68. Schmerz
Avery P.O.V.
„Avery!" Matteo packt mich schnell am Arm und zieht mich sanft zu sich. Sein Lachen verstummt, und sein Gesichtsausdruck wechselt zu ernsthafter Sorge. „Alles gut mit dir? Hast du zu viel getrunken?"
Ich schüttle den Kopf, aber selbst das verstärkt das Schwindelgefühl nur. „Nein... eigentlich nicht...". Meine Worte kommen stockend, als ich versuche, mich aufrecht zu halten. „Aber mir ist so extrem schwindelig."
Matteo hält mich fest und legt vorsichtig einen Arm um meine Schulter. „Ich bring dich ins Zimmer, okay?" Er sagt es ruhig, aber ich spüre die Anspannung in seiner Stimme. Als wir langsam Richtung Treppen gehen, wird das Gefühl, als würde mir der Boden unter den Füßen wegbrechen, immer stärker. Meine Beine fühlen sich schwer an, fast wie Blei und ich habe das Gefühl, dass mein Kopf von Watte umhüllt ist.
„Was... was ist los mit mir?" flüstere ich verwirrt und versuche, die Augen offen zu halten. Alles verschwimmt vor meinen Augen, und ich falle beinahe, wenn Matteo mich nicht rechtzeitig stützen würde.
„Ich denke, jemand hat dir etwas ins Getränk gegeben." sagt er leise. Seine Worte lassen Panik in mir aufsteigen, sofort beschleunigt sich mein Herzschlag. Er führt mich vorsichtig die Treppe hinauf und jeder Schritt fühlt sich an, als würden meine Beine gleich nachgeben.
„Matteo." Hunters Stimme hinter uns taucht wie aus dem Nichts auf. „Ich bringe sie hoch ins Zimmer."
Matteo bleibt stehen. Wirft Hunter einen stirnrunzelnden Blick zu.
Ich würde gern etwas sagen, dass es mir egal ist wer mich hochbringt, dass ich einfach nur ins Bett möchte. Aber ich bin zu konzentriert darauf mich auf den Beinen zu halten.
„Kein Problem Hunter, dass schaffe ich schon.", sagt Matteo und will weitergehen. Doch Hunter packt ihm grob am Oberarm.
„Das war keine Frage. Das ist ein Befehl vom Boss. Ich muss auf sie aufpassen.", entgegnet Hunter streng.
Matteo seufzt einmal angespannt aus. Wirft zuerst Hunter, dann mir einen Blick zu.
„Okay.", sagt Matteo schließlich.
Hunter tritt auf dieselbe Stufe wie ich und nimmt mich stützend am Arm, während Matteo mich fast widerwillig loslässt. „Geh wieder zu deiner Party, Matteo.", befiehlt Hunter ihm und beginnt mir die letzten Stufen hochzuhelfen. Matteo zögert kurz, geht dann jedoch wieder die Treppe nach unten.
Ich spüre, wie meine Knie erneut nachgeben. Hunter hält mich fest und gemeinsam schaffen wir es bis zu meinem Zimmer.
Ich versuche, die Augen offen zu halten, als er die Tür öffnet. Er geht mit mir langsam zum Bett und hilft mir mich vorsichtig darauf abzusetzen.
Ich falle auf meinen Rücken während Hunter mich stirnrunzelnd ansieht.
„Leg dich auf deine Seite," befiehlt er. „Ich will dich nicht erstickt an deinem Erbrochenen wiederfinden. Der Boss würde mich sofort kalt machen."
Ich gebe ein paar müde genervte Laut von mir und drehe mich irgendwie auf die Seite. Ich nehme Hunter nicht mehr wirklich wahr. Sehe aber verschwommen, wie er das Zimmer verlässt, die Tür hinter sich schließt.
Ich schließe die Augen. Öffne sie. Schließe sie wieder.
Es vergehen bestimmt paar Minuten. Wenn nicht mehr. Ich sollte Panik haben. Aber ich spüre nur Müdigkeit.
Ich schließe die Augen. Öffne sie wieder als ich plötzlich sehe, dass jemand direkt vor mir steht. Ich zucke heftig zusammen. Kippe wieder auf meinen Rücken.
„Du hattest recht.", sagt Matteo ruhig und geht neben dem Bett in die Hocke.
„Matteo...w-was machst..", ich will ihn fragen was er hier macht. Seit wann er hier ist. Ich fühle mich gefangen wie in einem Fiebertraum.
