blick, an die Art, wie er mich ansah, als würde ich ihm gehören. Ich erinnerte mich an seine Berührungen – und daran, dass sie mich nicht nur erschreckten, sondern auch eine andere Art von Zittern in mir ausgelöst hatten.
Ich keuchte leise, mein Griff um die Klinke wurde fester.
Nein. Das war nicht echt. Das war …
Ich ließ die Türklinke los.
Mein Arm fiel schlaff an meine Seite. Ich wich einen Schritt zurück.
Dann noch einen. Und mit jedem Zentimeter, den ich mich von der Tür entfernte, wurde meine Brust enger.
Ich wusste nicht, was mit mir geschah.
Aber ich wusste, dass ich blieb.
⛓️
Der Löffel schwebte vor meinen Lippen.
Ich starrte auf die cremige, goldene Masse, auf die dünne Schicht bröseligen Bodens darunter. Käsekuchen. Mein Lieblingsessen.
Langsam hob ich den Blick zu Minho. Er sah mich ruhig an, mit diesem unerschütterlichen Ausdruck, der mich immer noch erschaudern ließ. Seine Hand hielt den Löffel in der Luft, geduldig, als wäre es meine Entscheidung, ob ich ihn annehmen wollte oder nicht.
Doch das war es nicht.
Nichts hier war meine Entscheidung.
Ich schloss die Finger um den Stoff meines Kleides und drückte meine Beine fester aneinander, während sich ein beklemmendes Gefühl in meiner Brust ausbreitete.
Es war eine Geste der Fürsorge – aber nur auf den ersten Blick. In Wahrheit war es eine Erinnerung daran, dass er wusste, was ich tat. Dass er immer wusste, was ich tat.
„Iss“, sagte Minho leise.
Mein Magen zog sich zusammen. Ich wollte nicht, aber ich tat es. Ich öffnete den Mund und ließ den Löffel zwischen meine Lippen gleiten.
Der Geschmack traf mich sofort.
Süß, sahnig, ein Hauch von Vanille und Zitrone. Fast hätte ich die Augen geschlossen, aber dann hörte ich seine Stimme.
„Eine Belohnung.“
Ich stockte.
Minho zog den Löffel langsam zurück, während seine dunklen Augen mich musterten. „Weißt du, wofür?“
Ich schüttelte langsam den Kopf, obwohl ich es ahnte.
Ein schwaches Lächeln huschte über seine Lippen. Er lehnte sich leicht vor, seine Stimme wurde sanft, aber nicht weniger gefährlich.
„Ich habe gesehen, dass du gehen wolltest.“
Mein Herz setzte aus.
Ich wollte etwas sagen, aber meine Kehle war trocken.
„Du standest an der Tür“, fuhr er fort. „Du hättest fliehen können.“ Er ließ eine kurze Pause. „Aber du hast es nicht getan.“
Mein Magen verkrampfte sich. Ich wusste nicht, ob es Angst war oder etwas anderes.
Ich kaute mechanisch auf dem letzten Bissen des Kuchens herum, aber er schmeckte nach nichts mehr. Mein Magen fühlte sich flau an, als hätte sich darin ein Knoten gebildet, der sich nicht lösen wollte.
Er wusste es.
Minho wusste, dass ich hätte gehen können – und es nicht getan hatte.
Mein Blick war gesenkt, starrte auf meine eigenen Hände, als könnte ich darin eine Antwort finden. Ich wollte etwas sagen, eine Ausrede finden, eine Lüge, die mir selbst glaubhaft erschien. Aber da war nichts. Nur ein dumpfes Pochen in meinem Kopf und das leise Echo seiner Worte.
„Warum hast du es nicht getan?“ fragte Minho schließlich, als hätte er alle Zeit der Welt.
Ich ballte die Hände zu Fäusten, spürte, wie meine Nägel sich leicht in meine Haut gruben. „Ich… weiß es nicht.“
Es war die Wahrheit, und doch fühlte sie sich wie ein Verrat an.
Minho lächelte – nicht höhnisch, nicht kalt, sondern als hätte er genau das erwartet. Er lehnte sich ein wenig zurück, betrachtete mich mit diesem ruhigen Blick, der mich immer wieder aus dem Gleichgewicht brachte.
„Das ist ein guter Anfang.“
„Ein Anfang wofür?“ Ich hob den Kopf, suchte in seinem Gesicht nach einer Antwort, die mir gefiel. Doch was ich fand, ließ mich noch mehr erzittern.
Er berührte meine Wange, streichelte sanft mit dem Daumen darüber. Ich zuckte nicht zurück. Vielleicht, weil ich zu müde war. Vielleicht, weil es sinnlos war. Oder vielleicht… weil ich es nicht wollte.
„Ein Anfang für dich, Babydoll.“
Minho hob den Löffel erneut, diesmal mit einem noch größeren Stück.
„Das bedeutet, du beginnst zu verstehen.“
Ich wollte widersprechen. Ich wollte sagen, dass das nicht stimmte, dass es nichts zu bedeuten hatte.
Der süße Geschmack vom Kuchen lag noch immer auf meiner Zunge, aber es war nicht nur der Geschmack, der mich durcheinanderbrachte.
Es war die Art, wie Minho mich ansah.
Dunkle Augen, ruhig, aber intensiv.
Er schob mir den nächsten Bissen entgegen, und ich nahm ihn, weil es einfacher war als zu widersprechen. Sein Blick folgte jeder meiner Bewegungen – die Art, wie meine Lippen sich um den Löffel schlossen, wie ich kaute, wie ich schluckte.
„Braver Junge“, murmelte er.
Ein Schauer lief mir über den Rücken.
Ich wusste nicht mehr, was schlimmer war: seine Nähe oder die Art, wie sein Lob mich tief in meinem Innersten traf.
Minho legte den Löffel beiseite. Seine Finger strichen langsam über meine Wange, federleicht, fast zärtlich. Ich zuckte nicht zurück, obwohl mein Herz raste.
„Du wirst immer hübscher, wenn du verwirrt bist“, sagte er leise.
Verwirrt.
Ja, das war ich.
Meine Gedanken fühlten sich an, als würden sie in Watte gepackt.
Ich wollte mich sträuben, wollte ihn wegstoßen – aber gleichzeitig war da etwas anderes. Etwas, das ich nicht benennen wollte.
Minho beugte sich näher.
Mein Atem stockte, mein Körper spannte sich an. Ich wusste, was kam, noch bevor ich die Wärme seiner Lippen spürte.
Sanft. Fast vorsichtig.
Ein Kuss, der nicht forderte, sondern verunsicherte.
Ich wusste nicht, ob ich mich dagegen wehren oder ihm nachgeben sollte.
Und das machte mir mehr Angst als alles andere.
⛓️
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