„Ich glaube die Person die hinter Adrian her is und dich gezwungen hat den Schlüssel zu stehlen ist hier.", sagt er ernst.
Ich liege da, schwer atmend während sich die Welt dreht. Trotzdem verstehe ich jedes Wort.
„D-die Person ist hier?"
Matteo nickt.
„Weißt d-du wer es ist? Du..du musst sie finden.." Zu sprechen verlangt mir soviel Kraft ab, dass ich komplett außer Atem bin.
„Ich hab sie schon gefunden."
Ich versteh nichts mehr.
„Weißt du Avery...ich habe schon fast die Hoffnung aufgegeben, einen Weg zu finden an Adrian ranzukommen. Aber zum Glück bin ich ein guter Schauspieler und du verdammt naiv."
Nein
Nein
Nein nein nein
„Du..", sage ich schwach. „Du w-warst es die gesamte Zeit?" Ich spüre, dass meine Stirn bereits von Schweiß benetzt ist, während der Schwindel es mir fast unmöglich macht, Matteos Gesicht zu fokussieren, als er neben dem Bett hockt und mich ansieht.
Meine Gedanken rasen wie wild während ich versuche den Sinn hinter all dem zu finden. „D-die Männer...d-die mich gezwungen haben den Schlüssel zu holen...", beginne ich laut meine Gedanken auszusprechen.
„Erwischt.", sagt Matteo mit einem rechthaberischen Grinsen. „Nimms nicht persönlich. Es gab einfach nicht viele Personen die so dumm waren freiwillig in Adrians Büro zu gehen um in Muffins zu bringen. Da war mir klar, dass ich dich ein zweites Mal dort reinbringe. Ich konnte ja damals nicht wissen, dass Adrian den Schlüssel dort längst nicht mehr aufbewahrt. Blöd für Mila...", er schüttelt theatralisch den Kopf. „..ihre Hand abzutrennen war echt eine Sauerei. Ich habe immer noch ein Piepen in meinem Ohr von ihrem Geschrei. Wusstest du das es überraschend lange dauert bis man an einer abgetrennten Hand verblutet?"
Ich muss kotzen
Ich spüre wie mein Magen beginnt sich zusammenzuziehen und versuche mit aller Kraft meinen Brechreiz zu unterdrücken.
„Naja auf jeden Fall war das ein ziemlicher Reinfall. Im Prinzip warst du dann relativ überflüssig für mich, weshalb ich jemanden geschickt habe der den Job für mir erledigen sollte."
In meinem Kopf beginnen sich die Puzzleteile zu fügen.
„D-du hast den Mann mit dem Messer geschickt, der mich a-auf der Feier töten wollte?"
„Natürlich. Aber weisst du..Ich war wirklich froh, dass er dich nicht getötet hat. Denn, es hat nicht lange gedauert bis mir bewusst war, dass du doch nützlich für mich bist."
„I-ich verstehe nichts.", sage ich schwach.
„Als ich in Bogota gesehen habe, wie wohl du dich in Adrians Nähe fühlst war mir klar, dass hier etwas los ist. Aber von Adrian hätte ich nie erfahren was wirklich zwischen euch läuft. Aber bei dir hat es nur ein paar nette Gesten gebraucht, ein paar Komplimente und den ein oder anderen Tequila und schon hast du geplaudert."
„W-wovon redest d-du?"
„Als du mir erzählt hast ihr habt euch geküsst, war mir bewusst du bist doch ziemlich nützlich für mich. Immerhin brauche ich jemanden der an Adrian rankommt. Im wahrsten Sinne des Wortes. Ich brauche jemanden der in seinen Wohnbereich kommt."
„D-du hast mir etwas v-vorgespielt.."
„Tut mir leid Kleines. Aber irgendwie bist du selbst schuld. Für einen Moment habe ich tatsächlich gezweifelt, ob Adrian was an dir liegt. Ich dachte mir, Adrian kann nicht so dumm sein. Er würde dir doch sagen wie dämlich es ist jemanden von dem Kuss zu erzählen... er würde dir klarmachen, dass du niemanden davon etwas sagen sollst. Und wie gefährlich es in seiner Welt ist, Personen zu vertrauen."
Ich sehe Matteo einfach nur an, während mir die Worte fehlen.
„Glaub mir. Wärst du nicht so gesprächig gewesen hätte ich es nie durchblickt. Adrian hat mir immer klargemacht, du seist für ihn nur Mittel zum Zweck und absolut bedeutungslos. Aber du bist wohl nicht so klug wie er. Du vertraust Menschen ein bisschen zu schnell."
Ich versuche mich aufzusetzen, doch der Schwindel ist so stark, dass ich wieder auf meinem Rücken lande.
„D-die Männer...d-die Polizisten die uns aufgehalten haben..d-die uns verletzt haben...warst das du?"
Er atmet einmal angespannt ein. „Ich sags dir, der Plan ging fast nicht auf. Als Adrian Sofia, Valentina und dich ins Hotel schicken wollte, dachte ich schon ich kann das vergessen. Zum Glück konnte ich ihn überzeugen, dass es klüger ist du bleibst bei uns, denn das war ziemlich wichtig für den Plan. Dann fehlte nur ein Fake Nachricht an Hunter um so zu tun als würde Fernando den Deal ablehnen und schon waren wir auf der Straße unterwegs zu Fernando, der nebenbei bemerkt keinen Plan davon hatte."
„D-du bist krank..d-die wollten und töten."
„Ja das ging etwas nach hinten los. Weisst du mein spanisch ist nicht besonders gut. Sie sollten euch nur etwas Angst machen. Ich brauchte einen letzten Beweis um zu sehen, wie Adrian sich verhält wenn du in Gefahr bist. Ob du ihm wirklich so egal bist, wie er immer tat. Aber irgendwie haben die Männer ihren Job zu ernst genommen, tut mir leid, das geht auf mich."
„I-ich kanns nicht fassen.."
„Danach war ich mir sicher, dass was auch immer zwischen euch ist, genug ist, damit du für mich nützlich bist."
Ich schüttle ungläubig den Kopf, woraufhin sofort sie Übelkeit stärker wird weshalb ich meinen Kopf wieder ruhig halte.
„I-ich werde überhaupt nichts machen.,,", presse ich hervor. Mein Körper zittert bereits vor Schwäche und mir ist abwechselnd kalt und heiss.
„Doch wirst du. Es ist nur ein kleiner Gefallen. Wir warten bis Adrian aus Kolumbien zurück ist, du klopfst bei seinem Wohnbereich an und findest einen guten Grund damit er dich reinlässt. Viel wird dazu nicht notwendig sein. Dann finden wir eine Möglichkeit, dass er den Wohnbereich verlässt und du alleine dort bist. Du durchsuchst jeden Winkel, bis du den Schlüssel gefunden hast. Dann bewegst du deinen Arsch zu mir und gibst mir den Schlüssel. Klingt doch einfach oder?"
„F-fahr in die Hölle...", sage ich und werfe ihm einen drohenden Blick zu. „Ich m-mach gar nichts für dich."
Matteo entfährt ein Lachen.
„Ich bin nicht dumm, mir ist schon klar, dass es nicht so leicht ist", sagt Matteo ruhig. „Weißt du, viele halten dich vielleicht für schwach, aber ich sehe das anders. Du bist stark. Und Hartnäckig . Und ich glaube, dass du auch sehr treu sein kannst. Mir war von Anfang an klar, dass ich dich brechen muss, bevor du bereit bist, den Auftrag auszuführen."
Plötzlich greift Matteo zu seinem Hosenbund und zieht eine Waffe hervor. Mein Herz setzt einen Schlag aus. Panik schießt durch mich, ich will zurückweichen, schreien, mich wehren - doch die Drogen lähmen mich. Jeder Gedanke, jede Bewegung ist wie in Zeitlupe.
Mit letzter Kraft schleppe ich mich zur anderen Seite des Bettes. Alles in mir schreit nach Flucht, doch mein Körper ist schwer und taub.
„Keine Angst," sagt er mit fast sanfter Stimme, als er sich zu mir auf das Bett setzt. „Ich habe dir nur so viel ins Wasser gemischt, dass du alles mitbekommst. Ich will ja nicht, dass du etwas verpasst."
Seine Worte sickern langsam in mein Bewusstsein und die Angst lähmt mich mehr als die Drogen es je konnten. Ich möchte etwas sagen, ihn anschreien, aber meine Lippen bewegen sich nicht. Bevor ich reagieren kann, spüre ich den kalten Lauf der Pistole an meiner Schläfe und sehe Matteo über mir beugen.
„Ganz ruhig," haucht er, seine Augen brennen in meine. „Das hier wird uns beiden Spaß machen."
Ich höre das metallische Geräusch seines Gürtels, wie er die Schnalle löst. Die Realität trifft mich wie ein Schlag. Ich will schreien, kämpfen, irgendetwas tun, aber mein Körper gehorcht mir nicht. Tränen steigen mir in die Augen. Die Panik und Verzweiflung verschlingen mich.
Mein Herz hämmert, jeder Atemzug ist ein Kampf, und ich spüre, wie mir die Zeit entgleitet. Alles in mir sträubt sich gegen das, was gleich passieren wird, aber ich bin wie gefangen in einem Albtraum aus dem ich nicht aufwachen kann.
Matteo beugt sich über mich, seine Hand wandert grob über meinen Körper. Ich will zurückweichen, ihn wegstoßen.
„Sieh mich an," zischt er, der Druck der Waffe an meiner Schläfe verstärkt sich, zwingt mich, in seine kalten Augen zu blicken. Ich will meinen Blick abwenden, mich irgendwie vor dieser entsetzlichen Nähe schützen, doch ich kann nicht.
Er lacht leise. „Du siehst so schön aus, wenn du Angst hast."
Seine Hand wandert weiter, und ein ersticktes Schluchzen bleibt mir in der Kehle stecken. Ich versuche mich zu regen doch sofort drückt er die Pistole fester an meine Schläfe, und ich spüre die Kälte des Metalls, wie es sich fast schmerzhaft in meine Haut gräbt.
Ich weiß, dass ich mich nicht wehren kann.
Und ich weiß, dass er das genau weiß.
„Ich will, dass du das hier ganz bewusst erlebst," flüstert er und beugt sich noch weiter hinunter, seine Lippen fast an meinem Ohr. „Ich will jeden Moment davon in deinen Augen sehen." Seine Stimme ist ruhig, fast sanft, aber seine Worte sind wie Klingen, die sich in mein Bewusstsein schneiden.
Dann höre ich es, das Geräusch seines Reißver-schlusses, das leise, verheerende Geräusch, das meine Angst in schiere Verzweiflung verwandelt.
Meine Gedanken rasen, suchen nach einem Ausweg, irgendeiner Möglichkeit, diesem Albtraum zu entkommen. Aber die Drogen und die Angst machen meinen Körper zu einem Käfig, in dem ich gefangen bin, während die Realität mich erbarmungslos einholt. Alles, was ich will, ist zu fliehen, mich zu verstecken, doch ich bin hier, ganz allein, gefangen.
Matteos Hände sind überall, und bevor ich es realisiere spüre ich wie er mein Kleid hochzieht. Ein verzweifeltes Wimmern entkommt mir.
„Schhh..", sagt er, als er merkt, wie ich zu schreien versuche. Die Waffe bleibt unerbittlich an meiner Schläfe, während er mit der anderen Hand meinen Unterkörper freimacht. „Sei brav, dann wird das hier nicht ganz so schlimm."
Seine Worte klingen wie ein Hohn, als ob es noch schlimmer sein könnte als diese Hölle, in die ich gerade stürze.
In meinem Kopf flehe ich, dass irgendjemand kommt, irgendetwas passiert, das mich hier rausholt, doch die Welt um mich herum bleibt stumm.
„Versuche es einfach zu geniessen.", sagt Matteo spöttisch. Im nächsten Moment spüre ich einen unerträglichen Schmerz zwischen meinen Beinen. Ich versuche zu schreien doch bekomme kein Wort eaus.
Das einzige was ich spüre ich der Schmerz in meinem Unterleib, die Waffe an meiner Schläfe und Matteos Gewicht auf mir.
Mein Kopf fällt schlaff zur Seite, und für einen Moment verschwimmt alles um mich herum.
Mein Blick fällt auf das goldene Armband an meinem Handgelenk, der kleine Sonnenanhänger, der in dem schummrigen Licht des Zimmers leicht schimmert.
Adrian.
Der Gedanke an ihn dringt wie ein schwacher Lichtstrahl durch den dichten Nebel in meinem Kopf.
Ich versuche mich auf den Anhänger zu konzentrieren, klammere mich verzweifelt an dieses winzige Stück Hoffnung, während Matteo über mir ist und sich mir aufzwingt.
Ich spüre Adrians Arme um mich, sein beruhigende Stimme, als ob er mich aus der Ferne beschützen könnte, auch wenn er jetzt nicht hier ist. Ich klammere mich an diese Erinnerungen, halte mich daran fest, so fest ich nur kann.
Matteo bewegt sich über mir, doch ich sehe ihn nicht mehr.
Ich bin nicht hier.
Ich bin bei Adrian, in Sicherheit, in seiner Umarmung, weit weg von dieser schrecklichen Realität.
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro